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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 21.04.1961, Az.: 3 STR 55/60

Tenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23. September 1960 aufgehoben.

Die Schrift von Eustace Mullins "Die Bankierverschwörung von Jekyl Island", Deutsche Ausgabe, Widar Verlag Guido R..., Oberammergau 1956, wird eingezogen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Landeskasse. Der Einziehungsbeteiligte hat seine Auslagen selbst zu tragen.

Entscheidungsgründe

I.Das Landgericht hat den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einziehung der Schrift "Die Bankierverschwörung von Jekyl Island" als unbegründet verworfen, weil ihr Inhalt nicht strafbar im Sinne der §§ 93, 185 StGB und des Bayerischen Gesetzes Nr. 14 gegen Rassenwahn und Völkerhass vom 13. März 1946 (Bay BS III 149) sei.

Die Revision der Staatsanwaltschaft, die Verletzung des sachlichen Strafrechts rügt, hat Erfolg. Die Schrift ist nach den §§ 98, 56 StGB einzuziehen; denn sie ist als antisemitische Hetzschrift verfassungsfeindlich (§ 93 StGB), volksverhetzend (§ 130 Nr. 1 StGB) und beleidigend (§ 185 StGB).

II.Die Schrift ist im wesentlichen eine von dem Einziehungsbeteiligten R... gefertigte deutsche Übersetzung des in den USA erschienenen Buches "The Federal Reserve Conspiracy" von Eustace Mullins. Sie befasst sich in tendenziöser Weise mit der Entstehung des Federal Reserve-Gesetzes der USA und den angeblichen Wirkungen des Federal Reserve Banksystems auf das amerikanische Geld- und Kreditwesen und auf die Weltwirtschaft.

1.Sie besagt kurz zusammengefasst, dass eine kleine Gruppe von hauptsächlich jüdischen Grossbankiers und Geldleuten durch betrügerische Machenschaften mit Hilfe des Federal Reserve Banksystems das gesamte Finanzwesen der Vereinigten Staaten von Amerika in ihre Hand bekommen, damit riesenhafte Gewinne erzielt und das amerikanische Volk durch eine verbrecherische Diktatur "an den Rand der Sklaverei" gebracht habe. Diese international versippten und verschworenen Bankiers hätten das angesammelte Kapital dazu benutzt, auch die übrigen Völker der Erde zu versklaven. Um ihrer gewinnsüchtigen Ziele willen hätten sie das amerikanische Volk und die Welt in Katastrophen über Katastrophen gestürzt. Die grosse Depression in der amerikanischen Landwirtschaft von 1920 - 1921 sei von ihnen heraufbeschworen worden. Sie seien für die verhängnisvolle Weltwirtschaftskrise von 1929 - 1931 unmittelbar verantwortlich. Sie hätten ferner durch ihr Ränkespiel die Völker, und damit auch Deutschland, in zwei Weltkriege verwickelt und einen dritten Weltkrieg unvermeidlich gemacht. Namenloses Leid und Elend sei durch sie über die Welt gekommen. Keine Strafe sei hart genug, sie für ihre Verbrechen an den Mitmenschen zu bestrafen.

2.Im einzelnen "beschreibt" die Schrift, wie führende Männer des Federal Reserve Banksystems, betontermasse überwiegend jüdischer Abstammung, angeblich durch betrügerische Spekulationen, Korruption und ausbeuterische Massnahmen diese Katastrophen herbeigeführt und das amerikanische Volk um riesige Summen betrogen hätten. Die Schrift stellt ferner die Behauptung auf, dieses internationale Bankwesen sei auch eng mit dem Kommunismus verbunden. "Dies bis zu dem Ausmasse, dass, als die deutschen Heere die Staatsform des Kommunismus zu bedrohen begannen, die amerikanische Nation ausgesandt wurde, den Kommunismus vor der Vernichtung zu bewahren, unter Führung des grossen "Kreuzzugritters" Franklin D. Roosevelt" (s. 168). Das amerikanische Volk werde bewusst in Unkenntnis darüber gehalten, welche Kräfte gegen es wirkten.

Über die drei bedeutendsten, in den Vordergrund des angeblichen Geschehens gestellten "Gestalten" des amerikanischen und internationalen Geldwesens sagt die Schrift S. 168 (ohne Unterstreichungen):

"Es sind Paul Warburg, der deutsche Jude, welcher das Federal-Reserve-Gesetz entwarf, Emmanuel Goldenweiser, der russische Jude, welcher während 30 Jahren die Einzelheiten der Massnahmen des Federal Reserve Rates überwachte und Harry Dexter White, der Sohn eines litauischen Juden, der den Internationalen Geldfond ins Leben rief. Paul Warburg war einer der Geldgeber der kommunistischen Revolution in Russland, und Harry Dexter White der führende Kopf der kommunistischen Verschwörung hier in Amerika."

3.Die Schrift lässt kein ernstliches Bemühen erkennen, ihre ungeheuerlichen Behauptungen unter Beweis zu stellen. Sie entbehrt offensichtlich jeglichen wissenschaftlichen Wertes und hat rein agitatorischen Charakter.

III.Zu § 93 StGB.

Die Schrift erfüllt den äusseren Tatbestand des § 93 StGB.

1.Auch die Strafkammer geht bei ihrer abweichenden rechtlichen Beurteilung davon aus, dass in der Schrift für die behaupteten "Vorkommnisse" letztlich eine kleine Gruppe jüdischer Finanzfachleute verantwortlich gemacht werde. Sie meint aber, die Schrift enthalte keine auch nur andeutungsweise gemachte Aufforderung, jüdischen Mitbürgern in Westdeutschland etwa die Tätigkeit im Bankgewerbe oder auf dem Geldmarkt auf Grund der geschilderten amerikanischen Vorgänge zu untersagen. Es könne auch nicht davon gesprochen werden, dass etwa durch die Übersetzung der Schrift ins Deutsche ein Einfluss auf die Denkweise der westdeutschen Bevölkerung in dem Sinne ausgeübt werden sollte, "dass Bestrebungen ins Leben gerufen würden, die sich gegen die im § 88 Abs. 2 StGB bezeichneten Verfassungsgrundsätze richteten". Der deutsche Durchschnittsleser werde die Schrift als Schilderung von "Land und Leuten" in einem anderen Erdteil hinnehmen, ohne sie, als anstössig zu empfinden, zumal da es sich bei dem Original um eine auf freier Meinungsäusserung aufgebaute Veröffentlichung eines Amerikaners in den USA handele.

2.Dem vermag der Senat nicht beizutreten; das Landgericht verkennt dabei die Tragweite und Bedeutung des § 93 StGB (vgl. BGHSt 8, 245, 247 [BGH 23.11.1955 - 6 StR 26/55];  12, 174 [BGH 11.12.1958 - 3 StR 35/58];  13, 32 [BGH 28.02.1959 - 1 StE 1/59];  14, 293) [BGH 10.05.1960 - 5 StR 129/60].

§ 93 StGB erfasst nur Schriften, in denen die verfassungsfeindlichen Bestrebungen, denen die Verbreitung der Schrift dienen soll, auch verkörpert sind (BGHSt 8, 245, 247 [BGH 23.11.1955 - 6 StR 26/55];  12, 174) [BGH 11.12.1958 - 3 StR 35/58]. Deshalb kann die Verfassungsfeindlichkeit einer Druckschrift, wie das Landgericht zutreffend ausführt, nicht allein daraus gefolgert werden, dass sie nach dem Willen ihres Herstellers oder Verbreiters verfassungsfeindlichen Zwecken dienen soll. Sie muss sich aus dem Inhalt selbst ergeben. Wie der Bundesgerichtshof in BGHSt 8, 245, 247 [BGH 23.11.1955 - 6 StR 26/55] und schon vorher in den LM § 93 StGB Nr. 3 bezeichneten Urteilen ausgeführt hat, genügt es aber, dass die Schrift Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Zielsetzung im Sinne des § 93 StGB aufweist, die der Ergänzung durch allgemeinkundige Tatsachen fähig sind (vgl. auch BGHSt 12, 174 [BGH 11.12.1958 - 3 StR 35/58]). Bei der im Rahmen des § 93 StGB zulässigen und erforderlichen Beurteilung des Inhalts einer Schrift sind daher auch solche Gedanken zu berücksichtigen, die der verständige Leser erkennt, selbst wenn sie nur zwischen den Zeilen stehen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass der Leser dem Text entnimmt, die Schrift ziele im Ergebnis auf Untergrabung in § 88 Abs. 2 StGB bezeichneter Verfassungsgrundsätze ab. Das kann auch bei einer Schrift zutreffen, die sich dem äusseren ersten Eindruck nach als Ausgangspunkt zunächst einmal mit Verhältnissen in einem anderen Lande beschäftigt (BGHSt 8, 245, 247) [BGH 23.11.1955 - 6 StR 26/55].

3.Nach dem Gesamteindruck, der sich dem verständigen Durchschnittsleser aufdrängt, ist es nicht Sinn und Zweck der vorliegenden Schrift, über "Land und Leute" in einem anderen Erdteil zu belehren, sondern das gesamte Judentum und damit auch die deutschen Juden zu treffen. Die Schilderung angeblicher amerikanischer Wirtschafts- und Finanzvorgänge liefert nur den vordergründigen Anlass zu antisemitischer Hetze. Unübersehbar kommt dies bei der oben wiedergegebenen Kennzeichnung der drei angeblich führenden Geldleute zum Vorschein. Dieser Ausspruch findet sich zwar erst in einem Anhang der Schrift. Er steht aber keineswegs, wie das Landgericht meint, an beiläufiger Stelle. Er ist vielmehr dort eingefügt, wo "einige kurze Angaben betreffend die Hauptfiguren in diesem Buche" angekündigt werden. Ein solcher Ort muss nach der ausführlichen Schilderung der von diesen Personen angeblich begangenen weltweiten, auch Deutschland einbeziehenden Verbrechen naturgemäss das besondere Interesse des Lesers finden. Dort wird auch mitgeteilt, dass Henry Morgenthaus Mitarbeiter im Schatzamt der Vereinigten Staaten als kommunistischer Hauptagent entlarvt und dass Morgenthau "jetzt eine führende Persönlichkeit bei allen zionistischen Bestrebungen" sei (s. 169 ohne Unterstreichung). Auch an zahlreichen anderen Stellen der Schrift tritt die antisemitische Hetze unverhüllt hervor. Bei Schilderung der einzelnen Ereignisse in dieser "Chronik der Schurkereien" (S. 146) wird nie versäumt, darauf hinzuweisen, dass jeweils der führende Kopf oder Hintermann ein Angehöriger des Judentums sei oder gewesen sei. Auch wird nur die jüdische Herkunft der angegriffenen Personen hervorgehoben, wobei für besonders massgebende von ihnen ein Auszug aus "Wer ist wer in der amerikanischen Judenschaft" angefügt wird (S. 29, 55, 69, 75, 149). Bei den wenigen nichtjüdischen Beteiligten werden keine wesentlichen Einzelheiten über Herkunft oder Abstammung mitgeteilt. Sie werden aber vornehmlich als Werkzeuge der jüdischen Grossbankiers gekennzeichnet. So wird geschickt die Neigung vieler Menschen ausgenutzt, angeblich schlechte Taten einzelner bedenkenlos zu verallgemeinern und allen jenen zuzurechnen, die mit ihnen in einer Gemeinschaft verbunden sind oder verbunden zu sein scheinen (BGH 5 StR 34/60 vom 1. März 1960). Über den für jeden verständigen Leser erkennbaren Sinn aller dieser tendenziösen Hinweise kann in der Zusammenschau kein Zweifel bestehen: Das Judentum als Gesamtheit wird für unglückliche Vorgänge im Leben des amerikanischen Volkes, für Katastrophen der Weltwirtschaft und für die Weltkriege mit ihren verheerenden Wirkungen verantwortlich gemacht. Damit sollen antisemitische Instinkte belebt und erregt werden.

4.Das Landgericht hat bei der Beurteilung der Schrift die in Deutschland allgemeinkundige Tatsache ausser Betracht gelassen, dass der Nationalsozialismus - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - von Anfang an seine hetzerischen Angriffe gegen das Judentum mit den gleichen haltlosen Vorwürfen vertreten hat. Es war eine berüchtigte These der nationalsozialistischen Rassenhetze, dass das "Judentum" in einer Weltverschwörung mit Hilfe der Beherrschung des Geldmarktes die Völker in "Zinsknechtschaft" halte und versklave. Damit wurde unmittelbar die Forderung verknüpft, die Juden in Deutschland unter Sonderrecht zu stellen. Diese geschichtliche. Tatsache ist seit dem Bekanntwerden der nationalsozialistischen Verbrechen in Deutschland offenkundig. Deshalb zielt die das Judentum im Stile nationalsozialistischer Rassenhetze herabwürdigende Schrift für jeden verständigen Leser in Deutschland im Ergebnis auf die Forderung nach entsprechenden Gegenmassnahmen ab. Ob diese Forderung ausdrücklich aufgestellt wird oder nur unmissverständlich zwischen den Zeilen steht - keine Strafe sei hart genug, sie für ihre Verbrechen an den Mitmenschen zu bestrafen -, ändert an dem Charakter der Schrift nichts.

Verfehlt ist deshalb auch die Annahme des Landgerichts, der deutsche Durchschnittsleser werde die Schrift lediglich als Schilderung von "Land und Leuten" in einem anderen Erdteil betrachten. Eine solche Beurteilung verkennt die Wirkungen der nationalsozialistischen Judenhetze. Im übrigen regt die Schrift durch den in der amerikanischen Originalausgabe nicht enthaltenen Zusatz "Von der DM und der Ostmark zur neuen Deutschen Reichsmark von morgen. Geheime Verhandlungen zwischen Washington und Moskau in Leipzig" ausdrücklich dazu an, die geschilderten Vorgänge zu den gegenwärtigen deutschen Verhältnissen in Beziehungen zu setzen.

Bei dieser Gesamttendenz der Schrift kommt es auf den Hilfsantrag des Einziehungsbeteiligten, über die Entstehung und Anwendung des Federal Reserve-Gesetzes Beweis zu erheben, für die Entscheidung nicht an.

5.Solche Bestrebungen, die mit der nationalsozialistischen Rassenhetze auf einer Stufe stehen, sind, wie der Bundesgerichtshof in BGHSt 13, 32 [BGH 28.02.1959 - 1 StE 1/59] des näheren ausgeführt hat, "darauf gerichtet", zwei in § 88 StGB ausdrücklich strafrechtlich geschützte Verfassungsgrundsätze zu untergraben: erstens die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmässige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht (§ 88 Abs. 2 Nr. 2), und zweitens den Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft (§ 88 Abs. 2 Nr. 6 StGB). Im einzelnen wird auf die Ausführungen in jener Entscheidung Bezug genommen.

Auch das Merkmal "zur Unterdrückung der demokratischen Freiheit" ist angesichts der Forderung der Schrift nach Diffamierung einer Bevölkerungsgruppe erfüllt.

Ob eine solche Veröffentlichung in den USA geduldet wird, berührt die Entscheidung nicht. Es kommt hier ausschliesslich auf die Rechtslage in der Bundesrepublik an. Die weitere Frage, ob derartige Hetze bei dem Durchschnittsleser gegenwärtig Erfolg verspricht, ist für die rechtliche Beurteilung des Inhalts der Schrift ebenfalls bedeutungslos (BGHSt 14, 293, 296) [BGH 13.05.1960 - 3 StR 4/60].

IV.Zu § 130 StGB.

1.Das Landgericht meint, § 130 StGB i.d.F. vom 30. Juni 1960 (BGBl I, 478) sei unanwendbar, da Artikel 1 des Bayerischen Gesetzes Nr. 14 gegen Rassenwahn und Völkerhass vom 13. März 1946 das mildere Gesetz sei. Auch dies trifft nicht zu. Da sich die beschlagnahmten Stücke der Schrift im Besitz des Verlegers befanden, kam Unbrauchbarmachung nach § 41 StGB, also eine Sicherungsmassregel, in Betracht. Gemäss § 2 Abs. 4 StGB ist über Massregeln der Sicherung und Besserung nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für Massnahmen gemäss den §§ 42a ff StGB, sondern für jede Einziehung oder Unbrauchbarmachung, soweit sie Sicherungsmassnahme ist (LK 8. Aufl. § 2 Anm. IV; Schönke-Schröder StGB 9. Aufl. § 2 Anm. X). Das trifft für die Unbrauchbarmachung nach § 41 StGB zu (RGSt 14, 161;  67, 215, 218). Der Sachverhalt hätte daher nicht unter dem Gesichtspunkt des Bayerischen Gesetzes Nr. 14, sondern gemäss § 130 StGB n.F. geprüft werden müssen. Bei Einziehung gemäss den §§ 98, 86 Abs. 1 StGB liegt es ebenso.

2.Die Schrift erfüllt den äusseren Tatbestand des § 130 Nr. 1 StGB.

Indem sie mit ihren unsinnigen Vorwürfen die Juden als Gesamtheit treffen und als unterwertige Menschen kennzeichnen will, deren ungeschmälertes Lebensrecht als Bürger in der staatlichen Gemeinschaft bestritten wird, stachelt sie zum Hass gegen den jüdischen ???, an und greift gleichzeitig die Menschenwürde der jüdischen Mitbürger an (vgl. Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, Bundestagsdrucksache 1746 der 3. Wahlperiode S. 3; Schafheutle JZ 1960, 470). Auch hier muss berücksichtigt werden, dass es Vorwürfe gleicher Art waren, die zur Zeit des Nationalsozialismus dazu herhalten mussten, die Menschen jüdischer Abstammung bei der Bevölkerung verhasst zu machen.

Die Schrift ist geeignet, den. öffentlichen Frieden zu stören. Dieses Merkmal des § 130 StGB setzt nicht voraus, dass der öffentliche Friede schon gefährdet worden ist. Es genügt, dass berechtigte Gründe für die Befürchtung vorliegen, der Angriff werde das Vertrauen in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttern, sei es auch nur bei der Bevölkerungsgruppe, gegen die er sich richtet. Dass dies bei einer zur Verbreitung bestimmten antisemitischen Hetzschrift zutrifft, bedarf nach den geschichtlichen Erfahrungen keiner weiteren Begründung.

V.Zu § 185 StGB.

Die Schrift beleidigt die jüdischen Staatsbürger der Bundesrepublik. Zu Unrecht stellt das Landgericht darauf ab, dass sich die Äusserungen auf den Seiten 168 und 169 nur auf namentlich genannte Einzelpersonen bezögen. Wie dargelegt, will die Schrift das Judentum als Ganzes treffen. Die Einzelpersonen sind nur als besonders einflussreiche Repräsentanten hingestellt. Damit werden im Ergebnis auch die jüdischen Staatsbürger der Bundesrepublik einer internationalen Gruppe zugerechnet, die schlimmste Verbrechen an der Menschheit begangen haben soll. Dadurch wird der Anspruch dieser Personen auf Achtung ihrer Persönlichkeit verletzt. Dass diese Personengruppe als Gesamtheit Gegenstand von Beleidigungen sein kann, hat der Bundesgerichtshof in BGHSt 11, 207 [BGH 28.02.1958 - 1 StR 387/57] entschieden. Da auch der äussere Tatbestand der §§ 93, 130 StGB erfüllt ist, brauchen Gesichtspunkte des Beleidigungsrechts nicht weiter verfolgt zu werden.

VI.Einziehung.

Die Schrift bildet in ihrer gegen die Juden allgemein gerichteten hetzerischen Zielsetzung eine Einheit, so dass einzelne Stellen nicht ausgeschieden werden können.

Der Senat hat die Einziehung der Schrift nach § 354 Abs. 1 StPO selbst ausgesprochen. Ihr Inhalt steht auf Grund des angefochtenen Urteils im einzelnen fest. Auf weitere Tatsachen oder Ermittlungen, die Sache des Landgerichts zu sein hätten, kommt es rechtlich nicht an. Die Voraussetzungen der selbständigen Einziehung liegen sämtlich vor (§ 86 Abs. 4 StGB).

Die Landeskasse hat gemäss den §§ 465, 467 Abs. 1 StPO die Kosten des Verfahrens, der Einziehungsbeteiligte seine Auslagen zu tragen (BGHSt 13, 32, 41) [BGH 28.02.1959 - 1 StE 1/59]. Da der Einziehungsbeteiligte Täter im Sinne des § 86 Abs. 2 StGB ist, steht ihm keine Entschädigung zu (BGH vom 6. März 1961 - 3 StR 53/60 -).

Die Entscheidung entspricht dem Antrage des Generalbundesanwalts.