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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 22.11.1956, Az.: 4 STR 425/56

Tenor

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts in Wuppertal vom 6. März 1956 wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels fallen der Staatskasse zu Lasten.

Entscheidungsgründe

Der Angeklagte H. ließ in seiner Metallwarenfabrik SA-Dolche der in der nationalsozialistischen Zeit gebräuchlichen Art sowie Dolche herstellen, wie sie Offiziere der früheren deutschen Luftwaffe trugen. Die Dolche beider Sorten waren originalgetreu mit dem Hakenkreuz versehen. Er führte etwa 7.000 Luftwaffendolche und 5.000 SA-Dolche nach den USA auf Bestellung einer kalifornischen Firma aus, die sie an amerikanische Andenkensammler verkaufte. Die Angeklagten B., Bi. und S. lieferten an H. Zutaten, nämlich für die Luftwaffendolche Knebel und Knöpfe, denen das frühere nationalsozialistische Hoheitsabzeichen mit dem Hakenkreuz aufgeprägt war, außerdem Griffe für die SA-Dolche, auf denen ein Raum zur Anbringung des SA-Zeichens ausgespart war. Auch diese Angeklagten wußten, daß die Dolche zur Ausfuhr bestimmt waren. Der Angeklagte W. führte als Angestellter H.s in dessen Auftrag die Verhandlungen mit den übrigen Angeklagten.

Gemäß dem Eröffnungsbeschluß erschienen die Angeklagten hinreiched verdächtig, als Täter oder als Gehilfen gegen das Gesetz Nr. 7 der Alliierten Hohen Kommission (AHK) vom 21.9.1949 betreffend Uniformen und Abzeichen (A Bl AHK Nr. 1 Seite 11) verstoßen zu haben.

Die Strafkammer hat sie freigesprochen, weil ihr Verhalten schon den äußeren Tatbestand der in Art. 4 des genannten Gesetzes enthaltenen Strafbestimmung nicht erfülle, jedenfalls aber hätten sie in einem entschuldbaren Verbotsirrzum gehandelt.

Die mit verfahrensrechtlichen und sachlichrechtlichen Einwänden begründete Revision der Staatsanwaltschaft, die der Oberbundesanwalt in der Verhandlung vor dem Senat vertreten hat, muß erfolglos bleiben. Die Verfahrensrügen sind erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist erhoben und deshalb unzulässig. Die Würdigung der sachlichrechtlichen Angriffe der Revision ergibt folgendes:

1)Die Strafkammer sieht den Sinn und Zweck des Gesetzes Nr. 7, das einerseits der von den Alliierten erstrebten "reeducation" des deutschen Volkes und andererseits der Sicherung ihrer Streitkräfte dienen solle, darin, das "Wiederaufleben von Militarismus und Nazismus zu verhüten". Die Erinnerung an sie könne wieder erwachen, wenn nationalsozialistische Abzeichen von Deutschen in der Bundesrepublik getragen werden; deshalb werde dies in Art. 1 d des Gesetzes deutschen Staatsangehörigen verboten. Dem Zweck des Gesetzes widerspreche jedoch die Herstellung solcher Abzeichen in der Bundesrepublik dann nicht, wenn sie in vollem Umfang in das Ausland - dazu noch in einen der alliierten Staaten - ausgeführt werden; denn dann bestehe keine Möglichkeit, daß diese Abzeichen von Deutschen in der Bundesrepublik getragen würden.

2)Der Senat sieht keinen Anlaß zu entscheiden, ob die Auslegung der Strafvorschriften des Gesetzes Nr. 7, nämlich der Art. 3 und 4, durch die Strafkammer richtig ist. Denn darauf kommt es für seine Entscheidung nicht an.

3)Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das freisprechende Urteil muß nämlich jedenfalls an den Feststellungen der Strafkammer zur inneren Tatseite scheitern. Darnach haben die Angeklagten "wegen des Umfangs des in dem Gesetz Nr. 7 der AHK enthaltenen Verbots ... bei ihrem zuständigen Fachverband angefragt". Mit dessen Antwort haben sie - so stellt die Strafkammer ferner fest - zugleich die Auskunft des übergeordneten Wirtschaftsverbandes erhalten, worin rechtskundige Personen ihnen mitteilten, "daß die Herstellung solcher, mit nationalsozialistisches. Emblemen versehenen Waren aus Gründen des guten Geschmacks zwar unangebracht, aber wohl nicht verboten wäre". In der Überzeugung von der Richtigkeit dieser Auskunft hatten sie die fraglichen Gegenstände hergestellt und in die USA geliefert.

Diese Feststellungen rechtfertigen die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten das etwaige unrecht ihres Handelns nicht erkennen können, mochten sie auch gewußt haben, "daß sie sich gegen die vom Gesetz nicht mehr umfassten Bereiche von Anstand und Sitte vergangen haben".

Was die Revision gegen diese Ausführungen geltend macht, vermag das Urteil nicht zu Fall zu bringen.

Entgegen ihrer Meinung durften die Angeklagten, ohne daß sie die ihnen zuzumutende Gewissensanspannung unterließen, auf die Richtigkeit der Auskunft vertrauen. Sie stammte von den für sie zuständigen Fachorganisationen, die für ihre Beratung nicht nur in wirtschaftlichen, sondern auch in rechtlichen Fragen zur Verfügung standen. Von der Richtigkeit der empfangenen Belehrung durften sie umso eher ausgehen, als es sich für sie als juristische Laien bei der zu klärenden Frage nach dem Verbotsumfang des Gesetzes Nr. 7 nicht um eine einfach zu entscheidende Rechtsfrage handelte, die von rechtskundigen Personen ihres Fachverbandes beantwortet war.

Von den Angeklagten zu verlangen, sie hätten die, wie die Revision meint, geringe Überzeugungskraft der Auskunft ihres Verbandes erkennen müssen, würde die Anforderungen an ihre Sorgfaltspflicht überspannen. Dies umso mehr, als nicht ersichtlich ist, an wen sonst sie sich vernünftigerund zweckmäßigerweise mit Aussicht auf noch zuverlässigere Antwort hätten wenden sollen. Selbst wenn, wie die Revision ausführt, die Bundesstelle für den Warenverkehr der gewerblichen Wirtschaft in Frankfurt a. M. für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach Art. 3 des Gesetzes Nr. 7 zuständig gewesen sein sollte, bleibt unklar, warum die Angeklagten hätten erwarten müssen, von dieser Stelle in der ihnen zweifelhaften Frage eine zuverlässigere Belehrung als von ihren Fachverbänden zu erhalten.

Es mag sein, daß der Angeklagte W. der sich auf Weisung H.s an den Fachverband der Schneidwarenindustrie und über diesen an den übergeordneten Wirtschaftsverband gewandt hatte, von dort eine, wie die Revision behauptet, schriftliche Auskunft erhielt, wenn dies die Strafkammer auch nicht ausdrücklich feststellt. Aber auch dann, wenn die übrigen Angeklagten sich dieses Schreiben nicht zeigen ließen, sondern von der Richtigkeit dessen ausgingen, was ihnen Wormsbach als Inhalt des Schreibens mitgeteilt hatte, kann gegen sie nicht der begründete Vorwurf erhoben werden, sie hätten sich noch um weitere Belehrung bemühen müssen. Denn es fehlt nach den Feststellungen des Landgerichts an jedem Anhalt dafür, daß sie dem Angeklagten W. nicht hätten vertrauen dürfen. Überdies hatte die Mitteilung des Fachverbandes, auch wenn sie schriftlich geschah, nach Feststellung des Landgerichts keinen solchen Inhalt, daß die Angeklagten daraus hätten Verdacht gegen die Zuverlässigkeit der Auskunft schöpfen müssen. Was die Revision unter Hinweis auf den angeblichen Inhalt des Antwortschreibens ausführt, der geeignet gewesen sei, die Bedenken der Angeklagten über die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens zu zerstreuen, vermag der Senat nicht zu prüfen. Denn das Urteil gibt diesen Wortlaut nicht wieder. Darin liegt jedenfalls kein sachlichrechtlicher Fehler. Die Strafkammer durfte sich nämlich darauf beschränken, den Inhalt der Auskunft ohne Mitteilung ihres Wortlauts festzustellen.

Der Sachverhalt ergibt außerdem deutlich, daß sich die Anfrage des Angeklagten W. an seinen Fachverband auf die "Herstellung von mit Hakenkreuzen versehenen Schneidwaren zu Exportzwecken" (UA S 4) und demnach auch auf SA- und Luftwaffendolche bezog. Das Vorbringen der Revision, das Schreiben des Fachverbands habe sich mit der Frage befaßt, ob Brieföffner mit Hakenkreuz zu Exportzwecken hergestellt werden dürfen, geht von einem andern als dem festgestellten Sachverhalt aus.

Ob die Strafkammer etwa ihrer Aufklärungspflicht nicht in vollem Umfang nachgekommen ist oder etwa sonstige Verfahrensfehler begangen hat, darf der Senat nicht prüfen, da die insoweit erhobenen Rügen der Revision verspätet sind.