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Amtsgericht Bergisch Gladbach

Entscheidung vom 21.05.2008, Az.: 62 C 267/07

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte seinerseits Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises nach erfolgter Rücktrittserklärung.

Der Kläger, der wohnhaft in P ist, erwarb mit Kaufvertrag vom 23.03.2007 einen Pkw Alfa Romeo von der Beklagten. Die Beklagte ist eine Autohändlerin mit Sitz in C2.

Der Kläger hat im Juli 2007 nach fruchtlosem Ablauf der durch ihn gesetzten Nacherfüllungsfrist den Rücktritt vom Kaufvertrag wegen angeblicher Mängel erklärt. Die Beklagte hat den Kaufpreis bislang nicht zurückgezahlt.

Der Kläger ist der Ansicht, dass Amtsgericht Bergisch Gladbach sei nach § 29 Abs. 1 ZPO örtlich zuständig für den vorliegenden Rechtsstreit.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 24.07.2007 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs PKW Alfa Romeo, Typ 932 mit der Fahrgestell-Nr.: ......1, zu zahlen; festzustellen, dass die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs PKW Alfa Romeo, Typ 932 mit der Fahrgestell-Nr.: ......1, in Annahmeverzug ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass das angerufene Gericht unzuständig ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 30.04.2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.

Das Amtsgericht Bergisch Gladbach ist für den vorliegenden Rechtsstreit örtlich unzuständig. Die Beklagte hat ihren Sitz und damit ihren allgemeinen Gerichtsstand gemäß §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO in C2. Ein ausschließlicher oder besonderer Gerichtsstand in Bergisch Gladbach ist nicht gegeben. Der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 Abs. 1 ZPO ist nicht in Bergisch Gladbach eröffnet, so dass dem Kläger auch kein Wahlrecht nach § 35 ZPO zusteht.

Der Kläger macht einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeuges aus §§ 323 Abs. 1, 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 433 Abs. 1, 434 Abs. 1 BGB geltend.

Die vorliegend streitige Verpflichtung zur Kaufpreisrückzahlung ist nicht in Bergisch Gladbach, sondern in C2 zu erfüllen. Der Erfüllungsort richtet sich nach dem materiellrechtlichen Leistungsort und ergibt sich damit vorliegend mangels Spezialregelungen aus § 269 Abs. 1, 2 BGB. Danach hat die Leistung an dem Orte zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hat, wenn ein Ort für die Leistung weder bestimmt, noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen ist. Bei juristischen Personen tritt der Sitz an die Stelle des Wohnsitzes.

Die Beklagte, als Rückgewährschuldnerin des Kaufpreises nach § 346 BGB, hat ihren Sitz in C2, damit ist grundsätzlich nach § 269 Abs. 1, 2 BGB Erfüllungsort C2.

Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort ist für den Gerichtsstand nur dann bedeutsam, wenn die Parteien Kaufleute sind. Dies ist nicht der Fall, zudem ist eine solche Vereinbarung zwischen den Parteien ohnehin nicht getroffen worden.

Nach Ansicht des erkennenden Gerichts liegen ferner keine Umstände vor, aus denen ein Ort für die Leistung zu entnehmen ist. Insoweit schließt sich das Gericht der Auffassung an, wonach ein einheitlicher Erfüllungsort nach Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag grundsätzlich nicht gegeben ist (LG Krefeld MDR 1977, 1018; Stöber, NJW 2006, 2661; Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, 28. Auflage 2007, § 29, Rn.6; Soergel-Wolf, BGB 12. Auflage 1990, Bd. 2, § 269, Rn. 30).

Die herrschende Meinung hingegen bejaht in einem solchen Fall besondere Umstände und damit einen einheitlichen Erfüllungsort an dem Ort, an dem sich die Kaufsache im Zeitpunkt des Rücktritts vertragsgemäß befindet (OLG Saarbrücken, NJW 2005, 906; BayObLG MDR 2004, 646; Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Auflage 2008, § 269, Rn. 16; Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Auflage, § 29, Rn. 25 'Kaufvertrag'; Bamberger/Roth-Unberath, BGB 2. Auflage 2007, § 269, Rn. 25).

Bei seiner Entscheidung hat sich das Gericht von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist der Leistungsort grundsätzlich für jede einzelne Pflicht eines Vertrages gesondert festzustellen (MüKo-Krüger, BGB, 5. Auflage 2007, Bd. 2, § 269, Rn. 19; Bamberger/Roth-Unberath, BGB 2. Auflage 2007, § 269, Rn. 25). So knüpft § 269 Abs. 1 BGB an die einzelne 'Leistung' an und § 29 Abs. 1 ZPO stellt auf die im jeweiligen Prozess 'streitige Verpflichtung' ab.

Demgegenüber kann grundsätzlich auch von einem einheitlichen Erfüllungsort ausgegangen werden, wenn sich dies aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses ergibt (MüKo-Krüger, BGB, 5. Auflage 2007, Bd. 2, § 269, Rn. 19; Bamberger/Roth-Unberath, BGB 2. Auflage 2007, § 269, Rn. 25).

Während der BGH in der viel zitierten 'Dachziegel'- Entscheidung (BGH NJW 1983, 1479) letztlich offen gelassen hat, ob bei Rückgewährschuldverhältnissen ein einheitlicher Leistungsort besteht, hat er in seiner Entscheidung zum Anwaltshonorar deutlich gemacht, dass es für die Frage nach einem einheitlichen Erfüllungsort nicht auf den Schwerpunkt des Vertrages ankommt, sondern genau zu prüfen ist, ob weitere besondere Umstände vorliegen, die eine einheitliche Behandlung rechtfertigen (BGH NJW 2004, 54, 55). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es sich um Ladengeschäfte des täglichen des täglichen Lebens handelt, die üblicherweise sogleich im Geschäft abgewickelt werden oder um Bauverträge, weil dort der Besteller am Ort des Werkes die Abnahme als eine seiner Hauptpflichten erklären muss und eine gerichtliche Auseinandersetzung am Ort des Bauwerkes im Hinblick auf eine Beweisaufnahme interessengerecht ist (BGH NJW 2004, 54, 55).

Solche besonderen Umstände liegen bei einem Rückgewährschuldverhältnis nach Rücktritt vom Kaufvertrag indes nicht vor. Weder werden die empfangenen Leistungen üblicherweise zur gleichen Zeit am gleichen Ort rückabgewickelt, noch folgt aus der Natur des Rückabwicklungsverhältnisses grundsätzlich, dass beide Pflichten an einem Ort erfüllt werden.

Der Umstand, dass die Beklagte als Verkäuferin die Rückzahlung eines Geldbetrages schuldet, ist nicht geeignet, den Leistungsort woanders als am Sitz der Beklagten zu begründen, da insoweit keine örtliche Präferenz besteht. Dies entspricht auch der Intention des § 270 Abs. 4 BGB (vgl. BGH NJW 2004, 54, 55; Stöber, NJW 2006, 2661).

Ferner ergibt sich ein solcher besonderer Umstand auch nicht aus der synallagmatischen Verknüpfung der Rückgewähransprüche. Die Zug um Zug Verpflichtung allein lässt auch nach h.M. bei Primäransprüchen keinen Schluss auf einen einheitlichen Leistungsort zu (BGH NJW, 1995, 1546; MüKo-Krüger, BGB, 5. Auflage 2007, Bd. 2, § 269, Rn. 19; Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Auflage 2008, § 269, Rn. 13; Bamberger/Roth-Unberath, BGB 2. Auflage 2007, § 269, Rn. 25).

Dies muss auch für die Sekundärpflichten bei Rückabwicklung gelten. Die Zug um Zug Verpflichtung der Rückgewährpflichten ist keine Besonderheit, sondern ein durch die Verweisung in § 348 BGB begründetes allgemeines Prinzip (Stöber, NJW 2006, 2661, 2664). Zudem stellt § 29 ZPO auf die einzelne 'streitige Verpflichtung' ab. Durch das Zug um Zug Begehren wird jedoch die Pflicht des Käufers, die Sache zurückzugewähren, wenn der Rückzahlunganspruch begründet ist, nicht ebenfalls streitig (Stöber, NJW 2006, 2661, 1664).

Die Frage nach dem Erfüllungsort im Falle eines Nacherfüllungsanspruchs (BGH BauR 2008, 723ff; OLG München, NJW 2006, 449ff; dass. ZGS 2007, 398ff) ist auf die Bestimmung des Erfüllungsorts im Rahmen des Rückgewährschuldverhältnisses nicht übertragbar. Zum einen handelt es sich bei dem Nacherfüllungsanspruch um einen modifizierten Erfüllungsanspruch und zum anderen existiert im Rahmen des Rückgewährschuldverhältnisses eine Kostentragungspflicht für Transportkosten, wie § 439 Abs. 2 BGB sie für die Nacherfüllung vorsieht, nicht.

Soweit der einheitliche Erfüllungsort am Ort der vertragsgemäßen Belegenheit damit begründet wird, dass der Verkäufer für die Mangelhaftigkeit der Sache und damit für den Rücktrittsgrund verantwortlich sei (Soergel-Wolf, BGB, 12. Auflage 1990, Bd. 2, § 269, Rn. 30), findet dieses Argument nach der Schuldrechtsmodernisierung im Gesetz keine Stütze mehr, da es im Rahmen des Rücktritts auf ein Verschulden des Rückgewährschuldners - hier der Verkäuferin - nicht mehr ankommt (Staudinger-Bittner, BGB, 2004, Buch 2, § 269, Rn. 28).

Die Schutzbedürftigkeit des Käufers stellt ebenfalls keinen besonderen Umstand im Sinne des § 269 Abs. 1 BGB dar. Wie oben aufgeführt hat der Verkäufer nach neuem Recht den Rücktritt nicht mehr notwendigerweise zu vertreten.

Für einen besonderen Schutz desjenigen Käufers, der Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist, besteht keine gesetzliche Grundlage: einen allgemeinen Verbrauchergerichtsstand wie ihn etwa Art. 16 EugVVO kennt hat der deutsche Gesetzgeber gerade nicht eingeführt, sondern sich auf die Regelung des § 29c ZPO, den Gerichtsstand für Haustürgeschäfte, beschränkt (Stöber, NJW 2006, 2661, 2664). Die Regelung des Gerichtsstands in der ZPO bezweckt in erster Linie den Schutz des Beklagten. Dieser soll, wenn er sich schon nicht freiwillig für den Rechtsstreit entschieden hat, diesen zumindest am Gericht seines Sitzes führen können. Der Käufer ist hingegen umgekehrt durch den Kostenerstattungsanspruch nach § 91 ZPO hinreichend vor unbilligen Konsequenzen geschützt (Stöber, NJW 2006, 2661, 2664).

Für die herrschende Meinung ließe sich anführen, dass eine Beweisaufnahme durch das Gericht am Ort der Belegenheit der Kaufsache wegen seiner räumlichen Nähe vielfach einfacher und kostengünstiger durchgeführt werden kann. Auch dies rechtfertigt jedoch nicht die Annahme eines einheitlichen Gerichtsstands nach § 29 ZPO. Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes ist nach materiellem Recht und nicht auf der Grundlage prozessualer Zweckmäßigkeitserwägungen zu bestimmen (Stöber, NJW 2006, 2661, 2665). Zudem stellt sich die Frage der Beweisaufnahme im Falle der Minderung in gleichem Maße. Für die Minderung und damit einen Teilrückzahlungsanspruch des Käufers ist jedoch auch nach h.M. der Sitz des Verkäufers Leistungsort (Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Auflage 2008, § 269, Rn. 16; MüKo-Krüger, BGB, 5. Auflage 2007, Bd. 2, § 269, Rn. 37; Soergel-Wolf, BGB 12. Auflage 1990, Bd. 2, § 269, Rn. 30).

Ferner ist es durchaus denkbar, dass die Kaufsache im Zeitpunkt des Rücktritts bestimmungsgemäß weder am Sitz des Käufers, noch am Sitz des Verkäufers belegen ist. Einer etwaig zu bejahenden Schutzbedürftigkeit des Klägers vor der Entstehung hoher Reise- oder Transportkosten könnte in dieser Konstellation durch die Annahme eines einheitlichen Erfüllungsortes nicht Rechnung getragen werden. Umgekehrt ließe sich eine aufwendige und kostspieligere Beweisaufnahme nicht vermeiden, wenn man in diesen Fällen den Sitz des Käufers als Erfüllungsort ansähe.

Aus den vorgenannten Gründen sind besondere Umstände nach § 269 Abs. 1 BGB, die abweichend von dem gesetzlichen Grundsatz einen einheitlichen Erfüllungsort für Rückgewähransprüche begründen würden, nicht gegeben. Damit verbleibt es bei der gesonderten Feststellung des Leistungsortes für jede einzelne Pflicht des Rückgewährschuldverhältnisses. Die Kaufpreisrückzahlung an den Käufer, ist damit am Sitz der Beklagten in C2 zu erfüllen. Folglich ist das Amtsgericht C2 nicht nur nach §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO sondern auch nach § 29 Abs. 1 ZPO örtlich zuständig.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 4.000,00 €