Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 25.07.2011, Az.: 1 STR 631/10
Entscheidungsgründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 52 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Von weiteren Vorwürfen hat es ihn freigesprochen. Weiter hat das Landgericht festgestellt, dass von der Gesamtfreiheitsstrafe ein Monat als verbüßt gilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er sich gegen seine Verurteilung wendet und dabei die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, führt zu einer Teileinstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO. Im Übrigen ist sie unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.
Näherer Erörterung bedürfen die auf den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO gestützte Verfahrensrüge (A) und der Schuldspruch (B).
Die Hauptverhandlung wurde an fünf Tagen in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt. Die Revision macht deshalb einen Verstoß gegen § 230 Abs. 1, § 231 Abs. 2 StPO geltend. Zwar habe sich der Angeklagte selbst in den Zustand der Verhandlungsunfähigkeit gebracht, indem er während laufender Hauptverhandlung bei "eingeschränkter Steuerungsfähigkeit" versucht habe, sich das Leben zu nehmen. Er habe sich deshalb aber - anders als das Landgericht annimmt - noch nicht eigenmächtig der weiteren Hauptverhandlung entzogen. Die Verfahrensrüge ist unbegründet.
I. Der Rüge liegt folgendes Prozessgeschehen zu Grunde:
1. Die Hauptverhandlung gegen den ordnungsgemäß geladenen Angeklagten begann am 18. Oktober 2009 mit Verlesung des Anklagesatzes aus der Anklageschrift und aus einer Ergänzungsanklage. Im Anschluss hieran erklärte einer der Verteidiger, der Angeklagte werde an diesem Tag keine Stellungnahme abgeben. Nach Erteilung des Hinweises an den Angeklagten, dass es ihm freistehe, sich zur Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen, trat das Landgericht im Einverständnis mit allen Verfahrensbeteiligten in die Beweisaufnahme ein. Es wurden ausschließlich Urkunden verlesen. Am zweiten Hauptverhandlungstag sagte der Angeklagte zu seinen persönlichen Verhältnissen und zur Sache aus und beantwortete Fragen des Vorsitzenden. Am dritten Verhandlungstag fuhr das Gericht mit der Beweisaufnahme fort. Der Angeklagte erklärte, er fühle sich nicht in der Lage, weitere Fragen des Vorsitzenden zu beantworten, er sei aber in der Lage, die Fragen aufzunehmen. Der Vorsitzende stellte seine Fragen und gab dem Angeklagten anheim, diese am nächsten Verhandlungstag, der für den 11. November 2009 angesetzt war, zu beantworten.
2. Zu dem danach erfolgten Suizidversuch des Angeklagten hat das Landgericht - im Urteil - folgende Feststellungen getroffen:
"In der Nacht vom 10.11.2009 auf den 11.11.2009, mithin während laufender Hauptverhandlung, lag beim Angeklagten W. eine mittelgradige depressive Episode vor, hervorgehend aus einer zuvor bestehenden leichteren depressiven Verstimmung bei äußerer Belastungssituation. Am 11.11.2009 stand nämlich für den Angeklagten eine Reihe von belastenden Aussagen der Zeugen ... bevor. ... Nur wenige Stunden vor Beginn des Fortsetzungstermins der Hauptverhandlung, zu einer Zeit, als er mit seinem Auffinden rechnen konnte, fügte sich der Angeklagte W. Verletzungen an den Armbeugen zu, die zu einem hohen Blutverlust führten. Der Angeklagte W. war bei Vornahme der Selbstverletzungen in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt; gänzlich ausgeschlossen war sie aber nicht. Der Angeklagte W. wollte durch sein Handeln der Hauptverhandlung entgehen und nahm hierbei billigend seinen Tod in Kauf. Gleichzeitig hoffte er aber noch - wie dann auch geschehen - rechtzeitig von seiner Ehefrau ... aufgefunden und gerettet zu werden."
3. Infolge des Selbstmordversuchs war der Angeklagte für einen für das Landgericht nicht vorhersehbaren Zeitraum nicht mehr verhandlungsfähig. Deshalb beauftragte das Landgericht am 12. November 2009 Dr. S., einen Arzt für Neurologie und Psychiatrie, mit einem Sachverständigengutachten, in dem geklärt werden sollte, ab wann und in welchem Umfang der Angeklagte wieder verhandlungsfähig sein werde. Der Gutachter sollte sich "auch zu der Frage äußern, ob der Angeklagte seinen Selbstmordversuch schuldhaft unternommen hat, d.h. nicht im Zustand fehlender Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 20 StGB". Das Landgericht stellte in Aussicht, im Falle fortdauernder Verhandlungsunfähigkeit die Hauptverhandlung auszusetzen und zu einem späteren Zeitpunkt von vorne beginnen zu lassen.
Die Exploration durch den Sachverständigen fand am 21. November 2009 statt. Nachdem der Sachverständige im Hauptverhandlungstermin vom 26. November 2009 sein Gutachten mündlich erstattet hatte (das schriftliche Gutachten ging am 7. Dezember 2009 bei der Strafkammer ein) und zudem ärztliche Atteste verlesen worden waren, verkündete das Landgericht nach Beratung den Beschluss, dass die Hauptverhandlung gemäß § 231 Abs. 2 StPO in Abwesenheit des Angeklagten fortgesetzt und gegebenenfalls zu Ende geführt werden solle. In diesem Beschluss vom 26. November 2009 führt das Landgericht u.a. aus: "Das Fernbleiben des Angeklagten W. war eigenmächtig. Der Angeklagte W. ist seiner Anwesenheitspflicht wissentlich durch die von ihm nur wenige Stunden vor dem Verhandlungstermin vom 11.11.2009 begangene Selbstverletzung nicht nachgekommen. Diese Verletzungshandlung diente nach Überzeugung der Kammer dazu, dem Gang der Urteilsfindung durch Missachtung seiner Anwesenheitspflicht durch das Herbeiführen eines andauernden Zustandes der Verhandlungsunfähigkeit vorsätzlich entgegenzutreten.
Dies ergibt sich aus den folgenden Umständen: Gegen Ende des 3. Verhandlungstages am Freitag, den 06.11.2009, konfrontierte die Kammer den Angeklagten mit einer Reihe aus ihrer damaligen Sicht bestehender unauflösbarer Widersprüche zwischen der vom Angeklagten in der Hauptverhandlung abgegebenen Einlassung und dem schriftsätzlichen Vortrag seiner Verteidiger im Ermittlungs- und Besteuerungsverfahren, dessen Richtigkeit er teilweise sogar eidesstattlich versichert hat. Bereits zuvor traten an diesem Verhandlungstag im Rahmen der Vernehmung des Zeugen T. ersichtlich nicht nur für die Kammer überraschend unterschiedliche Versionen von Gesellschaftsverträgen zutage, die die Kammer dazu veranlassten, den Angeklagten nach dem Zustandekommen und der Verwendung der unterschiedlichen Versionen zu befragen. Diese Fragen und Hinweise auf Widersprüche blieben unbeantwortet.
Die Kammer hat dabei auch zu verstehen gegeben, dass sie bei vorläufiger Würdigung der Sachlage der Einlassung des Angeklagten wohl nicht würde folgen können. Mit diesen Widersprüchen konfrontiert endete der 3. Verhandlungstag.
Für den 4. Verhandlungstag am Mittwoch, den 11.11.2009, waren Zeugen vorgesehen, die nach Aktenlage wie z.B. die Zeugin H. über intime Details über das Verhältnis des Angeklagten W. zu Margit C. würden berichten können und hieraus folgernd das mögliche Motiv für die nicht versteuerten Zahlungen von Margit C. an den Angeklagten beleuchtende Angaben machen würden. Diese Angaben wären für den Angeklagten W. deswegen besonders unangenehm, weil der Prozess intensiv durch die Medien verfolgt wird und entsprechende Angaben aufgrund der Berichterstattung der Medien große Verbreitung finden würden.
Unter Würdigung dieser Prozesslage zieht der Sachverständige Dr. S. den naheliegenden Schluss, dass der Angeklagte W. aus seiner Sicht keine befriedigenden Antworten auf die durch die Kammer aufgezeigten Widersprüche finden konnte und der kommende Prozessverlauf für ihn äußerst peinlich zu werden schien. Um sich diesen Widersprüchen und der Peinlichkeit der weiteren Hauptverhandlung zu entziehen, hat der Angeklagte W. sich dann selbst körperlich beschädigt. Der Begriff der Selbstbeschädigung rührt dabei vom Sachverständigen (her), der in Zweifel zieht, ob es sich überhaupt um einen ernsthaften Selbstmordversuch gehandelt hat. Wegen der Unaufklärbarkeit dieser Frage geht die Kammer davon aus, dass die Selbstbeschädigung mit bedingtem Selbsttötungsvorsatz erfolgte - zu einem Zeitpunkt und an einem Ort, wo der Angeklagte auf ein rechtzeitiges Auffinden hoffen konnte.
Ein weiteres Indiz dafür, dass der Angeklagte W. sich der weiteren Hauptverhandlung durch die Selbstbeschädigung entziehen wollte, ergibt sich aus dem Zeitpunkt der Tat:
Der Angeklagte W. hat die Selbstverletzung gegen 6.30 Uhr nur wenige Stunden vor der Fortsetzung der Hauptverhandlung um 9.00 Uhr unternommen. Dieser enge zeitliche Zusammenhang mit der Fortsetzung der Hauptverhandlung spricht nach Überzeugung der Kammer ebenfalls dafür, dass der Angeklagte W. hierdurch die unmittelbar bevorstehenden und für ihn aller Voraussicht nach höchst peinlichen Zeugenaussagen in öffentlicher Verhandlung verhindern wollte.
Der Angeklagte W. hat sich seine Verletzungen nicht im Zustand fehlender Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 20 StGB zugefügt. Aus dem stets nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachten des vom Gericht beauftragten, forensisch sehr erfahrenen Sachverständigen Dr. S., dem sich die Kammer anschließt, ergibt sich, dass die eigene körperliche Beschädigung des Angeklagten W. Ausdruck eines wachen und abwägenden, bilanzierenden Verstandes war und nicht im Zustand des Ausschlusses seiner Steuerungs- oder Einsichtsfähigkeit begangen wurde. Zu diesem Ergebnis kommt der Sachverständige für die Kammer nachvollziehbar aufgrund des mit dem Angeklagten W. am 21.11.2009 geführten Gesprächs sowie der ihm geschilderten prozessualen Situation, die - wie oben bereits ausgeführt - beim Angeklagten W. Gefühle wie Scham, Ehre und Gesichtsverlust ausgelöst haben.
Diese Gefühle führen jedoch nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht dazu, dass sie die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit aufheben. Seinem vom Angeklagten W. im Rahmen des mit ihm geführten Gespräches gewonnenen Eindrucks sei der Angeklagte merklich davon entfernt, in einem schuldausschließenden Zustand gehandelt zu haben. ... Aufgrund der vorgenannten Umstände gelangt die Kammer daher zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte W. versuchte, sich dem weiteren Gang der Hauptverhandlung durch Herbeiführen einer Verhandlungsunfähigkeit vorsätzlich zu entziehen, ohne dass seine Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit aufgehoben gewesen wäre."
In diesem Beschluss, die Hauptverhandlung ohne den Angeklagten fortzusetzen, wies das Landgericht darauf hin, dass der Angeklagte uneingeschränkt Gelegenheit gehabt habe, zum Anklagevorwurf Stellung zu nehmen, und von diesem Recht auch Gebrauch gemacht habe. Es hielt deswegen dessen weitere Anwesenheit nicht für erforderlich. Das Landgericht kündigte allerdings an, sich an diesem und am folgenden Hauptverhandlungstag auf ein minimales Beweisprogramm zu beschränken, um die Mitwirkungsrechte des Angeklagten soweit wie möglich zu achten. Den Aussetzungsantrag eines Verteidigers lehnte das Landgericht ab.
4. In der Folge verhandelte das Landgericht an fünf Hauptverhandlungstagen ohne den Angeklagten; ab dem 11. Hauptverhandlungstag (22. Dezember 2009) war der Angeklagte wieder anwesend. Der Vorsitzende unterrichtete ihn in entsprechender Anwendung des § 231a Abs. 2 StPO über den wesentlichen Inhalt dessen, was Gegenstand der Verhandlung während seiner Abwesenheit gewesen ist. Am 12. Januar 2010 lehnte der Angeklagte den Sachverständigen Dr. S. wegen Besorgnis der Befangenheit ab und beantrage die Einholung eines weiteren fachpsychiatrischen Gutachtens "insbesondere zu der Frage, ob anlässlich des Suizidversuchs am 11. November 2009 ein freier Willensentschluss von Herrn W. vorlag." Am 22. Januar beschloss das Landgericht, den Psychiater Dr. J. mit einem Sachverständigengutachten zu beauftragen, wobei dieser sich auch zur Frage der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten vom Beginn der Hauptverhandlung am 28.10.2009 bis zum Fortsetzungstermin am 6.11.2009 äußern sollte.
5. In seinem am 15. Februar 2010 erstellten schriftlichen Gutachten, das - soweit es um den Zustand des Angeklagten ging - im Wesentlichen auf dessen eigenen Angaben beruhte, führte der Sachverständige Dr. J. u.a. aus: Eine "depressive Episode" trat "in der Nacht zum 11.11.2009 ein, nachdem Herr W. von seinem Verteidiger über unangenehme Aussichten im Strafverfahren hingewiesen wurde und er danach noch ein längeres Gespräch unbekannten Inhalts mit seiner Ehefrau führte. Die depressive Verstimmung nahm nun ein so großes Ausmaß an, dass Herr W. in einen Zustand geriet, der von Herrn Dr. M. [dem behandelnden Arzt] treffend als präsuizidales Syndrom' beschrieben wurde, gekennzeichnet durch das Gefühl der Hoffnungs- und Aussichtslosigkeit, der Isolierung von den Mitmenschen und dem immer verführerischen Drang, diese als unerträglich empfundene Situation durch den Freitod zu entfliehen. ... Herr W. war im Zeitraum der ersten Verhandlungstage angeschlagen, er litt an einer Anpassungsstörung mit depressiver und vielleicht auch ängstlicher Symptomatik, aber er war nicht verhandlungsunfähig. Zum Zeitpunkt seines Suizidversuchs befand sich Herr W. allerdings in einem akuten depressiven und präsuizidalen Verstimmungszustand, der sich aus der leichteren depressiven Verstimmung am Abend durch das Gespräch mit dem Anwalt und danach mit seiner Frau verstärkt hatte und nun innerhalb von Stunden sein Denken und Handeln zunehmend im Sinne eines Tunnelblicks lenkte. Hierbei ließ er sich zum Teil von noch vernünftig scheinenden Erwägungen leiten, zum Beispiel davon, vielleicht durch seinen Tod seiner Familie zusätzliches Unbill ersparen zu können. Dass er mit einem Freitod seiner Frau ein noch viel größeres Leid zufügen würde, vermochte er allerdings nicht mehr zu erkennen.
Das impliziert, dass er in seiner Hemmungsfähigkeit (Steuerungsfähigkeit) zum Zeitpunkt des Suizids erheblich beeinträchtigt war."
Dr. J. verneinte die Annahme von Dr. S., es habe ein "rein demonstrativer Suizidversuch" vorgelegen und kam zu dem Ergebnis: "Die Wahrheit dürfte, wie so oft, in der Mitte liegen: Herr W. war weder im Tatzeitraum so larviert depressiv', in der Ausgestaltung einer typischen Männer-Depression' ..., noch war er bei seinem Suizidversuch so gesund', wie dies Herr Dr. S. schlussfolgerte. Ein schuldfähigkeitsrelevantes Krankheitsbild lag erst in der Nacht zum 11.11.2009 vor, in Form einer mittelgradigen depressiven Episode mit Suizidversuch, hervorgehend aus einer zuvor leichteren depressiven Verstimmung bei äußerer Belastungssituation (Strafprozess und Medienkampagne)."
Seinen Befund zur Frage der Schuldhaftigkeit des Herbeiführens von Verhandlungsunfähigkeit fasste Dr. J. so zusammen: "Der in diesem Zustand begangene Suizidversuch war nach Überzeugung des Unterzeichnenden nicht demonstrativ im Sinne eines reinen Zweckverhaltens, sondern Ausdruck und Symptom dieses depressivsuizidalen Verstimmungszustandes im Sinne einer akuten krankhaften seelischen Störung (entsprechend dem ersten Eingangsmerkmal der § 20, 21 StGB). Hinsichtlich der Schuldhaftigkeit des Herbeiführens von Verhandlungsfähigkeit [gemeint wohl Unfähigkeit] am Folgetag ist von einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit bei erhaltener Einsicht auszugehen (gemäß § 21 StGB). Es lag keine wahnhafte depressive Psychose vor und bei dem Suizidversuch, der sich über zwei Stunden hinzog, handelte es sich nicht um einen melancholischen Raptus, so dass weder von Einsichtsunfähigkeit noch von aufgehobener Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt des Suizidversuchs auszugehen ist."
6. Auch den Sachverständigen Dr. J. lehnte der Angeklagte wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Landgericht wies diesen Befangenheitsantrag mit Beschluss vom 18. März 2010 zurück. Zugleich teilte der Vorsitzende mit, dass die Strafkammer "auf die gutachtlichen Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. nichts stützt". Nachdem der Verteidiger an dem Ablehnungsantrag gegen Dr. S. festhielt, beschloss das Landgericht: "Der gegen den Sachverständigen Dr. S. gerichtete Ablehnungsantrag wird als unzulässig zurückgewiesen, weil die Sachverständigentätigkeit des Dr. S. bei der weiteren Entscheidungsfindung keine Rolle spielt und damit der Befangenheitsantrag gegenstandslos ist."
II. Bei dieser Sachlage ist ein absoluter Revisionsgrund i.S.d. § 338 Nr. 5 StPO nicht gegeben. Das Landgericht durfte deshalb an den fraglichen fünf Hauptverhandlungstagen ohne den Angeklagten verhandeln.
1. Allerdings findet gegen einen ausgebliebenen Angeklagten eine Hauptverhandlung grundsätzlich nicht statt (§ 230 Abs. 1 StPO); ein erschienener Angeklagter darf sich aus der Hauptverhandlung auch nicht wieder entfernen (§ 231 Abs. 1 Satz 1 StPO). Diese gesetzlichen Vorgaben dienen der Gewährleistung des Anspruchs des Angeklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in jeder Phase der Hauptverhandlung. Zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und zur Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs ist der Angeklagte im Gegenzug zur Teilnahme an der Hauptverhandlung grundsätzlich verpflichtet und kann dazu auch gezwungen werden (§ 230 Abs. 2, § 231 Abs. 1 Satz 2, § 112 StPO). Ein Angeklagter, der sich der Hauptverhandlung entzieht, hat zwar im Grunde seinen Anspruch auf Gehör verwirkt (zur Verwirkung vgl. Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 103 Abs. 1 Rn. 18, 83 [Stand: 48. Lfg. 2006 bzw. 27. Lfg. 1988]). Wegen der besonderen Bedeutung des Rechts auf rechtliches Gehör als Voraussetzung für ein faires rechtsstaatliches Verfahren erlaubt die Strafprozessordnung die Durchführung einer Hauptverhandlung gleichwohl nur unter den Voraussetzungen des § 231 Abs. 2 StPO und des - hier nicht einschlägigen - § 231a StPO sowie nach Entfernung eines Angeklagten aus der Hauptverhandlung wegen Ungebühr nach § 177 GVG (BGH, Beschluss vom 7. November 2007 - 1 StR 275/07, NStZ-RR 2008, 285). Im Falle des § 231 Abs. 2 StPO muss der Angeklagte dabei über den bloßen Wortlaut dieser Vorschrift hinaus seine Pflicht zum Verbleiben oder Wiedererscheinen eigenmächtig verletzt haben, denn bei genügender Entschuldigung kann sein Erscheinen auch sonst nicht erzwungen werden (vgl. § 230 Abs. 2 StPO; BGH aaO).
2. Eigenmächtigkeit liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn der Angeklagte wissentlich und ohne Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund der weiteren Hauptverhandlung fernbleibt (BGH, Urteil vom 30. November 1990 - 2 StR 44/90, BGHSt 37, 249). Dem Ausbleiben i.S.v. § 231 Abs. 2 StPO steht es gleich, wenn sich der Angeklagte nach der Vernehmung zur Sache - vorher gilt § 231a StPO - eigenmächtig in einen seine Verhandlungsfähigkeit ausschließenden Zustand versetzt hat (BGH, Urteil vom 19. Februar 2002 - 1 StR 546/01, NStZ 2002, 533, 535 mwN; BGH, Urteil vom 26. Juli 1961 - 2 StR 575/60, BGHSt 16, 178, 183). Für die Annahme eines eigenmächtigen Ausbleibens ist nicht die Feststellung erforderlich, dass der Angeklagte versucht habe, im Sinne einer Boykottabsicht den "Gang der Rechtspflege" zu stören oder ihm "entgegenzutreten" (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1990 - 2 StR 44/90, BGHSt 37, 249, 254 f. mwN). Gegenteiliges lässt sich auch älterer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entnehmen (vgl. BGH aaO mN).
3. Der Gesetzgeber hat die zu § 231 Abs. 2 StPO ergangene Rechtsprechung aufgegriffen, als er mit dem Gesetz zur Ergänzung des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts (1. StVRErgG) vom 20. Dezember 1974 die Vorschrift des § 231a in die Strafprozessordnung einfügte (BGBl. I S. 3686, 3688). Nach dieser Vorschrift kann die Hauptverhandlung, auch wenn der Angeklagte noch nicht über die Anklage vernommen worden war, in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt werden, wenn er sich vorsätzlich und schuldhaft in einen seine Verhandlungsfähigkeit ausschließenden Zustand versetzt hat.
Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages führte in seinem Bericht (BT-Drucks. 7/2989) aus, diese Vorschrift lehne sich an den von der Rechtsprechung und Wissenschaft herausgearbeiteten Gehalt des § 231 Abs. 2 StPO an.
Ohne den Angeklagten dürfe nur verhandelt werden, wenn er seine Verhandlungsunfähigkeit selbst herbeigeführt hat und ihm dies zuzurechnen ist. Den seine Verhandlungsunfähigkeit ergebenden Zustand müsse er dabei vorsätzlich bewirkt haben und zwar ("wissentlich") in Kenntnis des Umstandes, dass hierdurch die ordnungsgemäße Durchführung der Hauptverhandlung verhindert wird. Allerdings brauche das nicht das Ziel des Angeklagten zu sein. Es genüge, wenn er dies als notwendige Folge seines Verhaltens erkennt und damit will. Ferner müsse der Angeklagte schuldhaft handeln; wer schuldunfähig sei, wenn er die entscheidende Ursache für die Verhandlungsunfähigkeit setze, falle nicht unter diese Vorschrift.
4. Eigenmächtigkeit kann danach grundsätzlich auch dann gegeben sein, wenn der Angeklagte - wie hier - während laufender Hauptverhandlung einen Suizidversuch unternimmt (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 1961 - 2 StR 575/60, BGHSt 16, 178; vom 19. Februar 2002 - 1 StR 546/01, NStZ 2002, 533).
Für den von der Rechtsprechung herausgearbeiteten und vom Gesetzgeber übernommenen Begriff der Eigenmächtigkeit sind bei einem Suizidversuch während laufender Hauptverhandlung folgende Kriterien maßgebend:
a) Der Angeklagte muss seine Verhandlungsunfähigkeit selbst herbeigeführt haben und dies muss ihm zuzurechnen sein. Dabei muss er vorsätzlich handeln und in Kenntnis des Umstandes, dass hierdurch die ordnungsmäßige Durchführung der Hauptverhandlung verhindert wird. Die Verhinderung der Hauptverhandlung muss allerdings nicht das Ziel des Angeklagten sein. Es genügt, wenn er dies als notwendige Folge seines Verhaltens erkennt und damit will; eine Boykottabsicht ist demnach nicht erforderlich.
b) Zu diesen Kriterien muss hinzukommen, dass der Angeklagte "schuldhaft" handelt. Das in § 231a Abs. 1 Satz 1 StPO genannte Merkmal "schuldhaft" gilt nach dem Vorstehenden in gleicher Weise für das Verständnis des ungeschriebenen Merkmals "Eigenmächtigkeit" in § 231 StPO.
Den Begriff "schuldhaft" verwendet die Strafprozessordnung auch in § 464c StPO (Säumnis des Angeschuldigten und Dolmetscherauslagen). Vergleichbare Merkmale finden sich etwa in § 230 StPO (Vorführung oder Haftbefehl, wenn der ausgebliebene Angeklagte "nicht genügend entschuldigt" ist) und in § 51 Abs. 2 StPO (Ausbleiben des Zeugen); vgl. auch § 44 StPO. Auch wenn es bei den Vorschriften der §§ 51, 230 und § 464c StPO um Fälle der Säumnis geht, ist der Senat doch der Ansicht, dass das dortige Begriffsverständnis von "schuldhaft" jedenfalls auf Fälle der vorliegenden Art nicht übertragbar ist.
c) Für Fälle der vorliegenden Art erscheint dem Senat eine Konturierung des Merkmals "schuldhaft" anhand der Eingangsmerkmale der §§ 20, 21 StGB besser geeignet (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 231a Rn. 8). Freilich spricht die amtliche Überschrift der §§ 20, 21 StGB von "Schuldunfähigkeit" bzw. "Schuldfähigkeit". Das sind materiell-rechtliche Begriffe, die mit dem in der Strafprozessordnung verwendeten verfahrensrechtlichen Merkmal "schuldhaft" nicht deckungsgleich sind (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 1961 - 2 StR 575/60, BGHSt 16, 178, 183). Hinzu kommt, dass es dort um die Schuldfähigkeit "bei Begehung der Tat" - also der Straftat - und die Fähigkeit geht, das Unrecht der Straftat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Soweit es um die eingeschränkte Steuerungsfähigkeit i.S.d. § 21 StGB geht, ist darüber hinaus von Bedeutung, dass diese Fähigkeit "erheblich" vermindert sein muss. Dafür gilt nach ständiger Rechtsprechung (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, BGHSt 53, 221, 223): Bei der Frage, ob eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit "erheblich" i.S.d. § 21 StGB ist, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die das Tatgericht ohne Bindung an Äußerungen von Sachverständigen zu beantworten hat. Dabei fließen normative Erwägungen ein. Die rechtliche Erheblichkeit der Verminderung des Hemmungsvermögens hängt auch von den Ansprüchen ab, die die Rechtsordnung an das Verhalten des Einzelnen stellt. Dies zu beurteilen, ist allein Sache des Gerichts. Lediglich zur Beurteilung der Vorfrage nach den medizinisch-psychiatrischen Anknüpfungstatsachen bedarf es sachverständiger Hilfe, wenn es hierüber nicht aufgrund eigener Sachkunde befinden kann.
Dies verdeutlicht, dass in Fällen der vorliegenden Art für die Auslegung der "Eigenmächtigkeit" i.S.v. "schuldhaft" nur begrenzt auf das Verständnis von Schuldfähigkeit i.S.v. §§ 20, 21 StGB zurückgegriffen werden kann, namentlich dann, wenn keine volle "Schuldunfähigkeit" gegeben ist. Nach Ansicht des Senats gilt daher: Nicht "schuldhaft" bzw. nicht eigenmächtig kann ein Suizidversuch vor allem dann sein, wenn der ihn auslösende Zustand von dem ersten Eingangsmerkmal des § 20 StGB (krankhafte seelische Störung) bestimmt wurde. Beruht der Suizidversuch entscheidend auf einer "Schuldunfähigkeit" im Sinne des ersten Eingangsmerkmals, dann wird eine Eigenmächtigkeit regelmäßig zu verneinen sein. Das zweite und dritte Eingangsmerkmal dürfte insoweit kaum praktisch relevant sein. Soweit das vierte Eingangsmerkmal (schwere andere seelische Abartigkeit) Ursache des Suizidversuchs sein sollte, kommt es auf den Schweregrad an. Dieser muss, um überhaupt relevant zu sein, dem Schweregrad der anderen Eingangsmerkmale entsprechen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 - 1 StR 346/03, BGHSt 49, 45; vom 5. April 2006 - 2 StR 41/06, NStZ-RR 2006, 235). Dies gilt auch für eine Depression, sofern sie dieses Eingangsmerkmal erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 - 5 StR 387/07).
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, handelt ein Angeklagter im Hinblick auf die Aufhebung seiner Verhandlungsfähigkeit selbst dann "schuldhaft" bzw. eigenmächtig, wenn er einen ernsthaften Suizidversuch unternimmt. Der Senat ist der Ansicht, dass das Kriterium der "Ernsthaftigkeit" (vgl. dazu Becker in LR-StPO, 26. Aufl., § 231 Rn. 18 mwN) bei der hier vorliegenden - Fallgestaltung für die hier maßgebliche Fragestellung - eigenmächtig im Sinne von "schuldhaft" - nicht relevant sein kann. Denn auch bei einem "ernsthaften" Suizidversuch kann, und wird sogar zumeist, der - schuldfähige - Angeklagte die notwendigen Auswirkungen seines Verhaltens auf den weiteren Fortgang des Strafverfahrens erkennen. Freilich ist es richtig, dass bei der - hier nicht vorliegenden - Fallgestaltung eines bloß inszenierten und deshalb nicht ernsthaft gemeinten Suizidversuchs eines "schuldfähigen" Angeklagten die Eigenmächtigkeit zu bejahen wäre. Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass allein die Ernsthaftigkeit eines Suizidversuchs die Bewertung der hierdurch herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit als eigenmächtig ausschließen würde.
5. Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hat der Senat das Verfahrensgeschehen freibeweislich geprüft.
a) Dabei war zu bedenken, dass die hier entscheidenden Fragen, wie der psychische Zustand des Angeklagten war und welche Motive für den Suizidversuch handlungsleitend waren, innere Tatsachen betreffen, die letztlich nur aufgrund äußerer Umstände erschlossen werden können. Grundlage der Prüfung des Senats sind zum einen das Gutachten des Sachverständigen Dr. J. und zum andern die - auch - auf dieses Gutachten aufbauenden Feststellungen und Bewertungen des Landgerichts. Dabei hat der Senat bedacht, dass das Landgericht eine breitere Entscheidungsgrundlage hatte als der Sachverständige.
Dieser stützte sich - entsprechend seinem Auftrag - schwerpunktmäßig auf die eigenen Angaben des Angeklagten im Rahmen der Exploration. Demgegenüber hat das Landgericht - zusätzlich zum Befund des Sachverständigen - auch das mit dem Suizidversuch einhergehende Prozessgeschehen und weitere Umstände in seine Bewertung einbezogen. Hinzu kommt - und auch das ist hier von Bedeutung -, dass die Frage, ob der Angeklagte eigenmächtig i.S.v. schuldhaft gehandelt hat, eine Rechtsfrage ist, die nicht der Sachverständige, sondern allein der Richter zu entscheiden hat.
b) Der Senat geht von folgendem Sachverhalt aus: Soweit es den psychischen Zustand des Angeklagten betrifft, liegt dem zugrunde, dass der Suizidversuch zwar in einem Zustand erfolgte, der einer akuten krankhaften seelischen Störung i.S.d. des ersten Eingangsmerkmals der §§ 20, 21 StGB entsprach. Allerdings war diese Störung nicht wahnhaft und es lag auch kein melancholischer Raptus vor. Das Störungsbild war vielmehr eine "mittelgradige depressive Episode". Die "Einsichtsfähigkeit" des Angeklagten war voll erhalten; er war lediglich in seiner Hemmungsfähigkeit beeinträchtigt.
Soweit Dr. J. hierbei im Zusammenhang mit der "Steuerungsfähigkeit" den insoweit unzutreffenden Rechtsbegriff "erheblich" verwendet hat, versteht der Senat dies dahin, dass der Angeklagte, wie der Sachverständige ausführte, "sein Denken und Handeln im Sinne eines Tunnelblicks lenkte." Bei den äußeren Umständen, die Rückschlüsse auf Zustand und Motive des Angeklagten ermöglichen, ist zunächst die Prozesssituation vor dem vierten Verhandlungstag von Bedeutung. Der Angeklagte war am vorausgehenden Verhandlungstag mit Widersprüchen zu seiner Einlassung konfrontiert worden.
Für den vierten Verhandlungstag standen belastende Zeugenaussagen bevor, die für den Angeklagten besonders unangenehm und zudem öffentlichkeitswirksam waren. Hinzu kommen der enge zeitliche Zusammenhang des Suizidversuchs mit dem Fortsetzungstermin und das Auffinden durch die Ehefrau. Ob auch dem Umstand, dass der Angeklagte keinen Abschiedsbrief verfasst hatte, Bedeutung zukommen könnte, braucht der Senat nicht zu entscheiden.
Bei der Bewertung des Zustands des Angeklagten gerade mit Blick auf die genannten äußeren Umstände kommt der Bewertung des Landgerichts besonderes Gewicht zu. Dieses hatte nicht nur einen persönlichen Eindruck vom Angeklagten und seinem Prozessverhalten; es konnte auch am ehesten die prozessuale Drucksituation des Angeklagten einschätzen.
c) Von daher ist für den Senat der Schluss des Landgerichts nicht nur nachvollziehbar, sondern überzeugend, dass handlungsleitendes Motiv des Angeklagten war, der Hauptverhandlung zu entgehen, wenn er auch hierbei seinen Tod billigend in Kauf genommen hat. Diese Würdigung trägt die rechtliche Bewertung als Eigenmächtigkeit. Aber selbst wenn - wovon der Senat mit dem Landgericht allerdings nicht ausgeht - die erkannte Verhinderung des Fortgangs der Hauptverhandlung lediglich die in Kauf genommene Folge des Suizidversuchs gewesen wäre, würde dies nach den oben dargestellten rechtlichen Maßstäben ein eigenmächtiges Handeln des Angeklagten belegen.
I. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Hinterziehung von Schenkungsteuer in 32 Fällen.
1. Indem es der Angeklagte entgegen § 30 Abs. 1 ErbStG pflichtwidrig unterließ, die im Zeitraum von Dezember 1999 bis Dezember 2003 erhaltenen Schenkungen dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen und dieses in Folge des Unterlassens keine Steuererklärungen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 ErbStG anforderte, bewirkte er, dass die geschuldete Schenkungsteuer nicht festgesetzt und dadurch verkürzt wurde (§ 370 Abs. 4 AO).
2. Die Schenkungssteuerhinterziehungen sind nicht verjährt. Durch die Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit Schreiben vom 13. Januar 2005 (UA S. 74) wurde die Verfolgungsverjährung rechtzeitig unterbrochen.
a) Der Lauf der Verjährungsfrist begann jeweils mit der Beendigung der Unterlassungstaten (§ 78a Satz 1 StGB). Da es sich bei der Schenkungsteuer um eine Veranlagungssteuer handelt, ist die Hinterziehung zu dem Zeitpunkt beendet, zu dem die Veranlagung spätestens stattgefunden hätte, wenn der Angeklagte seiner Anzeigepflicht gemäß § 30 Abs. 1 ErbStG rechtzeitig nachgekommen wäre (vgl. Jäger in Klein, Abgabenordnung, 10. Aufl., § 370 Rn. 201). Da - anders als bei anderen Veranlagungssteuern - für die Schenkungsteuer mangels kontinuierlichem abschnittsbezogenem Veranlagungsverfahren kein allgemeiner Veranlagungsschluss festgestellt werden kann, ist für den Verjährungsbeginn maßgeblich, wann die Veranlagung der Schenkungsteuer dem Steuerpflichtigen bei rechtzeitiger Anzeige der Schenkung frühestens bekanntgegeben worden wäre (vgl. Rolletschke in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschaftsund Steuerstrafrecht, 1. Aufl. 2011, § 376 AO Rn. 48, § 370 AO Rn. 487 mwN; Wulf in MüKo-StGB § 376 AO Rn. 36). Die Bearbeitungsdauer bei den Finanzbehörden ist bei dieser fiktiven Steuerfestsetzung mit einem Monat anzusetzen, denn das Finanzamt könnte gemäß § 31 Abs. 1 und Abs. 7 ErbStG die Abgabe einer Steuererklärung binnen eines Monats verlangen, in welcher der Steuerpflichtige die Steuer selbst zu berechnen hat.
b) Nach diesen Grundsätzen bestimmen sich hier die Beendigungszeitpunkte für die Hinterziehung von Schenkungsteuer durch Unterlassen wie folgt: Der Angeklagte hatte die Schenkungen jeweils binnen einer Frist von drei Monaten nach Kenntnis von der jeweiligen Schenkung beim zuständigen Finanzamt schriftlich anzuzeigen (§ 30 Abs. 1 ErbStG). Wäre er dieser Pflicht fristgerecht nachgekommen, hätte ihn das Finanzamt auffordern können, binnen einer Frist von einem Monat eine Steuererklärung mit von ihm selbst berechneter Schenkungsteuer abzugeben (§ 31 Abs. 1 und 7 ErbStG). Damit hätte die Veranlagung und deren Bekanntgabe vier Monate nach der jeweiligen Schenkung erfolgen können, so dass zu diesem Zeitpunkt die jeweilige Unterlassungstat beendet war. Auf die früheste Möglichkeit, die Schenkung anzuzeigen, ist hingegen nicht abzustellen, denn die Verjährung kann nicht beginnen, bevor die Tat begangen wurde. Dies war hier erst mit Ablauf der Anzeigefrist gemäß § 30 Abs. 1 ErbStG der Fall.
c) Bei einer Verjährungsfrist von fünf Jahren ist hier somit auch die erste verfahrensgegenständliche Schenkungssteuerhinterziehung nicht verjährt: Die ihr zugrundeliegende Schenkung erfolgte am 15. Dezember 1999, damit lief die diesbezügliche Anzeigefrist am 15. März 2000 ab. Die Unterlassungstat war somit (frühestens) am 15. April 2000 beendet. Mit Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens am 13. Januar 2005 wurde die Verjährungsfrist vor Ablauf der regulären Verjährungsfrist unterbrochen. Die Verurteilung des Angeklagten durch das Landgericht am 26. März 2010 fand vor Eintritt der absoluten Verjährung (§ 78b Abs. 3, Abs. 4 StGB) statt.
II. Im Tatkomplex "Umsatzsteuerhinterziehung" erfolgt eine Teileinstellung des Verfahrens.
Dem Angeklagten liegt u.a. zur Last, in 20 Fällen durch Unterlassen i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO Umsatzsteuer hinterzogen zu haben. Die Tatvorwürfe, wegen derer das Landgericht den Angeklagten auch verurteilt hat, beziehen sich nach Beschränkung gemäß § 154a StPO auf die Nichtabgabe bzw. nicht rechtzeitige Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate März, April, Juni, Oktober und Dezember 2001; Januar, März, Juni und Juli 2002; Januar bis April sowie Juli, September und Dezember 2003 sowie der Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003. Der 43 44 45 - 22 - Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO insoweit ein und ändert den Schuldspruch des angefochtenen Urteils entsprechend.
Die Teileinstellung erfolgt aus verfahrensökonomischen Gründen, weil die Urteilsfeststellungen insoweit die Verurteilung des Angeklagten wegen Umsatzsteuerhinterziehung nicht tragen. Sie lassen keine abschließende Beurteilung zu, ob die von dem Angeklagten im Jahr 2005 für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003 verspätet abgegebenen Umsatzsteuerjahreserklärungen als Selbstanzeigen gemäß § 371 AO insoweit zur Straffreiheit des Angeklagten geführt haben. Zwar waren die verspätet abgegebenen Umsatzsteuerjahreserklärungen unvollständig, so dass sie lediglich "Teilselbstanzeigen" enthielten. Die Urteilsgründe nennen jedoch allein die nach den Selbstanzeigen verbliebenen Unrichtigkeiten, so dass der Senat - ohne weitergehende Feststellungen - nicht prüfen kann, ob die Abweichungen gegenüber dem für eine Selbstanzeige notwendigen Inhalt lediglich geringfügig waren.
Im Einzelnen beruht die Teileinstellung auf folgenden Erwägungen:
1. Selbstanzeigen i.S.v. § 371 Abs. 1 AO müssen nicht als solche bezeichnet werden. Für ihre Vollständigkeit ist allein von Bedeutung, ob sie den nach § 371 AO erforderlichen Inhalt haben. Wird - wie hier - eine Umsatzsteuerjahreserklärung verspätet abgegeben, kann sie deshalb Selbstanzeige für die Unterlassungstat sein, die mit der nicht rechtzeitigen Einreichung der Jahreserklärung begangen wurde.
2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Umsatzsteuerjahreserklärung - selbst wenn sie verspätet abgegeben wird - auch eine strafbefreiende Selbstanzeige für unrichtige oder pflichtwidrig nicht abgegebene - Umsatzsteuervoranmeldungen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 5 StR 392/98, wistra 1999, 27).
3. Welche Anforderungen an die Vollständigkeit einer Selbstanzeige zu stellen sind, hängt im Hinblick auf die Änderung des § 371 AO durch das "Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung" (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 676) sowohl vom Tatzeitpunkt als auch vom Zeitpunkt der Abgabe der Selbstanzeige ab.
a) Gemäß § 2 Abs. 1 StGB bestimmen sich die Strafe und ihre Nebenfolgen grundsätzlich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat galt. Wird allerdings das Gesetz, das bei der Beendigung der Tat galt, vor der Entscheidung geändert, so ist gemäß § 2 Abs. 3 StGB das mildeste Gesetz anzuwenden. Diese Vorschrift ist auch noch im Revisionsverfahren anzuwenden.
b) Hier ist das zur Tatzeit geltende Gesetz für den Angeklagten das mildere Gesetz. Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Teilselbstanzeigen - auch wenn sie als solche zunächst nicht erkennbar sind - schon bisher keine wirksamen Selbstanzeigen i.S.d. § 371 AO, weil es bei solchen Selbstanzeigen an der erforderlichen (vollständigen) Rückkehr zur Steuerehrlichkeit fehlt (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2010 - 1 StR 577/09, BGHSt 55, 180). Allerdings hat der Gesetzgeber mit dem durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz neu geschaffenen Art. 97 § 24 EGAO (BGBl. I 2011, S. 676, 677) bestimmt, dass bei Selbstanzeigen nach § 371 AO, die bis zum 28. April 2011 bei der zuständigen Finanzbehörde eingegangen sind, § 371 AO in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass im Umfang der gegenüber der zuständigen Finanzbehörde berichtigten, ergänzten oder nachgeholten Angaben Straffreiheit eintritt. Im Hinblick auf diese rückwirkend in Kraft gesetzte und damit materiell wie eine Teilamnestie wirkende Regelung ist das zur Tatzeit geltende Recht für den Angeklagten milder.
c) Auch nach der Vorschrift des Art. 97 § 24 EGAO bleibt allerdings der Täter einer Steuerhinterziehung in dem Umfang strafbar, in dem eine Berichtigung oder Nacherklärung nicht erfolgt ist. Denn die - in solchen Fällen wirksame - Teilselbstanzeige vermindert lediglich den Schuldumfang der Tat. Demgegenüber führt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Selbstanzeige auch dann zur vollständigen Strafaufhebung, wenn die Abweichungen in der Berichtigung oder Nacherklärung vom geforderten Inhalt der Selbstanzeige nur geringfügig sind (BGH, Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 5 StR 392/98, wistra 1999, 27). Enthält die Selbstanzeige neue, erhebliche Unrichtigkeiten, ist sie keine Berichtigung und kann daher nicht zur Straffreiheit führen (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1976 - 1 StR 196/76, BB 1978, 698).
aa) Diese Rechtsprechung gilt fort und ist auch in den Gesetzesmaterialien zum Schwarzgeldbekämpfungsgesetz aufgegriffen worden. Dabei wurde zum Erfordernis der Berichtigung oder Nachholung "in vollem Umfang" in der Neufassung des § 371 Abs. 1 AO darauf hingewiesen, dass Bagatellabweichungen weiterhin nicht zur Unwirksamkeit der strafbefreienden Selbstanzeige als solcher führen sollen. Vielmehr müssten wie bisher im praktischen Vollzug Unschärfen hingenommen werden (BT-Drucks. 17/5067 [neu] S. 19).
bb) Welcher Maßstab für die Rechtsfrage gilt, ob Differenzen der Angaben in einer Selbstanzeige gegenüber wahrheitsgemäßen Angaben nur "geringfügig" sind, so dass die Selbstanzeige als solche wirksam bleibt, ist umstritten.
Der Bundesgerichtshof hat hierzu bisher keine Grundsätze aufgestellt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 5 StR 392/98, wistra 1999, 27; BGH, Urteil vom 14. Dezember 1976 - 1 StR 196/76, BB 1978, 698). In der Literatur wird überwiegend auf ein Urteil des OLG Frankfurt (Urteil vom 18. Oktober 1961 - 1 Ss 854/61, NJW 1962, 974) verwiesen, bei dem im entschiedenen Fall eine Abweichung von sechs Prozent als unschädlich angesehen wurde (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 28. August 1979 - 1 Ss 574-575/79 sowie die weiteren Nachweise bei Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 371 AO Rn. 215). Anknüpfend hieran werden zum Teil Abweichungen von bis zu zehn Prozent noch für "geringfügig" gehalten (vgl. Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 43. EL November 2010, § 371 AO Rn. 68).
cc) Der Senat ist der Ansicht, dass nach der neuen Gesetzesfassung des § 371 Abs. 1 AO, die für die Wirksamkeit einer Selbstanzeige eine Berichtigung bzw. Nacherklärung "in vollem Umfang" verlangt, jedenfalls eine Abweichung mit einer Auswirkung von mehr als fünf Prozent vom Verkürzungsbetrag i.S.d. § 370 Abs. 4 AO nicht mehr geringfügig ist. Wurden damit z.B. im Rahmen einer Steuerhinterziehung Steuern im Umfang von 100.000 Euro verkürzt, so wären die Abweichungen in einer sich auf diese Tat beziehenden Selbstanzeige jedenfalls dann nicht mehr geringfügig, wenn durch die Selbstanzeige lediglich eine vorsätzliche Verkürzung von weniger als 95.000 Euro aufgedeckt würde.
Allerdings führt nicht jede Abweichung unterhalb dieser (relativen) Grenze stets zur Annahme einer unschädlichen "geringfügigen Differenz". Vielmehr ist - in diesen Fällen - eine Bewertung vorzunehmen, ob die inhaltlichen Abweichungen vom gesetzlich vorausgesetzten Inhalt einer vollständigen Selbstanzeige noch als "geringfügig" einzustufen sind. Diese wertende Betrachtung kann auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Umstände bei Abgabe der Selbstanzeige auch unterhalb der Abweichungsgrenze von fünf Prozent die Versagung der Strafbefreiung rechtfertigen. Bei dieser Bewertung spielen neben der relativen Größe der Abweichungen im Hinblick auf den Verkürzungsumfang insbesondere auch die Umstände eine Rolle, die zu den Abweichungen geführt haben. Namentlich ist in die Würdigung mit einzubeziehen, ob es sich um bewusste Abweichungen handelt oder ob - etwa bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen - in der Selbstanzeige trotz der vorhandenen Abweichungen noch die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit gesehen werden kann, denn gerade diese soll durch die Strafaufhebung gemäß § 371 AO honoriert werden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2010 - 1 StR 577/09, BGHSt 55, 180, 181, Rn. 7 mwN; vgl. auch BT-Drucks. 17/4182 S. 4, BR-Drucks. 851/10 S. 4). Bewusst vorgenommene Abweichungen dürften schon deshalb, weil sie nicht vom Willen zur vollständigen Rückkehr zur Steuerehrlichkeit getragen sind, in der Regel nicht als "geringfügig" anzusehen sein (vgl. Rolletschke in Graf/Jäger/Wittig aaO § 371 AO Rn. 44).
dd) Der Senat ist der Auffassung, dass diese Maßstäbe auch für die Frage der Wirksamkeit von Selbstanzeigen gelten, die vor Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes abgegeben worden sind, denn auch nach der bisherigen Rechtslage setzte die (vollständige) Straffreiheit eine Rückkehr zur Steuerehrlichkeit voraus (BGH aaO). Die vom Gesetzgeber mit Art. 97 § 24 EGAO rückwirkend normierte Wirksamkeit von Teilselbstanzeigen ändert daran nichts, weil sie gerade nur zu einer teilweisen Straffreiheit führen soll.
4. Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der Senat aufgrund der Urteilsfeststellungen nicht abschließend prüfen, ob im Tatkomplex "Umsatzsteuerhinterziehung" nach der verspäteten Abgabe von Umsatzsteuerjahreserklärungen noch eine Strafbarkeit des Angeklagten verblieben ist oder ob in vollem Umfang strafbefreiende Selbstanzeigen vorlagen.
a) Dies gilt zunächst für die Strafbarkeit des Angeklagten wegen unterlassener rechtzeitiger Einreichung der Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2000 bis 2003. Denn das Landgericht hat in den Urteilsgründen zu diesen Taten jeweils lediglich den nach den Selbstanzeigen verbliebenen Tatumfang, d.h. die nicht von den Selbstanzeigen erfassten Umsätze und die sich hieraus ergebende Steuerverkürzung, geschildert. Die Taten im Übrigen und die durch diese insgesamt bewirkten Steuerverkürzungen hat das Landgericht demgegenüber nicht wiedergegeben. Im Hinblick auf die vom Landgericht gemäß § 154a StPO vorgenommene Beschränkung des Verfahrens erschließt sich der Gesamtumfang der Taten auch nicht aus den die nicht abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen betreffenden Taten.
Die vom Landgericht gewählte Darstellung hindert den Senat an der Prüfung, ob die verspätet eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärungen als Selbstanzeigen zu einer vollständigen Strafbefreiung bezüglich der nicht rechtzeitigen Abgabe der Jahreserklärungen geführt haben. Da das Landgericht den Gesamtumfang der im Rahmen der einzelnen Taten verschwiegenen Umsätze nicht angegeben hat, kann der Senat bereits nicht prüfen, ob die in den Selbstanzeigen enthaltenen Abweichungen gegenüber dem für eine vollständige Selbstanzeige erforderlichen Inhalt einen Umfang hatten, bei dem eine Wertung als lediglich unerhebliche geringfügige Abweichung in Betracht kam. Im Übrigen enthalten die Urteilsgründe auch keine ausreichenden Feststellungen zu den Umständen, die zu diesen Abweichungen geführt haben, so dass - mangels Gesamtwürdigung - auch aus diesem Grund nicht nachgeprüft werden kann, ob die vorhandenen Abweichungen lediglich geringfügig waren.
b) Die Urteilsfeststellungen lassen auch keine Nachprüfung zu, ob die Verurteilung des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 16 Fällen durch Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen zu Recht erfolgt ist. Denn das Landgericht teilt nicht mit, in welchem Umfang hinsichtlich dieser Taten durch die verspäteten Umsatzsteuerjahreserklärungen jeweils eine Nacherklärung bisher verschwiegener Umsätze stattgefunden hat. Dessen hätte es aber bedurft, weil eine Umsatzsteuerjahreserklärung auch hinsichtlich nicht eingereichter Umsatzsteuervoranmeldungen eine Selbstanzeige darstellen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 5 StR 392/98, wistra 1999, 27). Die Urteilsgründe hätten daher so gefasst werden müssen, dass die Vollständigkeit und Wirksamkeit der Selbstanzeige für jede Tat im materiellen Sinn gesondert geprüft werden kann (vgl. dazu auch BT-Drucks. 17/5067 [neu] S. 19). Nur dann hätte der Senat nachprüfen können, in welchem Umfang die Umsatzsteuerjahreserklärungen als Selbstanzeige für die einzelnen Taten entweder teilweise (vgl. Art. 97 § 24 EGAO) oder - bei lediglich geringfügigen Abweichungen - sogar insgesamt strafbefreiend wirkten. Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Angeklagte hier jeweils mit einer Umsatzsteuerjahreserklärung zugleich mehrere durch Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen begangene Unterlassungstaten offenbart hatte. Anders als bei § 371 Abs. 1 AO in der Fassung des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes ("zu allen unverjährten Steuerstraftaten in vollem Umfang") führt die Unvollständigkeit der Selbstanzeige hinsichtlich einer Tat nicht auch zur Unwirksamkeit der Selbstanzeigen hinsichtlich anderer Taten, welche dieselbe Steuerart betreffen.
5. Der Senat sieht davon ab, die Sache zur Nachholung der fehlenden Feststellungen und - hieran anknüpfend - zur gegebenenfalls erforderlichen Gesamtwürdigung, ob die Selbstanzeigen lediglich geringfügige Abweichungen gegenüber dem gesetzlich geforderten Inhalt aufwiesen, an das Landgericht zurückzuverweisen. Da die für die Hinterziehung von Umsatzsteuer zu erwartenden Strafen gegenüber den übrigen - rechtsfehlerfrei bemessenen - Strafen nicht beträchtlich ins Gewicht fallen würden, sieht der Senat insoweit auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO von der Verfolgung ab.
III. Die Strafzumessung hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Auch der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe hat trotz des Wegfalls der Einzelstrafen im Tatkomplex "Umsatzsteuerhinterziehung" Bestand. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht eine geringere als die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten festgesetzt hätte, wenn es die für die Hinterziehung von Umsatzsteuer verhängten 20 Einzelstrafen - Strafen zwischen Geldstrafe von 15 Tagessätzen und Freiheitsstrafe von zwei Monaten - bei der Gesamtstrafenbildung nicht berücksichtigt hätte. Dies gilt namentlich mit Blick auf die Tatsache, dass die von den Tatvorwürfen erfasste Umsatzsteuerverkürzung neben der hinterzogenen Schenkungsteuer lediglich einen geringen Bruchteil ausmacht.