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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 19.03.2013, Az.: 1 StR 8/13

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 17. September 2012 a) aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall II. 1 Buchst. b der Urteilsgründe wegen Besitzverschaffens von kinderpornographischen Schriften verurteilt worden ist; insoweit wird der Angeklagte freigesprochen und werden die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt;

b) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte des Sichverschaffens von kinderpornographischen Schriften in Tatmehrheit mit Besitzverschaffen von kinderpornographischen Schriften in Tatmehrheit mit Besitz kinderpornographischer Schriften in Tatmehrheit mit Besitzverschaffen von jugendpornographischen Schriften in drei Fällen schuldig ist, c) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, zu treffen ist.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Entscheidungsgründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Sichverschaffens von kinderpornographischen Schriften in Tatmehrheit mit Besitzverschaffen von kinderpornographischen Schriften in zwei Fällen in Tatmehrheit mit Besitz kinderpornographischer Schriften in 1020 tateinheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Besitzverschaffen von jugendpornographischen Schriften in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Die hiergegen gerichtete und auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg.

A.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.

Der Angeklagte tauschte im Zeitraum von August 2010 bis August 2011 wiederholt kinder- und jugendpornographisches Material per E-Mail mit anderen Internetnutzern aus.

Am 22. August 2010 sowie am 11. und 21. September 2010 versandte er jeweils ein Video mit jugendpornographischen Inhalten (Fälle II. 3 Buchst. a bis c der Urteilsgründe) und am 7. November 2010 ein Video mit kinderpornographischem Inhalt (Fall II. 3 Buchst. d der Urteilsgründe) an andere Nutzer. 1 Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 1. Juli 2011 und dem 23. Juli 2011 erhielt der Angeklagte auf eigene Aufforderung von dem Mitangeklagten H. zwei kinderpornographische Nacktfotos von dessen fünfjährigem Sohn per E-Mail übersandt. Er speicherte diese Bilder auf seinem Computer ab (Fall II. 1 Buchst. a der Urteilsgründe). In einer E-Mail an H. vom 11. Juli 2011 beschrieb der Angeklagte, wie er an dem entblößten Penis des dreijährigen Sohnes eines Freundes manipuliert habe, bis dieser erigiert sei, und wie zunächst er an dem Kind und sodann das Kind an ihm den Oralverkehr ausgeführt habe (Fall II. 1 Buchst. b der Urteilsgründe).

Bei einer am 19. August 2011 durchgeführten Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten in L. wurden auf diversen Speichermedien insgesamt 812 Bilder und 208 Videos mit kinderpornographischen Inhalten aufgefunden, die der Angeklagte dort wissentlich und willentlich aufbewahrt hatte (Fall II. 2 der Urteilsgründe).

II.

Das Landgericht hat den Angeklagten im Fall II. 1 Buchst. a der Urteilsgründe wegen Sichverschaffens von kinderpornographischen Schriften gemäß § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB, in den Fällen II. 1 Buchst. b und II. 3 Buchst. d der Urteilsgründe wegen Besitzverschaffens von kinderpornographischen Schriften gemäß § 184b Abs. 2 StGB und in den Fällen II. 3 Buchst. a bis c der Urteilsgründe wegen Besitzverschaffens von jugendpornographischen Schriften gemäß § 184c Abs. 2 StGB verurteilt. Darüber hinaus hat es den Angeklagten im Fall II. 2 der Urteilsgründe des Besitzes kinderpornographischer Schriften 6

(§ 184b Abs. 4 Satz 2 StGB) in 1.020 tateinheitlichen Fällen schuldig gesprochen.

B.

Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. I.

Die Verurteilung des Angeklagten wegen Besitzverschaffens von kinderpornographischen Schriften im Fall II. 1 Buchst. b der Urteilsgründe hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar wird mit einer E-Mail, in der mit Worten von einem sexuellen Missbrauch von Kindern berichtet wird, dem Empfänger eine 'kinderpornographische Schrift' i.S.d. § 184b Abs. 2 StGB verschafft (nachfolgend 1.). Die vom Angeklagten übermittelten E-Mails geben jedoch trotz ihres kinderpornographischen Inhalts keine 'tatsächlichen' oder 'wirklichkeitsnahen' Geschehnisse im Sinne dieser Vorschrift wieder und erfüllen den Tatbestand des § 184b Abs. 2 StGB daher nicht (nachfolgend 2.).

1. In der elektronischen Übermittlung einer E-Mail mit kinderpornographischem Inhalt (im Text der E-Mail oder in einem ihr beigefügten Dateianhang) an einen anderen liegt die Verschaffung des Besitzes an einer kinderpornographischen Schrift i.S.v. § 184b Abs. 2 StGB (vgl. Ziegler in Beck-OK-StGB, § 184b Rn. 12; zu § 184 Abs. 3 StGB aF bereits BayObLG, Beschluss vom 27. Juni 2000 - 5 St RR 122/00, NJW 2000, 2911, 2912). 9 a) Für die Besitzverschaffung genügt bei der Versendung von E-Mails in Datennetzen, dass die elektronischen Nachrichten - wenn auch nur vorübergehend - in den Arbeitsspeicher beim Empfänger gelangen (Laufhütte/ Roggenbuck in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 184b Rn. 8 mwN; vgl. zur Verbreitung i.S.d. § 184 Abs. 5 aF bereits BGH, Urteil vom 27. Juni 2001 - 1 StR 66/01, BGHSt 47, 55; entsprechend zum Cache-Speicher vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 1 StR 430/06, NStZ 2007, 95). Genau darauf richtet sich aber regelmäßig die Absicht des Versenders. Den in § 184b Abs. 2 StGB genannten Schriften stehen Datenspeicher gleich (§ 11 Abs. 3 StGB).

Entgegen der Auffassung der Revision steht es der Anwendung des § 184b Abs. 2 StGB nicht entgegen, wenn E-Mails - wie hier - jeweils nur an einen einzelnen Empfänger gerichtet sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Revision in Bezug genommenen und in BGHSt 13, 375 abgedruckten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 22. Dezember 1959 - 3 StR 52/59). Dieses Urteil bezieht sich allein auf Werbemittel der Propaganda i.S.v. § 93 StGB aF und verlangt ausgehend vom Schutzzweck der Norm, dass der Erklärungsinhalt einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht werden soll (BGH aaO S. 376). Demgegenüber sollte mit dem Straftatbestand des § 184b Abs. 2 StGB gerade auch der Umgang mit kinderpornographischen Schriften in geschlossenen Benutzerräumen und in Zweipersonenverhältnissen unter Strafe gestellt werden (BT-Drucks. 15/350, S. 20).

b) Als inkriminierte Inhalte kinderpornographischer 'Schriften' kommen grundsätzlich auch Darstellungen in Betracht, in denen der sexuelle Missbrauch von Kindern nur mit Worten beschrieben wird. Eine Beschränkung des Be-12 griffsverständnisses von 'Kinderpornographie' auf bildliche Darstellungen, wie sie etwa Rechtsakten der Europäischen Union zugrunde liegt (vgl. Art. 1b des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie vom 22. Dezember 2003, ABl. EU Nr. L 13/44 vom 20. Januar 2004, und die Erwägungsgründe 3 sowie 46 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates vom 13. Dezember 2011, ABl. EU Nr. L 335/1 vom 17. Dezember 2011, und Nr. L 18/7 vom 21. Januar 2012) hat der Bundesgesetzgeber bewusst nicht vorgenommen; vielmehr hat er für § 184b StGB am - weiter gehenden - Schriftenbegriff festgehalten (vgl. BT-Drucks. 16/9646, S. 10 f.). Die Normierung dieses im Verhältnis zu den Rechtsakten der Europäischen Union höheren strafrechtlichen Schutzniveaus liegt im gesetzgeberischen Ermessen.

2. Innerhalb des § 184b StGB beschränken jedoch § 184b Abs. 2 und 4 StGB den strafbaren Besitz und die Besitzverschaffung kinderpornographischer Schriften auf solche Schriften, die ein 'tatsächliches' oder 'wirklichkeitsnahes' Geschehen wiedergeben. Dadurch soll die Erfassung erkennbar künstlicher Produkte ausgeschlossen werden (vgl. Lenckner/Perron/Eisele in Schönke/ Schröder, StGB, 27. Aufl., § 184b Rn. 11; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 184b Rn. 13). Ein solches 'tatsächliches' oder 'wirklichkeitsnahes' Geschehen enthalten die E-Mails des Angeklagten, die lediglich in Worten von tatsächlich vorgenommenen Missbrauchshandlungen berichten, nicht.

a) Allerdings ist im Schrifttum umstritten, ob auch Darstellungen mit Worten die Wiedergabe 'tatsächlicher' oder 'wirklichkeitsnaher' Geschehnisse i.S.d. § 184b Abs. 2 StGB beinhalten können. 15 Zum Teil wird dies für Texte bejaht, bei denen es sich nicht um erkennbare 'Fiktivpornographie' wie bei Romanen oder Gedichten, sondern um Schriftstücke oder Darstellungen mit wirklichkeitsgetreuer Beschreibung eines realen Geschehens handelt (vgl. Lenckner/Perron/Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 184b Rn. 11). Überwiegend wird in der Literatur jedoch die Auffassung vertreten, die Strafnorm des § 184b Abs. 2 StGB erfasse verbale Darstellungen selbst dann nicht, wenn sie sich auf ein tatsächliches Geschehen beziehen oder einem solchen nachempfunden sind (vgl. Laufhütte/Roggenbuck in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 184b Rn. 11; Lackner/Kühl, StGB, 26. Aufl., § 184b Rn. 6; Ziegler in Beck-OK-StGB, § 184b Rn. 6; Fischer aaO Rn. 13). Anders sei dies nur dann, wenn die geschehenen sexuellen Handlungen in der 'Nacherzählung' auch fotografisch abgebildet würden (Hörnle in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 184b Rn. 26).

b) Die Auslegung des § 184b Abs. 2 StGB ergibt, dass die Beschreibung von Missbrauchshandlungen an Kindern in Worten nicht als Wiedergabe eines 'tatsächlichen' oder 'wirklichkeitsnahen' Geschehens anzusehen ist.

Ein gewisser Realitätsbezug ist zwar auch bei Darstellungen in Worten vorstellbar, etwa wenn darin auf ein tatsächlich erlebtes Geschehen 'Bezug genommen' wird. Die Gesetzgebungsgeschichte zeigt indes, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der maßgeblichen Regelungen und der Einführung der Begriffe 'tatsächlich' und 'wirklichkeitsnah' ein anderes Vorstellungsbild hatte, das auf Darstellungen in Worten nicht zutreffen kann:

aa) Der Straftatbestand des § 184 Abs. 5 StGB aF, die durch das 27. StrafrechtsÄndG vom 23. Juli 1993 (BGBl. I, S. 1346) eingeführte Vorgän-17 gernorm des § 184b Abs. 2 StGB, stellte die Besitzverschaffung im Zweipersonenverhältnis nur für solche Schriften unter Strafe, die ein 'tatsächliches' Geschehen wiedergeben.

In der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 12/3001, S. 4 ff.) wurde namentlich auf die Verbreitung kinderpornographischen Bild- und Videomaterials (S. 4) und - konkret - auf 'kinderpornographische Filme, Videofilme, Photographien oder authentische Tonaufnahmen' (S. 5) Bezug genommen. Die Bundesregierung stellte ergänzend klar, dass der Straftatbestand 'auf die Fälle beschränkt bleiben' solle, 'in denen durch Videofilm, Film oder Foto ein tatsächliches Geschehen wiedergegeben wird'. Demgegenüber sah sie bei 'kinderpornographischen Romanen, Zeichnungen und Zeichentrickfilmen' den Strafgrund der Regelung nicht als erfüllt an, weil deren Besitz nicht dazu beitrage, dass Kinder als 'Darsteller' bei pornographischen Aufnahmen missbraucht würden (BT-Drucks. 12/3001, Anlage 3, S. 10).

Noch weiter ging der Rechtsausschuss des Bundestages: Er empfahl auch für den neuen Qualifikationstatbestand des banden- und gewerbsmäßigen Umgangs mit kinderpornographischen Schriften (§ 184 Abs. 4 StGB aF) eine Beschränkung auf Darstellungen, die ein 'tatsächliches' Geschehen wiedergeben (BT-Drucks. 12/4883, S. 5). Der Ausschuss begründete dies mit Bedenken, die erhöhte Mindeststrafe in § 184 Abs. 4 StGB aF auch für Fälle anzuwenden, 'in denen lediglich Zeichnungen oder wörtliche Darstellungen gewerbs- oder bandenmäßig verbreitet werden'. Denn deren Entstehung sei 'regelmäßig nicht mit einem tatsächlichen sexuellen Missbrauch eines Kindes verbunden' (aaO S. 8). 21 bb) Auch die Ausdehnung des § 184 Abs. 5 StGB aF auf die Darstellung 'wirklichkeitsnaher' Geschehnisse durch das Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (IuKDG) vom 22. Juli 1997 (BGBl. I, S. 1870) sollte keine Erweiterung der Besitzverschaffungstatbestände auf Darstellungen in Worten bewirken. Die Erweiterung des Tatbestandes diente vielmehr der Beseitigung von Beweisschwierigkeiten, die sich aus der zunehmenden Perfektionierung virtueller Darstellungsformen ergaben. Im Gesetzgebungsverfahren wurde ausdrücklich hervorgehoben, dass 'im Hinblick auf die rasant fortschreitende Entwicklung digitaler Bildbearbeitungstechniken [...] nahezu perfekte Scheinwelten produziert werden' könnten (BT-Drucks. 13/7934, S. 31). Die abschließende Begründung in der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses nahm ausdrücklich Bezug auf Fälle, 'in denen [...] nicht ausgeschlossen werden kann, daß es sich um fiktive Darstellungen handelt, wobei vor allem an virtuelle Sequenzen in Datennetzen zu denken ist' (aaO S. 41 zu 'Art. 4 Nr. 3', tatsächlich Art. 4 Nr. 4).

cc) Die Besitzverschaffungstatbestände des § 184 Abs. 5 StGB aF wurden bei der Neuordnung der §§ 184 ff. StGB durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften (SexualDelÄndG) vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I, 3007, 3009 [Nr. 18]) inhaltlich unverändert in § 184b Abs. 2 StGB nF (Fremdbesitzverschaffung) und § 184b Abs. 4 StGB nF (Eigenbesitzverschaffung) überführt.

d) Eine Beschränkung der Besitzverschaffungstatbestände auf bildliche Darstellungen und (authentische) Tonaufnahmen entspricht auch dem abgestuften Schutzkonzept des § 184b StGB. Danach werden bestimmte Handlungen (z.B. Herstellen, Verbreiten) bezüglich aller kinderpornographischen und 23 diesen gleichstehenden Darstellungen (§ 11 Abs. 3 StGB) unter Strafe gestellt (§ 184b Abs. 1 StGB), die bloße Besitzverschaffung von solchen Darstellungen aber nur, wenn sie ein 'tatsächliches' oder 'wirklichkeitsnahes' Geschehen wiedergeben (§ 184b Abs. 2 und 4 StGB). Erkennbar liegt dem die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, dass gerade von letzteren gegenüber sonstigen kinderpornographischen Darstellungen eine erhöhte Gefahr ausgeht, einen Anreiz dafür zu bilden, Kinder zur Herstellung solcher Darstellungen sexuell zu missbrauchen (s.o. sub aa).

Die erhöhte Gefährlichkeit bildlicher oder videografischer Darstellungen sowie authentischer Tonaufnahmen besteht im Übrigen auch darin, dass dem Betrachter das Missbrauchsgeschehen unmittelbar 'vor Augen geführt' wird. Der von ihnen bei Menschen mit entsprechender Neigung ausgelöste Reiz, solches Geschehen selbst mit Kindern zu wiederholen, dürfte in der Regel schon wegen des unmittelbaren Eindrucks auf den Konsumenten ungleich stärker sein als bei Beschreibungen, Trickfilmen oder Erzählungen, die, selbst wenn sie auf ein wirkliches Geschehen Bezug nehmen, dieses für den Leser, Betrachter oder Zuhörer stets nur mittelbar wiedergeben können.

e) Auch das Erfordernis der Normenklarheit spricht dagegen, bloß verbale Schilderungen als Wiedergabe eines 'tatsächlichen' oder 'wirklichkeitsnahen' Geschehens zu verstehen. Es ließen sich kaum generelle Kriterien finden, die eine klare Abgrenzung ermöglichten, wann ein Text ein Geschehen zumindest 'wirklichkeitsnah' wiedergibt. Damit hinge es von einem rechtlich kaum fassbaren Gesamteindruck ab, ob eine schriftliche Darstellung, etwa wegen ihrer Detailgenauigkeit, ihres Stils - Berichtsform oder erkennbar fiktive Schilderung - oder wegen ihres Bezuges auf tatsächlich existierende Personen als 'wirklichkeitsnah' oder - bei Nachweis eines vorausgegangenen tatsächlichen 26 Missbrauchs - sogar als 'tatsächlich' eingestuft werden könnte. Zudem drohten Wertungswidersprüche zwischen nicht von § 184b Abs. 2 und 4 StGB erfassten erkennbar fiktiven bildlichen pornographischen Darstellungen und detailgenauen, als 'tatsächlich' oder zumindest 'wirklichkeitsnah' eingestuften Textdarstellungen.

3. Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 1 Buchst. b der Urteilsgründe aufzuheben. Er ist insoweit freizusprechen, weil die Schilderungen mit kinderpornographischem Inhalt in diesen E-Mails kein 'tatsächliches' oder 'wirklichkeitsnahes' Geschehen im Sinne von § 184b Abs. 2 StGB wiedergaben.

II.

Der Teilfreispruch im Fall II. 1 Buchst. b der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Der Senat kann zwar ausschließen, dass die für diese Tat verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr die Höhe der übrigen Einzelstrafen beeinflusst hat, nicht jedoch, dass das Landgericht ohne diese Einzelstrafe eine mildere als die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten ausgesprochen hätte.

Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie können daher aufrechterhalten werden.

III.

Im Übrigen hat die revisionsgerichtliche Nachprüfung des Urteils auf die Revisionsrechtfertigung hin weder zum Schuldspruch noch zum Strafausspruch weitere Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die von der Revision erhobene Aufklärungsrüge bleibt aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführten Gründen ohne Erfolg.

2. Die weitergehende Sachrüge dringt ebenfalls nicht durch.

a) Insbesondere beschwert es den Angeklagten nicht, dass - worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat - die tabellarische Zusammenstellung im Fall II. 2 der Urteilsgründe insgesamt 1.147 Dateien, also mehr als die vom Landgericht ausgeurteilten 1.020 Dateien, mit kinderpornographischem Inhalt enthält.

b) Im Ergebnis ist der Angeklagte in den Fällen II. 3 Buchst. a bis c der Urteilsgründe auch nicht dadurch beschwert, dass die der Verurteilung wegen Besitzverschaffens jugendpornographischer Schriften gemäß § 184c Abs. 2 StGB zugrunde liegende Videodatei zugleich auch Gegenstand der Verurteilung wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften (Fall II. 2 der Urteilsgründe) war:

aa) Eine Verurteilung wegen Besitzverschaffens jugendpornographischer Schriften nach § 184c Abs. 2 StGB in den Fällen II. 3 Buchst. a bis c der Urteilsgründe würde den Angeklagten auch dann nicht beschweren, wenn die Vi-31 deodatei nicht als jugend-, sondern als kinderpornographische Datei einzustufen wäre, denn die Strafdrohung aus § 184b Abs. 2 StGB wäre strenger.

bb) Auch verdrängt der Straftatbestand der Besitzverschaffung (§ 184b Abs. 2 StGB bzw. § 184c Abs. 2 StGB) denjenigen des Besitzes (§ 184b Abs. 4 Satz 2 StGB bzw. § 184c Abs. 4 Satz 2 StGB). Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Tat auf eine jugendpornographische oder eine kinderpornographische Schrift (Datei) bezieht (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 4. August 2009 - 3 StR 174/09, StV 2010, 194, und vom 10. Juli 2008 - 3 StR 215/08, BGHR StGB § 184b StGB Konkurrenzen 1).

c) Damit ist allerdings die Verurteilung des Angeklagten wegen Besitzes dieser Videodatei (Datei Nr. 959) als Besitz kinderpornographischer Schriften (§ 184b Abs. 4 StGB) im Fall II. 2 der Urteilsgründe neben seiner Verurteilung in den Fällen II. 3 Buchst. a bis c der Urteilsgründe rechtsfehlerhaft. Auch dies stellt im Ergebnis aber für den Angeklagten keine Beschwer dar, die zu einer Urteilsaufhebung im Fall II. 2 der Urteilsgründe nötigen würde.

aa) Der Schuldspruch in diesem Fall hat Bestand, weil der Angeklagte gleichzeitig eine Vielzahl kinderpornographischer Dateien besessen hat. Ein gleichzeitiger Besitz mehrerer kinderpornographischer Schriften ist aber - unabhängig von der Anzahl der Schriften - immer nur 'ein' Besitz im Sinne von § 184b Abs. 4 StGB (vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. Juli 2008 - 3 StR 215/08, BGHR StGB § 184b StGB Konkurrenzen 1). Zwar hat das Landgericht die Zahl der Dateien, die der Angeklagte zeitgleich im Besitz hatte, im Schuldspruch zum Ausdruck gebracht. Dies ist jedoch nicht erforderlich (vgl. BGH aaO), sodass der Senat den Schuldspruch insoweit entsprechend abändern kann. 37 bb) Trotz des geringeren Schuldumfangs bei Nichtberücksichtigung dieser einen Videodatei kann auch der Einzelstrafausspruch im Fall II. 2 der Urteilsgründe Bestand haben. Denn angesichts der Vielzahl kinderpornographischer Dateien, die der Angeklagte in seinem Besitz hatte, kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht in diesem Fall eine niedrigere Einzelstrafe als die von einem Jahr und sechs Monaten verhängt hätte, wenn es bei der Strafzumessung insoweit diese Videodatei außer Betracht gelassen hätte.

V.

Im Umfang der Aufhebung und des insoweit erfolgten Freispruchs fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.

Im Übrigen muss die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels dem Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO vorbehalten bleiben. Obwohl der Angeklagte mit seinem Rechtsmittel lediglich einen Teilerfolg erzielt hat, erscheint es nicht gänzlich ausgeschlossen, dass insbesondere im Hinblick auf die der Gesamtstrafenbildung zugrunde zu legende Einsatzstrafe von nur einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe im Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO eine nicht nur unwesentliche Herabsetzung der Gesamtfreiheitsstrafeerfolgen könnte. Damit könnte das Gewicht der Rechtsfolge so gemildert werden, dass es unbillig wäre, dem Angeklagten die (verbleibenden) gesamten Rechtsmittelkosten aufzuerlegen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 9. November 2004 - 4 StR 426/04 mwN, wistra 2005, 187).

Wahl Rothfuß Jäger Cirener Radtke