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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 03.11.1983, Az.: 1 STR 515/83

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 15. April 1983

im Schuldspruch dahin abgeändert, daß der Angeklagte nicht zweier rechtlich zusammentreffender Vergehen der Verleumdung und des Betrugs, sondern der Beleidigung in Tateinheit mit Betrug (§§ 185, 263, 52 StGB) schuldig ist,

im Ausspruch über die im Fall B II 4 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Entscheidungsgründe

I.Der Beschwerdeführer beanstandet zu Recht, daß das Landgericht ihn im Fall B II 4 der Urteilsgründe der Verleumdung (in Tateinheit mit Betrug) für schuldig befunden hat. Nach den Urteilsfeststellungen hatte er folgendes Zeitungsinserat aufgegeben:Modell-Hostess J. für private schöne Stunden. Rufen Sie doch mal an!

Die anschließend genannte Telefonnummer war diejenige seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau, die er "damit beleidigen und in der öffentlichen Meinung verächtlich machen und herabwürdigen wollte". Seine Ehefrau erhielt in der Folgezeit immer wieder belästigende Anrufe und sah sich schließlich gezwungen, eine Gegenanzeige aufzugeben.

1.Eine Verleumdung liegt nur vor, wenn "in Beziehung auf einen anderen" eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet wird. Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn erkennbar wird, daß hinter der Äußerung ein anderer als der Betroffene als - angeblicher oder wirklicher - Urheber steht. Wer diesen "Drittbezug" verbirgt und lediglich eine den Betroffenen kompromittierende Sachlage schafft, verleumdet nicht (vgl. Herdegen in LK 9. Aufl. § 186 Rdn. 9 m.w.N.; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 21. Aufl. § 186 Rdn. 7; Rudolphi in SK § 186 Rdn. 10). So liegt es hier: Der Angeklagte hat bei den Lesern des Inserats den Eindruck hervorgerufen, Urheberin sei seine Ehefrau selbst.

2.Damit erweist sich das Verhalten des Beschwerdeführers allerdings nicht etwa als strafrechtlich irrelevant. Dem Urteilszusammenhang läßt sich entnehmen, daß es ihm darum ging, seine Ehefrau durch die Anzeige und deren unausbleibliche Folgen zu kränken; die zu erwartenden Anrufe, mit denen ihr sexuelle Handlungen gegen Entgelt angesonnen wurden, sollten ihr ebenso wie die Lektüre der Anzeige bewußt machen, daß sie mit einer Prostituierten gleichgestellt wurde. Darin liegt eine grobe Kundgabe der Mißachtung, die den Tatbestand der Beleidigung erfüllt.

3.Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, konnte der Senat den Schuldspruch ändern. § 265 StPO steht nicht entgegen, da der Beschwerdeführer sich gegen den Vorwurf der Beleidigung nicht anders hätte verteidigen können. Diese Änderung führt zur Aufhebung der für diesen Fall verhängten Einzelstrafe und damit auch des Gesamtstrafenausspruchs. Das Landgericht ist auch für die Verleumdung von einer gesetzlichen Höchststrafe von fünf Jahren ausgegangen, weil die Tat öffentlich begangen wurde. Da der tateinheitlich begangene Betrug zum Nachteil des Zeitungsverlages unberührt bleibt, ist die Strafdrohung nach § 52 Abs. 2 StGB zwar dem § 263 Abs. 1 StGB zu entnehmen und damit im Ergebnis unverändert. Das Landgericht hat jedoch mit Recht bei der Strafzumessung der Ehrverletzung das entscheidende Gewicht beigemessen; der Betrug ist lediglich Begleittat, der Schaden beträgt 100,00 DM. Es läßt sich deshalb nicht ausschließen, daß die in der Strafdrohung des § 185 StGB (Höchststrafe für den vorliegenden Fall: ein Jahr Freiheitsstrafe) zum Ausdruck kommende wesentlich mildere gesetzliche Bewertung der Ehrverletzung unabhängig von dem aus anderen Gründen zur Verfügung stehenden weiteren Strafrahmen hier zu einer geringeren Einzelstrafe führt.

II.Die weitergehende Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. August 1983 Bezug genommen. Die Gegenerklärung des Beschwerdeführers gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlaß.