zurück zur Übersicht

Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 30.11.1960, Az.: 2 STR 496/60

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts in Darmstadt vom 19. August 1960 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit er wegen Hehlerei in Tateinheit mit Betrug im Rückfalle verurteilt worden ist, sowie im Gesamtstrafausspruch.

Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Landgericht zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Strafkammer hat den Angeklagten wegen Hehlerei in zwei Fällen, hiervon in einem Falle in Tateinheit mit Betrug im Rückfalle, zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt.

Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Er beantragt, "das angefochtene Urteil aufzuheben und wegen des Betruges freizusprechen".

In der Begründung der Revision wird ausschließlich fehlerhafte Anwendung der §§ 263, 264 StGB geltend gemacht. Die Revision greift mithin lediglich die Verurteilung wegen Hehlerei in Tateinheit mit Betrug im Rückfalle an. Damit hat sie Erfolg.

Der Angeklagte und der Mitverurteilte B. wollten einen von letzterem gestohlenen Anzug veräußern. Den Verkauf sollte B. durchführen, da er im Besitz eines Passes war und sich deshalb bei dem Verkauf über seine Person ausweisen konnte. Der Angeklagte hatte keine Ausweispapiere bei sieh.

B. suchte ein An- und Verkaufsgeschäft in der Stadt auf und bot den Anzug dort an. Er versicherte der Käuferin, daß er Eigentümer des Anzugs sei und bestätigte ihr dies in einer schriftlichen, von ihm unterschriebenen Erklärung. Von dem Erlös aus dem Verkauf des Anzugs gab B. dem Angeklagten das Fahrgeld für die Heimfahrt.

Durch diese seine Beteiligung bei der Veräußerung des Anzugs durch B. ist der Angeklagte nicht nur wegen Hehlerei - weil er beim Absatz des gestohlenen Gutes mitwirkte -, sondern auch wegen Betruges im Rückfall - beide Straftaten begangen in Tateinheit - verurteilt worden. Die Strafkammer führt dazu in ihrem Urteil aus: "Beide haben den Verkauf gemeinsam geplant und durchgeführt. M. wollte den B. nicht lediglich unterstützen, sondern er wollte die Täuschung und ihre Folgen als eigene Tat. Entsprechend hat er seinen Teil an dem Verkaufserlös erhalten".

Diese Auffassung der Strafkammer hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Feststellung, daß beide den Verkauf des Anzugs geplant haben, ist nach dem Sachverhalt an sich zutreffend. Zweifel ergeben sich indessen schon insofern, als nichts dafür spricht, daß beide den Verkauf so geplant hatten, wie ihn B. alsdann tatsächlich durchgeführt hat. In dem festgestellten Sachverhalt ist nämlich nichts davon gesagt, daß B. den Anzug in einem An- und Verkaufsgeschäft der Stadt veräußern sollte. Kam aber nach der Verabredung der Verkauf des Anzüge an eine beliebige Person in Frage, so kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß B. nach der Meinung des Angeklagten Veranlassung hatte, sein Eigentum an dem Anzug zu versichern, wie er dies in dem An- und Verkaufsgeschäft auf Anfordern getan hat. Nach dem Urteil hatten die Angeklagten zuvor den von B. gestohlenen Trenchcoat gemeinschaftlich veräußert; einen durch diese Veräußerung begangenen Betrug hat die Strafkammer jedoch nicht festgestellt.

Die Durchführung der Veräußerung geschah überdies allein durch B., wie es nach dem Sachverhalt auch vereinbart worden war. Der Angeklagte war also an dem Verkauf nicht unmittelbar beteiligt. Soweit daher die Strafkammer Mittäterschaft des Angeklagten bei dem von B. verübten Betrug bejaht, indem sie ausführt, "M. wollte B. nicht lediglich unterstützen, sondern er wollte die Täuschung und ihre Folgen als eigene Tat", sind die Voraussetzungen für den Begriff der Mittäterschaft nach dem Sachverhalt nicht nachgewiesen. Zwar kann jemand auch dann Mittäter sein, wenn er nicht selbst eine tatbestandsmäßige Handlung vornimmt, sondern nur eine Vorbereitungshandlung. Mittäterschaft kann jedoch nicht schon durch das bloße Einverständnis mit der Tat des anderen und die Betätigung dieses Einverständnisses begründet werden. Vielmehr ist erforderlich, daß der Beteiligte seine eigene Tätigkeit durch die Handlungen des anderen vervollständigen und sich diese zurechnen lassen will, derart, daß er dabei in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Tun des anderen handelt (vgl. BGH MDR 1953, 271; BGHSt 6, 248 [BGH 08.07.1954 - 4 StR 350/54]). Jeder Mittäter muß mit dieser inneren Einstellung in irgendeiner Weise zur Ausführung mitwirken, wobei eine geistige Mitwirkung, z.B. durch einen Ratschlag, genügt. Allerdings ist Mitherrschaft über die Tat Voraussetzung der Mittäterschaft (BGH MDR 1954, 529). Letzteres entfällt hier aber nach den bisherigen Feststellungen schon deshalb, weil die Abrede der Beteiligten ausdrücklich dahin ging, B. solle den Verkauf durchführen, wie es auch tatsächlich geschah. Dies spricht dafür, daß der Angeklagte keinen Einfluß darauf hatte, wo und wem der Mitverurteilte Bernhardt den Anzug verkaufte.

Dem Sachverhalt kann also nicht entnommen werden, daß der Angeklagte über diese allein von B. durchgeführte Veräußerung des Anzugs und die von diesem dabei verübte Betrugshandlung die Mitherrschaft gehabt hat. Deshalb kann das Urteil insoweit keinen Bestand haben.

Was die dem Angeklagten zur Last gelegten Hehlerei anlangt, wird zu prüfen sein, ob er die gestohlenen Sachen nicht schon dadurch "an sich gebracht" hatte, daß er sie auf der Reise zusammen mit B. als gemeinschaftliches Gut verwahrte, um nach Bedarf Ausgaben durch den Absatz der Sachen zu decken, wozu ein Mitverfügungsrecht ausreichen konnte (vgl. RG 1937, 2391 Nr. 55). Wird aus diesem Grunde Hehlerei des Angeklagten bejaht, so konnte er den Tatbestand des § 259 StGB nicht mehr durch sein "Mitwirken beim Absatz" verwirklichen; denn es handelte sich dann nicht mehr darum, daß er für den Dieb in dessen alleinigem Interesse die gestohlenen Sachen verwertete und mit veräußerte (vgl. RGSt 56, 191; BGHSt 9, 137;  10, 1) [BGH 24.10.1956 - 2 StR 402/56].

Sollte die Strafkammer auf Grund der neuen Hauptverhandlung wiederum zu dem Ergebnis kommen, daß der Angeklagte neben Hehlerei auch eine Betrugshandlung begangen hat, so ist zu beachten, daß die Voraussetzungen des strafschärfenden Rückfalls im Urteil einwandfrei nachgewiesen werden müssen. Dazu gehört die Feststellung, daß der Angeklagte alle Tatsachen, die den Rückfall begründen, bei Begehung der nunmehrigen Tat kannte, also auch den Erlaß der zunächst gegen ihn wegen Betruges erkannten Geldstrafe durch das Straffreiheitsgesetz vom 31. Dezember 1949 (vgl. BGH NJW 1956, 837).