Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 12.12.2013, Az.: 3 STR 210/13
Entscheidungsgründe
Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten S. S. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in vier Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten Erwerb einer halbautomatischen Kurzwaffe, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten sowie den Angeklagten J. S. wegen versuchten Erwerbs einer halbautomatischen Kurzwaffe und wegen des Besitzes eines verbotenen Gegenstandes sowie von Munition zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte S. S. erhebt mit seiner Revision die allgemeine Sachrüge und eine Verfahrensrüge. Der Angeklagte J. S. begehrt mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision allein die Nachholung eines Teilfreispruchs. Während die Revision des Angeklagten S. S. insofern einen Teilerfolg erzielt, als bei ihm ein unterbliebener Teilfreispruch nachzuholen ist, hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
A. Revision des Angeklagten S. S.
I. Nach den Feststellungen und Wertungen des Oberlandesgerichts förderte der Angeklagte S. S. in mehreren Einzelfällen bewusst die "Khalistan Zindabad Force". Hierbei handelt es sich um eine von Pakistan aus gesteuerte Gruppierung, die einen unabhängigen Sikh-Staat Khalistan sowie die Bewahrung des orthodoxen Sikh-Glaubens anstrebte und diese Ziele unter anderem durch Sprengstoffanschläge und die gezielte Ermordung von Gegnern zu erreichen suchte. Die nicht revidierenden Mitangeklagten B. S. und G. S. waren von Sommer 2009 bis zu ihrer Verhaftung im Juli 2010 in die Gruppierung eingeordnet, hatten regelmäßigen Kontakt zu deren damaliger Führungsperson R. S. und gestalteten unterschiedliche Aktionen mit. Der Angeklagte S. S. unterstützte sie und die Organisation im Einzelnen in folgender Weise: Spätestens seit September 2009 war er mit der Beschaffung von Handfeuerwaffen und Munition beauftragt. Er beriet Anfang September 2009 G. S. und am 3. November 2009 diesen sowie B. S. hinsichtlich verschiedener Waffen im Wissen, dass er die Mitangeklagten dadurch in die Lage versetzte, geeignete Waffen auch ohne seine weitere Mitwirkung zu erwerben und einzusetzen. Ferner erklärte er sich in einem Telefonat mit B. S. am 5. Januar 2010 spontan bereit, notfalls persönlich nach Indien zu reisen, um eine geplante Auskundschaftung verschiedener indischer Militärstützpunkte zu unterstützen. Überdies beriet er am 2. März 2010 im Rahmen eines Waffenankaufs B. S. telefonisch. Dieser erwarb schließlich - gemeinsam mit dem Angeklagten J. S. - eine Schreckschusspistole, wobei alle drei davon ausgingen, dass es sich um eine halbautomatische Pistole handelte. Schließlich druckte der Angeklagte S. S. im April 2010 auf Anweisung einen Briefkopf der "Khalistan Zindabad Force" aus und stellte ihn B. S. zur Verfügung. Eine über diese einzelnen Tätigkeiten hinaus gehende dauerhafte Einbindung des Angeklagten S S. in die Verbandsstruktur der "Khalistan Zindabad Force" hat das Oberlandesgericht nicht feststellen können.
Soweit der Angeklagte S. S. im Juli 2010 von dem Plan erfuhr, einen Sektenführer in Österreich zu erschießen, und keine Maßnahmen ergriff, die von ihm abgelehnte Tat zu verhindern, ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass eine Strafbarkeit wegen Nichtanzeige geplanter Straftaten (§ 138 Abs. 1 Nr. 5 oder Abs. 2 StGB) nicht in Betracht komme, weil die Strafverfolgungsbehörden durch Telefonüberwachungen bereits Kenntnis von der Planung gehabt hätten.
II. Die Rüge des Angeklagten S. S., das Oberlandesgericht habe "§§ 257c Abs. 2, 4 und 5, 237 Abs. 1a StPO in Verbindung mit dem Recht auf ein faires Verfahren" verletzt, bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
1. Am 27. Hauptverhandlungstag unterbreitete das Oberlandesgericht den Angeklagten einen - als Anlage zu Protokoll genommenen - näher ausgeführten und begründeten "Verständigungsvorschlag gemäß § 257c StPO". Am 52. Hauptverhandlungstag wurde laut (von der Revision insoweit nicht mitgeteiltem) Protokoll festgestellt, dass unter anderem hinsichtlich des Angeklagten S. S. eine "verfahrensbeendende Absprache entsprechend § 257c StPO" stattgefunden habe. Mit der Rüge beanstandet die Revision, dass sich aus dem Protokoll nicht ergebe, ob eine Verständigung zustande gekommen und eine Belehrung gemäß § 257c Abs. 5 StPO erteilt worden sei. Zudem sei nicht dokumentiert, ob und wie die Angeklagten sich zu dem Verständigungsvorschlag geäußert hätten. Überdies habe der gerichtliche Verständigungsvorschlag einzelne Strafnormen zitiert, obschon der Schuldspruch nicht Gegenstand der Verständigung sein dürfe.
2. Bereits unzulässig ist die Verfahrensrüge, soweit der Beschwerdeführer beanstandet, das Zustandekommen einer Verständigung und der nähere Ablauf des vorangehenden Verfahrens seien nicht dokumentiert. Die Revision unterlässt es, die insofern zur Entscheidung erforderlichen Tatsachen vollständig vorzutragen. So teilt sie den die Verständigung betreffenden Inhalt des Protokolls nicht abschließend mit, sondern verschweigt, dass laut Protokoll zum einen der Vorsitzende bereits am 26. Hauptverhandlungstag über (nach Schluss des vorangegangenen Verhandlungstermins geführte) Besprechungen mit dem Ziel einer möglichen Verständigung berichtete und zum anderen später eine "verfahrensbeendende Absprache" festgestellt wurde. Die Kenntnis dieser Gesichtspunkte wäre indes für die Prüfung erforderlich, ob das Protokoll den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung in der nach § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO gebotenen Weise wiedergibt. Der lückenhafte Revisionsvortrag führt insoweit zur Unzulässigkeit der Rüge (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Anforderungen 1; vom 16. April 1999 - 3 StR 642/98; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 656/99 u.a., BVerfGE 112, 185, 208 f. mwN).
3. Soweit der Beschwerdeführer beanstandet, aus dem Protokoll ergebe sich keine Belehrung des Angeklagten gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2, § 257c Abs. 5 StPO, bleibt seine Verfahrensrüge ebenfalls erfolglos, da das Urteil auf dem geltend gemachten Verfahrensverstoß nicht beruhen kann (§ 337 Abs. 1 StPO).
a) Der Beschwerdeführer rügt, dass sich in der Sitzungsniederschrift keine Protokollierung einer gemäß § 257c Abs. 5 StPO etwaig erteilten Belehrung finde. Damit ist Gegenstand der Verfahrensrüge allein die Frage einer ordnungsgemäßen Protokollierung; denn aus der Revisionsbegründung ergibt sich - auch bei einer Auslegung nach ihrem Gesamtzusammenhang - nicht die Behauptung, dass eine Belehrung in der Hauptverhandlung tatsächlich unterblieben ist, und dieser Gesichtspunkt von der Urteilsanfechtung umfasst sein soll.
aa) Die Revisionsbegründung muss bei der Rüge der Verletzung einer Verfahrensnorm die den Verfahrensmangel enthaltenden Tatsachen angeben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit etwa BVerfG, Beschluss vom 12. November 1984 - 2 BvR 1350/84, NJW 1985, 125, 126). Nur in diesem Umfang ist das Revisionsgericht überhaupt zu eigener Prüfung berechtigt (§ 352 Abs. 1 StPO). Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass dem Vorbringen in der Revisionsbegründung, ein bestimmter Verfahrensvorgang sei nicht protokolliert worden, regelmäßig nicht die Behauptung zu entnehmen ist, dieser Verfahrensvorgang habe tatsächlich in der Hauptverhandlung auch nicht stattgefunden (vgl. allgemein BGH, Urteile vom 1. Februar 1955 - 5 StR 678/54, BGHSt 7, 162 ff. mwN; vom 20. April 2006 - 4 StR 604/05, NStZ-RR 2007, 52, 53; vom 12. Januar 2005 - 2 StR 138/04, NStZ 2005, 281vom 20. Oktober 1970 - 1 StR 225/70; Beschluss vom 4. April 2006 - 3 StR 23/06; RG, Urteil vom 26. Mai 1914 - II 374/14, RGSt 48, 288, 289 f.; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 86). Dem liegt im Wesentlichen die Überlegung zugrunde, dass bei dem alleinigen Abstellen auf das Protokoll offen bleibt, ob der Vorgang gegebenenfalls stattgefunden hat und nur versehentlich nicht protokolliert worden ist. Im Übrigen würde das Erfordernis des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO übergangen, da an Stelle der bestimmten Behauptung einer Tatsachenangabe lediglich das Protokoll, das nur ein Beweismittel darstellt (vgl. § 274 Satz 1 StPO), angeführt wird.
bb) Vorliegend stellt die Revisionsbegründung ("Ob [...] eine Belehrung gemäß § 257c Abs. 5 StPO erfolgt ist, ergibt sich - falls die Verteidigung insoweit nichts übersehen hat - aus dem Protokoll nicht.") allein auf die fehlende Protokollierung ab. Dies wird durch die anschließenden Rechtsausführungen bestärkt, denen zufolge das Oberlandesgericht "mit dieser Vorgehensweise [...] gegen § 273a Abs. 1a StPO" verstoßen habe. Zudem geht die Revision selbst von einer "etwaig erfolgten Belehrung" aus und lässt damit ausdrücklich offen, ob eine solche erteilt worden ist oder nicht. Gerade in der Zusammenschau wird deutlich, dass die Verfahrensrüge die unterlassene Protokollierung und nicht eine unterbliebene Belehrung selbst zum Gegenstand hat.
b) Es kann offen bleiben, ob die danach allein zu prüfende Rüge, aus dem Protokoll lasse sich die Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO nicht erkennen, - wie für "Protokollrügen" regelmäßig angenommen (etwa BGH, Beschluss vom 4. April 2006 - 3 StR 23/06; Urteil vom 17. Januar 1978 - 1 StR 734/77) - bereits unzulässig oder in der konkreten Konstellation ausnahmsweise zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310). Der Beanstandung bleibt der Erfolg jedenfalls versagt; denn es ist denklogisch ausgeschlossen, dass das Urteil auf einer unzureichenden Protokollierung beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Hierzu gilt:
Die Fertigstellung des Protokolls geht der Verkündung des Urteils nach. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Protokoll die Urteilsformel enthalten muss (§ 273 Abs. 1 Satz 1 StPO) und es mithin vor der Urteilsverkündung nicht fertiggestellt (vgl. § 271 Abs. 1 StPO) werden kann. Vor der Fertigstellung steht der tatsächliche Protokollinhalt noch nicht fest und ist im Einzelnen ungewiss. Das Protokoll über den Verlauf der (sich gegebenenfalls über mehrere Tage erstreckenden) Hauptverhandlung bildet eine Einheit und ist erst mit den Unterschriften unter die gesamte Niederschrift fertiggestellt. Zuvor angefertigte Protokollteile sowie Mitschriften haben lediglich Entwurfscharakter und sind nicht Bestandteil der Akten (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Oktober 1980 - StB 43/80, BGHSt 29, 394, 395; Urteil vom 20. November 1961 - 2 StR 395/61, BGHSt 16, 306, 307). Das Gericht hat - ebenso wie alle Verfahrensbeteiligten - keine Kenntnis vom späteren Protokollinhalt. Grundlage für das Urteil ist das tatsächliche Geschehen in der Hauptverhandlung, nicht die spätere Niederschrift. Liegt mithin das Protokoll erst nach der Urteilsverkündung vor, ist ausgeschlossen, dass die Protokollierung einen Einfluss auf das bereits zuvor ergangene Urteil hat (st. Rspr.; instruktiv RG, Urteil vom 29. Januar 1909 - II 975/08, RGSt 42, 168, 170 f.; s. auch BGH, Urteile vom 20. April 2006 - 4 StR 604/05, NStZ-RR 2007, 52, 53; vom 1. Februar 1955 - 5 StR 678/54, BGHSt 7, 162, 163; Beschluss vom 11. Oktober 2010 - 1 StR 359/10, NStZ 2011, 170; Radtke, NStZ 2013, 669).
c) Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht vor dem Hintergrund geboten, dass das Gesetz zur Regelung der Verständigung in Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (Verständigungsgesetz, BGBl. I S. 2353) unter anderem das Ziel verfolgt, eine wirksame "vollumfängliche" Kontrolle verständigungsbasierter Urteile durch das Rechtsmittelgericht zu ermöglichen (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1066 [Rn. 94]).
aa) Das Verständigungsgesetz hat die revisionsrechtlichen Regelungen der StPO - von dem Ausschluss eines Rechtsmittelverzichts nach einer Verständigung (§ 302 Abs. 1 Satz 2 StPO) abgesehen - unverändert gelassen. Zum einen sind die allgemeinen Vorschriften, nach denen dem Revisionsgericht die Prüfung von Verfahrensverstößen nur aufgrund einer entsprechenden Rüge und der Angabe der zu ihrer Beurteilung erforderlichen Tatsachen erlaubt ist (§ 344 Abs. 2 Satz 2, § 352 Abs. 1 StPO), nicht modifiziert worden (vgl. im Ergebnis auch BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 47/13, BGHSt 58, 315; Urteil vom 3. September 2013 - 5 StR 318/13, NStZ 2013, 671; BT-Drucks. 16/12310 S. 9). Zum anderen hat das Verständigungsgesetz davon abgesehen, Verstöße gegen die verfahrensrechtlichen Sicherungen der Verständigung den absoluten Revisionsgründen zuzuordnen (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1067 [Rn. 97]). Soweit das Bundesverfassungsgericht davon ausgegangen ist, dass ein Urteil regelmäßig auf einem Verstoß gegen "Transparenz- und Dokumentationspflichten" des Verständigungsverfahrens beruhe (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1067 [Rn. 97 ff.]; Beschluss vom 30. Juni 2013 - 2 BvR 85/13, NStZ-RR 2013, 315, 316), war jeweils nicht allein die fehlende oder fehlerhafte spätere Protokollierung Entscheidungsgegenstand, sondern zumindest auch die Nichtbeachtung einer vor dem Urteilsspruch gegenüber Verfahrensbeteiligten bestehenden Transparenzpflicht an sich. Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts können deshalb nicht dahin verstanden werden, dass - entgegen den Gesetzen der Logik - kraft Verfassungsrechts grundsätzlich bereits auf die Rüge der unterlassenen Protokollierung eines nach den Regeln des Verständigungsverfahrens erforderlichen Hinweises oder einer notwendigen Belehrung die Aufhebung des angefochtenen Urteils geboten sei.
Die Fragen, inwieweit das Bundesverfassungsgericht überhaupt allgemeine Vorgaben für eine im Tatsächlichen zu klärende Beruhensprüfung machen kann (vgl. etwa Knauer, NStZ 2013, 433, 436; Stuckenberg, ZIS 2013, 212, 215 f.) und wie weit die Bindungswirkung der Entscheidung im Einzelnen reicht (s. BVerfG, Beschlüsse vom 6. November 1968 - 1 BvR 727/65, BVerfGE 24, 289, 297; vom 10. Juni 1975 - 2 BvR 1018/74, BVerfGE 40, 88, 93 f.; vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97, 109 f.; BFH, Urteil vom 11. August 1999 - XI R 77/97, NJW 1999, 3798; Maunz/SchmidtBleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 31 Rn. 88 [Stand: Juli 2013]), bedürfen hier daher keiner weiteren Erörterung.
bb) Soweit der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in einem Urteil vom 10. Juli 2013 (2 StR 195/12, BGHSt 58, 310) die Auffassung vertreten hat, dass das Prozessverhalten des Angeklagten durch das Fehlen einer Dokumentation im Protokoll beeinflusst und ein Beruhen des Urteils auf dem Protokollierungsfehler nicht ausgeschlossen werden könne, vermag der Senat dem aus den dargelegten Gründen nicht zu folgen. Eines Verfahrens nach § 132 Abs. 2 GVG bedarf es deswegen jedoch nicht. Zum einen betraf das dortige Urteil nicht die hier zu prüfende fehlende Protokollierung der Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO. Zum anderen handelt es sich bei der Frage, ob das Urteil auf einem bestimmten Verfahrensfehler beruhen kann, nicht um eine Rechtsfrage im Sinne des § 132 Abs. 2 GVG, sondern um eine im Einzelfall zu prüfende Tatsachenfrage (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2006 - 1 StR 466/05, NJW 2006, 3582, 3586; Herdegen, NStZ 1990, 513, 515).
4. Eine unzulässige Verständigung über den Schuldspruch (§ 257c Abs. 2 Satz 3 StPO) liegt entgegen der Ansicht der Revision nicht vor.
Der Beschwerdeführer begründet seine diesbezügliche Annahme allein mit dem Wortlaut des gerichtlichen Verständigungsvorschlags, der konkrete Straftatbestände und diesen zugeordnete Sachverhalte aufführt. Indes ist dies ersichtlich nicht dahin zu verstehen, dass entsprechende Schuldsprüche Gegenstand der Verständigung sein sollten. Vielmehr hat das Oberlandesgericht lediglich dargelegt, auf Grund welcher Erwägungen es "im Bewusstsein der Problematik einer vorläufigen Beweisprognose" zu dem allein die Rechtsfolgen betreffenden Vorschlag gekommen ist. Einer solchen unverbindlichen Beurteilung der Sach- und Rechtslage steht weder Verfassungs- noch Strafverfahrensrecht entgegen (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1068 [Rn. 106]). Das Gericht ist sogar grundsätzlich dazu gehalten, in seinem Vorschlag das vom Angeklagten im Rahmen der Verständigung erwartete Prozessverhalten genau zu bezeichnen und "unter antizipierender Berücksichtigung dieses Verhaltens und Beachtung der Vorgaben des materiellen Rechts eine strafzumessungsrechtliche Bewertung des Anklagevorwurfs vorzunehmen" (BGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - 4 StR 623/11, BGHSt 57, 273, 278; vgl. auch BT-Drucks. 16/12310 S. 14). Eine solche Bewertung ist schwerlich möglich, ohne zunächst klarzustellen, von welchen Delikten und Strafrahmen das Gericht ausgeht. Vor diesem Hintergrund folgt aus dem Hinweis auf einen bestimmten Sachverhalt und eine rechtliche Wertung, die es seinem Vorschlag vorläufig zugrunde legt, keine Verständigung über den Schuldspruch.
Dafür, dass das Oberlandesgericht lediglich eine nicht abschließende und nicht von der eigentlichen Verständigung umfasste Einschätzung abgegeben hat, spricht ferner, dass es den Angeklagten trotz der getroffenen Verständigung nicht in dem Umfang schuldig gesprochen hat, der sich aus der im Vorschlag genannten Zwischenbewertung ergab (s. auch zum Bindungsumfang BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - 1 StR 421/12, NStZ-RR 2013, 184).
III. Erfolg hat das Rechtsmittel insoweit, als das Oberlandesgericht den Angeklagten S. S. nicht von dem in der zugelassenen Anklageschrift erhobenen Vorwurf freigesprochen hat, er habe tateinheitlich zu einer Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland spätestens am 27. Juli 2010 von dem Vorhaben eines Mordes erfahren und eine rechtzeitige Anzeige unterlassen.
1. Geht der Eröffnungsbeschluss davon aus, dass die dem Angeklagten angelasteten strafbaren Handlungen sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen als eine einheitliche Tat im materiellrechtlichen Sinne darstellen, so muss ein Teilfreispruch zwar dann nicht ergehen, wenn sich eine der Handlungen nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung als nicht nachweisbar oder nicht strafbewehrt erweist, es im Übrigen aber bei der konkurrenzrechtlichen Bewertung der Einzelakte verbleibt (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 260 Rn. 12 mwN). Anderes gilt indes, wenn die Hauptverhandlung ergibt, dass es sich bei den dem Angeklagten angelasteten Handlungen um selbständige, tatmehrheitliche Delikte handelt, etwa weil das verbindende Element, das die Einzelakte zu einer natürlichen Handlungseinheit verschmolzen hätte, nicht zu belegen ist. Erweist sich in diesem Falle ein dem Angeklagten von Anklage und Eröffnungsbeschluss vorgeworfener Einzelakt als nicht nachweisbar, so ist der Angeklagte insoweit freizusprechen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2011 - 2 StR 90/11, juris Rn. 19; KK/Ott, StPO, 7. Aufl., § 260 Rn. 20; zur fortgesetzten Handlung bereits BGH, Beschluss vom 7. Januar 1988 - 4 StR 669/87, BGHR 21 22 StPO § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 4; RG, Urteil vom 29. Mai 1923 - I 1161/22, RGSt 57, 302, 303 f.).
2. So liegt es hier. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnte dem Angeklagten S. S. eine mitgliedschaftliche Beteiligung an der (ausländischen) terroristischen Vereinigung (§ 129b Abs. 1, § 129a Abs. 1 StGB) nicht nachgewiesen werden. Nur dieses Delikt verbindet indes aufgrund seiner Struktur die einzelnen Betätigungsakte des Mitglieds zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit (BGH, Beschluss vom 15. Februar 2007 - StB 19/06, NStZ 2007, 401); erweist sich der Betätigungsakt noch nach einer weiteren Bestimmung als strafbar, so besteht Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) zwischen diesem Delikt und der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der Vereinigung (vgl. allgemein dazu BGH, Urteil vom 11. Juni 1980 - 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 290 f. mwN). Dagegen stehen Unterstützungshandlungen zugunsten einer (ausländischen) terroristischen Vereinigung (§ 129b Abs. 1, § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB), so sie nicht zur Erreichung eines einheitlichen Unterstützungserfolgs begangen werden, zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 131 f.); davon ist zutreffend auch das Oberlandesgericht ausgegangen. Da es nun aber hinsichtlich einer dieser dem Angeklagten angelasteten und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf der Grundlage der dargestellten Rechtslage allenfalls tatmehrheitlich verwirklichten Einzelhandlungen eine Strafbarkeit verneint hat, hätte es den Angeklagten insoweit freisprechen müssen.
Eine Überprüfung der zur Verneinung der Strafbarkeit führenden Erwägungen des Oberlandesgerichts (vgl. insofern zweifelnd etwa Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, Strafrecht, Besonderer Teil, 2. Aufl., § 46 Rn. 12) war dem Senat angesichts der allein vom Angeklagten eingelegten Revision nicht eröffnet.
3. Der Senat holt deshalb den Teilfreispruch - mit der sich aus § 467 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge - nach (§ 354 Abs. 1 StPO).
IV. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils auf die erhobene Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten S. S. ergeben. Hinsichtlich der Einzelheiten verweist der Senat auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts.
B. Revision des Angeklagten J. S.
I. Der Angeklagte J. S. begehrt mit seiner in zulässiger Weise beschränkten Revision allein einen Teilfreispruch, soweit das Oberlandgericht die - nach Anklage und Eröffnungsbeschluss dem Angeklagten neben den beiden Waffendelikten jeweils in Tateinheit zur Last gelegte - Strafbarkeit wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung nicht festgestellt hat. Auch wenn die Rechtsmittelbeschränkung nicht ausdrücklich erklärt wurde, kommt sowohl in der Revisions- als auch in der Revisionsbegründungsschrift zum Ausdruck, dass der Beschwerdeführer allein das Fehlen eines Teilfreispruchs beanstandet (vgl. zur Revisionsauslegung bereits BGH, Urteil vom 16. Februar 1956 - 3 StR 473/55, NJW 1956, 756, 757).
II. Die (insoweit beschränkte) Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten J. S. ergeben. Eines Teilfreispruchs bedurfte es entgegen der mit der Revision vorgebrachten Ansicht - anders als bei dem Angeklagten S. S. (s.o.) - nicht.
Die mit dem Eröffnungsbeschluss zugelassene Anklage hatte dem Angeklagten J. S. zur Last gelegt, durch dieselbe rechtliche Handlung sich spätestens ab Spätsommer 2009 bis zu seiner Festnahme im Dezember 2010 als Mitglied an der "Khalistan Zindabad Force" beteiligt zu haben, im März 2010 gemeinsam mit B. S. mit Hilfe des Angeklagten S. S. versucht zu haben, eine halbautomatische Kurzwaffe zu erwerben, und bei seiner Festnahme eine einen anderen Gegenstand vortäuschende Hieb- und Stoßwaffe sowie Munition besessen zu haben. Zwar ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte sich nicht wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung strafbar gemacht hat und daher die in Anklage und Eröffnungsbeschluss angenommene Verklammerung der beiden Waffendelikte zu einer Tat in materiellem Sinne wegfällt. Allerdings sind - insoweit im Unterschied zum Angeklagten S. S. - sämtliche danach bestehen bleibende einzelne Taten abgeurteilt worden. Eine selbständige (materiellrechtliche) Tat, die Gegenstand eines Freispruchs sein könnte, liegt mithin nicht vor. Entfällt lediglich ein in Tateinheit stehender Tatvorwurf, kommt ein Freispruch nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2004 - 5 StR 548/03, NJW 2005, 2720, 2723). Da die nicht erwiesene Mitgliedschaft in der Vereinigung mit den beiden Waffendelikten jeweils in Tateinheit stünde, ist der Tatvorwurf des Eröffnungsbeschlusses durch den Schuldspruch erschöpft.