Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 13.11.1953, Az.: I ZR 140/52
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 14. Mai 1952 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Klägerin schloß am 30. August 1950 mit der Beklagten einen Chartervertrag in Form der Gencon-Charter. Danach verpflichtete sich die Klägerin, ihren Dampfer "O." um den 5. September 1950 herum in N. Y. anzudienen.
Nachdem die Klägerin die Beklagte mit Fernschreiben vom 1., 4. und 6. September 1950 aufgefordert hatte, die Ablader bekannt zu geben, gab die Beklagte der Klägerin am 7. September 1950 die Firma Co. Shipping Co., Inc., N. Y. 4, als Abladerin auf. Die Klägerin stellte fest, daß eine solche Firma nicht existiere, und wandte sich sofort erneut an die Beklagte. Diese erklärte, daß ihre Mitteilung auf einem Versehen beruhe, und benannte am 8. September 1950 die Firma Cos. Shipping Co., Inc. als Abladerin. Als sich die Klägerin noch an demselben Tage fernmündlich mit dieser Firma in Verbindung setzte, erhielt sie die Mitteilung, daß die genannte Firma über die erwähnte Ladung überhaupt nicht unterrichtet sei. Tatsächlich hatte die Beklagte überhaupt keine Ablader. Nachdem die Klägerin gegen ein solches Geschäftsgebaren mit Fernschreiben vom 8. September 1950 Protest erhoben und sich alle Rechte wegen der ihr entstehenden Schäden vorbehalten hatte, erklärte die Beklagte, die Klägerin habe keinen Anlaß zu irgendwelcher Besorgnis, da die A. ... Bank voor International Handel die Finanzierung des Geschäfts übernommen und auch durchgeführt habe. Auch diese Erklärung der Beklagten stellte sich als falsch heraus. Auf fernmündliche Antrage der Klägerin teilte die genannte Bank am 9. September 1950 mit, daß sie mit der Finanzierung nichts zu tun habe. Hiervon ließ die Klägerin der Beklagten noch an demselben Tage Kenntnis geben. Darauf versprach die Beklagte der Klägerin, daß bis zum 11. September 1950 (Montag) eine schriftliche Bestätigung der Bundesregierung, der Bank und des Käufers gegeben werde, daß der mit dem Dampfer "O." abgeschlossene Transport auf alle Fälle durchgeführt werde, und ließ gleichzeitig darauf hinweisen, daß möglicherweise um die Option der Belandung in N. O. nachgesucht werde.
Am 11. September 1950 traf die "O." in N. Y. ein und meldete die Ladebereitschaft bei der ihr von der Beklagten zuletzt benannten Cos. Shipping Co. Inc. Diese Firma teilte der Klägerin erneut mit, daß sie mit der Durchführung der Beladung nichts zu tun habe. Die Klägerin fragte nunmehr mit Fernschreiben vom 11. September 1950 an, ob die Beklagte bereit sei, das nach dem Chartervertrag vereinbarte tägliche Liegegeld von 600 $ zu zahlend. Schließlich gab die Klägerin der Beklagten noch an demselben Tage mit einem weiteren Fernschreibenbekannte, daß sie sich von den Verpflichtungen aus dem Chartervertrag befreit betrachte, falls die Beladung des Schiffes nicht spätestens am 12. September 1950, 12 Uhr, beginne oder die Beklagte eine Bankgarantie für die Durchführung des Chartervertrages stelle. In einem Telefongespräch, das der Prokurist P. der Beklagten von H. aus am Abend des 12. September 1950 mit dem die Klägerin vertretenden Schiffsmakler in Pa. führte, will die Beklagte nach Ihrer - von der Klägerin bestrittenen - Darstellung gegen die angedrohte Zurückziehung des Schiffes protestiert haben. Im. übrigen hat sie ein Depot in Höhe des Liegegeldes für vier Tage angeboten und zugleich angefragt, ob die Abladung in N. O. oder einem anderen Golfhafen erfolgen könne. Da keine Ladung angedient, kein Liegegeld bezahlt und auch die versprochenen Garantieerklärungen der Bundesregierung und der Bank nicht erteilt wurden, die Beklagte vielmehr nur die Möglichkeit einer Beladung in N.O. in Aussicht stellen ließ, teilte die Klägerin der Beklagten am 13. September 1950 mit, daß sie infolge des schuldhaften Verhaltens der Beklagten den Chartervertrag als nicht erfüllt ansehe, die "O." zurückziehe und sich wegen des Vertragsbruchs der Beklagten alle Schadensersatzansprüche vorbehalte.
Unabhängig von diesem Schritt der Klägerin überreichte die Beklagte der Firma Frachtcontor J. & Co. einen Verrechnungsscheck in Höhe des Gegenwertes von vier Tagen Liegegeld (4 Ã 600 $ = 10.080 DM) zu getreuen Händen als Depot für die Klägerin ohne Präjudiz der Rechtslage, und zwar hinsichtlich eines eventuell entstehenden Liegegeldanspruchs. Die Firma Frachtcontor J. & Co. gab mit Fernschreiben vom 13. September 1950, 16.20 Uhr, die Hinterlegungsmeldung an die Klägerin weiter und übermittelte erneut die Antrage der Beklagten wegen einer Option für Abladung in N. O. Nachdem die Beklagte trotz einer bereits am 13. September 1950 um 17.45 Uhr ausgesprochenen Ablehnung die Antrage wegen dieser Option nochmals am 14. September 1950, 13.12 Uhr, hatte wiederholen lassen mit dem Hinweis, daß sie sich Ansprüchen der Klägerin darauf berufen werde, die Erfüllung der Charter in dieser Weise angeboten zu haben, ließ die Klägerin der Beklagten mit Fernschreiben vom 14. September 1950, 15.55 Uhr, mitteilen, daß die Erteilung der erbetenen Option ohne die Stellung einer Bankgarantie für die tatsächliche Durchführung nicht in Frage komme und daß die "O." wieder in den Liniendienst eingereiht werde. Da die Beklagte auch eine derartige Bankgarantie nicht erbringen konnte, wurde die "O." nach Angabe der Klägerin am 15. September 1950 abends in ein anderes Hafenbecken in N. Y. verholt und am 28. September 1950 wieder in den Liniendienst eingereiht.
Mit der Klage fordert die Klägerin Ersatz der Kosten für die vergebliche Beorderung des Schiffes nach N. Y. Sie stützt ihren Schadensersatzanspruch ausdrücklich auf Klausel 13 des Chartervertrages ("Indemnity for non-Performance of this Charter-party, proved damages, not exceeding estimated amount of freight"). Nach dem Gencon-Chartervertrag sei die Abladung eine echte Schuldnerleistung ("... That the said vessel shall ... load a full and complete cargo ... which the Charterers bind themselves to ship ..."). Darüber hinaus sei die Beklagte nach den Klauseln "on liner term" und "Loading to be done fast can" (Klausel Nr. 16) verpflichtet gewesen, unverzüglich nach der, Anzeige der Ladebereitschaft zu beladen. Die Beklagte habe ihre Abladungsverpflichtung nicht erfüllt bzw. wegen nachträglicher objektiver Unmöglichkeit nicht erfüllen können. Sie habe von vornherein ein seltsames Geschäftsgebaren an den Tag gelegt und der Klägerin wiederholt Anschriften von Maklern und Bankinstituten aufgegeben, die überhaupt nicht informiert oder sonst beteiligt gewesen seien. Die Beklagte habe überhaupt keine Ablader gehabt. Die von ihr für den Hafen N. O. erbetene Option habe deutlich gezeigt, daß für sie die Erfüllung des Vertrages in absehbarer Zeit unmöglich gewesen sei; die ganze Befrachtung sei ein reines Spekulationsgeschäft gewesen. Unter diesen Umständen habe die Klägerin mit Recht über die "O." anderweitig disponiert und der Beklagten ihren Dampfer "B." für eine Abladung in N. O. fest angedient unter der Voraussetzung, daß eine Bankgarantie gestellt werde. Auf mehrfache nachfrage habe die Beklagte schließlich am 29. September 1950 einen Ablader benannt, der jedoch auf Antrage ebenfalls erklärt habe, daß er nichts an die Beklagte zu liefern habe. Nach dem gesamten Geschäftsgebaren der Beklagten, das auch eine unerlaubte Handlung darstelle, sei der Klägerin nicht zuzumuten gewesen, noch weiterhin mit der Beklagten in Geschäftsverbindung zu bleiben.
Die Beklagte hat den Klaganspruch nach Grund und Hohe bestritten und ausgeführt, die Klägerin habe sich nicht an § 577 HGB gehalten. Diese Vorschrift sei nicht durch die Charter abgeändert worden. Auch habe die Beklagte nicht auf die Einhaltung dieser Vorschrift verzichtete Danach sei die Klägerin verpflichtet gewesen, die Ladezeit abzuwarten, auch wenn während dieser Zeit nicht mit der Abladung begonnen worden sei. Auch sei die Überliegezeit nicht durch die Anzeige der Klägerin gemäß § 577 Abs. 1 HGB in Wegfall geraten; denn sie habe der Umdisposition der Klägerin ausdrücklich widersprochen und dies noch durch die Anlegung des Depots unterstrichen. Die zur Verfrachtung vorgesehene Partie Fleisch in Dosen sei vorhanden gewesen; daß sie bei Eintreffen der "O." nicht zur Verfügung gestanden habe, sei einzig und allein darauf zurückzuführen, daß nicht die Auftraggeberin der Beklagten, die Firma K. & Co., sondern andere Importteure den Import genehmigt erhalten hätten. Dadurch sei eine Veränderung in der Auswahl der Spediteure und Befrachter eingetreten. Wenn der Beklagten der Dampfer "O." während der Wartezeit von 26 1/2 Tagen zur Verfügung gestanden hätte, so würde sie es unter Einschaltung von Bo. und F. durchgesetzt haben, daß die Partie durch sie verschifft worden wäre. Jedenfalls hätte sie in dieser Zeit eine Ersatzladung beschaffen können. Nachdem die Klägerin vertragsbrüchig geworden sei, könne sie sich nicht auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen.
Die Klägerin hat mit der Klage zunächst Schadensersatz in Höhe von 25.423,10 $ zuzüglich der Courtage verlangt. Später hat sie die Klage auf 26.449,76 $ erhöht. Schließlich hat sie im ersten Rechtzug die Klage auf den DM Gegenwert von 15.174,67 $ nebst Zinsen ermäßigt.
Das Landgericht hat nach Beweiserhebung die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat Berufung eingelegt mit dem Antrag, unter Ermäßigung der Streitsumme auf 30.000 DM das angefochtene Urteil vollen Umfangs aufzuheben und nach dem Klagantrag zu erkennen. Im Verhandlungstermin vom 30. April 1952 hat sie unter Vorbehalt weiterer Ansprüche beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Beklagte verurteilt wird, den Gegenwert von 15.174,67 zuzüglich 5 % Zinsen seit dem 18. September 1950 zum amtlichen Kurs des Zahlungstages auf ein noch zu errichtendes Sperrkonto der Klägerin bei einem noch zu benennenden Geldinstitut im Bundesgebiet Deutschland zu zahlen. Das Berufungsgericht hat den Klaganspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Sache zur Verhandlung und Entscheidung über den Betrag des streitigen Anspruchs und über die Kosten der Berufung an das Landgericht zurückverwiesen.
Mit der Revision erstrebt die Beklagte Abweisung der Klage. Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht geht mit dem Landgericht zutreffend davon aus, daß der Rechtsstreit nach deutschem Recht zu entscheiden ist. Diese Auffassung entspricht Grundsätzen, die der erkennende Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Reichsgerichts bei der Feststellung des Schuldstatuts im Sinne des internationalen Privatrechts anwendet. Danach ist in erster Linie der ausdrückliche oder stillschweigende Parteiwille zu ermitteln. Ist eine solche Feststellung nicht möglich, so ist der sogenannte mutmaßliche (hypothetische) Parteiwille maßgebend. Dabei handelt es sich in Wirklichkeit nicht um die Ermittelung hypothetisch-subjektiver Vorstellungen der Parteien, sondern um eine vernünftigem Wege der ergänzenden Rechtsfindung vorzunehmenden - Interessenabwägung auf objektiver Grundlage. Anhand einer objektiven, verständigen und gerechten Abwägung der berechtigten Interessen beider Parteien ist unter Berücksichtigung aller Eigenheiten des Falles und unter Wahrung der Erfordernisse der Rechtssicherheit der nächste Anknüpfungspunkt zu den in Betracht kommenden Rechtsordnungen zu ermitteln (BGHZ 9, 221 [BGH 14.04.1953 - I ZR 152/52] [223]; 7, 231 [235]; BGH 1. Februar 1952 - I ZR 123/50 - in NJW 1952, 540; RGZ 122, 316 [319]). Im vorliegenden Fall ist der Chartervertrag in H. geschlossen worden. Dort waren auch die Hauptverpflichtungen beider Teile, der Transport der Güter und die Bezahlung der Fracht, zu erfüllen. Die Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien haben sich hauptsächlich in H. abgewickelt, wo die Beklagte und der deutsche Makler der Klägerin ihren Sitz haben. Schließlich haben sich auch beide Parteien im vorliegenden Rechtsstreit vorbehaltlos auf deutsches Recht berufen.
II.1)Das Landgericht hatte die Klagforderung im Hinblick auf §§ 580, 585, 567, 574 HGB und §§ 326 Abs. 1, 304 BGB geprüft und das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Vorschriften für die Geltendmachung von Zahlungsansprüchen verneint. Zutreffend hat das Berufungsgericht demgegenüber ausgeführt, daß es auf die Untersuchungen darüber, ob der Klägerin ein Anspruch auf Fautfracht nach §§ 580, 585 HGB zustehe, nicht ankomme, da die Klägerin nicht Fautfracht verlange, sondern ihre Schadensersatzansprüche auf die Klausel 13 der Charter stütze. Dieser Klausel entspricht inhaltlich die in deutschsprachigen Charterformularen vorkommende Klausel "Im Falle der Nichterfüllung dieses Frachtvertrages ist seitens des schuldigen Teils dem vertragstreuen Teil der nachgewiesene Schaden zu ersetzen; die Vergütung darf jedoch nicht den geschätzten Frachtbetrag überschreiten" (vgl Capelle, Die Frachtcharter in rechtsvergleichender Darstellung, 1940, 566).
2)Die Parteien streiten darüber, auf wessen schuldhaftes Verhalten ("Vertragsbruch", "breach of charter") die Nichterfüllung des Chartervertrages zurückzuführen sei.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, daß ihr infolge des unzuverlässigen Geschäftsgebarens der Beklagten nicht, zuzumuten gewesen sei, noch länger auf eine Beladung des Schiffes zu warten, und daß sie jedenfalls nach Ablauf der bis zum 12. September 1950 gesetzten Frist das Recht gehabt habe, ihr Schiff zurückzuziehen.
Demgegenüber macht die Beklagte geltend, daß die Klägerin unter Verletzung des § 577 HGB vor Ablauf der Ladezeit und trotz der entgegengesetzten Anweisung der Beklagten das Schiff zurückgezogen habe. Der vorliegende Fall sei durch § 577 HGB besonders geregelt. Danach sei die Klägerin verpflichtet gewesen, bis zum Ablauf der Ladezeit und auf Anweisung des Befrachters darüber hinaus bis zum Ablauf der Überliegezeit zu warten. Nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches habe der Verfrachter keine Möglichkeit, diese Wartezeit abzukürzen. Unter Berücksichtigung des für den Hafen von N. Y. bestellenden Ortsgebrauchs (§ 568 HGB) und der Klausel 16 des Chartervertrages sei die Ladezeit auf mindestens 9 1/2 Arbeitstage zu bemessen. Da nach Klausel 7 des Chartervertrages Liegegeld - in Höhe von täglich 600 $ festgesetzt sei, gelte nach § 568 Abs. 3 HGB auch eine Überliegezeit als vereinbart, die nach § 568 Abs. 2 HGB 14 Tage betrage. Hinzu komme nach § 570 HGB noch eine weitere Wartefrist von drei Tagen, so daß der Beklagten für eine Beladung der "O." insgesamt 26 1/2 Tage hätten zur Verfügung stehen müssen. Tatsächlich habe die Klägerin aber nicht einmal die Ladezeit abgewartet. Nach den Torschriften des Handelsgesetzbuchs werde der Vertrag erst mit dem fruchtlosen Ablauf der vorbezeichneten Wartefrist hinfällig. Vorher könne auch kein Schadensersatzanspruch entstehen. Bei Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches härte sich die Klägerin als Vorleistungspflichtige allenfalls unter den Voraussetzungen des § 321 BGB vorzeitig von dem Vertrage lösen können.
3)Das Berufungsgericht ist im Ergebnis mit Recht der Auffassung der Klägerin gefolgt, indem es die Wartezeit nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuches wegen "Vertragsbruchs" der Beklagten für vorzeitig beendet erachtet hat. Zur Begründung hat das Berufungsgericht in erster Linie ausgeführt, daß sich die Beklagte der "positiven Vertragsverletzung" schuldig gemacht habe; sie habe sich als unzuverlässig erwiesen und ein Verhalten gezeigt das geeignet gewesen sei, das Mißtrauen der Klägerin in solchem Maße zu erregen, daß dieser nicht zuzumuten gewesen sei, ihrerseits, den Vertrag zu erfüllen. Auf Grund der positiven Vertragsverletzung sei die Klägerin berechtigt gewesen, sich ohne Fristsetzung vom Vertrage loszusagen, und gemäß § 276 BGB Schadensersatz zu verlangen. Im übrigen hat das Berufungsgericht die Schadensersatzpflicht der Beklagten auch aus § 326 BGB bejaht mit der Begründung, die Beklagte habe sich außer Stande erklärt, die Landung in N. Y. anzudienen. Damit habe sie die Erfüllung einer "Hauptleistung" (RGZ 103, 257 [258]) verweigert. Durch diese Erfüllungsverweigerung sei die Wartepflicht der Klägerin entfallen, die deshalb mit Recht ihr Schiff zurückgezogen habe und aus § 326 BGB von der Beklagten Ersatz des ihr durch die Erfüllungsverweigerung entstandenen Schadens verlangen.
Das Berufungsgericht würdigt den für vorliegend erachteten Tatbestand der "Erfüllungsverweigerung" anders als das vorhergehende, in der Zeit vor Anzeige der Ladebereitschaft liegende "unzuverlässige" Verhalten der Beklagten rechtlich nicht als "positive Vertragsverletzung" sondern will die Rechtsfolgen der Erfüllungsverweigerung anscheinend unmittelbar der Vorschrift des § 326 BGB einnehmen. Ob diese Rechtsauffassung zutrifft und ob schon eine - vorläufige oder endgültige - Verweigerung der Andienung der Ladung den Verzug hinsichtlich einer aus eine "Hauptverpflichtung" geschuldeten Leistung begründen kann, braucht hier nicht geprüft zu werden. Auch kann unerörtert bleiben, welche Dauer die für den vorliegenden Fall sich aus Vertrag und Gesetz ergebende Wartezeit gehabt hat und ob die Beklagte, wie die Klägerin in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Sachverständigen Vogemann angenommen hat, bereits mit Beginn der Ladebereitschaft verpflichtet war, für jeden nicht zur Beladung ausgenutzten Arbeitstag Liegegeld zu zahlen. Denn das Berufungsgericht hat bereits wegen des in die Zeit bis zum 12. September 1950 fallenden Verhaltens der Beklagten deren Schadenersatzpflicht aus "positiver Vertragsverletzung" mit Recht bejaht.
III.Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt sind alle schuldhaften Forderungsverletzungen zu prüfen, die weder eine Unmöglichkeit der Leistung noch Verzug zur Folge haben. Zur Erfüllung einer Vertragsverbindlichkeit gehört alles, was aus dem Vertrage vom Vertragsschuldner verlangt werden kann (RGZ 160, 310 [314]). In diesem weiten Sinn umfaßt die Verbindlichkeit nicht nur alle Haupt- und Nebenpflichten, wie Vorbereitungs- und Obhutspflichten. Auskunfts- und Anzeigepflichten, Mitwirkungspflichten usw., sondern auch die sogenannten reinen "Gläubigerobliegenheiten", zu denen z.B. beim Werkvertrag die zur Herstellung des Werkes erforderlichen Handlungen des Gläubigers (§ 642 BGB) zu zählen sind; derartige Handlungen sind "Sache des Gläubigers", ohne daß jedoch insoweit eine echte "Verpflichtung" entsteht. Jede schuldhafte Leistungsstörung, die durch eine Verletzung dieser im weitesten Sinne aufzufassenden "Vertragspflichten" den Vertragsgegner schädigt, begründet eine Verpflichtung zum Schadensersatz. Dieser in Rechtslehre und Rechtsprechung allgemein anerkannte Rechtssatz ist auch ohne ausdrücklichen Ausspruch als Gesetzesinhalt anzusehen (RGZ 106, 22 [26 aE]); er ergibt sich zumindest aus der rechtsähnlichen Anwendung der Bestimmungen, über die Folgen der verschuldeten Unmöglichkeit und des Verzuges (vgl §§ 280, 286, 325; 326 BGB). Das Reichsgericht hat zwar in ständiger Rechtsprechung die Rechtsfolgen des Schadensersatzes unmittelbar aus § 276 BGB hergeleitet, obwohl diese Vorschrift nach richtiger Auffassung nur einen Haftungsmaßstab enthält, aber keine Rechtsfolge ausspricht; Immerscheidung im Ergebnis anerkannt, daß es zur Begründung des Rechtssatzes einer solchen Heranziehung des § 276 BGB nicht bedarf (vgl noch Palandt BGB 11. Aufl § 276 Anm. 7 a; Enneccerus-Lehmann, Schuldrecht, 1950, § 55 II; Stoll, Abschied von der Lehre der positiven Vertragsverletzung, ArchZivPrax 136, 277 ff, insbesondere S 282-285).
Soweit die schuldhafte Forderungsverletzung nicht die im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Sondertatbestände der Unmöglichkeit der Leistung und des Verzuges. - zur Folge hat und einen über das Erfüllungsinteresse hinausgehenden Schaden verursacht, ist dieser Schaden gemäß § 249 ff BGB zu ersetzen. Das gilt nicht nur für einseitige, nicht von einer Gegenleistung abhängige Verbindlichkeiten sondern auch für gegenseitige Vorträge (RGZ 161, 330 [337 f]). Bei gegenseitigen Verträgen ist der geschädigte Vertragsteil jedoch nicht auf die Geltendmachung eines solchen, das "negative" (Vertrauens- oder Ausgleichs-)Interesse betreffenden Schadens beschränkt; der von der positiven Vertragsverletzung betroffene Vertragsteil kann vielmehr unter gewissen Voraussetzungen weitere Rechte geltend machen, die ihrem Inhalt nach zwar den sich aus §§ 325, 326 BGB ergebenden Rechten entsprechen, die ihren Rechtsgrund aber letztlich in § 242 BGB finden. Wird durch die "positive" Vertragsverletzung der Vertragszweck derart gefährdet, daß dem Vertragstreuen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Vertrages und damit auch die Bewirkung der ihm nach dem Vertrage an sich obliegenden Leistung nicht zugemutet werden kann, so kann er seinerseits die Erfüllung des Vertrages verweigern und nach seiner Wahl Schadensersatz wegen Nichterfüllung, also das - "positive" - Erfüllungsinteresse verlangen oder auch vom Vertrage zurücktreten (RGZ 54, 98; 57, 114; 67, 5 f; 311 [317]; 93, 285 f; 104, 15 f; 106, 22 [25 f]; 152, 119 ff = JW 1936, 3529 Nr. 3 mit Anmerkung von Barz auf S 3531 unter Ziff 2; RGZ 161, 330 [337]; RG GruchBeitr 65, 221 Nr. 27; WarnRspr 1917 Nr. 83 S 118 f; 118 Nr. 137 S 206 f; RG JW 1927, 1632 Nr. 4; 1936, 2391 Nr. 7; 1938, 2010 Nr. 10; DR, 1939, 1881 [1883]).
Während der Anspruch, der auf Ersatz der über das Erfüllungsinteresse hinaus gehenden Schadens gerichtet ist, die Erfüllung des Vertrages grundsätzlich unberührt läßt, wird im Fall der "unzumutbaren Gefährdung des Vertragszwecks", die Erfüllung des Vertrages ausgeschlossen. Wer danach die Erfüllung des Vertrages verweigern darf ist auch berechtigt, vom Vertrage zurückzutreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist kein über das Erfüllungsinteresse hinausgehender Schaden. Der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch kann - auch vom Standpunkt des Reichsgerichts aus - nicht, wie es nach den. Ausführungen des Berufungsgerichts scheinen könnte, nur aus der Anwendung des § 276 BGB begründet werden. Die in erster Linie erforderliche Prüfung, ob sich die Klägerin angesichts des Verhaltens der Beklagten vorzeitig vom Vertrage lossagen durfte, hängt vielmehr davon ab, ob der Klägerin unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben überhaupt noch zuzumuten war, ihre sich aus dem Chartervertrag ergebenden Verpflichtungen, die u.a. im wesentlichen die Bereitstellung des Schiffes und die Ausführung der Beförderung zum Gegenstand hatten, weiterhin zu erfüllen. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuches - nicht nach besonderen Vorschriften des Handelsgesetzbuches - entfallen diese Verpflichtungen, wenn der Charterer durch sein Verhalten schuldhaft den Vertragszweck derart gefährdet, daß dem Verfachter die Erbringung der den Gegenstand dieser Verpflichtungen bildenden Leistungen - nicht mehr zuklagten, daß die Klägerin als Vorleistungspflichtige nur unter den Voraussetzungen des § 321 BGB zu einer Verweilschrift regelt nur den Sonderfall, daß sich nachträglich die Vermögensverhältnisse der Vorleistungsberechtigen - auch ohne sein Verschulden - Wesentlich verschlechtern; sie schließt aber nicht aus, daß aus § 242 BGB nach Treu und Glauben auch in der Wirkung weitergehende Beschränkung der Vorleistungspflicht gerechtfertigt sein könne. Im übrigen ist der Vorleistungspflichtige nach herrschender zutreten, wenn der Vorleistungsberechtigte nicht bereit ist, die durch Verschlechtung seiner Vermögensverhältnisse eingetretene Gefährdung des Vertragszweck durch Zug-um-Zug-Leistung oder durch Sicherheitsleistung zu seitigen.
Für die Feststellung des Tatbestandes der positiv Vertragsverletzung genügt im vorliegenden Fall jedes Verschulden. Im übrigen kommt es entscheidend nur darauf an daß der Grad der Verletzung so erheblich ist, daß nicht nur der Vertragszweck gefährdet ist, sondern daß dem Verletzten infolge dieser Gefährdung die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zugemutet werden kann (RGL JW 1936, 2391 Nr. 7) ist die Vertragsverletzung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Falles, insbesondere der Natur des Vertagtes und der besonderen Verhältnisse und Interessen der Vertragsparteien so wesentlich, daß dem vertragstreuen Teil die Fortsetzung des Vertrages nicht länger zugemutet werden kann, so bedarf es - zumindest in der Regel - auch der Setzung einer Frist und der Androhung der Ablehnung der Erfüllung nicht mehr (RGZ 104, 39 [41]; Enneccerus-Lehmann Schuldrecht 1950 S 227). Der von der Vertragsverletzung Betroffene kann vielmehr unter Angabe der für ihn bestimmenden Gründe ohne weiteres vom Vertrage abgehen. Maßgebend können hierbei immer nur die bis zum Tage der Erklärung vorhandenen und vom Verletzten als für seine Erklärung bestimmend bezeichneten Gründe sein (Urt. d. BGH vom 25. April 1951 - II ZR 113/50 - in Lindenmaier-Möhring BGB § 276 Bd. Nr. 1; RG JW 1927, 1632 [1634]). Ein Nachscheiben neuer Gründe ist nicht mehr zulässig (RGZ 123, 238 [240]; RG HRR 1930 Nr. 1437). Für die Berechtigung der die Lossagung vom Vertrage enthaltenden Erklärung kommt eine spätere Änderung des Verhaltens oder der Auffassung der Vertragsbeteiligten nicht mehr in Betracht (RGZ 142, 268 [274]).
IVGeht man von diesen rechtlichen Erwägungen aus, so sind die vom Berufungsgericht auf Grund des unstreitigen Sachvortrages der Parteien getroffenen Beststellungen durchaus geeignet, die von der Klägerin erklärte Erfüllungsverweigerung zu rechtfertigen.
Obwohl die Beklagte überhaupt keine Ablader hatte, hat sie der Klägerin am 7. September 1950 die - nicht existierende - Co. Shipping Co. und am 8. September 1940 die Cos. Shipping Co., Inc., aufgegeben. Als die Klägerin wegen dieser wiederholten falschen Angaben mißtrauisch geworden war, suchte die Beklagte die Klägerin am 9. September 1950 mit der Erklärung zu beruhigen, daß die A. bank voor International Handel die Finanzierung des Geschäfts übernommen und auch durchgeführt habe. Auch diese Erklärung erwies sich auf sofortige Bückfrage hin als unwahr. ach diesem Verhalten der Beklagten mußte die Klägerin nicht nur - subjektiv berechtigte Zweifel an der Verwirklichung ihres auf ordnungsmäßige Durchführung der Charter gerichteten Leistungsinteresses hegen; auch war - objektiv - angesichts des pflichtwidrigen schuldhaften Verhaltens der Beklagten die Gefahr einer Interessenvereitelung der Klägerin gegeben. Ohne Rechts Irrtum hat deshalb das Berufungsgericht festgestellt, bereite zwei Tage vor Eintreffen des Dampfers in N. Y. sei die Lage so gewesen, daß die Klägerin die Nichterfüllung des Vertrages seitens der Beklagten ernstlich habe befürchten müssen die Beklagte habe sich wiederholt unzuverlässig gezeigt; ihr Verhalten hätte schon damals die sofortige Zurückziehung des Schiffes gerechtfertigt.
Die dem Verfrachter obliegende Verleistungspflicht enthält regelmäßig ein beträchtliches wirtschaftliches Risiko, das nur dann zumutbar und tragbar erscheint, wenn der Charterer alles vermeidet, was geeignet sein könnte, die für die Durchführung eines solchen Vertrages erforderliche Vertrauen grundlage zu erschüttern. Nach dem unstreitigen Sachverhalt mußte das unzuverlässige Verhalten der Beklagten in der Klägerin die ernstliche Befürchtung erwecken, daß eine ordnungsmäßige Durchführung des Vertrages nicht mehr zu erwarten sei. Die Klägerin hat sich trotz der Erschütterung des Vertrauensverhältnisses nicht ohne weiteres vom Vertrage losgesagt, sondern hat der Beklagten - der in § 321 BGB getroffenen Regelung vergleichbar - eine Chance gegeben, die bei der Klägerin hinsichtlich der Erfüllung des Vertrages entstandenen Zweifel und Bedenken durch Andienung der Ladung oder durch Stellung einer Bankgarantie bis zum 12. September auszuräumen. Mit dieser Fristsetzung hat die Klägerin jedenfalls alles getan, was man im Interesse der Wahrung der beiderseitigen Vertragsinteressen bei Bewirkung der Gegenleistungen billigerweise nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) von ihr erwarten konnte die Beklagte hat die ihr gewährte Chance nicht genutzt. Sie hat die Bedingungen, von der die Klägerin das Besthalten am Vertrag abhängig gemacht hat, nicht erfüllt. Bei dieser Sachlage konnte der Klägerin, die ihren Sitz im Ausland hat und ihre Ansprüche nur in Deutschland hätte verfolgen können, mangels ausreichender Sicherheit nicht mehr zugemutet werden, sich weiterhin der Gefahr eines durch das Biegen des Schiffes sich ständig vergrößernden Schadens auszusetzen. Das Vertrauen der Klägerin in die Vertragstreue der Beklagten war damit endgültig so stark erschüttert daß ihr das Besthalten am Vertrage nicht mehr zugemutet werden konnte. In einem solchen Ball ist die zunächst eingetretene Interessengefährdung einer Interessenvereitelung gleichzusetzen (hierzu Stoll a.a.O. S 287 ff, 296). Die Klägerin hat mit Fernschreiben vom 13. September 1950 den gegen die Beklagte erhobenen Vorwurf des Vertragsbruchs und den Entschluß, das Schiff zurückzuziehen und Schadensersatz zu verlangen, ausdrücklich mit dem unzuverlässigen Verhalten der Beklagten begründet ("... having been twice misled ..."). Mit dieser Erklärung war die Klägerin endgültig von der Erfüllung des Vertrages befreit und berechtigt, nach Klausel 13 der Charter Schadensersatz zu verlangen. An den durch die Erklärung der Klägerin eingetretenen Rechtsfolgen konnte sich durch das spätere Verhalten der Beklagten, die zu Gunsten der Klägerin bei deren H. Makler einen Verrechnungsscheck über 10.080 DM zu getreuen Händen hinterlegen und dringend um eine Option für Beladung in N. O. bitten ließ, nichts mehr ändern.
V.Die Revision meint, die Voraussetzungen einer positiven Vortragsverletzung seien weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht gegeben. Durch die drei irrtümlichen Mitteilungen der Beklagten sei der Vertragszweck nicht gefährdet worden, da die Klägerin ohnehin zu warten verpflichtet gewesen sei; noch weniger könne die Fortsetzung des Vortrages allein wegen der Weitergabe dieser irrtümlichen Mitteilungen als unzumutbar bezeichnet werden. Das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, daß sich die Klägerin durchaus darüber im klaren gewesen sei, die Beklagte sei nur als Reedereiunternehmen bei Abschluß des Chartervertrages tätig gewesen, habe mit dem der Verschiffung zugrunde liegenden Importgeschäft aber nichts zu tun gehabt. Insoweit habe sie sich auf die Mitteilungen der Importfirma Kögel & Co. verlassen dürfen.
Diese Einwendungen der Revision sind nicht stichhaltig.
1)Es kann mit der Revision - entgegen der vom Berufungsgericht unter Hinweis auf RGZ 103, 257 ff vertretenen Auffassung davon ausgegangen werden, daß die Beklagte als Charterin nicht verpflichtet gewesen sei - auch nicht durch besondere Vertragsabreden -, der Klägerin als Verfrachterin die nach dem Vertrage zu befördernden Güter - als Schuldnerleistung - zu liefern, und daß es sich bei der für die Güterbeförderung an sich erforderlichen Mitwirkung der Beklagten nur um eine mitwirkende Gläubigerhandlung gehandelt habe (Wüstendorfer, Neuzeitliches Seehandelsrecht, 2. Aufl, S 244; Capelle a.a.O. S 366 ff insbesondere 370 Note 8). Die Revision, irrt aber, wenn sie meint, hinsichtlich derartiger. "Gläubigerobliegenheiten" gehe es keine positiven Vertragsverletzungen. In der Rechtsprechung und in der Rechtslehre wird gerade auch für Werkverträge, zu denen der Chartervertrag als Raumfrachtvertrag gehört (Wüstendorfer a.a.O. S 229 einhellig die Möglichkeit positiver Vertragsverletzungen bejaht RGZ 104, 15 f; 152, 119 ff; WarnRspr 1918 Nr. 137 S RGRKomm 10. Aufl. BGB § 642 Anm. 1 und 2; Staudinger-Nipperdey 10. Aufl BGB § 642 I 2 a. Anm. 2; Soergel 8. Aufl BGB § 642 Bem 4; Enneccerus-Lehmann, Schuldrecht 1950 § 152 III 2 S 614; Esser, Schuldrecht 1949 S 300).
2)Auch die Vorschrift des § 577 HGB steht der Annahme einer positiven Vertragsverletzung nicht entgegen. Diese Vorschrift regelt den Fall, daß der Dritte, der die Ladung liefern soll (Ablader), nicht zu ermitteln ist oder die Ladung verweigert. Ein solcher Sachverhalt kann - entsprechend der Vorschrift des § 642 BGB - hinsichtlich der fälligen Beförderungsleistung des Verfrachters zum Annahmeverzug des Befrachters führen (vgl hierzu Capelle a.a.O. S 327 ff, 376, 428). Beruht aber der Umstand, daß der Ablader "nicht zu ermitteln ist", darüber hinaus auf einem den Vertragszweck gefährdenden, schuldhaften Verhalten des Befrachters, so kann durchaus auch eine nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu beurteilende positive Vertragsverletzung gegeben sein. Insoweit entspricht die Rechtslage der bereits dargelegten Rechtsprechung zu § 642 BGB, welche Vorschrift nur die Rechtsfolgen des Annahmeverzuges beim Unterbleiben der zur Herstellung des Werkes erforderlichen Gläubigermitwirkung behandelt, während bei einem insoweit vorliegenden Verschulden des Bestellers auch Ansprüche wegen positiver Vertragsverletzung gegen sein können.
3)Schließlich versucht die Revision noch, aus der mangelnden Personenidentität, zwischen Charterer und Importeur das Fehlen eines Verschuldens der Beklagten zu begründen. Die Revision meint, das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, daß die unrichtigen Angaben über Ablader und Finanzierung des Geschäfts auf einem Verschulden der Beklagten beruhten; auch sei dies den Ausführungen des Berufungsurteils nicht mittelbar zu entnehmen.
Auch diese Rüge ist nicht gerechtfertigt. Das Berufungsgericht stellt ausdrücklich fest, daß die Beklagte schon bei der Benennung der nicht existierenden Firma Co. Shipping Co., "sehr leichtfertig" unwahre Angaben gemacht habe und daß sich die Beklagte wegen der weiteren von ihr gemachten unwahren Angaben "wiederholt unzuverlässig gezeigt" habe; die Klägerin habe mit Recht die Verbindung mit dein "erwiesenermaßen unzuverlässigen" Vertragspartner sofort abgebrochen. Diese Feststellungen lassen ohne Rechtsirrtum den Torwurf der Fahrlässigkeit erkennen. Die Klägerin kann sich auch nicht damit entschuldigen, daß sie auf die Mitteilungen der Firma K. & Co. angewiesen gewesen sei. Es war auf Grund des Chartervertrages ihre Sache, der Klägerin die Ausführung des Frachtvertrages zu ermöglichen; dazu gehörte in erster Linie auch die Benennung des Abladers. Selbst wenn die Beklagte zunächst angenommen hätte daß der Firma K. & Co. bereits eine Importlizenz erteilt oder fest zugesagt worden sei, so würde sie dadurch nicht der Pflicht enthoben worden sein, die Angaben der Firma K. & Co. in geeigneter Weise nachzuprüfen, als sie wegen der sich wiederholt als falsch herausstellenden Angaben übt den Ablader Zweifel an der Zuverlässigkeit der Angaben der Firma K. & Co. haben mußte. Es gehörte zu den "Obliegenheiten" der Beklagten, sich hinreichend über die Person des von ihr anzugebenden Abladers zu unterrichten. Hierzu wäre sie auch durchaus in der Lage gewesen, indem sie sich z.B. die der Firma K. & Co. vorliegenden, die Abladung betreffenden Unterlagen hätte geben, lassen oder sich selbst rechtzeitig mit dem ihr von der Firma K. & Co. aufgegebenen Ablader in Verbindung gesetzt hätte. Nachdem sich aber die Angaben dieser Firma hinsichtlich des Abladers zweimal als unwahr erwiesen hatten, hätte die Beklagte keinesfalls ohne eigene Nachprüfung die Angabe über die Finanzierung des Geschäfts weitergeben dürfen. Sie hätte bei gehöriger Vorbereitung ihrer zur Ausführung des Charactervertrages erforderlichen Mitwirkung alsdann ohne weiteres feststellen können, daß überhaupt keine Ablader vorhanden waren, da überhaupt noch kein genehmigtes Importgeschäft vorlag. Ale Firma K. & Co., der die Beklagte den Streit verkündet hat, hatte der Beklagten lediglich in der Hoffnung, an dem vorgesehenen Import von Fleischkonserven beteiligt zu werden, ohne ausreichende Sicherung den Auftrag zum Abschluß eines Chartervertrages erteilt. Tatsächlich ist ein solches Importgeschäft für die Firma K. & Co. niemals genehmigt worden.
VI.Unter entsprechender Anwendung der §§ 325, 326 BGB kann die Klägerin Ersatz des Schadens verlangen, den sie durch die von der Beklagten schuldhaft verursachte Nichterfüllung des Vertrages erlitten hat, und zwar nach Klausel 13 des Chartervertrages bis zur Höhe des geschätzten Frachtbetrages. Daß der Klägerin infolge der Nichterfüllung des Vertrages überhaupt ein Schaden entstanden ist, kann den Umständen nach nicht zweifelhaft sein und wird auch von der Beklagten nicht bestritten. Handelt es sich hierbei auch nicht eigentlich um den Schaden, "der durch die vergebliche" Beorderung des Schiffes nach N. Y. entstanden ist, wie das Berufungsgericht meint, sondern um das - positive - Vertragsinteresse der Klägerin, so ist bei dem gegebenen Sachverhalt das vom Berufungsgericht erlassene Grundurteil der Klägerin vorgenommenen Schadensberechnung kann im einzelnen dem vom Landgericht durchzuführenden Betragsverfahren überlassen bleiben, wobei der Klägerin erforderlichenfalls Gelegenheit zu geben sein wird, den durch die Nichterfüllung des Vertrages entstandenen Schaden unter Berücksichtigung der hierfür von der Rechtsprechung zu §§ 325, 326 BGB entwickelten Rechtsgrundsätze und der aus der Klausel 13 des Chartervertrages folgenden Regelung im einzelnen darzulegen.
Nach alledem war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.