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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 17.09.2014, Az.: VIII ZR 258/13

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Juli 2013 aufgehoben und das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 16. Januar 2013 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagte versorgte die Klägerin, eine Feuerverzinkerei, auf der Grundlage eines am 17. März 1998 geschlossenen Liefervertrags bis zum 31. März 2011 leitungsgebunden als Sonderkundin mit Erdgas. Der von der Beklagten vorformulierte Gaslieferungsvertrag verweist zu dem für die Gaslieferung zu zahlenden Entgelt auf die Bestimmungen einer ihm beigefügten und mit 'Gaspreis - Zonenpreisregelung' überschriebenen Anlage 3, in der es unter anderem heißt:

'[...]

3.2 Gaspreis 3.2.1 Der Preis für die im Rechnungsjahr gelieferten Gasmengen beträgt für die ersten 400.000 kWh 5,86 Pf/kWh für die nächsten 5.600.000 kWh 5,72 Pf/kWh für die nächsten 11.000.000 kWh 5,59 Pf/kWh für die nächsten 34.000.000 kWh 5,48 Pf/kWh für alle weiteren kWh 5,40 Pf/kWh

[...]

3.3 Änderung des Gaspreises 3.3.1 Die in 3.2 genannten Zonenpreise ermäßigen oder erhöhen sich nach der Formel B = 0,09098 (HL - 64,39).

Darin bedeuten B = Preisänderung in Pfennig/kWh HL = Preis in DM/hl für leichtes Heizöl gemäß 3.3.2 und 3.3.

3.3.2 Der Preis - HL - für leichtes Heizöl (ohne Umsatzsteuer) ist den monatlichen Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes, Wiesbaden, unter der Fachserie 17, Reihe 2, Preise und Preisindizes für gewerbliche Produkte (Erzeugerpreise) zu entnehmen, und zwar der Preis frei Verbraucher in Düsseldorf, Frankfurt und Mannheim/Ludwigshafen, bei Lieferung in Tankkraftwagen, 40 - 50 hl pro Auftrag, einschließlich Mineralölsteuer und EBV. Maßgebend ist das arithmetische Mittel der sechs Monatswerte jedes Kalenderhalbjahres der drei vorgenannten Orte.

3.3.3 Der Gaspreis ändert sich mit Wirkung vom 1.4. und 1.10. eines jeden Jahres, wobei jeweils der Durchschnittspreis für leichtes Heizöl des vorhergehenden Kalenderhalbjahres zugrunde zu legen ist.

[...]

3.3.7 Die Vertragspartner gehen davon aus, dass diese Preisänderungsklausel die Preisentwicklung auf dem Wärmemarkt für den Erdgassektor zutreffend wiedergibt. Sollte dies nicht der Fall sein, so sind entsprechend anderweitige Vereinbarungen über eine angemessene Preisänderungsklausel zu treffen.'

Bestandteil des Erdgaslieferungsvertrages war außerdem eine als 'Ergänzung zur Anlage 3 des Gaslieferungsvertrages vom 17.03.1998 - Gaspreisänderung' überschriebene Regelung. Diese lautet:

'Für die Gaspreisänderung ab 1.10.1997 ist das arithmetische Mittel der vom Statistischen Bundesamt Wiesbaden veröffentlichten Preise für leichtes Heizöl des ersten Kalenderhalbjahres 1998 maßgebend. Es beträgt für die Berichtsorte Düsseldorf, Frankfurt/Main und Mannheim/Ludwigshafen 42,44 DM/hl.

Die Änderung der vertraglichen Ausgangspreise gemäß Ziffer 3.2 des Gaslieferungsvertrages beträgt damit ab 1.10.19 B = 0,09098 x (42,44 - 64,39) = -1,997 Pf/kWh.

Sie betragen beim Preisstand 1.10.1997 unter Berücksichtigung der geltenden Erdgassteuer von 0,360 Pf/kWh, zu deren teilweisem Ausgleich wir Ihnen einen Nachlass von 0,250 Pf/kWh einräumen, für die ersten 400.000 kWh 3,973 Pf/kWh für die nächsten 5.600.000 kWh 3,833 Pf/kWh für die nächsten 11.000.000 kWh 3,703 Pf/kWh für die nächsten 34.000.000 kWh 3,593 Pf/kWh für alle weiteren kWh 3,513 Pf/kWh

[...]'

In der Folgezeit teilte die Beklagte der Klägerin jeweils zum 1. April und 1. Oktober Preiserhöhungen oder -senkungen mit. Die Klägerin beanstandete die von der Beklagten vorgenommenen Preiserhöhungen erstmals mit Schreiben vom 4. Mai 2005. Mit Schreiben vom 22. Juni 2005 kündigte die Klägerin an, dass sie künftig die Gasrechnungen um 10 % reduzieren werde, und zahlte fortan nur noch 90 % der von der Beklagten geforderten Rechnungsbeträge.

Die Klägerin begehrt unter Zugrundelegung eines von ihr für geschuldet erachteten Gaspreises von 3 Cent/kWh zuletzt noch die Rückzahlung der danach für den Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis 31. März 2011 überzahlten Rechnungsbeträge in Höhe von 130.682,74 € nebst Zinsen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 950,15 €.

Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht (OLG Hamm, Urteil vom 16. Juli 2013 - 19 U 19/13, juris) hat, soweit im Revisionsverfahren von Interesse, zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein der Höhe nach unstreitiger und auch nicht nach § 814 BGB ausgeschlossener Anspruch auf Rückzahlung von 130.682,74 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu, da die unter Ziffer 3.3.1 der Anlage 3 des Gaslieferungsvertrages getroffene Preisänderungsbestimmung unwirksam sei und deshalb keinen wirksamen Rechtsgrund für die Zahlung erhöhter Gaspreise in dem im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis 31. März 2011 darstelle.

Dass es sich bei den vertraglichen Regelungen der Parteien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, die die Beklagte gegenüber ihren Sonderkunden verwende, stehe außer Streit. Die von der Beklagten gestellten Preisbestimmungen unterlägen der Inhaltskontrolle, weil die Parteien darin einen Preis mit Anpassungsmöglichkeit in Form einer Preisnebenabrede vereinbart hätten. Im Gegensatz zu einem von vornherein für die Vertragsdauer vereinbarten variablen Preis ('Preishauptabrede'), der nicht der Inhaltskontrolle unterliege, könne ein bei Vertragsschluss vereinbarter Ausgangspreis, der im Laufe der Vertragsdauer der Anpassung unterliegen solle ('Preisnebenabrede'), auf seine Angemessenheit überprüft werden. Dabei mache es keinen Unterschied, ob die Bestimmungen dem Verwender das Recht zu einer einseitigen Preisänderung einräumten oder ob sie eine automatische Preisanpassung zur Folge hätten.

Das Landgericht habe die Regelungen in der Anlage 3 des Gaslieferungsvertrages zu Recht als kontrollfähige Preisnebenabrede qualifiziert. In Bezug auf den Gaspreis verweise der Gasliefervertrag auf die Bestimmungen der Anlage 3. Dort fänden sich im Abschnitt 'Gaspreis' (Ziffer 3.2) unter Ziffer 3.2.1 feste Preise mit Pf/kWh-Beträgen, die in der Weise gestaffelt seien, dass sich der Preis mit zunehmender Abnahmemenge ermäßige. Im Abschnitt 'Änderung des Gaspreises' (Ziffer 3.3) sei unter Ziffer 3.3.1 eine Änderung der in Abschnitt 3.2 genannten Zonenpreise nach einer bestimmten Formel geregelt, die mit dem - variablen - Preis für leichtes Heizöl (HL) verknüpft sei. Schon die getrennten Klauseln zum 'Gaspreis' und zur 'Änderung des Gaspreises' machten deutlich, dass aus der maßgeblichen Sicht der Kunden die unter Ziffer 3.2.1 ausgewiesenen Beträge beziehungsweise die in der 'Ergänzung zur Anlage 3' genannten Preise die eigentliche Preisabrede darstellten und - wie sich auch noch aus weiteren Regelungen des Abschnitts 3.3 ergebe - der so bei Aufnahme der Versorgung als fester Ausgangspreis vereinbarte Vertragspreis im Laufe der Vertragsdauer, und zwar erstmals zum 1. April 1998, der Anpassung unterliegen solle. Dass sich die fixen Ausgangspreise nicht im Hauptteil des Vertrages befänden, sondern in dessen Anlage 3, ändere daran nichts. Entscheidend sei nicht, an welcher Stelle des Vertragswerkes die Einzelheiten der Preisabsprache geregelt seien, sondern welchen Inhalt sie hätten.

Die Preisänderungsklausel benachteilige die Klägerin wegen der dadurch objektiv eröffneten Möglichkeit einer unzulässigen Gewinnsteigerung zugunsten der Beklagten gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen. Dabei sei es unerheblich, dass die Klägerin Unternehmerin sei. Denn die Unangemessenheit ergebe sich allein daraus, dass die Beklagte nach der Vertragsbestimmung das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung zu ihren Gunsten verändern könne. Insoweit lasse das Bürgerliche Gesetzbuch eine Differenzierung der Schutzwürdigkeit der Interessen von Verbrauchern und Unternehmern als Kunden nicht erkennen.

Im Übrigen sei der Beklagten auch ein Preisänderungsrecht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung schon deshalb nicht zuzubilligen, weil sie Anlass gehabt habe, eine Kündigung des Gaslieferungsvertrags in Betracht zu ziehen, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 4. Mai 2005 der angekündigten Preiserhöhung widersprochen und fortan die Rechnungsbeträge pauschal um 10 % gekürzt habe. Ebenso wenig komme eine Lückenschließung durch Zubilligung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts gemäß § 315 BGB in Betracht.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.

Der Klägerin steht ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückerstattung gezahlter Entgelte für die Erdgaslieferungen der Beklagten nicht zu, weil die Klägerin, soweit sie die von der Beklagten in Rechnung gestellten Beträge bezahlt hat, diese mit Rechtsgrund geleistet hat. Denn die Preisänderungsbestimmungen der Anlage 3 zum Gaslieferungsvertrag (im Folgenden: Anlage 3), auf deren Grundlage die Beklagte die streitgegenständlichen Gaslieferungen gegenüber der Klägerin mit einem über dem bei Vertragsschluss liegenden bezifferten Ausgangspreis abgerechnet hat, sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

1. Bei den in Anlage 3 enthaltenen und in den Erdgaslieferungsvertrag der Parteien einbezogenen Regelungen zur Bestimmung des von der Klägerin zu zahlenden Gaspreises handelt es sich, wie das Berufungsgericht mit Recht und von der Revision unangegriffen angenommen hat, um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Soweit sie danach gemäß § 307 BGB der Inhaltskontrolle unterliegen, halten sie dieser aber im - wie hier - unternehmerischen Verkehr (§ 310 Abs. 1 BGB) stand.

2. Die für die streitgegenständlichen Gasabrechnungen relevanten Vertragsbestimmungen - insbesondere die in Ziffer 3.3.1 der Anlage 3 enthaltene Berechnungsformel und die sie erläuternden Regelungen in Ziffern 3.3.1 bis 3.3.3 der Anlage 3 - genügen, wie auch die Revisionserwiderung nicht in Zweifel zieht, den Anforderungen des Transparenzgebots (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BGB). Denn ihr Regelungsgehalt - die Art und Weise der erstmaligen Berechnung sowie der Änderung des Gaspreises - ist aus sich heraus klar und verständlich (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, ZIP 2014, 1435 Rn. 13, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, und VIII ZR 116/13, juris Rn. 16 f., zur Veröffentlichung bestimmt; vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, BGHZ 185, 96 Rn. 15 ff., und VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050 Rn. 21 ff.). Der jeweils aktuelle Gaspreis ist mit Hilfe der in Ziffer 3.3.1 der Anlage 3 enthaltenen Berechnungsformel aufgrund der diese Formel erläuternden Bestimmungen ohne weiteres zu berechnen, sobald die Variable der Berechnungsformel - der Preis für leichtes Heizöl - bekannt ist. Ziffer 3.3.2 der Anlage 3 verweist hinsichtlich des Heizölpreises auf die Monatsberichte des Statistischen Bundesamtes, so dass die erstmalige Berechnung und jede spätere Veränderung des Gaspreises unschwer überprüfbar sind.

3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die in Ziffer 3.3.1 der Anlage 3 enthaltene Berechnungsformel, soweit sie künftige Veränderungen des bei Vertragsbeginn geltenden Gaspreises zum Gegenstand hat, auch einer über das Transparenzgebot hinausgehenden Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unterliegt. Sie ist insoweit nicht gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB einer weitergehenden Inhaltskontrolle entzogen. Denn hinsichtlich der Regelung künftiger Preisänderungen handelt es sich bei diesen Bestimmungen um kontrollfähige Preisnebenabreden und nicht um eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht kontrollfähige Preishauptabrede (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO Rn. 14 ff., und VIII ZR 116/13, aaO Rn. 18 ff.). Die gegen diese zutreffende Würdigung des Berufungsgerichts vorgebrachten Argumente der Revision bleiben ohne Erfolg.

a) Zwar sind, wovon das Berufungsgericht auf der Grundlage der Senatsrechtsprechung zutreffend ausgegangen ist, formularmäßige Abreden, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu zahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen, gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgenommen (Senatsurteil vom 25. September 2013 - VIII ZR 206/12, NJW 2014, 209 Rn. 17). Hiervon zu unterscheiden sind aber die kontrollfähigen (Preis-)Nebenabreden, also Abreden, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle jedoch, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositives Gesetzesrecht treten kann. Anders als die unmittelbaren Preisabreden bestimmen sie nicht das Ob und den Umfang von Entgelten, sondern treten als ergänzende Regelungen, die lediglich die Art und Weise der zu erbringenden Vergütung und/oder etwaige Preismodifikationen zum Inhalt haben, 'neben' eine bereits bestehende Preishauptabrede. Sie weichen von dem das dispositive Recht beherrschenden Grundsatz ab, nach dem die Preisvereinbarung der Parteien bei Vertragsschluss für die gesamte Vertragsdauer bindend ist, und sind daher einer Inhaltskontrolle unterworfen (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Dabei macht es keinen Unterschied, ob sie dem Verwender das Recht zu einer einseitigen Preisänderung einräumen oder eine automatische Preisanpassung zur Folge haben (Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, aaO Rn. 19 f., und VIII ZR 304/08, aaO Rn. 25 f.; jeweils mwN). Damit bleibt für die der Überprüfung entzogenen Preis- und Leistungsbestimmungen nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne die mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (vgl. Senatsurteil vom 9. April 2014 - VIII ZR 404/12, NJW 2014, 2269 Rn. 44 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

b) Ob eine Klausel einen kontrollfähigen Inhalt aufweist, ist durch Auslegung zu ermitteln, die der Senat selbst vornehmen kann. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Gehalt und typischen Sinn so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind. Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Außer Betracht bleiben dabei nur solche Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend und nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (zum Ganzen: Senatsurteile vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO Rn. 16, und VIII ZR 116/13, aaO Rn. 20; jeweils mwN).

c) Nach diesen Grundsätzen ist bei der Beurteilung der für die Ermittlung des Gaspreises maßgeblichen Berechnungsformel in Ziffer 3.3.1 der Anlage 3 zu differenzieren. Diese Berechnungsformel hat zwei Funktionen, die im Hinblick auf ihre Kontrollfähigkeit unterschiedlich zu beurteilen sind.

aa) Sie enthält einerseits - darin ist der Revision zuzustimmen - die gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht kontrollfähige Vereinbarung über die Höhe des bei Vertragsbeginn geltenden Gaspreises (Preishauptabrede). Dieser unterliegt - wie jeder bei Vertragsbeginn vereinbarte Ausgangspreis - nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (Senatsurteile vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO Rn. 17, und VIII ZR 116/13, aaO Rn. 21; jeweils mwN). Vorliegend haben sich die Parteien in Anwendung der Berechnungsformel der Anlage 3 auf den - der Inhaltskontrolle nicht unterliegenden - bei Lieferbeginn geltenden Gaspreis geeinigt. Das ergibt sich schon daraus, dass die fest vereinbarten, nach Liefermenge gestaffelten Anfangspreise, die sich in Anwendung der Berechnungsformel ergeben, in der Ergänzung zur Anlage 3 des Gaslieferungsvertrages vom 17. März 1998 in bezifferter Form ausgewiesen worden sind. Sie waren damit - anders als die Revision meint - bei Vertragsschluss keineswegs 'variabel', sondern standen fest (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 116/13, aaO Rn. 23).

bb) Andererseits regelt die Berechnungsformel zugleich auch zukünftige, nach Ziffer 3.3.3 der Anlage 3 eintretende Preisänderungen. Insoweit handelt es sich bei der Berechnungsformel nicht um die Preishauptabrede zur Ermittlung des anfänglichen Gaspreises, sondern - im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, aaO Rn. 20, und VIII ZR 304/08, aaO Rn. 26; jeweils mwN) - um eine der Inhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabrede, die künftige Preismodifikationen zum Gegenstand hat. Die Berechnungsformel in Ziffer 3.3.1 der Anlage 3 ist nicht deshalb, weil sie (auch) den bei Vertragsbeginn geltenden Anfangspreis bestimmt und insoweit nicht kontrollfähig ist, der Inhaltskontrolle insgesamt, also auch insoweit entzogen, als sie künftige, noch ungewisse Preisanpassungen regelt (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO Rn. 18, und VIII ZR 116/13, aaO Rn. 22).

d) Die Revision meint dagegen, dass die in Ziffer 3.3.1 der Anlage 3 enthaltene Berechnungsformel insgesamt eine der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 3 BGB entzogene Preishauptabrede über einen 'variablen' Gaspreis darstelle. Dem kann - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils näher ausgeführt hat - schon deshalb nicht gefolgt werden, weil eine solche Sichtweise in nicht hinnehmbarer Weise Möglichkeiten zur Umgehung der Inhaltskontrolle eröffnet und damit dem Schutzzweck des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht gerecht wird (Senatsurteile vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO Rn. 29 f., und VIII ZR 116/13, aaO Rn. 30 f.).

4. Wie die Revision aber zu Recht geltend macht, hält die in Ziffer 3.3.1 der Anlage 3 zur Bestimmung des während der Vertragslaufzeit jeweils geschuldeten Gaspreises enthaltene Berechnungsformel einer Inhaltskontrolle, soweit sie dieser nach vorstehenden Maßstäben unterliegt, stand, weil sie die Klägerin mit Rücksicht auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche (§ 310 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB) nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligt. Denn die Feststellung, ob eine Klausel die Grenzen eines angemessenen Interessenausgleichs im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB überschreitet, kann nicht ohne Berücksichtigung der Art des konkreten Vertrags, der typischen Interessen der Vertragsschließenden und der die jeweilige Klausel begleitenden Regelungen getroffen werden (Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, aaO Rn. 26, und VIII ZR 304/08, aaO Rn. 33; jeweils mwN). Insoweit hat das Berufungsgericht dem Umstand, dass die Beklagte die in der Anlage 3 enthaltenen Preisbestimmungen gegenüber der Klägerin als Unternehmerin verwendet hat, zu Unrecht keine Bedeutung beigemessen.

a) Der Verwender von Preisanpassungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat - insbesondere bei auf Dauer angelegten Geschäftsverbindungen - ein anerkennenswertes Bedürfnis daran, seine Preise den aktuellen Kosten- oder Preisentwicklungen anzupassen. Auf Seiten des Kunden ist dagegen dessen Interesse daran zu berücksichtigen, vor Preisanpassungen geschützt zu werden, die über die Wahrung des ursprünglich festgelegten Äquivalenzverhältnisses hinausgehen (Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, aaO, und VIII ZR 304/08, aaO; jeweils mwN).

aa) Der Senat hat ein berechtigtes Interesse auch von Gasversorgungsunternehmen, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an ihre Kunden weiterzugeben, grundsätzlich anerkannt (Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 22, und VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 23 ff.). Wird die Preisanpassung auf der Grundlage der Entwicklung von Kostenelementen herbeigeführt, so ist jedenfalls bei Versorgungsverträgen mit Verbrauchern die Schranke des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB aber überschritten, wenn solche Preisanpassungsbestimmungen dem Verwender die Möglichkeit einräumen, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (Senatsurteile vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335 unter II 2; vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, WM 2007, 796 Rn. 21; vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, aaO Rn. 35, und VIII ZR 304/08, aaO).

bb) Nach der Senatsrechtsprechung kann in einem langfristigen Vertragsverhältnis ein berechtigtes Interesse nicht nur an der Verwendung einer Kostenelementeklausel, sondern auch einer Spannungsklausel bestehen. Eine gleitende Preisentwicklung durch Bezugnahme auf ein Referenzgut, das den Gegebenheiten des konkreten Geschäfts gerecht wird und deshalb für beide Vertragsparteien akzeptabel ist, vermeidet auf beiden Seiten die Notwendigkeit, einen langfristigen Vertrag allein deshalb zu kündigen, um im Rahmen eines neu abzuschließenden Folgevertrags einen neuen Preis aushandeln zu können. Sie sichert so zugleich stabile Vertragsverhältnisse und die im Massengeschäft erforderliche rationelle Abwicklung (Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, aaO Rn. 30, und VIII ZR 304/08, aaO Rn. 38).

b) Nach diesen Grundsätzen hält die in Ziffer 3.3.1 der Anlage 3 enthaltene Preisänderungsbestimmung der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand, soweit die Beklagte diese nicht gegenüber Verbrauchern, sondern gegenüber einem Unternehmen wie der Klägerin verwendet.

aa) Bei der in Ziffer 3.3.1 geregelten Bestimmung zur Anpassung des Gaspreises handelt es sich um eine Spannungsklausel. Denn der Preis für leichtes Heizöl stellt keinen Kostenfaktor, sondern einen Wertmesser für die von der Beklagten zu erbringende Leistung dar, weil er als solcher und ohne Rücksicht auf die Kosten der Beklagten die Höhe des Gaspreises bestimmen soll (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO Rn. 38, und VIII ZR 116/13, aaO Rn. 38; vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, aaO Rn. 29, und VIII ZR 304/08, aaO Rn. 37).

Zwar hat der Senat für Gaslieferungsverträge mit Verbrauchern entschieden, dass Spannungsklauseln der vorliegenden Art, nach denen sich der Gaspreis entsprechend der Preisentwicklung für leichtes Heizöl ändert, wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden unwirksam sind (Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, aaO Rn. 25, 32, 36 ff., und VIII ZR 304/08, aaO Rn. 32, 36 ff.). Diese für Verbraucherverträge entwickelte Rechtsprechung des Senats ist auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr aber aus den in dem Senatsurteil vom 14. Mai 2014 (VIII ZR 114/13, aaO Rn. 41 ff.) näher dargelegten Gründen nicht übertragbar. Ob die Bindung des Gaspreises an den Marktpreis für leichtes Heizöl sachgerecht und akzeptabel erscheint, unterliegt der kaufmännischen Beurteilung und Entscheidung des als Unternehmer handelnden Gaskunden, die einer gerichtlichen Überprüfung im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht zugänglich ist. Es ist in einer marktwirtschaftlichen Ordnung Aufgabe des Unternehmers, selbstverantwortlich zu prüfen und zu entscheiden, ob ein Gaslieferungsvertrag, der eine Bindung des Gaspreises an den Preis für leichtes Heizöl vorsieht, für ihn annehmbar ist. Es ist dagegen nicht Aufgabe der Gerichte, diese unternehmerische Entscheidung des Kunden für eine Ölpreisbindung darauf hin zu überprüfen, ob sie sachgerecht ist, und sie gegebenenfalls zu Gunsten des einen Unternehmens sowie zu Lasten des anderen zu korrigieren (Senatsurteile vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO Rn. 45 f., und VIII ZR 116/13, aaO Rn. 39).

bb) Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. April 2005 (XII ZR 308/02, NJW 2005, 2006 unter I 2 c) lässt sich - anders als die Revisionserwiderung meint - für den vorliegenden Fall nichts Gegenteiliges herleiten. Soweit dort für die Beurteilung von Schönheitsreparaturklauseln in einem Gewerberaummietvertrag kein Anlass gesehen worden ist, die Schutzbedürftigkeit eines Gewerbetreibenden anders zu beurteilen als diejenige eines Wohnraummieters, weil die Relevanz der dortigen, erst am Ende einer (langen) Vertragslaufzeit zum Tragen kommenden Endrenovierungsverpflichtung nicht ohne Weiteres auch schon bei Vertragsschluss überschaubar war, ist diese Fallgestaltung mit der vorliegenden nicht vergleichbar. Denn bei der streitgegenständlichen Preisanpassungsklausel geht es um einen für die Beurteilung der beiderseitigen Leistungen zentralen Kalkulationsgesichtspunkt, dessen Bedeutung und Auswirkungen auf das Leistungsgefüge über die vereinbarte Vertragslaufzeit hinweg offen auf der Hand gelegen haben. Von einem gewerblichen Unternehmen wie der Klägerin ist zu erwarten, dass es bei einer sorgfältigen Kalkulation seiner Kosten, die zum Kernbereich kaufmännischer Tätigkeit gehört, gerade auch einer ihm gegenüber verwendeten Preisanpassungsklausel besondere Aufmerksamkeit schenkt und sich über deren Folgen die nötige Klarheit verschafft (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO Rn. 46).

cc) Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung schließlich im Wege der Gegenrüge geltend, die Beklagte könne sich gemäß § 242 BGB nicht auf die Preisanpassungsklausel berufen, weil 'zwischen den Parteien ... im Prinzip Einigkeit darüber bestanden [habe], dass auch die Klägerin zu günstigeren Konditionen als Privatkunden beliefert werden sollte', was tatsächlich jedoch nicht der Fall sei. Auch das gehört zum beschriebenen Risiko kaufmännischer Kalkulation, nämlich die Preisvereinbarungen auf der Grundlage einer Beobachtung des Marktgeschehens, zu dem hier insbesondere die veröffentlichten Entgelte für die Belieferung von Tarifkunden gezählt haben, zu treffen und, wenn auf Dauer ein bestimmter Abstand zu den allgemein geforderten Tarifen sichergestellt werden soll, dies etwa über eine Abstandsklausel zu vereinbaren. Dazu zeigt die Revisionserwiderung aber keinen Vortrag in den Tatsacheninstanzen auf; auch die von ihr zuletzt in Bezug genommene Anlage K 10 verhält sich hierzu nicht. Es liegt deshalb im Risikobereich der Klägerin, wenn sich die auf der Grundlage der Preisanpassungsklausel vereinbarten Preise anders entwickelt haben sollten als die allgemeinen Tarife.

III.

Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt auf die Rechtsmittel der Beklagten unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen zur Abweisung der Klage.

Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Fetzer Dr. Bünger Kosziol Vorinstanzen:

LG Dortmund, Entscheidung vom 16.01.2013 - 2 O 322/11 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 16.07.2013 - I-19 U 19/13 -