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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 27.05.1952, Az.: I ZR 138/51

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Düsseldorf vom 3. August 1951 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch aber die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Beide Parteien befassen sich mit der Herstellung und dem Vertrieb hydraulischer Wäschetrockner. Jede von ihnen stellt für diese Verwendung eine Wäschepresse her, bestehend aus einem zylindrischen Behälter, in dem die Nasswäsche vom Boden her durch einen unter Flüssigkeitsdruck stehenden Kolben gegen den festen Deckel des Behälters gepresst und dadurch von ihrem Wassergehalt befreit wird. Jede der Parteien beruft sich dabei auf ihr zustehende Rechte an Patenten, die in beiden Fällen ausschliesslich die Gestaltung des Presskolbens betreffen.

Die Klägerin tritt als ausschliessliche Lizenznehmerin des DRP 741 996 auf, das am 6. Juli 1938 angemeldet wurde. Die Erteilung wurde am 7. Oktober 1943 bekannt gemacht und die Patentschrift am 20. November 1943 ausgegeben. Das Patent wurde am 26. November 1944 mangels Zahlung von vier Jahresgebühren in der Patentrolle gelöscht. Im Laufe des Rechtsstreits hat das Deutsche Patentamt durch Beschluss vom 17. August 1950 den Inhaber auf seinen Antrag vom 27. März 1950 wieder in den vorigen Stand eingesetzt mit der Wirkung, dass die dritte bis sechste Jahresgebühr als rechtzeitig gezahlt gelte und die Löschung des Patents aufgehoben werde.

Die Ansprüche dieses Patents lauten:1.Wäschepresse, mit einem durch Flüssigkeitsdruck bewegbaren Presskolben, dessen Pressfläche eine oder mehrere Dichtungsmanschetten hat, dadurch gekennzeichnet, dass die Pressfläche (b) elastisch ist und eine über sie in der Pressrichtung vorstehende elastische Manschette (d) hat.2.Wäschepresse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Pressfläche (b), die Dichtungsmanschette (d) and die vorstehende Manschette (d) aus einem Stück elastischen Materials hergestellt sind.3.Wäschepresse nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Kolben durch einen Hing oder dergleichen versteift ist.

Die der Patentschrift beigegebene Zeichnung zeigt eine Ausführungsform, deren Pressfläche in der Pressrichtung konvex vorgewölbt ist.

Die Beklagte ist Inhaberin des DRP 741 148, das am 2. Dezember 1938 angemeldet wurde. Die Erteilung wurde am 16. September 1943 bekannt gemacht und die Patentschrift am 5. November 1943 ausgegeben. Die Ansprüche dieses Patentes lauten:1.Hydraulische Wäschepresse, in deren zylindrischem Preßbehälter ein an dessen Wandung durch einen schmiegsamen Stulprand gleitend abgedichteter Preßkolben als Ganzes längsbeweglich angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Stulprand und der mittlere Boden des Preßkolbens aus einem Stück bestehen und der Stulprand gegenüber dem Boden des Preßkolbens verstärkt ist.2.Hydraulische Wäschepresse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der mit dem Stulprand verbundene Boden des Kolbens aus einer elastisch schmiegsamen Gummimembran besteht, welche in unbelastetem Zustande in die Höhlung des Stulprandes teller- oder schüsselförmig hineingewölbt ist.

Beide Altpatente sind aufrecht erhalten worden.

Die Beklagte verwendet seit Oktober 1948 in ihrer Fabrikation einen Kolben, bestehend aus einer homogenen Gummimembran, deren Gleitflächen an den Behälterwänden durch einen Metallzylinder versteift sind. Die Pressfläche hat in der Ruhelage die Form einer konkaven schüsselförmigen Höhlung, die Gleitfläche des Kolbens ist über die Vereinigung der Pressfläche mit der Gleitfläche hinaus in der Pressrichtung verlängert.

Bei einer zweiten Ausführungsform fehlt die Versteifung der Gleitfläche durch einen Metallzylinder.

Eine dritte Ausführungsform der Beklagten verwendet keinen Versteifungszylinder und keine Verlängerung der Gleitflächen über die Pressfläche hinaus.

Die Klägerin beanstandet nur die ersten beiden Gestaltungen des Kolbens als Verletzungen des ihr geschätzten elastischen Presskolbens mit Dichtungsmanschette, weil die Verlängerung der Gleitfläche einer Dichtungsmanschette gleichmachten sei.

Sie klagt auf Unterlassung der Herstellung, des Vertriebes und Gebrauches von Wäschepressen"mit einem durch Flüssigkeitsdruck bewegten Presskolben, dessen Pressfläche eine Dichtungsmanschette hat, bei welchem die Pressfläche elastisch und mit einer solchen elastischen Manschette versehen ist, die in der Pressrichtung über die Pressfläche vorsteht,insbesondere wenn die Pressfläche und die vorstehende Manschette aus einem Stück elastischen Materials, z.B. Gummi, hergestellt und der Kolben durch einen Ring versteift ist."

Daneben verlangt sie Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Sie bestreitet die Lizenzrechte der Klägerin und die Wirksamkeit des von ihr in Anspruch genommenen Patentes, weil die Wiedereinsetzung nicht zu Recht bestehe, sondern erschlichen sei.

Sie bestreitet ferner, dass ihre Kolbenform das Klagepatent verletze, beansprucht aber für den Fall, dass eine Verwendung der Mittel des Klagepatents bejaht werden sollte, die Priorität ihres Patentes, weil der Inhaber des Klagepatents den Schutzanspruch hinsichtlich der Herstellung der Pressfläche und der Dichtungsmanschetten aus einem Stück elastischen Materials nicht mit der ursprünglichen Anmeldung vom 6. Juli 1938, sondern erst mit Schriftsatz vom 3. Dezember 1938 angemeldet habe, frühestens also zu einem Zeitpunkt, als der Altersrang des DRP 741 148 bereits begründet gewesen sei.

Weiterhin beansprucht die Beklagte das Recht der Weiterbenutzung ihrer Ausführungsform gemäss § 43 Abs. 4 PatG, da sie während der Löschungszeit des Klagepatents gutgläubig mit der serienmässigen Herstellung and dem Vertrieb des beanstandeten Kolbens begonnen habe. Letzten Endes beansprucht sie das Vorbenutzungsrecht des § 7 PatG, weil sie die Erfindung bereits vor der Anmeldung des Klagepatents in Gebrauch genommen habe.

Beide Vorinstanzen haben den Klageansprüchen stattgegeben, dem Rechnungslegungs- und Schadensersatzanspruch der Klägerin jedoch erst für die Zeit vom 24. März 1950, nämlich von der ersten Mitteilung der Klägerin ab, dass die Löschung des Klagepatents irrtümlich erfolgt sei.

Mit der Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag. Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Revision mit der Massgabe,dass der Urteilsausspruch zu I. 1 wie folgt neu gefasst wird:"Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung einer vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festgesetzten Strafe, und zwar Geldstrafe bis zu unbegrenzter Höhe oder Haftstrafe bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, Wäschepressen mit einem durch Flüssigkeitsdruck bewegten Presskolben, dessen Pressfläche eine Dichtungsmanschette hat, gewerblich herzustellen, feilzuhalten, in den Verkehr zu bringen und zu gebrauchen, bei welchem die Pressfläche elastisch und mit einer solchen elastischen Manschette versehen ist, dergestalt, dass diese stumpf oder spitz zulaufend in Pachtung des Pressdruckes über den Endpunkt der Pressfläche hinausragt, dies such insbesondere, wenn die Pressfläche und die vorstehende Manschette aus einem Stück elastischen Materials, z.B. aus Gummi, hergestellt sind und ferner dies auch, wenn bei den dergestalt hergestellten Wäschepressen, bei denen die Pressfläche und Manschette aus einem Stück bestehen, der Kolben durch einen Ring versteift ist."

Entscheidungsgründe

Die Klägerin hat in der Revisionsinstanz ihren ursprünglichen allgemein gehaltenen Unterlassungsausspruch nunmehr auf die Merkmale der Verletzungsformen abgestellt. Da hierin eine Klarstellung des in den Vorinstanzen erhobenen Klageantrages liegt, sind Bedenken gegen die Zulassung des neuen Klageantrages nicht zu erheben. Die Beklagte hat der Fassung nicht widersprochen.

Die Klagebefugnis der Klägerin kann nicht in Zweifel gezogen werden, nachdem das Berufungsgericht den Lizenzerwerb der Klägerin festgestellt hat und mit dem Wiedereinsetzungsbeschluss des Patentamts die derzeitige Wirksamkeit des Klagepatents ausser Frage steht. Der Wiedereinsetzungsbeschluss ist für das Gericht nicht nachprüfbar. Er könnte es nur dann sein, wenn die von der Beklagten erhobene Einrede der Arglist wegen Erschleichung der Wiedereinsetzung begründet wäre. Für die Erschleichung liegen keine hinreichenden tatsächlichen Unterlagen vor, insbesondere genügen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, die von der Beklagten in ihremSchriftsatz vom 18. Oktober 1950 gebrachten Verdachtsmomente nicht, um eine Prüfung und Aufklärung in dieser Richtung zu veranlassen. Es würde sich um einen reinen Erforschungsbeweis handeln. Die der Klägerin nach § 44 PatG obliegende Wahrheitspflicht umfasst nicht die Darlegung der Gründe, aus denen sie die Wiedereinsetzung beantragt und erhalten hat. Anders liegt die Sache hinsichtlich derjenigen Tatsachen, die zum Erlöschen des Patentes geführt haben. Hierauf wird bei der Erörterung des Weiterbenutzungsrechtes näher einzugehen sein.

I.Das Berufungsgericht sieht den Gegenstand des Klagepatents in der Kombination der elastischen Pressfläche mit einer über sie hinausragenden elastischen Manschette und behandelt die Ansprüche 2 und 3. als Unteransprüche für besondere Ausführungsformel, denen keine selbständige erfinderische Bedeutung zukomme. Diese. Auslegung lässt keinen Rechtsirrtum erkennen. Die Kombination des Klagepatents bildet eine Einheit, die angesichts des vom Berufungsgericht zutreffend gewürdigten Standes der Technik einer Teilung nicht zugänglich ist. Der sich aus der Auslegung des Berufungsgerichts ergebende Schutzumfang des Patents deckt daher somit nur den in den Schutzansprüchen zum Ausdruck kommenden unmittelbaren Gegenstand der Erfindung, der dem erteilten Patent in jedem Falle verbleiben muss. Es kann daher auf sich beruhen, ob eine Doppelpatentierung vorliegt, die bei einem in erweiternder Auslegung ermittelten Gegenstand der Erfindung Anlass zu einer einschränkenden Bemessung des Schutzumfanges des Klagepatents auf den unmittelbaren Gegenstand der Erfindung geben könnte.

Zutreffend stellt das Berufungsgericht weiter fest, dass die erste Verletzungsform mit ihrer elastischen Pressfläche und der als elastische Manschette wirkenden Verlängerung der. Gleitfläche über die Pressfläche hinaus den Hauptanspruch des Klagepatents und dass die Gestaltung des Kolbens aus einem Stück Gumme und die Anbringung des Versteifungszylinders die Unteransprüche 2 und 3 verletzt. Die zweite Verletzungsform verletzt nur den Hauptanspruch und den Unteranspruch 2. Der von der Beklagten gewählten konkaven Ausbildung der. Pressfläche kommt keine abändernde Bedeutung zu, zumal da sie nur in der Ruhelage besteht und dazu bestimmt ist, unter der Einwirkung der Druckflüssigkeit in eine konvex vorgewölbte Form überzugehen, so dass in der Funktion kein Unterschied gegenüber der Ausführung form des Klagepatents besteht, die eine konvexe Vorwölbung schon für die Ruhelage vorsieht.

II.Die Beklagte kann deshalb dem Klagebegehren nur dann wirksam begegnen, wenn sie ein eigenes Recht auf die Benutzung dieser Mittel des Klagepatents darlegen kann. Ein solches Recht leitet sie aus drei verschiedenen Grundlagen her:1.aus dem eigenen Patent, für das sie die Priorität gegenüber den Klagepatent, beansprucht,2.aus dem Weiterbenutzungsrecht aus § 43 Abs. 4 PatG,3.aus dem Vorbenutzungsrecht des § 7 PatG.

1.Es braucht hier nicht geprüft zu werden, ob das eigene Patent der Beklagten ein Recht zur Benutzung der Kittel des Klagepatents geben könnte unter der Voraussetzung, dass es älter als das Klagepatent wäre. Denn es fehlt, wie das Berufungsgericht zutreffend feststellt, an dieser Voraussetzung. Die Behauptung der Beklagten, der Anmelder des Klagepatents habe wesentliche Teile der Kombination erst nach ihrer eigenen Anmeldung mit der Eingabe vom 3. Dezember 1938 nachgebracht, wird durch den Inhalt der ersten Anmeldung des Klagepatents vom 6. Juli 1938 widerlegt. Das Berufungsgericht weist zutreffend nach, dass die beiden wesentlichen Elemente der geschätzten Kombination, nämlich die elastische Pressfläche und die in der Pressrichtung vorstehende elastische Dichtungsmanschette bereits in der ersten Anmeldung erwähnt sind. Aus ihr konnte der Durchschnittsfachmann die wesentliche Lehre des Patents entnehmen. Nachgebracht ist lediglich eine Gestaltung des Kolbens aus einem homogenen Stück Gummi. Insofern handelt es sich jedoch nach allgemeiner technischer Erfahrung sowohl beim Patent des Klägers wie bei dem des Beklagten nur um eine zweckmässige Ausgestaltung ohne eigene erfinderische Bedeutung und nicht um ein selbständig schutzfähiges Kombinationselement. Eine Priorität des Patents der Beklagten kann dadurch nicht begründet werden. Das Klagepatent ist also das, ältere Patent. Damit entfallen die von der Beklagten aus der Erteilung des eigenen Patents gezogenen Schlussfolgerungen.

2.Anders steht es mit dem Weiterbenutzungsrecht aus § 43 Abs. 4 PatG, gegen dessen Versagung sich der Hauptangriff der Revision richtet. Das Berufungsgericht hat der Beklagten ein solches Weiterbenutzungsrecht versagt, weil sie von dem Erlöschen des Klagepatents keine Kenntnis gehabt und deshalb nicht gutgläubig ein erloschenes Patent in Benutzung genommen habe. Diese Begründung verkennt die gesetzlichen Voraussetzungen des Weiterbenutzungsrechts.

Die Vorschrift des § 43 Abs. 4 PatG ist keine auf einen Sondertatbestand zugeschnittene Bestimmung, deren Tatbestandsmerkmale lediglich aus diesem besonderen Sachverhalt entnommen werden dürfen, sondern der Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes der Billigkeit. Die Bestimmung ist der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 PatG nachgebildet und soll ebenso wie diese den redlich erworbenen Besitzstand schützen. Derselbe Grundsatz findet sich wieder in Art. 7 des Gesetzes Nr. 8 der Alliierten Hohen Kommission betreffend den Schutz der redlich erworbenen Zwischenrechte an wiederauflebenden gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigentumsrechten ausländischer Staaten und, Staatsangehöriger, wie in § 2 der Bekanntmachung betreffend Begründung, Erhaltung und Wiederherstellung von gewerblichen Schutzrechten der Angehörigen der Vereinigten Staaten von Nordamerika vom 6. Juli 1921 (RGBl I S 844). § 43 Abs. 4 PatG enthält also einen allgemeinen Rechtsgedanken des Patentrechts, der auch ausserhalb seines unmittelbaren Anwendungsgebietes Anwendung findet (RGZ 170, 51 [54]= GRUR 1942, 421 [422]). Es geht daher nicht an, den Schutz des § 43 Abs. 4 PatG auf die bewusste Benutzung erloschener Patente zu beschränken und den unbewussten Benutzer, der keinesfalls mit dem Wiederaufleben des erloschenen Patentes gerechnet haben kann, schutzlos zu lassen (vgl RG vom 7. Juni 1926 GRUR 1926, 474/475 hinsichtlich der gutgläubig erworbenen Zwischenrechte nach der Bekanntmachung vom 6. Juli 1921, Lampert GRUR 1951, 195 [200] hinsichtlich der Zwischenrechte nach dem Gesetz Nr. 8 der AHK). Nicht die Beklagte hat also nachzuweisen, dass sie gutgläubig auf das Erlöschen des Klagepatents vertraut habe, sondern es wäre allenfalls Sache der Klägerin gewesen, den Erwerb des Zwischenrechtes durch den Nachweis zu entkräften, die Beklagte habe gewusst, dass das Patent zu Unrecht gelöscht sei. Diesen Nachweis hat die Klägerin nicht unternommen, sondern sie macht sich selbst die Behauptung der Beklagten zu eigen, dass sie das Klagepatent und seine Löschung nicht gekannt habe. Sie geht damit selbst von der Gutgläubigkeit der Beklagten aus. Der gute Glaube der Beklagten kann auch dadurch nicht in frage gestellt werden, dass ihr der Vorwurf gemacht wird, sie habe die Patentrolle nicht eingesehen. Denn selbst wenn die Beklagte die Patentrolle auf das Bestehen konkurrierender Schutzrechte geprüft hätte, so würde sie nichts anderes erfahren haben, als dass das Klagepatent gelöscht worden sei.

Damit steht freilich das von der Beklagten in Anspruch genommene Weiterbenutzungsrecht noch nicht ausser Frage. Es hat zur Voraussetzung, dass das Klagepatent materiell erloschen war. Das Berufungsgericht geht ebenso wie die Parteien ohne weiteres davon aus, dass mit der unstreitigen Löschung des Patents in der Patentrolle auch das materielle Erloschen des Patents feststehe. Das ist nicht richtig. Die Patentrolle ist nur eines der Mittel, mit denen das Patent zur Kenntnis der Öffentlichkeit gebracht wird. Die Eintragungen in der Zölle wirken aber nicht rechtsbegründend oder rechtsvernichtend. Die Begründung des Patents erfolgt vielmehr durch den Erteilungsbeschluss (§ 17 PatG). Die Eintragung in die Patentrolle hat nur Bekanntmachungs- und Legitimationsfunktion. Sachlich-rechtlich hat sie keine Bedeutung (vgl Krause-Katluhn-Lindenmaier Anm. 2 § 24 PatG). Das Patent erlischt materiell nach § 12 PatG durch Verzicht oder nicht rechtzeitige Zahlung der Patentgebühren oder durch Nichtigkeitserklärung nach § 13 PatG und Zurücknahme nach § 15 Abs. 2 PatG. In dem hier vorliegenden Fall der Nichtzahlung von vier Jahresgebühren ist nicht die Tatsache der Nichtzahlung zur Zeit der Fälligkeit allein entscheidend, sondern gemäss § 11 Abs. 3 PatG erst der Ablauf einer vom Patentamt zu setzenden Nachfrist. Sollte diese Frist etwa durch Versehen der Post oder durch nicht ordnungsgemässe Zustellung der Nachfristsetzung nicht wirksam in Gang gesetzt worden sein - was nach den Ausführungen der Klägerin denkbar wäre -, so wäre das Patent materiell nicht erloschen und es hätte der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht bedurft. Sollte dagegen die Fristsetzung wirksam und nur die Benachrichtigung von der Löschung nicht in den Besitz der Patentinhaber gekommen sein, so wäre des Patent tatsächlich durch Ablauf der Nachfrist mangels Zahlung erloschen. Im ersteren Fall bliebe ein von der Beklagten in der Zwischenzeit bewusst oder unbewusst unternommener Eingriff in das Patent eine Patentverletzung, im zweiten Falle wäre der Gegenstand des Klagepatents bis zu seiner Wiederherstellung patentfrei gewesen, also der Erwerb eines Weiterbenutzungsrechts möglich. Die Klägerin hat bisher über die Vorgänge, die zur Löschung des Patentes geführt haben, geschwiegen. Es wird Aufgabe des Berufungsgerichts sein, durch Ausübung des Fragerechts diesen Sachverhalt durch weitere Erklärungen der Klägerin, gegebenenfalls durch Herbeiziehung der Patentakten zu klären. An sich spricht die Löschung des Patents in der Patentrolle in Verbindung mit der unstreitigen Nichtzahlung mehrerer Jahresgebühren für ein materielles Erlöschen des Patents. Beide Parteien wie auch die Vorinstanzen sind deshalb bisher ohne weiteres von diesem materiellen Erlöschen ausgegangen. Wenn demgegenüber die Klägerin Tatumstände behaupten sollte, aus denen ein materieller Fortbestand des Klagepatents gefolgert werden müsste, so wäre sie für dieses Vorbringen beweispflichtig.

3.Auf das in letzter Linie von der Beklagten in Anspruch genommene Vorbenutzungsrecht des § 7 PatG wird es nur ankommen, wenn die neue Verhandlung den materiellen Fortbestand des Klagepatents in der Löschungszeit ergeben sollte. In dieser Hinsicht geht das Berufungsgericht davon aus, dass Ernst Mergell, der ursprüngliche. Inhaber des Patents Nr. 741 148, vor der Anmeldung des Klagepatents und vor der Veräusserung seines Patents und seines Geschäftsbetriebes an die Beklagte bereits im Besitz des Erfindungsgedankens des Klagepatents gewesen sei. Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen nicht eindeutig erkennen, ob sich dieser Erfindungsgedanke auf das später erwirkte Patent Nr. 741 148 oder auf das Klagepatent bezog, oder ob der Erfindungsgedanke beide Patente umfasst. Es wird notwendig sein, den Gegenstand und die Tragweite beider Erfindungen, gegebenenfalls auch ihre gegenseitige Überschneidung, zu erörtern. Erst diese Prüfung kann ergeben, ob die Beklagte auf Grund der Vorbenutzung ihres Rechtsvorgängers ein Recht auf Herstellung und Vertrieb der Verletzungsformen in Anspruch nehmen kann.

Das Berufungsgericht legt das entscheidende Gewicht für die Versagung des Vorbenutzungsrechtes darauf, dass Ernst Mergell zur Zeit der Anmeldung des Klagepatents noch nicht die erforderlichen Anstalten zur Benutzung seiner Erfindung getroffen habe. Insbesondere erachtet es die vorgelegten Zeichnungen und Bestellungen von Probestücken, namentlich im Hinblick auf mehrere langfristige Unterbrechungen nicht als eine ausreichende Betätigung des ernstlichen Willens, die Erfindung gewerblich auszunutzen.

Der Revision ist darin beizupflichten, dass diese Begründung des Berufungsgerichts eine erschöpfende Würdigung des Sachverhalts vermissen lässt. Sie haftet - abgesehen von der Übergehung einschlägiger Beweisanträge zu eng an den einzelnen, für die Vorbenutzung beigebrachten Tatbeständen und übersieht ihren Zusammenhang. Ernst Mergell hatte sich bereits seit Jahren mit der Herstellung von Wäschepressen befasst und auch ein anderweites Patent auf diesem Gebiet erhalten. Er hatte auch auf Grund seiner Veranstaltungen kurz nach der Anmeldung des Klagepatents selbst ein latent angemeldet und erhalten und ist alsbald nach Behebung der kriegsbedingten Schwierigkeiten zusammen mit der Beklagten zur wirtschaftlichen Ausbeutung seines Gedankens geschritten, wobei hier ausser Betracht bleiben kann, ob dieses Patent eine erschöpfende Verfolgung seines Erfindungsgedankens war. Alles das ist geeignet, ein zielbewusstes und fortgesetztes Handeln zu belegen, dem gegenüber die zeitlichen Intervalle der äusserlich nachweisbaren Veranstaltungen sehr wohl ein minderes Gewicht haben könnten, zumal da sie in eine Zeit grosser Rohstoff- und Beschaffungsschwierigkeiten fielen und andererseits nichts dafür spricht, dass Mergell in der Zwischenzeit untätig geblieben ist. Das Berufungsgericht hat es versäumt, die Vorbereitung der Benutzung in diesem Zusammenhange zu würdigen.

III.Nach den Ausführungen über das Weiterbenutzungsrecht kann auch die Entscheidung des Berufungsgerichts über den Rechnungslegungs- und Schadensersatzanspruch keinen Bestand haben. Nach dem bisher vorliegenden Sachverhalt konnte die Beklagte damit rechnen, es werde ihr auch nach der Mitteilung, dass die Löschung des Patents zu Unrecht erfolgt sei, zum Mindesten ein Weiterbenutzungsrecht zustehen. Solchenfalls handelte sie bei der Weiterbenutzung der Verletzungsformen nicht schuldhaft. Anders würde die Sachlage erst dann zu beurteilen sein, wenn die Klägerin Tatsachen dargelegt und zum Mindesten glaubhaft gemacht haben würde, die den Fortbestand des Patents in der Löschungszeit belegen könnten. Das hat aber die Klägerin nicht nur unterlassen, sondern sich überhaupt geweigert, der Beklagten Einblick in die Vorgänge der Wiedereinsetzung zu geben. Von einem Verschulden der Beklagten kann infolgedessen erst dann die Rede sein, wenn sie ernstlich die Möglichkeit des Versagens ihres Weiterbenutzungsrechtes in Rechnung ziehen muss.

Nach alledem musste das Urteil aufgehoben und zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.