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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 21.04.1986, Az.: 2 STR 661/85

Tenor

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 1. April 1985 wird verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Entscheidungsgründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Hehlerei in Tateinheit mit Begünstigung und versuchter Strafvereitelung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und ihn "im übrigen" freigesprochen.

Mit seiner Revision rügt er die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft greift den Teilfreispruch nur insoweit an, als sie mit ihrem zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel, das auf die Sachbeschwerde gestützt ist, die Verurteilung des Angeklagten wegen Beteiligung an einer (schweren) räuberischen Erpressung erstrebt.

Die Revision des Angeklagten hat nur zum Strafausspruch Erfolg, diejenige der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.

I.Die Revision der Staatsanwaltschaft

1.Der Angeklagte traf sich am 19. Februar 1983 mit dem Zeugen Andreas W., der nach einem Streit mit seinem Vater unter Mitnahme eines Revolvers und eines Personenkraftwagens das Elternhaus verlassen hatte, um ins Ausland zu gehen. W. erzählte dem Angeklagten, er wolle ins Ausland fliehen, weil er - was nicht zutraf - einen Türken angeschossen habe. Der Angeklagte fragte W., ob er Geld habe. Als W. verneinte, schlug er ihm vor, dann solle er doch das Auto oder die Waffe verkaufen. W. erklärte dazu, er wolle die Waffe behalten; das Auto könne er nicht verkaufen, weil es nicht auf ihn zugelassen sei. Der Angeklagte hielt ihm entgegen, ohne Geld könne er nicht ins Ausland gehen. Er äußerte: "Dann müßtest Du eine Bank oder Tankstelle machen". W. antwortete darauf nicht. Im weiteren Verlauf der Unterhaltung kam das Gespräch darauf, daß man W., falls er über ausreichend Geld verfüge, in ein südamerikanisches Land bringen und ihm falsche Papiere der entsprechenden Nationalität beschaffen könne. Die Papiere - so meinte der Angeklagte - würden etwa 10.000 DM kosten. Der Angeklagte verabredete mit W. ein weiteres Treffen für den 21. Februar 1983, 12.00 Uhr. Am Vormittag dieses Tages überfiel W. in Bad V. die Zweigstelle der Kreissparkasse F.; er bedrohte einen Bankangestellten mit dem Revolver, forderte ihn auf, Geld in seine Sporttasche zu füllen, und erbeutete auf diese Weise 39.775 DM.

2.Das Landgericht hat es abgelehnt, den Angeklagten wegen Anstiftung oder Beihilfe zu der von W. verübten schweren räuberischen Erpressung zu verurteilen. Was die Anstiftung anging, so vermochte es sich nicht davon zu überzeugen, daß der Angeklagte durch seine Äußerung vom 19. Februar 1983 den Tatentschluß W. s hervorgerufen hat. Im übrigen fehle es an den Voraussetzungen des Anstiftervorsatzes, da sich die Empfehlung des Angeklagten, W. mäßte dann eine Bank oder Tankstelle "machen", nicht auf eine bestimmte Tat bezogen habe. Aus demselben Grunde scheitere auch die Annahme einer Beihilfe, da Gehilfe nur sei, wer die Haupttat in Kenntnis ihrer wesentlichen Merkmale fördere.

3.a)Ob die Annahme der Strafkammer, es fehle bereits an einer ursächlichen Verknüpfung zwischen der Empfehlung des Angeklagten und der von W. verübten Tat, auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruht, kann offenbleiben; denn jedenfalls ist die vom Tatrichter zusätzlich gegebene Begründung, mit der er die Verurteilung wegen Anstiftung abgelehnt hat, rechtlich zutreffend. Was die Beschwerdeführerin hiergegen vorbringt, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht.

Der Vorsatz des Anstifters muß sich auf eine bestimmte Haupttat beziehen. Welche Anforderungen dabei an die Bestimmtheit zu stellen sind, ist in Schrifttum und Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Übereinstimmung herrscht darüber, daß es nicht ausreicht, wenn der Wille des Anstifters nur darauf gerichtet ist, den Täter ohne weitere Konkretisierung überhaupt zu strafbaren Handlungen oder zu Straftaten einer lediglich dem gesetzlichen Tatbestand nach beschriebenen Art (z.B. Diebstählen) zu veranlassen (RGRspr. 9, 107 f; RGSt 26, 361;  34, 327 f; v. Olshausen, StGB 11. Aufl. § 48 Anm. 7; Schäfer in Dalcke/Fuhrmann/Schäfer, Strafrecht und Strafverfahren 37. Aufl. § 48 StGB Anm. 2 a; Dreher/Tröndle, StGB 42. Aufl. § 26 Rdn. 6; Cramer in Schönke/Schröder, StGB 22. Aufl. § 26 Rdn. 13; Roxin in LK StGB 10. Aufl. § 26 Rdn. 9 und § 30 Rdn. 24; Baumann/Weber, Strafrecht AT 9. Aufl. S. 563). Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht entschieden; denn hier hat sich der Angeklagte nicht darauf beschränkt, dem Täter überhaupt eine Straftat anzusinnen; auch hat er sich nicht damit begnügt, den zu verwirklichenden Deliktstatbestand (schwerer Raub oder schwere räuberische Erpressung) erkennbar zu machen: vielmehr waren in seinem Vorschlag bereits die in Frage kommenden Tatobjekte nach allgemeinen Artmerkmalen ("Bank oder Tankstelle") festgelegt. Darin besteht die Besonderheit, die den gegebenen Sachverhalt aus der Reihe der - soweit ersichtlich - bislang höchstrichterlich entschiedenen Fälle heraushebt.

An der Bestimmtheit der Tat fehlt es aber auch dann, wenn diese nur nach der Gattung der in Betracht kommenden Tatobjekte umrissen ist. Zum gegenteiligen Ergebnis würde allerdings die von Roxin vertretene Auffassung führen. Danach soll es genügen, wenn in der Vorstellung des Anstifters außer einem bestimmten Tatbestand die "wesentlichen Dimensionen des Unrechts" fixiert sind, wie sie sich "durch Auslegung des Verhaltens des Anstifters aus dem Gesamtbild der Anstiftungssituation" ergeben. Nach diesem Kriterium ist beispielsweise die Aufforderung, der andere möge seinen Lebensunterhalt durch Diebstähle bestreiten oder sich das Geld durch Diebstähle beschaffen, hinreichend bestimmt, wenn nur die Größenordnung der Beträge zwischen den Beteiligten einigermaßen feststeht (Roxin in LK StGB 10. Aufl. § 26 Rdn. 9; auch § 30 Rdn. 24; ders. in JA 1979, 169, 172). Diese Voraussetzungen lägen hier vor.

Indessen kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden. Sie wird der gesetzlichen Qualifizierung der Beziehung zwischen Anstifterverhalten und Haupttat als Teilnahme nicht gerecht; denn der Bezugsgegenstand der Anstiftung ist hiernach nicht mehr eine konkret-individualisierbare Tat, an der sich der Anstifter durch Herbeiführung des Tatentschlusses beteiligt, sondern die generell-abstrakte "Dimension des Unrechts", das in ihr zum Ausdruck kommt. Damit wird die Verknüpfung zwischen Anstiftung und Haupttat aber so weit gelockert, daß die strafrechtliche Haftung des Anstifters für die Tat auch in Fällen Platz greift, in denen seine Strafwürdigkeit zweifelhaft ist und seine Gleichstellung mit dem Täter (§ 26 StGB) keine Rechtfertigung mehr zu finden vermag.

Der Vorsatz des Anstifters muß sich auf die Ausführung einer zwar nicht in allen Einzelheiten, wohl aber in ihren wesentlichen Merkmalen oder Grundzügen konkretisierten Tat beziehen (RGSt 34, 327 f; OGHSt 2, 23, 32; Kohlrausch/Lange, StGB 43. Aufl. § 48 Anm. VII; Samson in SK StGB 3. Aufl. § 26 Rdn. 7; Dreher/Tröndle a.a.O. § 357 Rdn. 6; Wessels, Strafrecht AT 15. Aufl. S. 156; vgl. auch Jakobs, Strafrecht AT 1983, S. 553 f, der wohl sachlich nichts anders meint, wenn er fordert, daß derjenige, der als Anstifter haften solle, "den Rahmen und die Maximen zur Konkretisierung von Opfer [Tatobjekt], Mittel, Ort und Zeit innerhalb des Rahmens" kennen müsse). Da der Anstifter für die Tat des Angestifteten ebenso wie dieser selbst einstehen muß, ist zu verlangen, daß die Tat nicht nur nach Tatbestandstypus und allgemeinen Gattungsmerkmalen des Tatobjekts festgelegt ist, sondern in der Vorstellung des Anstifters in ihrem tatsächlichen, freilich noch nicht bis "ins Detail" ausgeführten Bild als wenigstens umrißhaft individualisiertes Geschehen erscheint (vgl. Welzel, Strafrecht 11. Aufl. S. 117: "Die Anstiftung muß nach Tat und Täter individualisiert sein"; Stratenwerth, Strafrecht AT I 3. Aufl. Rdn. 886, 888: "Kenntnis der für den konkreten Unrechtsgehalt der Tat maßgebenden Begehungsweise in ihren Grundzügen"; Schmidhäuser, Strafrecht AT 2. Aufl. S. 553: "Konkretisierung auf eine bestimmte Tatmöglichkeit").

Die Erklärung des Angeklagten, W. müßte eine "Bank oder Tankstelle machen", genügt diesen Anforderungen nicht. Sie bezog sich nicht auf eine konkrete Tat, sondern auf eine gattungsmäßig beschriebene Mehrzahl gleichartiger Tatmöglichkeiten. Die Beschränkung der Tatobjekte auf Banken oder Tankstellen reichte nicht aus, um die Haupttat als individualisierbares Geschehen hervortreten zu lassen. Das Tatbild, wie es in der Vorstellung des Angeklagten vorhanden war, blieb in Ermangelung individualisierender Merkmale (Objekt, Ort, Zeit und sonstige Umstände der Tatausführung) unbestimmt. Es verhält sich hier ebenso wie in dem von Preisendanz (StGB 30. Aufl. § 30 Anm. 3 b) gebildeten und in gleicher Meise beurteilten Fall, daß jemand dem Täter den allgemein gehaltenen Rat gibt, er möge doch einen Bankraub mit Geiselnahme verüben. Aus Gründen, die sich mit der hier vertretenen Auffassung decken, hat das Reichsgericht in einer früheren Entscheidung keine Anstiftung einer Dienstmagd zur Unterschlagung des Markterlöses darin gefunden, daß ihr erklärt worden war, sie sei dumm, daß sie die Gelegenheit nicht benutze und "sich heimlich Geld mache"; diese Äußerung - so das Reichsgericht - habe sich nicht auf eine bestimmte Handlung bezogen, sondern nur "im allgemeinen eine Anweisung" zu künftigem Verhalten dargestellt (RGSt 1, 110).

Dem Ergebnis kann nicht entgegengehalten werden, daß der Anstifter die zu begehende Tat nicht in allen Einzelheiten ihrer konkreten Ausführung in sein Bewußtsein aufgenommen zu haben braucht (RGRspr. 9, 107 f; RGSt 26, 361, 363;  34, 327;  BGHSt 6, 359, 362;  15, 276;  BGH, Urteil vom 2. September 1969 - 1 StR 280/69; BGH MDR 1960, 595; OGHSt 2, 23, 32; OLG Hamburg MDR 1948, 368 [OLG Hamburg 09.07.1947 - Ss 70/47] mit Anm. Kuhn; OLG Köln NJW 1951, 612 f [OLG Köln 01.06.1951 - Ss 61/51]; BayObLG NJW 1954, 1257 f; v. Olshausen, Kohlrausch/Lange, Cramer, Baumann/Weber, Schmidhäuser, jeweils a.a.O.; ebenso Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 6. Aufl. S. 304 Rdn. 17). Denn dieser Grundsatz besagt nur, daß je nach Beschaffenheit des Falles einzelne der zur Tatindividualisierung tauglichen Merkmale fehlen können, ohne daß deshalb schon die Bestimmtheit der Haupttat entfiele, nicht aber, daß sie überhaupt und in ihrer Gesamtheit entbehrlich wären, also keines von ihnen vorliegen müsse (diesem Mißverständnis erliegt aber Jescheck, Strafrecht AT 3. Aufl. S. 560; gegen ihn mit Recht: Jakobs a.a.O. Fußn. 46). Damit würde das Erfordernis der Bestimmtheit derart ausgehöhlt, daß es seine Funktion, die strafrechtliche Haftung des Anstifters zu legitimieren, gleichzeitig aber auch zu begrenzen, nicht mehr erfüllen könnte. Welche zur Tatindividualisierung tauglichen Merkmale jeweils erforderlich sind, entzieht sich einer generell-abstrakten Bestimmung und kann nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles entschieden werden. Der Vorsatz des Anstifters muß aber, ohne sämtliche Einzelheiten der auszuführenden Haupttat schon zu erfassen, jedenfalls soviel von den sie kennzeichnenden Merkmalen enthalten, daß die Tat selbst als konkret-individualisierbares Geschehen erkennbar ist. Da es hieran fehlt, ist eine Verurteilung des Angeklagten wegen Anstiftung zur schweren räuberischen Erpressung mit Recht unterblieben.

b)Auch eine Beihilfe zu dieser Tat hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Dabei braucht nicht erörtert zu werden, ob an den Gehilfenvorsatz, was die Bestimmtheit der Haupttat betrifft, geringere Anforderungen zu stellen sind, als sie für den Vorsatz des Anstifters gelten. Ebensowenig kommt es im vorliegenden Fall darauf an, in welcher Weise die psychische Beihilfe von der Anstiftung abgegrenzt werden muß. Die Bejahung des Gehilfenvorsatzes scheitert hier jedenfalls daran, daß es an einer ausreichenden Tatsachengrundlage für die Annahme fehlt, der Angeklagte habe mit dem - sei es auch nur bedingten - Willen gehandelt, die in Rede stehende Haupttat zu fördern.

Zur inneren Einstellung, aus der heraus der Angeklagte gegenüber W. die Äußerung tat "dann müßtest Du eine Bank oder Tankstelle machen", hat das Landgericht, die Feststellungen zum objektiven Hergang insoweit ergänzend, im Zusammenhang mit der rechtlichen Würdigung folgendes ausgeführt (UA S. 53):"Der Angeklagte wollte dem Zeugen bei der Flucht behilflich sein. Wie der Zeuge sich das Geld dazu beschaffen würde, ob durch den zunächst vorgeschlagenen Verkauf von Auto oder Waffe, irgendeine sonst legale Geldbeschaffungsaktion oder durch eine Straftat, sollte Sache des Zeugen sein und war dem Angeklagten gleichgültig. Hiervon war zumindest mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auszugehen. Es hätte ebensogut aus seiner Sicht wie der dann ausgeführte Sparkassenüberfall ein Diebstahl - etwa der Griff in die väterliche Firmenkasse -, ein sonstiges Delikt oder aber ein legales Geschäft zu(r) Beschaffung der nötigen Mittel dienen können".

Angesichts dieser tatsächlichen Würdigung, die ihrerseits keinen Rechtsfehler erkennen läßt, bleibt die zugunsten des Angeklagten zu unterstellende Möglichkeit offen, daß er den Hinweis auf einen Bank- oder Tankstellenüberfall als Mittel zur Geldbeschaffung nicht in dem Bewußtsein und mit dem - auch nur bedingten - Willen gab, schon dadurch eine derartige Tat W. s zu fördern. Für einen solchen Förderungswillen bieten die Feststellungen keine hinreichende Grundlage.

c)Das Landgericht hat den Angeklagten "im übrigen" freigesprochen. Dieser Teilfreispruch, der sich nach den Urteilsgründen auf den Vorwurf der Teilnahme an einer anderen Straftat bezieht (UA S. 49 f), muß - ohne daß insoweit eine formelle Änderung des Urteilstenors vonnöten wäre - sachlich auf den Tatvorwurf der Beteiligung an der von Wagner verübten schweren räuberischen Erpressung erstreckt werden. Daß der Angeklagte von diesem Vorwurf nicht freigesprochen worden ist, beruht ersichtlich darauf, daß die Strafkammer in dem Sachverhalt, den die zugelassene Anklage unter Nr. 2 des Anklagesatzes schildert (Bd. V Bl. 741, 743 d.A.), zwar nicht die von der Staatsanwaltschaft angenommene Anstiftung, aber eine andere Straftat, nämlich eine sich an den Sparkassenüberfall Wagners anschließende Hehlerei in Tateinheit mit Begünstigung und versuchter Strafvereitelung, gefunden hat. Diese Straftat stand aber zu der dem Angeklagten vorgeworfenen Anstiftung im Verhältnis der Tatmehrheit (BGHSt 22, 206). Wenn - wie hier - die Anklage ein Geschehen zur Aburteilung stellt, das nach dem vorgetragenen Sachverhalt zwei selbständige Straftaten umfaßt, so bedarf es, wenn nur eine dieser Taten nachgewiesen wird, hinsichtlich der anderen eines Teilfreispruchs. Der Fall liegt ebenso, wie wenn bereits in der Anklage selbst beide Straftaten als solche gekennzeichnet worden wären oder die zugelassene Anklage das Verhältnis zwischen ihnen zu Unrecht als Tateinheit bewertet hätte (zu diesem Fall: BGH, Beschluß vom 21. September 1983 - 3 StR 224/83 (S); Kleinknecht/Meyer, StPO 37. Aufl. § 260 Rdn. 11; Hürxthal in KK StPO § 260 Rdn. 19).

Die hiernach gebotene und vom Senat vorgenommene Erweiterung des Teilfreispruchs wirkt sich auch auf die Kostenentscheidung aus; soweit der Staatskasse Verfahrenskosten und notwendige Auslagen des Angeklagten auferlegt worden sind, gilt dies nunmehr nach Maßgabe des erweiterten Teilfreispruchs, ohne daß dies im Urteilstenor besonders zum Ausdruck gebracht werden müßte.

II.Die Revision des Angeklagten

1.Der Angeklagte traf sich am 21. Februar 1983 mit W. auf der B-Ebene der Hauptwache in Frankfurt am Main. Wagner hatte die Beute aus dem Banküberfall in einem Schließfach deponiert; er unterrichtete den Angeklagten darüber und gab ihm den Schlüssel zu jenem Schließfach, in dem sich der Schlüssel zu einem weiteren, zur Aufbewahrung der Beute benutzten Schließfach befand. Der Angeklagte entnahm diesem Schließfach die Plastiktüte mit dem erbeuteten Geld, der Tatwaffe und der Munition. Das Geld sollte teilweise zur Deckung der mit der Flucht Wagners entstehenden Unkosten dienen, teilweise der die Flucht bewerkstelligenden "Organisation" zugutekommen, ein wesentlicher Teil seines Werts in irgendeiner Form W. selbst wieder zufließen. Der Angeklagte ließ durch seinen Sohn einen Personenkraftwagen anmieten, verbarg Wagner für eine Nacht in seiner Gartenhütte, holte ihn am nächsten Morgen ab, brachte ihn nach Eberbach, gab ihm 1.570 Schweizer Franken, nannte ihm eine "Anlaufstelle" in der Schweiz und vermittelte ihm auch für die folgende Nacht eine Unterkunft. Am 23. Februar 1983 wurden sowohl W. als auch der Angeklagte festgenommen.

2.Der Schuldspruch wegen Hehlerei in Tateinheit mit Begünstigung und versuchter Strafvereitelung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Die Verfahrensbeschwerden des Angeklagten dringen nicht durch.

a)Die Rüge, ein gegen den Strafkammervorsitzenden gerichtetes Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit sei zu Unrecht verworfen worden (§ 338 Nr. 3 StPO), ist offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

b)Keinen Erfolg hat auch die Rüge, das angefochtene Urteil beruhe auf einem Verstoß gegen § 136 a StPO.

Im Rahmen der Beweiswürdigung stützt sich die Strafkammer unter anderem auch auf die Zeugenaussage des Kriminalbeamten A., der Angaben über eine nichtförmliche Vernehmung ("Überhörung") des Angeklagten gemacht hatte. Diese Angaben des Zeugen werden im Urteil wie folgt mitgeteilt (UA S. 25 f):"Der Angeklagte habe bestritten, zum Zeitpunkt des Treffens" (am 21. Februar 1983 mit W.) "etwas von dem Bankraub gewußt zu haben. Nach dem Zweck seines Aufenthalts in der B-Ebene gefragt, habe er mehrfach von sich aus geäußert, 'was fragt ihr denn, ihr habt doch alles gesehen, da sind doch Kameras!' ... Die unrichtige Vermutung des Angeklagten ..., die Schließfächer seien per Kameras überwacht worden, habe man aufgegriffen, ihm vorgehalten und gesagt, er sei dort per Kamera beobachtet worden. Daraufhin habe K." (der Angeklagte) "zugegeben, bei der Gelegenheit aus einem Schließfach eine Plastiktüte geholt zu haben."

Die Revision erblickt in dem hier geschilderten Verhalten der Vernehmungsbeamten einen Verstoß gegen § 136 a Abs. 1 Satz 1 StPO: sie hätten den Irrtum des Angeklagten, er sei auf der B-Ebene der Frankfurter Hauptwache mit Kameras überwacht worden, nicht nur ausgenutzt, sondern aufrechterhalten und durch einen Vorhalt verstärkt, sich damit also des verbotenen Mittels der Täuschung bedient.

Dem kann nicht gefolgt werden.

§ 136 a StPO begründet keine Verpflichtung, Irrtümer des Vernommenen über Tatsachen zu verhindern oder aufzuklären. Der Vernehmende darf zwar einen solchen Irrtum nicht verstärken, ausweiten oder vertiefen, wohl aber ihn ausnutzen (Boujong in KK StPO § 136 a Rdn. 22; Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl. § 136 a Rdn. 38, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Nichts anderes haben die Vernehmungsbeamten im vorliegenden Falle getan. Sie haben den Irrtum des Angeklagten darüber, daß die Polizei mit den - in Wirklichkeit nicht installierten - Kameras "doch alles gesehen" habe, nicht verstärkt, ausgeweitet oder vertieft, sondern nur ausgenutzt. Der Vorhalt, er, der Angeklagte, sei dort per Kamera beobachtet worden, ging nicht über das hinaus, was der Angeklagte selbst schon als seine Vorstellung zum Ausdruck gebracht hatte.

Auch in sachlich-rechtlicher Hinsicht weist der Schuldspruch keinen Rechtsfehler auf.

3.Der Strafausspruch kann jedoch nicht bestehenbleiben.

Insoweit greift von den hierzu erhobenen Verfahrensbeschwerden jedenfalls die Rüge fehlerhafter Ablehnung eines Beweisantrags durch.

Der Verteidiger des Angeklagten hatte im Rahmen seines Schlußvortrags hilfsweise beantragt, einen Sachverständigen darüber zu vernehmen, daß der Angeklagte auf Grund einer hirnorganischen Störung sowie wegen sonstiger psychischer Beeinträchtigung infolge seiner schweren Krebserkrankung zur Tatzeit vermindert schuldfähig gewesen sei.

Die Strafkammer hat in den Urteilsgründen hierzu ausgeführt, weder das Verhalten des Angeklagten im Prozeß noch dasjenige im Rahmen des festgestellten Sachverhalts habe irgendwelche Anhaltspunkte für die Einschränkung seiner Schuldfähigkeit erbracht. Deshalb habe es sich "erübrigt", dem Hilfsbeweisantrag nachzugehen. Für die Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB fehlten jegliche Anknüpfungstatsachen. Im Anschluß daran wird auf ein amtsärztliches, die Darmkrebserkrankung des Angeklagten betreffendes Gutachten vom 17. September 1984 und eine schriftliche Mitteilung des Neurologen und Psychiaters Dr. T. vom 26. Februar 1985 Bezug genommen. Diese Mitteilung, die in den Urteilsgründen ihrem Inhalte nach, von dem Beschwerdeführer im Wortlaut wiedergegeben wird, lautet in ihren wesentlichen Teilen wie folgt:"Herr K. wurde hier am 21.01.85 neurologisch untersucht, ohne daß sich irgendwelche gravierende Erkankungen aus meiner Sicht ergeben hätten. Es handelt sich um einen vasomotorischen Kopfschmerz. Herr K. ist voll verhandlungs- und vernehmungsfähig."

Die Ablehnung des Hilfsbeweisantrags entsprach nicht dem Gesetz. Ein Ablehnungsgrund nach § 244 Abs. 3 StPO lag nicht vor. Mit dem Hinweis auf den Mangel an "Anhaltspunkten" und "Anknüpfungstatsachen" hat die Strafkammer nicht darauf abgestellt, daß der Sachverständige hier ein völlig ungeeignetes Beweismittel sei, weil ihm die zur Begutachtung notwendige Grundlage fehle und auch nicht beschafft werden könne; sie hat vielmehr zum Ausdruck gebracht, daß sie von der uneingeschränkten Schuldfähigkeit des Angeklagten überzeugt sei und sich auch von der beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens kein Ergebnis verspreche, das diese Überzeugung erschüttern könne. Mit dieser Begründung, die eine unzulässige Vorwegnahme des zu erwartenden Beweisergebnisses enthält, durfte der Antrag aber nicht abgelehnt werden. Auch § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO bot hierfür keine Rechtsgrundlage. Die Strafkammer hat nicht dargetan, daß sie selbst über die erforderliche Sachkunde zur Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten verfüge. Diese Sachkunde konnte sie sich insbesondere nicht aus der Mitteilung des Neurologen und Psychiaters Dr. T. verschafft haben; denn diese Mitteilung basierte lediglich auf einer neurologischen Untersuchung des Angeklagten und galt im übrigen ausschließlich der Frage seiner etwaigen Verhandlungs- und Vernehmungsunfähigkeit. Die Mitteilung war auch kein "Erstgutachten" im Sinne des § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO, das die Strafkammer dazu ermächtigt hätte, hieraus die Überzeugung von der uneingeschränkten Schuldfähigkeit des Angeklagten zu gewinnen und, da mithin das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen sei, die Anhörung eines "weiteren" Sachverständigen abzulehnen. Denn zum einen enthielt die Mitteilung keine Stellungnahme zur Frage der Schuldfähigkeit, zum anderen war sie - ihrer Form nach - nur der Verwertung im Freibeweisverfahren zugänglich.

Da bereits die Rüge fehlerhafter Ablehnung des Beweisantrags durchdringt, bedürfen die in diesem Zusammenhang weiter erhobenen Verfahrensbeschwerden keiner Erörterung mehr; insbesondere kann offenbleiben, ob auch die Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) begründet wäre.

Die neu entscheidende Strafkammer wird darauf hingewiesen, daß in früheren Verfahren der psychiatrische Sachverständige Dr. R. den Angeklagten auf seine Schuldfähigkeit untersucht und begutachtet hatte (vgl. Bl. 161 f der Akten 50/4 KLs 71 der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main und S. 16 des Urteils der 14. großen Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 1980 - 4 Js 740/77 = Bd. II Bl. 319 der Akten des vorliegenden Verfahrens). Das könnte dafür sprechen, denselben Sachverständigen auch in diesem Verfahren zuzuziehen.