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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 21.04.1998, Az.: 4 STR 107/98

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 5. November 1997, soweit es den Angeklagten betrifft,

im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,

im Strafausspruch mit den Fest stellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Schöffengericht beim Amtsgericht Münster zurückverwiesen.

Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Entscheidungsgründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Beihilfe zu tateinheitlich begangener unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Kokain) und unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Kokain)" zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1.Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hatten der Mitangeklagte M. und ein Scheinaufkäufer der Polizei in Enschede/Niederlande die Lieferung von mindestens 250 g Kokain vereinbart und sich schließlich auf eine Übergabe am Abend des 23. Januar 1997 im Flughafenrestaurant des Flughafens Münster/Osnabrück geeinigt. Zu der Fahrt von Enschede aus zum Übergabetreffen fuhr M. mit einem von ihm angemieteten Pkw, in dessen Kofferraum sich eine Plastiktüte mit insgesamt 252,81 g Kokain befand. Auf dieser Fahrt wurde M. von dem Angeklagten begleitet. Dazu heißt es in den Feststellungen des angefochtenen Urteils, der Angeklagte sei, "in Kenntnis der Tatsache, daß M. die Plastiktüte mit Kokain bei sich führte und diese am Flughafen übergeben wollte, mit(gefahren). Er wollte durch seine Anwesenheit - als zweiter Mann auf der Lieferantenseite - den Angeklagten M. bei der Abwicklung des Geschäftes unterstützen" (UA 14). Daß der Angeklagte von M. entlohnt werden sollte, hat das Landgericht nicht festgestellt. Nach der Ankunft am Übergabeort begaben sich M. und der Angeklagte in das Flughafenrestaurant, in dem der Scheinaufkäufer mit einem Begleiter bereits wartete. Letzterer und der Angeklagte blieben in dem Restaurant, während der Scheinaufkäufer und M. zu dessen Pkw gingen, wo M. das Rauschgift übergab. Nach Rückkehr in das Restaurant wurden M. und der Angeklagte dort festgenommen.

2.Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht den Angeklagten der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge für schuldig befunden. Dagegen hält der Schuldspruch der rechtlichen Prüfung nicht stand, soweit das Landgericht den Angeklagten auch wegen (tateinheitlich begangener) Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat:

a)Der Angeklagte bestreitet, gewußt zu haben, daß M. bei der Fahrt aus den Niederlanden zum Übergabeort Kokain im Kofferraum des Pkw mit sich führte und ein Kokaingeschäft abwickeln wollte. Diese Einlassung hat das Landgericht auf Grund einer rechtlich nicht zu beanstandenden Gesamtwürdigung für widerlegt erachtet. Zutreffend hat es dabei berücksichtigt, daß ein Rauschgifthändler nach den Gepflogenheiten des Rauschgifthandels nicht ohne weiteres einen Nicht-Eingeweihten auf eine derartige Drogenfahrt mitnimmt (BGHR BtMG § 29 Beweiswürdigung 15) und auch der Scheinaufkäufer angegeben hat, M. habe ihm gegenüber in bezug auf den Angeklagten bestätigt, dieser "sei zuverlässig und wisse Bescheid" (UA 28). Was die Revision hiergegen vorbringt, erschöpft sich in dem untauglichen Versuch, die Beweise anders als der Tatrichter zu würdigen.

Bei dieser Sachlage hat sich das Landgericht auch ohne Rechtsfehler die Überzeugung verschafft, der Angeklagte sei mitgefahren, "um durch seine Anwesenheit den Angeklagten M. bei der Abwicklung zu unterstützen" (UA 28). Ersichtlich legte M., der wußte, daß er es auf der Käuferseite mit zwei "Geschäftspartnern" zu tun hatte, Wert darauf, seinerseits als Lieferant bei der Übergabe mit einem "zweiten Mann" aufzutreten. Daß ihm dies auch ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit gab, versteht sich von selbst. Unter den hier vorliegenden Umständen durfte das Landgericht auch ohne weiteres davon ausgehen, daß sich der Angeklagte des Interesses M. s an seiner Begleitung bewußt und er auch aus eben diesem Grund mitgefahren war, zumal er zur Überzeugung der Strafkammer einen anderen, einleuchtenden Grund für seine Mitfahrt nicht zu nennen vermochte. Diese mögliche, nach der Lebenserfahrung sogar naheliegende Beweiswürdigung des Landgerichts hat das Revisionsgericht hinzunehmen.

b)Damit ist jedoch nur belegt, daß der Angeklagte die "Abwicklung" des Rauschgiftgeschäfts selbst unterstützt hat. Dies rechtfertigt seine Verurteilung wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, da das Landgericht zu Recht keinen Zweifel hatte, daß der Angeklagte nicht nur den Zweck der Fahrt, sondern - damit unmittelbar zusammenhängend - auch Art und Umfang des Rauschgiftgeschäfts kannte. Damit ist aber nicht zugleich belegt, daß der Angeklagte sich auch hinsichtlich der Einfuhr des Kokains durch M. der Beihilfe schuldig gemacht hat. Insoweit fehlt es für die Verurteilung vielmehr an einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Das "bloße Dabeisein" bei der Einfuhr durch die Mitfahrt genügt für die Annahme strafbarer Beteiligung nicht (vgl. BGH NStZ 1993, 233). Es ist auch nicht ersichtlich, in welcher Weise der Angeklagte durch sein Mitfahren die Einfuhr in ihrer konkreten Gestalt objektiv gefördert oder erleichtert hat. M. hatte Ort und Zeit der Übergabe des Kokains mit der Käuferseite vereinbart; er war es auch, der den Pkw für diese Fahrt mietete und diesen auf der Fahrt führte, bei der sich das Rauschgift im Kofferraum befand. Die Feststellungen ergeben daher nicht, daß die Begleitung durch den Angeklagten für die Einfuhrhandlung als solche von Bedeutung war. Deshalb kann insoweit vom Vorliegen eines Gehilfenvorsatzes nicht ausgegangen werden (vgl. BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 4 = BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 17).

3.Der Senat schließt bei der gegebenen Beweislage aus, daß sich noch Feststellungen treffen lassen, die mit genügender Sicherheit eine Verurteilung des Angeklagten auch wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tragen können. Er ändert deshalb den Schuldspruch dahin, daß der Angeklagte allein der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist.

Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Zwar stimmt der vom Landgericht angewendete Strafrahmen des § 30 Abs. 2 BtMG mit dem des nunmehr anwendbaren § 29 a Abs. 2 BtMGüberein. Jedoch berührt der Wegfall der Verurteilung wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr den Schuldgehalt der Tat. Der Senat kann deshalb nicht mit Sicherheit ausschließen, daß das Landgericht ohne den aufgezeigten Rechtsfehler auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.

4.Der Senat verweist die Sache an das Schöffengericht beim Amtsgericht Münster zurück, dessen Strafgewalt ausreicht (§ 354 Abs. 3 StPO).