Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 27.11.2013, Az.: 3 STR 5/13
Entscheidungsgründe
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen vorsätzlicher Marktmanipulation in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 80 verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 63.700 angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet insbesondere die Beweiswürdigung sowie die Verfallsentscheidung. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts erteilte der Angeklagte Verkaufs- und Kaufaufträge für die im Freiverkehr an der Frankfurter Börse gehandelten Aktien der Firma R. AG, die er zuvor mit dem Käufer bzw. Verkäufer abgesprochen hatte (sog. matched orders bzw. prearranged trades).
1. Zunächst gab er am 3. April 2009 in der Absicht, sich finanzielle Liquidität für den Erwerb sonstiger Aktien zu verschaffen, einen Verkaufsauftrag über 22.000 Aktien der R. AG zu einem Verkaufslimit von 4,55 . Ein Geschäftspartner des Angeklagten erteilte am selben Tag aufgrund einer zwischen beiden zuvor getroffenen Vereinbarung einen Kaufauftrag mit einem Kauflimit von 4,55 , zunächst über 14.000 und unmittelbar darauf über weitere 8.000 Stück der betreffenden Aktien. Diese Aufträge wurden jeweils zu entsprechenden Geschäftsabschlüssen zusammengeführt. Ein zu einem nicht näher festgestellten vorherigen Zeitpunkt veröffentlichter Preis für die Aktie der R. AG betrug 4,12 pro Aktie. Dabei handelte es sich um einen Geldkurs, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand. Nach der Auffassung der Strafkammer sei dieser Kurs zwar kein Börsenkurs im Sinne des § 24 BörsG. Er sei gleichwohl bei der Beurteilung der Einwirkung auf den Preis der Aktie nach § 38 Abs. 2 WpHG in der zur Tatzeit geltenden Fassung durch das Verhalten des Angeklagten heranzuziehen, weil andernfalls gerade auf besonders manipulationsanfälligen Märkten der dort besonders notwendige strafrechtliche Schutz nicht gewährleistet sei.
2. Um die ihm gewährte Liquidität teilweise zurückfließen zu lassen, gab der Angeklagte am 30. April 2009 den Kauf von 10.000 Stück derselben Aktie zu einem Kauflimit von 4,55 in Auftrag. Da sein Geschäftspartner zuvor zwei Verkaufsaufträge über je 5.000 Stück Aktien mit dem vereinbarten Verkaufslimit in gleicher Höhe erteilt hatte, kam es zu einem entsprechenden Geschäftsabschluss. Sechs Minuten zuvor hatte der Angeklagte mit seinem Geschäftspartner ein ebenfalls abgesprochenes - nicht mehr verfahrensgegenständliches - Geschäft zu 4,50 pro Aktie geschlossen. Auf diesen Preis habe der Angeklagte, so die Wertung des Landgerichts, in von § 38 Abs. 2 WpHG aF pönalisierter Form eingewirkt.
II. Das Urteil hält der auf Grund der Revisionsrechtfertigung gebotenen umfassenden sachlich-rechtlichen Prüfung stand. Die - entgegen der Auffassung der Revision rechtsfehlerfrei zustande gekommenen - Feststellungen belegen zwei zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit stehende Straftaten nach § 38 Abs. 2 WpHG in der hier nach § 2 Abs. 3 StGB maßgebenden, zu den Tatzeiten geltenden Fassung (im Folgenden: aF). Bezüglich der Anordnung des Verfalls zeigt die Revision ebenfalls keinen Rechtsfehler auf.
1. Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der die Strafbarkeit begründenden Regelung.
a) Für die rechtliche Bewertung des vorliegenden Falles ist folgendes Regelungsgefüge maßgeblich: Gemäß § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF ist es untersagt, Geschäfte vorzunehmen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bestimmt, dass derjenige ordnungswidrig handelt, der entgegen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, auch in Verbindung mit Abs. 4, jeweils in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 oder 5 ein Geschäft vornimmt oder einen Kauf- oder Verkaufsauftrag erteilt. § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF erlaubt dem Bundesministerium der Finanzen, durch eine Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrats bedarf, nähere Bestimmungen zu erlassen über falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten oder das Vorliegen eines künstlichen Preisniveaus. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 der auf dieser Grundlage erlassenen Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV) werden irreführende Signale im Sinne des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG insbesondere auch durch Geschäfte oder einzelne Kauf- oder Verkaufsaufträge über Finanzinstrumente gegeben, die von Parteien, die sich abgesprochen haben, zu im Wesentlichen gleichen Stückzahlen und Preisen erteilt werden, es sei denn, diese Geschäfte wurden im Einklang mit den jeweiligen Marktbestimmungen rechtzeitig angekündigt. Strafbar gemäß § 38 Abs. 2 WpHG aF macht sich schließlich u.a., wer eine in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bezeichnete Handlung begeht und dadurch auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments einwirkt.
b) Auch mit Blick auf die zahlreichen, in den genannten Vorschriften enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe, die auf den ersten Blick wenig übersichtliche Regelungstechnik und die in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WphG aF enthaltenen blankettartigen Verweise auf verschiedene Rechtsverordnungen ist die Regelung insgesamt - trotz der verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Zweifel (vgl. Sorgenfrei, wistra 2002, 321, 325; Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 61 ff.; Moosmayer, wistra 2002, 161, 167 ff.; Tripmaker, wistra 2002, 288, 292; Streinz/Ohler, WM 2004, 1309, 1314 ff.; Schmitz, ZStW 115 (2003), 501, 528) - verfassungsgemäß (vgl. zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 3 StR 506/10, wistra 2011, 467, 468; zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; vgl. auch Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., Vor § 20a Rn. 26 ff.; Mock/Stoll/Eufinger in Kölner Kommentar zum WpHG, § 20a Rn. 82 ff.; Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., § 20a WpHG Rn. 5 f. mwN; Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, 2012, S. 273; Schönwälder, Grund und Grenzen einer strafrechtlichen Regulierung der Marktmanipulation, 2011, S. 115 ff.; Teuber, Die Beeinflussung von Börsenkursen, 2011, S. 217 ff.).
Sie genügt insbesondere - entsprechend anderen wirtschaftsstrafrechtlichen Tatbeständen wie etwa der Subventionsbetrug (§ 264 StGB), der Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB) oder der Kreditbetrug (§ 265b StGB), die in ähnlicher Form durch die Verwendung konkretisierungsbedürftiger Rechtsbegriffe geprägt sind - noch dem verfassungsmäßigen Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; Vogel, aaO Vor § 20a Rn. 29), der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht übersteigert werden darf, damit die Gesetze nicht zu starr und kasuistisch und dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalles nicht mehr gerecht werden (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 1992 - 2 BvR 858/92, NJW 1993, 1909, 1910). Die Verwendung präziserer, engerer Formulierungen würde hier die Gefahr begründen, dass die Regelung mit Blick auf die sich schnell ändernden manipulativen Praktiken an den Börsen und Märkten den ihr zugedachten hauptsächlichen Zweck, im Interesse des Gemeinwohls die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und organisierten Märkten zu gewährleisten und damit deren Funktionsfähigkeit gegen manipulierende Eingriffe zu sichern (BT-Drucks. 14/8017, S. 98; MüKo-StGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 7) bereits nach kurzer Zeit nicht mehr erfüllen könnte (vgl. Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 5).
Ein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG liegt ebenfalls nicht vor (vgl. Eichelberger, ZBB 2004, 296, 299). Die Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung wirkt nicht strafbegründend. Sie ist nicht abschließend und enthält Begriffserläuterungen sowie Regelbeispiele, bei deren Vorliegen Tatbestandsmerkmale des § 20a WpHG erfüllt sein können, außerdem Verfahrensvorschriften zur Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis. Sie hat zum Ziel, den Marktteilnehmern entsprechende Leitlinien an die Hand zu geben, mit deren Hilfe deutlich wird, welche Handlungen marktkonform sind und damit keinen Verstoß gegen § 20a Abs. 1 WpHG darstellen (BT-Drucks. 14/8017 S. 90). Daher führt sie keine neuen Straftatbestände ein; sie spezifiziert lediglich in nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts letztlich unbedenklicher Weise (vgl. BVerfG, Beschlüsse 10 vom 6. Mai 1987 - 2 BvL 11/85, BVerfGE 75, 329, 342; vom 29. Mai 1991 - 2 BvR 117/90, NJW 1992, 107; vom 7. Oktober 2008 - 2 BvR 1101/08, NVwZ 2009, 239 f. mwN) die gesetzlichen Regelungen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, NJW 2005, 445, 450 zur Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation KuMaKV; vgl. auch Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 6).
2. Die Voraussetzungen der § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF sind durch die Feststellungen belegt. Insoweit bedürfen lediglich die folgenden Gesichtspunkte der Erörterung:
a) Die von dem Angeklagten erteilten Verkaufs- bzw. Kaufaufträge und die auf dieser Grundlage abgeschlossen Geschäfte waren geeignet, irreführende Signale für den Börsenpreis eines Finanzinstruments zu geben, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF.
aa) Der Begriff der irreführenden Signale in diesem Sinne entspricht demjenigen der irreführenden Angaben nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG aF. In diesem Sinne ist ein irreführendes Signal gegeben, wenn es geeignet ist, einen verständigen, d.h. börsenkundigen und mit dem Markt des betroffenen Finanzinstruments vertrauten, Anleger zu täuschen (vgl. etwa Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 150; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172). Zu den Marktverhältnissen gehören alle Umstände, die auf die Preisbildung einwirken, also insbesondere die Angebotslage, die Nachfrageseite, das Umsatzvolumen, die zeitliche Abfolge der getätigten Umsätze sowie allgemein die Marktliquidität (vgl. MüKoStGB/Pananis aaO).
bb) Diese Voraussetzungen sind in beiden Fällen erfüllt. Der Angeklagte und sein Geschäftspartner hatten jeweils einen bestimmten Preis und die Stückzahlen abgesprochen. Sodann setzten sie für die Aufträge zu dem Verkauf bzw. Kauf an der Börse ein der vorherigen Absprache entsprechendes Preislimit. Die auf diesen limitierten Orders beruhenden Geschäfte vermittelten jedoch den Eindruck, dass der Preis sich jeweils börsenmäßig aufgrund von Angebot und Nachfrage frei gebildet habe (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Oktober 2011 - 2 Ss 65/11, NJW 2011, 3667). Damit konnte ein verständiger Marktteilnehmer über die zutreffenden wirtschaftlichen Verhältnisse in dem betreffenden Markt in die Irre geführt werden.
cc) Einen über die Eignung, falsche oder irreführende Signale zu geben, hinausgehenden Erfolg - etwa in Form eines Irrtums bei sonstigen Marktteilnehmern - verlangt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nicht (vgl. schon zutreffend OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3670).
b) Die vom Angeklagten vorgenommenen Handlungen in Form der sog. matched orders bzw. prearranged trades waren mit der zulässigen Marktpraxis auf dem betreffenden Markt nicht vereinbar (vgl. hierzu § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaKonV; BRDrucks. 639/03 S. 12; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 189; Vogel, aaO § 20a Rn. 166), so dass der Ausnahmetatbestand des § 20a Abs. 2 Satz 1 WpHG nicht eingreift. Die Voraussetzungen des § 20a Abs. 3 WpHG liegen ebenfalls nicht vor.
3. Der Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert, dass - zusätzlich zu den Voraussetzungen einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF - der Angeklagte auf den Börsenpreis der R. -Aktie tatsächlich einwirkte. Auch dies kann den Feststellungen in beiden Fällen im Ergebnis entnommen werden.
a) Der Begriff des Börsenpreises bestimmt sich nach der auch in diesem Zusammenhang geltenden Definition des § 24 BörsG (allg. Auff., vgl. etwa Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 110; Vogel, aaO § 20a Rn. 114; Diversy in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 38 WpHG Rn. 124; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl., Rn. 381). Dafür spricht bereits, dass die Strafbarkeit von marktmanipulativen Verhaltensweisen früher im Börsengesetz selbst geregelt war (vgl. § 88 BörsG aF) und nichts dafür ersichtlich ist, dass derselbe Begriff innerhalb eines Gesetzes unterschiedlich zu interpretieren war. Den Gesetzesmaterialien ist nicht zu entnehmen, dass durch die Normierung der Strafbarkeit im Wertpapierhandelsgesetz insoweit eine sachliche Änderung beabsichtigt war (vgl. BTDrucks. 14/8017 S. 64, 89). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 BörsG sind alle Preise, die während der Börsenzeit an einer Börse im Präsenzhandel oder im elektronischen Handel, oder Preise, die an einer Warenbörse ermittelt werden, Börsenpreise (vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., § 24 BörsG Rn. 5). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 BörsG gilt dies auch für einen Preis, der im Freiverkehr an einer Wertpapierbörse festgestellt wird. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse am Markt, erhöht, abgesenkt oder auch nur stabilisiert wird (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3669; Vogel, aaO § 38 Rn. 51, § 20a Rn. 115; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40; Koppmann, ZWH 2012, 27). Maßgeblich ist also, dass die manipulative Handlung des Täters kausal für den fraglichen Preis eines Finanzinstruments ist.
aa) Im Fall II. 1 der Urteilsgründe hat das Landgericht darauf abgestellt, dass vor dem Verkauf der Aktien durch den Angeklagten an seinen Partner ein Geldkurs in Höhe von 4,12 existierte, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand (UA S. 5). An anderer Stelle hat es diesen Kurs als Taxkurs bezeichnet (UA S. 17). Dies genügt für die Annahme eines Börsenkurses in dem hier maßgebenden Sinne nicht. Dabei kann dahinstehen, welche Bezeichnung letztlich zutreffen soll; denn sowohl Geld- als auch Taxkurse sind, wie die Strafkammer selbst zutreffend erkannt hat, keine Börsenkurse im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1990 - XI ZR 68/89, WM 1990, 1408 mwN zu § 29 BörsG aF Oetker; Bergmann, HGB, 3. Aufl., § 400 Rn. 6 mwN; Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 24 BörsG Rn. 8).
Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausgeführt hat, es müsse auf solche Geld- oder Taxkurse zurückgegriffen werden, auch wenn diese keine Börsenkurse im Sinne des § 24 BörsG seien, damit der notwendige strafrechtliche Schutz gewährleistet werden könne, ist nicht zu verkennen, dass insbesondere enge Märkte wie der vorliegende, auf denen Wertpapiere mit nur wenigen Umsätzen gehandelt werden, besonders manipulationsanfällig sind. Allein das Ziel, vermeintliche oder tatsächlich bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen, kann jedoch nicht dazu führen, Tatbestandsmerkmale zu überdehnen. Wie weit und unter welchen Voraussetzungen der strafrechtliche Schutz in diesem Bereich gewährleistet werden soll, ist in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers übertragen. Dieser hat sich bei der Neuregelung der Bußgeld- und Strafvorschriften durch das am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Vierte Finanzmarktförderungsgesetz dafür entschieden, die Strafbarkeit marktmanipulativen Verhaltens an die Einwirkung auf einen Börsen- oder Marktpreis zu knüpfen (hinsichtlich der Praxistauglichkeit kritisch etwa bereits Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487). Dies ist bei der Rechtsanwendung hinzunehmen.
Nicht allein ausreichend ist es auch, dass der Angeklagte durch das Geschäft mit seinem Partner einen (neuen) Börsenpreis bewirkte. Nach der soweit ersichtlich in Rechtsprechung und Literatur einhellig verwendeten Umschreibung des Einwirkens im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF, von der in der vorliegenden Fallkonstellation abzuweichen kein Anlass besteht, ist es erforderlich, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die Manipulation des Täters beeinflusst wird. Der Tatbestand setzt somit, anders als etwa der Kapitalanlagebetrug nach § 264a StGB, einen bereits bestehenden Börsenpreis voraus; das (erstmalige) Bewirken eines Börsenpreises wird von ihm nicht umfasst (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3670; Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2052; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 137).
Den Urteilsgründen ist in ihrem Zusammenhang jedoch genügend sicher zu entnehmen, dass bereits vor dem manipulativen Geschäft zwischen dem Angeklagten und seinem Partner ein Börsenpreis im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG für die R. -Aktie bestand. Nach den vom Landgericht wiedergegebenen Ausführungen der Sachverständigen N. wurde die Aktie zwar zwischen dem 31. Mai 2007 und dem 11. August 2008 nicht gehandelt. Danach - und damit vor der Tat am 3. April 2009 - fanden jedoch Umsätze statt. Aufgrund der weiteren Darlegungen der Quellen, aus denen die Sachverständige ihre diesbezüglichen Erkenntnisse gewonnen hat, ist davon auszugehen, dass diese Umsätze zur Festsetzung von Börsenpreisen führten. Auch im Rahmen ihrer Erwägungen zum Verfall hat die Strafkammer ausgeführt, dass die R. -Aktie Anfang des Jahres 2009 gehandelt wurde.
bb) Im Fall II. 2 der Urteilsgründe hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei als Bezugspunkt einen an der Börse festgesetzten Kurs angenommen, der auf einem kurz vor der abgeurteilten Tat zwischen dem Angeklagten und seinem Geschäftspartner getätigten Geschäft beruhte. Darauf, ob es sich hierbei ebenfalls um ein zuvor abgesprochenes Geschäft handelte, das den inhaltlichen Anforderungen an das ordnungsmäßige Zustandekommen eines Börsenpreises nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügte (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 25), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Der Begriff des Börsenpreises wird zunächst in § 24 Abs. 1 BörsG definiert. Danach sind - jedenfalls bis zu einer aufsichtsrechtlichen oder sonstigen Beanstandung - auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise erfasst; denn insbesondere der Preisfindung in elektronischen Handelssystemen fehlt heute jedes gestaltende oder gar regelnde Moment; sie ist nur noch Protokollierung eines realen Transaktionspreises (vgl. Theissen, WM 2003, 1497, 1503). Deshalb gebieten es Sinn und Zweck der § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG, die Preisbildung an bzw. auf und die Funktionsfähigkeit von Börsen und überwachten Märkten zu schützen (vgl. im Einzelnen Vogel, aaO § 20a Rn. 26 ff.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, § 20a WpHG Rn. 2 [Stand: April 2012]), in dem hier relevanten Zusammenhang auf diesen Börsenpreis im formellen Sinne, nicht aber darauf abzustellen, ob die inhaltlichen Anforderungen gemäß § 24 Abs. 2 BörsG erfüllt sind. Diese sind vor allem auch deshalb von Belang, weil dem Börsenpreis in zahlreichen anderen Zusammenhängen, etwa bei der Pfandverwertung, beim Fixhandelskauf sowie im Bilanz- oder Steuerrecht eine erhebliche Bedeutung zukommt (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 5 f.). Zudem könnten andernfalls besonders hartnäckig manipulierende Täter, die unter Umständen mehrere abgesprochene Geschäfte hintereinander tätigen, allenfalls für die erste Transaktion strafrechtlich belangt werden.
cc) Der Angeklagte wirkte jeweils auf den Börsenpreis der R. -Aktie bereits dadurch ein, dass der von ihm und seinem Partner abgesprochene Preis an der Börse festgesetzt wurde. § 38 Abs. 2 WpHG aF ist zwar als Erfolgsdelikt ausgestaltet (Vogel, aaO § 38 Rn. 49; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40, 47; Kutzner, WM 2005, 1401, 1406). Der notwendige Einwirkungserfolg im Sinne der Vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass nach den konkreten Geschäften zwischen dem Angeklagten und seinem Partner durch Dritte weitere Geschäfte getätigt wurden, bei denen die Preise kausal gerade auf dem durch die manipulativen Geschäfte hervorgerufenen Kursniveau beruhen. § 38 Abs. 2 WpHG aF bestimmt nicht, welchen aus der Vielzahl von Börsen- und Marktpreisen, die für ein Finanzinstrument erzielt werden, der Täter herbeiführen muss; vielmehr genügt die Einwirkung auf irgendeinen Börsen- oder Marktpreis, demnach auch auf irgendeinen festgestellten Preis im laufenden Handel, der nicht notwendigerweise der Schlusskurs sein muss. Die Beeinflussung des weiteren Kursverlaufs nach einer bereits eingetretenen Beeinflussung ist ebenfalls nicht erforderlich (vgl. auch EuGH, Urteil vom 7. Juli 2011 - C-445/09 IMC-Securities BV gegen Stichting Autoriteit Financiele Markten - BKR 2011, 422; Heusel/Schmidberger, BKR 2011, 425, 427; OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3669; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 54 f.; aA Kudlich, wistra 2011, 361, 363 f.; Nietsch XI § 38, WpHG 112 WuB).
b) Der Angeklagte handelte vorsätzlich; dies genügt für die subjektive Tatseite. Insbesondere setzt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nicht voraus, dass der Angeklagte mit einer Manipulationsabsicht oder aus anderen Motiven handelte. Der im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht, insbesondere bei effektiven Geschäften könne die Frage, ob von Handelsaktivitäten falsche oder irreführende Signale ausgehen, nicht ohne Blick auf die innere Willensrichtung der Beteiligten beantwortet und nur bei Bestehen einer Manipulationsabsicht bejaht werden (vgl. MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172 f.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, WpHG § 20a Rn. 25 [Stand: April 2012]; Eichelberger, Das Verbot der Marktmanipulation, 2006, S. 292; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl., Rn. 599), ist nicht zu folgen (vgl. Vogel, aaO § 20a Rn. 152; Fuchs/Fleischer, WpHG, 2009, § 20a Rn. 74). Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es - im Gegensatz zu der bis zum 29. Oktober 2004 geltenden Fassung - auf eine derartige Manipulationsabsicht nicht (mehr) an. Vielmehr hat der Gesetzgeber auf dieses Absichtsmerkmal mit dem Anlegerschutzverbessungsgesetz bewusst in Abkehr von der früheren Fassung des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG verzichtet (vgl. BTDrucks. 15/3174 S. 37). Dies entspricht auch der Intention der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (ABl. EU 2003 Nr. L 96 S. 16), die durch das Anlegerschutzverbessungsgesetz umgesetzt wurde (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 26). Nach der Begründung der Kommission stellt die Definition der "Marktmanipulation" auf das Verhalten der betreffenden Person und nicht auf ihren Vorsatz oder ihr Ziel ab (KOM[2001] 281 endgültig S. 6).
4. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
a) Ihr stehen nach den Feststellungen keine Ansprüche von Geschädigten entgegen (§ 73 Abs. 1 Satz 2, § 73a Satz 1 StGB). Wie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt (UA S. 19), haben Anleger aufgrund der Kursmanipulation keinen Schaden erlitten. Daher kann dahinstehen, ob überhaupt ein Anspruch von Anlegern auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen etwa nach § 826 BGB gegeben sein und eine Verfallsanordnung hindern könnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90, 101 f.; Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 254/09, NStZ 2010, 326; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 55).
b) Die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe des gesamten Betrages, den der Angeklagte durch den Verkauf der ersten 14.000 Aktien im Rahmen der ersten Tat erzielte, begegnet keinen Bedenken. Der Angeklagte hat aus der Tat diesen Verkaufserlös im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt.
Aus der Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09, BGHR StGB § 73 Erlangtes 12). Nach Sinn und Zweck des Verfalls werden solche Vorteile erfasst, die der Teilnehmer oder Dritte nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht erlangen und behalten dürfen soll, weil sie von der Rechtsordnung als Ergebnis einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung bewertet werden. Der dem Verfall unterliegende Vorteil bestimmt sich danach, was letztlich strafbewehrt ist (vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 f.). Hat sich der Tatbeteiligte im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit - insbesondere dem Abschluss oder der Erfüllung eines Vertrages - strafbar gemacht, so ist demgemäß bei der Bestimmung dessen, was er aus der Tat erlangt hat, in den Blick zu nehmen, welchen geschäftlichen Vorgang die Vorschrift nach ihrem Zweck verhindern will; nur der aus diesem Vorgang gezogene Vorteil ist dem Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erwachsen. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt danach grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall (BGH, aaO, BGHSt 57, 79, 84 mwN).
Dies trifft für die hier gegebene Konstellation der Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF zu; denn danach ist das abgeschlossene Geschäft ausdrücklich verboten und der Kaufpreis als Erlös gerade unmittelbarer Zufluss aus dieser untersagten Transaktion. Die Situation bei verbotenerweise abgesprochenen Geschäften ist maßgebend dadurch gekennzeichnet, dass die Vertragspartner kollusiv zusammenwirken. Derartige Geschäfte sind nicht genehmigungsfähig; die § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF wollen sie vielmehr zum Schutz vor Preismanipulationen von Wertpapierkursen gerade als solche verhindern. Strafrechtlich bemakelt ist demnach nicht nur die Art und Weise der Ausführung des Geschäfts sondern dieses selbst, weil es den manipulierten Börsenpreis und damit den tatbestandlichen Erfolg herbeiführt.
Damit unterscheidet sich die hier vorliegende Fallkonstellation maßgeblich von solchen, bei denen nach der Rechtsprechung nicht die gesamte aus einem abgeschlossenen Geschäft erlangte Gegenleistung, sondern nur der durch das strafbewehrte Vorgehen erreichte Sondervorteil als erlangt zu bewerten ist. So gilt etwa bei verbotenen Insidergeschäften lediglich der realisierte Sondervorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern als erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884). Dort ist der Veräußerungsakt als solcher legal; bemakelt ist das Geschäft deshalb, weil der Insider aus seinem Sonderwissen keinen Sondervorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern ziehen soll (zum Unterschied von Marktmanipulation und Insiderhandel vgl. im Einzelnen etwa Lienenkämper, Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, 2012, S. 158). Auch in den Fällen korruptiv erlangter Auftragserteilungen ist im Gegensatz zur hiesigen Sachlage lediglich die Art und Weise bemakelt, wie der Auftrag erlangt wurde, nicht hingegen, dass er ausgeführt wurde. Dies rechtfertigt es, das Erlangte nach dem kalkulierten Gewinn und nicht nach dem vereinbarten Werklohn zu bemessen (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 309 ff.). Bei nach dem Außenwirtschaftsgesetz verbotenen Ausfuhren kommt es schließlich darauf an, ob das dem Vorgang zugrunde liegende Geschäft genehmigungsfähig ist und genehmigt werden müsste (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 ff.). Ist dies der Fall, wird allein die Umgehung der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde sanktioniert; erlangt sind dann nur die hierdurch ersparten Aufwendungen. Ist das Geschäft demgegenüber - gegebenenfalls auch nur nach dem Ermessen der zuständigen Behörde - nicht genehmigungsfähig, so ist es als solches bemakelt; dann kann - wie in der vorliegenden Konstellation - die gesamte Gegenleistung abgeschöpft werden.
c) Ein Absehen vom Verfall nach der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB hat das Landgericht geprüft und ohne Rechtsfehler abgelehnt.