Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 15.12.1954, Az.: II ZR 322/53
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Celle vom 12. Oktober 1953 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten der Revisionsinstanz zu entscheiden hat.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Konkursverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der Zuckerfabrik H.-F. Aktiengesellschaft. Der Beklagte war seit 1945 Abschlußprüfer der Gesellschaft. Der Kläger macht geltend, daß der Beklagte seine Obliegenheiten verletzt habe und der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet sei (§141 AktG).
Die AG sah schon in den ersten Kriegsjahren ihre Fabrikanlagen als veraltet und unrentabel an. Im Jahre 1946 entschloß sie sich zu einer weitgehenden Erneuerung der Anlageausrüstung und bestellte neue Maschinenanlagen. Die Anlagen wurden jedoch nicht, wie vorgesehen, im Jahre 1947, sondern erst nach der Währungsumstellung geliefert und eingebaut. In der Zeit vom 21. Juni 1948 bis zum 31. März 1949 wurden für einen Kesselhausneubau 848.000 DM und für Maschinenanschaffungen 343.000 DM aufgewendet. Zur Zeit der Währungsreform waren die alten Anlagen herausgenommen und auseinandergerissen. Das Geschäftsjahr lief vom 1. April bis 31. März. Die Anlagezugänge betrugen im Geschäftsjahr 1946/47 92.456 RM, im Geschäftsjahr 1947/48 217.937 RM, in der Zeit vom 1. April 1948 bis 20. Juni 1948 217.498 RM und bis zum 31. März 1949 rund 1.275.000 DM. Dem standen in der Zeit vom 1. April 1945 bis zum 20. Juni 1948 rund 200.000 RM und in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis zum 31. März 1949 rund 160.000 DM Abschreibungen gegenüber, Während die Gesellschaft für das Geschäftsjahr 1944/45 noch einen Gewinn von 2.800 RM auswies, ergab die Bilanz für 1945/46 einen Verlust von 94.227,35 RM, der sich im Geschäftsjahr 1946/47 auf 112.504,95 RM und 1947/48 auf 258.410,07 RM erhöhte. Im Geschäftsjahr 1947/48 nahm die Gesellschaft ein langfristiges Darlehen von 700.000 RM auf. Die Währungsumstellung brachte ihr eine beträchtliche Erhöhung des Eigenkapitals durch Umstellungsgewinne (920.000 DM) und eine wesentliche Schuldenentlastung, so daß die Unterdeckung der langfristigen Aktiven und Passiven, die am 20. Juni 1948 rund 294.000 RM betrug, in eine Überdeckung von rund 243.000 DM umgewandelt wurde. Das zur Zeit der Währungsumstellung laufende Investitionsprogramm wurde mit Hilfe kurzfristiger Kredite und durch Zuckerverkäufe der Kampagne 1948/49 finanziert. Rüben und laufende Verpflichtungen blieben dagegen in erheblichem Umfang unbezahlt. Zum 10. Januar 1949 berief der Vorstand die Hauptversammlung ein und machte ihr davon Anzeige, daß ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals eingetreten sei (§83 Abs. 1 AktG). Der Beklagte wurde zu einem Bericht über die Finanzlage der Gesellschaft aufgefordert. Er erstattete den Bericht unter dem 11. März 1949 für den 28. Februar 1949 und kam zu dem Ergebnis, daß zur Erreichung der nächsten Kampagne 862.084 DM benötigt würden und daß eine gesicherte Finanzlage nur durch Aufnahme eines lang- oder mittelfristigen Kredits mit mindestens siebenjähriger Laufzeit erreicht werden könne. Dieser Bericht lag der Hauptversammlung vom 14. März 1949 vor. Sie sprach dem Prokuristen M., der die Gesellschaft leitete - Vorstand und Aufsichtsrat waren Bauern -, einstimmig ihr Vertrauen aus. M. wurde wenige Tage darauf verhaftet, weil er für die Gesellschaft in erheblichem Umfang Kompensationsgeschäfte vorgenommen hatte. Die AG beauftragte den Wirtschaftsprüfer Wi., ihre finanzielle und wirtschaftliche Lage zu prüfen. Unter dem 14. April 1949 kam er zu dem Ergebnis, daß zum Fortbestehen der Gesellschaft ein Betrag von einer i Million gehöre. Anfang August 1949 beantragte die Gesellschaft die Eröffnung des Vergleichsverfahrens zur Abwendung des Konkurses. Dieser Antrag wurde am 5. August 1949 mit der Begründung abgelehnt, daß der Vermögensverfall der Gesellschaft durch den Vorstand leichtfertig herbeigeführt, der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens schuldhaft verzögert worden sei und der Vergleichsvorschlag nicht der Vermögenslage des Unternehmens entspreche; zugleich wurde der Anschlußkonkurs eröffnet.
Der Kläger behauptet, die vom Beklagten geprüften Jahresabschlüsse enthielten grobe Fehler, Bilanzfälschungen und -frisuren, seine Berichte deckten das nicht auf und seien ihrerseits in vieler Beziehung falsch, die Finanzlage der Gesellschaft sei schon im Geschäftsjahr 1944/45 bedrohlich gewesen, schon damals habe eine Unterdeckung bestanden, die allein für das Anlagevermögen 136.000 RM betragen habe, unstreitig hat der Beklagte bei den Abschlußprüfungen die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft nicht geprüft und in seinen Berichten über die Abschlußprüfungen nicht erörtert. Der Kläger ist der Ansicht, daß zu den Aufgaben des Abschlußprüfers auch Untersuchungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft gehörten. Infolge der Fehler des Beklagten bei den Abschlußprüfungen und des Unterlassens jeglicher Hinweise auf die bedrohliche Lage der Gesellschaft seien die hohen Bestellungen zur Anlageerneuerung aufgegeben oder nicht wieder rückgängig gemacht worden. Der Beklagte sei mitverantwortlich dafür, daß nicht einmal das Rücktrittsrecht aus §20 Abs. 1 UmstG ausgeübt worden sei. Der Kläger macht dem Beklagten weiter zum Vorwurf, daß er nicht schon in seinem Bericht über den Abschluß für das Geschäftsjahr 1947/48 auf die Notwendigkeit der Anzeige nach §83 Abs. 1 AktG hingewiesen hat. Schließlich habe der Beklagte in seinem Bericht vom 11. März 1949 die Lage der Gesellschaft schuldhaft zu rosig beurteilt und den Geldbedarf zu niedrig bemessen. Hierdurch und, weil er auf der Hauptversammlung vom 14. März 1949 jede Berichterstattung über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft abgelehnt habe, habe bei Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung noch im Frühjahr 1949 Unklarheit über die wirkliche Lage der Gesellschaft bestanden. Wenn zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr viel zu retten gewesen sei, so habe der Beklagte doch Vorstellungen gegenüber der Säumigkeit der Verwaltung der Gesellschaft erheben müssen, damit ein Entschluß über die Stellung eines Antrages auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens zur Abwendung des Konkurses gefaßt würde. Für die verspätete Anbringung eines solchen Antrages sei der Beklagte mitverantwortlich. Der Kläger behauptet, der Beklagte habe mit Möller zum Schaden der Gesellschaft zusammengearbeitet und dessen Fehlplanungen durch unzureichende Berichterstattung gedeckt. Er nimmt den Beklagten auf Ersatz sowohl des Schadens in Anspruch, der durch die behaupteten Fehler in der Berichterstattung und durch die Unterlassung von Hinweisen auf die Lage der Gesellschaft entstanden ist, wie des Schadens, der dadurch entstanden ist, daß der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens schuldhaft verzögert wurde und es demzufolge zum Konkursverfahren gekommen ist. Er beziffert den Schaden auf mindestens 250.000 DM und verlangt Zahlung eines Teilbetrages von 6.001 DM.
Der Beklagte bestreitet Versehen bei seinen Abschlußprüfungen und Berichten. Er vertritt den Standpunkt, daß es nicht Aufgabe des Abschlußprüfers sei, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens zu prüfen und über die Vermögens-, Finanz- und Liquiditätslage und die Rentabilitäts-, Kosten- und Umsatzentwicklung Überlegungen anzustellen und sich hierzu zu äußern. Er meint, die gegenteilige Ansicht des Klägers laufe darauf hinaus, dem Abschlußprüfer die Verantwortung für Maßnahmen der Verwaltung der Gesellschaft aufzubürden, der die Dispositionen des Vorstandes jedoch nicht zu prüfen, nicht zu beurteilen und nicht zu kritisieren habe. Es sei auch nicht die Aufgabe des Abschlußprüfers, sich darüber schlüssig zu machen, ob und wann die Gefahr eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs oder des Konkurses des Unternehmens drohe. Deshalb sei er auch nicht für die Verzögerung des Antrages auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens verantwortlich. Er verweist darauf, daß er in seinen Prüfungsberichten mehrfach zum Ausdruck gebracht hat, daß ihm "ein Auftrag zur Prüfung der Rentabilität und Liquidität der Bilanz nicht erteilt" worden sei. Er führt aus, der Vorstand sei anhand der Jahresabschlüsse in der Lage gewesen, festzustellen, daß das 1946 aufgenommene langfristige Darlehen von 700.000 RM zur Finanzierung der beabsichtigten Anlagenerneuerung nicht ausreichte und daß darüber hinaus ein Mißverhältnis zwischen Anlagevermögen einerseits und langfristigem Eigen- und Fremdkapital andererseits bestand. Die bedrohliche Finanzlage der Gesellschaft habe sich mit aller Klarheit aus den Bilanzen ergeben. Dasselbe gelte von der Rentabilität des Unternehmens; auch insoweit zeigten die Jahresabschlüsse eindeutig, daß sich die Gesellschaft vor der Währungsumstellung in einer schweren Krise befand. Sache allein des Vorstandes sei es gewesen, hieraus die nötigen Folgerungen zu ziehen und seine Dispositionen hierauf einzurichten. Im übrigen sei nicht die Finanzlage der Gesellschaft vor dem 20. Juni 1948, sondern der Umstand, daß die Währungsreform vor Beendigung der Anlagenerneuerung gekommen sei, und die Verhaftung M., die dem Betrieb den maßgebenden Fachmann genommen und den in dessen Person gesetzten Kredit zerstört habe, die Ursache des Konkurses. Etwaige Fehler bei den Abschlußprüfungen und -berichten oder beim Prüfungsbericht vom 11. März 1949 hätten auf den Geschehensablauf und insbesondere die Konkurseröffnung keinen Einfluß gehabt. Am 31. März 1948 habe noch kein Anlaß zu der Anzeige gemäß §83 Abs. 1 AktG vorgelegen, da der damalige Verlust nicht die Hälfte des Grundkapitals ausgemacht habe; außerdem habe er diesen Jahresabschluß erst in der Zeit vom 13. April 1948 bis zum 21. Juni 1948 geprüft und seinen Bericht bis zum 26. Juli 1948 fertiggestellt; schließlich habe die Umstellung eine derartige Umwertung des Vermögens und der Schulden der Gesellschaft mit sich gebracht, daß es sinnlos gewesen wäre, dem Vorstand auf Grund der überholten Reichsmarkbilanz per 31. März 1948 die Einberufung der Hauptversammlung zu empfehlen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt er den Klageantrag weiter, während der Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
I.1.Das Berufungsgericht stellt einwandfrei fest, daß die Berichte des Beklagten über die von ihm vorgenommenen Abschlußprüfungen ungewöhnlich dürftig und in vieler Beziehung falsch waren und daß die Jahresabschlüsse grobe Fehler enthalten. Darin stimmen die vorliegenden Gutachten überein; sie gehen lediglich in der Bewertung der einzelnen Mängel und ihrer Ursächlichkeit für den entstandenen Schaden sowie in der Beurteilung des Aufgabenbereichs des Abschlußprüfers auseinander.
2.Das Berufungsgericht entnimmt den §§135, 140, 141 AktG, daß sich die Abschlußprüfung lediglich darauf zu erstrecken habe, ob der Jahresabschluß, die Buchführung und der den Jahresabschluß erläuternde Teil des Geschäftsberichts sachlich richtig seien und den gesetzlichen Anforderungen entsprächen. Es meint, das Aktiengesetz sehe bloß eine rechnungsmäßige und rechtliche, nicht aber eine wirtschaftliche Prüfung vor. Anders als §53 GenG und §10 der VO vom 30.3.33 (RGBl I, 180) beziehe das Aktienrecht die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens nicht in die Pflichtprüfung ein. Aus der Fassung der §§135, 140, 141 AktG und dem Unterschied zur Regelung für Genossenschaften und Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand folge, daß es bei Aktiengesellschaften nicht Aufgabe des Abschlußprüfers sei, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu prüfen und zu erörtern. Dem Abschlußprüfer obliege nicht, Entschlüsse und Maßnahmen des Vorstandes zu kritisieren. Es möge zwar allgemeiner Berufsausübung der Wirtschaftsprüfer entsprechen, im Bericht über die Abschlußprüfung auf die wirtschaftliche Lage, die Rentabilität und die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft einzugehen. Aber die Berufsausübung könne das Gesetz nicht ändern, und nach dem Gesetz habe der Abschlußprüfer die wirtschaftliche Lage oder gar die Geschäftsführung weder zu überprüfen noch zu kritisieren. Dem Beklagten könne darum nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß er nicht davor gewarnt habe, Investitionen ohne ausreichende Deckung vorzunehmen, und daß er in seinen Pflichtprüfungsberichten nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft eingegangen sei.
Das ist nicht in allen Punkten richtig.
Die Tätigkeit des Abschlußprüfers besteht aus Prüfung (§135 AktG), Prüfungsbericht (§139 AktG) und Bestätigungsvermerk (§140 AktG). Die Prüfung des Jahresabschlusses erstreckt sich gegenständlich auf die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung (§125 Abs. 1 Satz 1 AktG) unter Einbeziehung der Buchführung und des Geschäftsberichts, soweit er den Jahresabschluß erläutert (§135 Abs. 1 AktG). Ihren Umfang legt §135 Abs. 2 AktG dahin fest, daß sowohl die sachgemäße Aufstellung des Jahresabschlusses und seine Übereinstimmung mit dem Bestandsverzeichnis und den Geschäftsbüchern als auch die Einhaltung der für den Jahresabschluß und den Geschäftsbericht gegebenen Vorschriften zu prüfen ist. Den Prüfungsbericht kennzeichnet §139 AktG als den schriftlichen Bericht über das Ergebnis der Prüfung. In ihm ist besonders festzustellen, ob die Buchführung, der Jahresabschluß und der Geschäftsbericht, soweit er den Jahresabschluß erläutert, den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und ob der Vorstand die verlangten Aufklärungen und Nachweise erbracht hat. Sind nach dem abschließenden Ergebnis der Prüfung keine Einwendungen zu erheben, so hat der Abschlußprüfer dies durch einen Vermerk zu bestätigen; der Bestätigungsvermerk muß ergeben, daß nach pflichtgemäßer Prüfung auf Grund der Bücher und der Schriften der Gesellschaft sowie der vom Vorstand erteilten Aufklärungen und Nachweise die Buchführung, der Jahresabschluß und der Geschäftsbericht, soweit er den Jahresabschluß erläutert, den gesetzlichen Vorschriften entsprechen (§140 Abs. 1 AktG) Sind Einwendungen zu erheben, so hat der Abschlußprüfer die Bestätigung zu versagen oder einzuschränken (§140 Abs. 2 AktG).
Der Geschäftsbericht zerfällt in zwei Teile: In dem einen sind der Geschäftsverlauf und die Lage der Gesellschaft darzulegen (§128 Abs. 1 AktG), im anderen ist der Jahresabschluß zu erläutern (§128 Abs. 2 AktG). Die §§135, 139 AktG und die beiden ersten Absätze des §140 AktG beziehen in die Prüfungs-, Berichts- und Bestätigungsaufgabe des Abschlußprüfers nicht den vom Geschäftsverlauf und der Lage der Gesellschaft handelnden Teil des Geschäftsberichts, sondern übereinstimmend nur den den Jahresabschluß erläuternden Teil des Geschäftsberichts ein. Der Abschlußprüfer hat aber auch den ersten Teil des Geschäftsberichts zu beachten. Denn er kann die Bestätigung auch dann versagen oder einschränken, wenn der Geschäftsbericht, soweit in ihm der Geschäftsverlauf und die Lage der Gesellschaft dargestellt sind, offensichtlich eine falsche Darstellung von den Verhältnissen der Gesellschaft erweckt, die geeignet ist, das durch den Jahresabschluß vermittelte Bild von der Lage der Gesellschaft zu verfälschen (§140 Abs. 5 AktG), und ein Urteil hierüber ist ihm nur möglich, wenn er diesen Teil des Geschäftsberichts wenigstens kennt.
Der Jahresabschluß, der seine rechnerische Grundlage in der Buchführung hat, und der Geschäftsbericht sind die Mittel der Rechnungslegung. Ihr ist der 5. Teil des Aktiengesetzes gewidmet, der in drei Abschnitte gegliedert ist und dessen erster Abschnitt (§§125 bis 134) vom Jahresabschluß, von der Gewinnverteilung und vom Geschäftsbericht handelt, während sich der zweite Abschnitt (§§135 bis 142) über die Prüfung des Jahresabschlusses verhält. Die Aufstellung des Jahresabschlusses und des Geschäftsberichts ist Sache des Vorstandes (§§125 Abs. 1, 127 Abs. 1 AktG). Die Prüfung des Jahresabschlusses besteht darum in der Prüfung einer Rechnungslegung, und zwar des Vorstandes, Rechnung legen heißt, wirtschaftliche Vorgänge und Tatsachen darstellen. Die Prüfung einer Rechnungslegung bedeutet daher nicht mehr als diese Darstellung nachprüfen. Die aktienrechtliche Abschlußprüfung hat die Prüfung der Rechnungslegung des Vorstandes auf ihre sachliche Richtigkeit, ihre Ordnungsmäßigkeit und Gesetzlichkeit zum Inhalt. Sie ist eine Rechnungslegungsprüfung und keine Prüfung der von der Rechnungslegung erfaßten wirtschaftlichen Vorgänge und Tatsachen. Gewiß muß sich der Abschlußprüfer mit dem hinter Jahresabschluß und Geschäftsbericht stehenden Sachverhalt beschäftigen, um ihre Verwertung im Jahresabschluß und ihre Behandlung im Geschäftsbericht einwandfrei beurteilen zu können. Aber dieser Zweck begrenzt auch die Prüfungsaufgabe. Die aktienrechtliche Abschlußprüfung hat ihrer Sache und ihrer gesetzlichen Regelung nach nicht das Ziel, sämtliche Geschäftsvorfälle zum Gegenstand der Untersuchung zu machen, und ist nicht dazu da, Richtigkeit und Zweckmäßigkeit der Maßnahmen der Verwaltung beurteilen und sagen zu können, was im einzelnen anders oder besser hätte gemacht werden können oder sollen. Sie hat nicht die Aufgabe, die Geschäftsführung der Verwaltung zu untersuchen und zu beanstanden, fehlerhafte Entschlüsse zu verhindern oder Vorstand und Aufsichtsrat die Verantwortung abzunehmen. Sie hat den geschäftlichen Vorgängen und Tatsachen nur insoweit nachzugehen, als dies erforderlich ist, um die Ordnungsmäßigkeit und Übereinstimmung der Rechnungslegung mit Bestandsverzeichnis und Geschäftsbüchern beurteilen und über die Einhaltung der Grundsätze vorsichtiger Bewertung, der Bilanzklarheit und -wahrheit und aller sonstigen für Jahresabschluß und Geschäftsbericht aufgestellten Erfordernisse zu wachen. Nur die Ordnungs- und Gesetzmäßigkeit der Rechnungslegung selbst ist zu prüfen. §135 Abs. 1 AktG bestimmt nicht, daß Rechnungslegung, Geschäftsverlauf und Lage der Gesellschaft zu prüfen seien, sondern bezeichnet als Gegenstand der Prüfung den Jahresabschluß unter Einbeziehung der Buchführung und des Geschäftsberichts also die Mittel der Rechnungslegung, und schränkt die Prüfung des Geschäftsberichts noch dazu auf den den Jahresabschluß erläuternden Teil ein. Dementsprechend hat sich der Bestätigungsvermerk nach der eindeutigen Regelung in §140 AktG nur über die Buchführung, den Jahresabschluß und den Geschäftsbericht, soweit er den Jahresabschluß erläutert, und nicht auch über den Geschäftsverlauf und die Lage der Gesellschaft zu verhalten. Der Geschäftsverlauf und die Lage der Gesellschaft berechtigen als solche auch nach §140 Abs. 3 AktG nicht zur Versagung oder Einschränkung des Bestätigungsvermerks. Diese Möglichkeit, wenn nicht gar Pflicht, ist vielmehr nur gegeben, wenn durch den Geschäftsbericht, soweit in ihm der Geschäftsverlauf und die Lage der Gesellschaft dargelegt wird, offensichtlich eine falsche Darstellung von den Verhältnissen der Gesellschaft erweckt wird, die geeignet ist, das durch den Jahresabschluß vermittelte Bild von der Lage der Gesellschaft zu verfälschen. Also nur eine grob unrichtige Darstellung im Geschäftsbericht über den Geschäftsverlauf und die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft berechtigt oder verpflichtet zur Versagung oder Einschränkung des Bestätigungsvermerks, und dies auch nur dann, wenn die Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft derart falsch ist, daß sie das durch den Jahresabschluß über die Lage der Gesellschaft vermittelte Bild zu verfälschen geeignet ist. Aber selbst das genügt noch nicht, sondern die das Lagebild verfälschende Unrichtigkeit, muß offensichtlich sein. Inhalt und Sinn dieser Regelung ist es nicht, die Rechnungslegungsprüfung zu einer Prüfung auch der Lage der Gesellschaft zu erweitern.
Daß der aktienrechtliche Abschlußprüfer nicht die Aufgabe hat, die Lage der Gesellschaft zu prüfen, ergibt sich auch aus dem Unterschied der Regelung der §§135, 139, 140 AktG zu §53 GenG und §10 der VO vom 30.3.33 (RGBl I, 180). Denn dort ist bei Genossenschaften und Wirtschaftsbetrieben der öffentlichen Hand ausdrücklich die Prüfung auch der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung vorgeschrieben. Diese Regelung ist ohne Eingreifen des Gesetzgebers nicht ins Aktienrecht übertragbar, da sie besonderen Verhältnissen bei der Genossenschaft und den Wirtschaftsbetrieben der öffentlichen Hand Rechnung trägt.
Hat der aktienrechtliche Abschlußprüfer nicht die Lage der Gesellschaft zu prüfen, so kann es folgerichtig auch nicht die Aufgabe des Prüfungsberichts sein, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft zu erörtern. Davon ist denn auch in §139 AktG keine Rede.
Damit ist aber noch nicht entschieden, ob der Beklag te nicht Bedenken gegen die hohen Investitionen der Gemeinschuldnerin zu äußern hatte, wenn er anläßlich seiner Abschlußprüfung die Bedrohlichkeit der Lage erkannte. Diese Frage hat sich das Berufungsgericht nicht gestellt. Sie ist zu bejahen.
Der Abschlußprüfer wird von der Hauptversammlung gewählt oder vom Gericht bestellt (§136 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 AktG), der Vorstand hat dem gewählten Prüfer den Prüfungsauftrag zu erteilen (§136 Abs. 1 Satz 3 AktG). Der Abschlußprüfer übt seine Tätigkeit unabhängig von Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung aus, und leistet Arbeit, die an sich der Aufsichtsrat leisten müßte, jedoch zumeist nicht leisten kann. Er ist in die Organisation der Gesellschaft eingegliedert (§§138, 139 AktG). Aus alledem ergibt sich, daß der Abschlußprüfer Organ der Gesellschaft ist. Für die Folgen, die hieraus zu ziehen sind, ist es unerheblich, daß der Abschlußprüfer keine Vertretungsmacht hat und die Gesellschaft nicht gemäß §31 BGB haftbar machen kann. Es bleibt sich auch gleich, ob man ihn als Prüfungsorgan, als sachverständiges Hilfsorgan oder wie sonst bezeichnet. Mit den in §141 AktG behandelten Pflichten (Sorgfaltspflicht, Schweigepflicht, Haftung) ist der Pflichten kreis des Abschlußprüfers nicht erschöpft. Weitere Pflichten ergeben sich aus dem Vertrage und aus der Stellung des Abschlußprüfers als Organ der Gesellschaft. So darf er den Prüfungsbericht nicht unberechtigt verzögern oder den Bestätigungsvermerk nicht unbegründet verweigern. Er darf anderweit nicht so viel Arbeit übernehmen, daß ihm für die übernommene Abschlußprüfung keine ausreichende Zeit verbleibt. Strengste Objektivität ist nicht bloß eine Berufspflicht der Wirtschaftsprüfer, sondern eine rechtliche Pflicht des Abschlußprüfers. Vertrag und Organstellung ergeben ein besonderes Vertrauensverhältnis und begründen eine Treupflicht, die es dem Abschlußprüfer gebietet, seine Stimme warnend zu erheben, wenn ihm bei der Abschlußprüfung schwerwiegende Bedenken gegen die Geschäftsführung, die Rentabilität oder Liquidität kommen. Seine anläßlich der Abschlußprüfung gewonnenen Erkenntnisse darf er solchenfalls nicht für sich behalten, sondern muß darüber Vorstand und Aufsichtsrat oder doch eines von beiden Gremien unterrichten. Dies bedeutet für die Mitglieder der Verwaltung vielleicht nichts Neues, weil sie die wahre Lage des Unternehmens oder die sich anbahnende Entwicklung längst kennen oder aus der Bilanz ersehen haben. Auch solchenfalls läuft eine Redepflicht des Abschlußprüfers nicht bloß auf die Offenbarung dessen hinaus, was aus dem Jahresabschluß ohnehin zu erkennen oder bereits sonstwie bekannt ist. Warnungen des Abschlußprüfers werden kraft seiner Stellung innerhalb der Gesellschaft, kraft seiner Sachkunde oder allein wegen der Bedeutung seiner Persönlichkeit zur Überprüfung des möglicherweise schon bezogenen Standpunkts führen. Selbst wenn nur eine erneute Abwägung der für und gegen eine entscheidende Entschließung sprechenden Momente erreicht wird, hat die Redepflicht guten Sinn. Gewiß ist der aktienrechtliche Abschlußprüfer nicht für Entschließungen der Verwaltung verantwortlich. Aber er muß seine bei den Pflichtprüfungen gewonnene, wichtige Punkte betreffende Sachkenntnis einsetzen, damit sie bei Entschließungen der Verwaltung beachtet und der Gesellschaft nutzbar gemacht werden kann. Die Unterrichtung von Vorstand und Aufsichtsrat kann in einem Sonderbericht oder mündlich geschehen. Das wird vielfach zweckvoll sein, schon um Kreditschädigungen zu vermeiden. Der Abschlußprüfer kann allerdings keinesfalls haften, wenn seine Hinweise unbeachtet bleiben. Denn die Verantwortung dafür, daß die Geschäfte der Gesellschaft sachgemäß geführt werden, daß die Lage der Gesellschaft richtig beurteilt wird und daß aus ihr die notwendigen Schlußfolgerungen gezogen werden, trägt der Vorstand und bei Verletzung der Aufsichtspflicht auch der Aufsichtsrat. Aber der Abschlußprüfer muß seine bei den Pflichtprüfungen gewonnenen Erkenntnisse vorbringen und darf nicht schweigend zusehen, wenn sich eine ruinöse Entwicklung anbahnt oder die Gefahr des Zusammenbruchs entsteht. Damit ist der Redepflicht zugleich die unerläßliche Grenze gesetzt, im übrigen werden der Takt und das sich aus dem einzelnen Sachgegenstand ergebende Maß dafür bestimmend sein, worauf der Abschlußprüfer aus Anlaß der Pflichtprüfung hinweisen und was er kritisieren darf. Im gezogenen Rahmen der Redepflicht darf die Rücksicht auf das eigene persönliche Verhältnis zu einzelnen Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern keine Rolle spielen und der Wahrnehmung der Interessen der Gesellschaft keinesfalls vorangestellt werden; Zurückhaltung ist hier nicht am Platze. §141 AktG kennt eine Haftung des Abschlußprüfers nicht bloß bei Nichterfüllung der ausdrücklich aufgeführten Pflichten, sondern für alle Verletzungen von Obliegenheiten. Darunter fallen innerhalb der aufgezeigten Grenzen auch Verstöße gegen die Redepflicht.
3.Das Berufungsgericht hält die Dürftigkeit und Fehlerhaftigkeit der Abschlußprüfungsberichte des Beklagten, soweit sie die Zeit bis zur Währungsumstellung betreffen, für den Schaden der Gesellschaft nicht für ursächlich. Es meint, aus diesen Berichten sei erkennbar gewesen, daß der Betrieb unwirtschaftlich und unrentabel gewesen sei und daß die Verschuldung ab 1945 schnell zugenommen habe. Die Verluste seien sogar noch höher, als ausgewiesen, gewesen. Es sei unerheblich, ob der Aufsichtsrat dies erkannt habe, denn es sei anzunehmen, daß er auch bei Kenntnis der wirklichen Verlustzahlen und der Unzulänglichkeit der Jahresabschlüsse nichts gegen die im Jahre 1946 beschlossenen Investitionen unternommen hätte. Da die Betriebsanlagen einer Modernisierung bedurft hätten, um den veralteten Betrieb wieder rentabel zu machen, und seinerzeit nicht Geld, sondern die Beschaffung von Sachwerten das wirtschaftliche Denken beherrscht habe, seien Verluste nicht nur kein Hemmnis, sondern vielmehr geeignet gewesen, die Ausführung des Entschlusses, die Anlageausrüstung zu erneuern, zu fördern. Das könnte, so meint das Berufungsurteil weiter, anders zu beurteilen sein, wenn Vorstand und Aufsichtsrat Art und Höhe der Erneuerung der Anlagen auf Grund der ausgewiesenen Verluste und des sonstigen Zahlenmaterials genau auskalkuliert hätten; in dieser Richtung habe der Kläger jedoch nichts vorgetragen und keinen Beweis angetreten. Die Fehlerhaftigkeit der Jahresabschlüsse, die Unzulänglichkeit der Prüfungsberichte des Beklagten und die Lage der Gesellschaft hätten für die Erteilung und Aufrechterhaltung der zur Erneuerung der Betriebsanlagen aufgegebenen Bestellung keine Rolle gespielt. Auch die Erkenntnis, daß die 1946/47 beschafften 700.000 RM zur Finanzierung der beschlossenen Investierungen nicht ausreichen würden, würde nicht zu einer Änderung des Entschlusses geführt haben, weil es der Gesellschaft vor der Währungsumstellung mühelos gelungen wäre, für die Schaffung von Sachwerten weitere Kredite zu bekommen. Wären die neuen Anlagen noch vor dem 20. Juni 1948 geliefert worden, so hätte selbst ihre Bezahlung in D-Mark die Gesellschaft nicht umgeworfen. Zu ihrem Ruin habe vielmehr geführt, daß für die neuen Anlagen mehr als eine Million D-Mark habe aufgewendet werden müssen. Diese Folge sei nicht zu verhindern gewesen, da die alten Maschinen zur Zeit der. Währungsumstellung herausgerissen gewesen seien, so daß nur ein nichtarbeitsfähiger Betrieb vorhanden gewesen sei. Hiermit hätten Vorstand und Aufsichtsrat der Gesellschaft ein unverantwortliches Risiko auf sich genommen. Für die Herausnahme der Anlagen vor der Währungsreform könne der Beklagte nicht verantwortlich gemacht werden.
Diese Ausführungen sind, wenn auch nicht in allen Einzelheiten, so doch im Ergebnis nicht zu beanstanden. Es bedarf keiner Erörterung, ob Vorstand und Aufsichtsrat ein Verschulden daran trifft, daß die Anlagen gerade am 20. Juni 1948 herausgerissen waren, oder ob dies an der Ungunst der Verhältnisse (dem Zeitpunkt der Währungsumstellung, dem saisonbedingten Betrieb der Gesellschaft und Lieferungszusagen der Lieferanten der neuen Einrichtung) lag. Zu entscheiden ist auch nicht, ob die Investierungsplanung zu verantworten war. Der Entschluß, die Anlageausrüstung zu erneuern, beruhte, wie das Berufungsgericht rechtlich einwandfrei festgestellt hat, auf der Tatsache, daß der Betrieb veraltet und unrentabel war, und auf der Überlegung, daß es ratsam sei, einen möglichst weitgehend modernisierten Betrieb im Zeitpunkt der Währungsreform zu haben, um dann von größeren Investitionen entlastet zu sein Die Annahme des Berufungsurteils, daß es für diese Überlegung nichts ausgemacht haben würde, wenn die Verluste der Gesellschaft richtig ausgewiesen worden wären und der Beklagte auf die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft hingewiesen hätte, liegt im Bereich des Möglichen und ist darum für das Revisionsgericht bindend. Der Senat hat daher davon auszugehen, daß, selbst wenn der Beklagte die Mängel der Jahresabschlüsse, die wirklichen Verluste und die Bedrohlichkeit der Lage aufgezeigt hätte, die Investitionen weder unterblieben noch die einmal aufgegebenen Bestellungen rückgängig gemacht worden wären. Es ist nicht festgestellt, daß der Beklagte etwas davon wußte, daß sämtliche Altanlagen auf einmal ausgebaut werden sollten und wurden. Sich hierum zu kümmern, war nicht seine Sache. Der Entschluß zum Herausreißen der alten Anlagen wäre nach der aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Annahme des Berufungsgerichts auch dann gefaßt worden, wenn der Beklagte seiner Abschlußprüfungs- und seiner Redepflicht genügt hätte. Sein Verhalten war für diesen Entschluß in keiner Weise maßgebend. Nachdem die alten Anlagen entfernt waren, bestand, wie das Berufungsgericht von der Revision unbeanstandet annimmt, keine andere Möglichkeit, als die bestellten neuen Anlagen einsetzen zu lassen. Damit entfiel die Möglichkeit des Rücktritts gemäß §20 UmstG. Ein Hinweis des Beklagten auf diese Vorschrift hätte an dieser Zwangslage nichts ändern können. Es bedarf darum keiner Erörterung, ob der Beklagte zu einem solchen Hinweis verpflichtet war.
4.Das Berufungsgericht unterstellt, daß schon zum 31. März 1948 die Hälfte des Grundkapitals verloren war und läßt offen, ob der Abschlußprüfer die Pflicht hat, die Anzeige aus §83 Abs. 1 AktG anzuregen. Es stellt fest, daß der Beklagte seine Arbeiten für diese Abschlußprüfung, erst nach der Währungsumstellung abgeschlossen habe. Zu diesem Zeitpunkt sei ein Hinweis auf die Anzeigepflicht ohne praktische Bedeutung gewesen, da sich die früher bestehende Unterdeckung von 294.000 RM infolge der Währungsumstellung in eine Überdeckung von 243.000 DM umgewandelt habe.
Es bedarf keiner Entscheidung, ob das im einzelnen richtig ist oder ob der Abschlußprüfer nicht schon in dem Augenblick, in dem er den Verlust von mehr als der Hälfte des Gründkapitals erkennt, einen Hinweis hierauf zu gehen hat und damit keineswegs bis zur Fertigstellung seines Prüfungsberichts, warten darf. Denn bei der festgestellten Zwangsläufigkeit des weiteren Geschehensablaufs hätte ein Hinweis auf einen die Anzeigepflicht des §83 Abs. 1 AktG auslösenden Verlust nur dann praktische Bedeutung gewinnen können, wenn er so zeitig erfolgt wäre, daß er das Herausreißen der Anlageausrüstung hätte verhindern können. Dafür, daß der Beklagte den Hinweis so zeitig hätte geben können, fehlt jeder Anhalt, ja, eine dahingehende Behauptung des Klägers.
5.Zutreffend hat das Berufungsgericht die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe mit M. zusammengearbeitet und dessen Fehlplanungen durch bewußt unzureichende Berichterstattungen gedeckt, für nicht bewiesen angesehen. Der Revision kann nicht gefolgt werden, der Berufungsrichter habe in diesem Zusammenhang die Richtigkeit der Behauptung prüfen müssen, der Beklagte habe noch Anfang 1949 geäußert, die Fabrik sei seiner Ansicht nach ein Goldklumpen, den man nur zu heben verstehen müsse. Denn das Berufungsgericht hat die Richtigkeit dieser Äußerung unterstellt und daraus nicht auf ein Zusammenspiel mit Möller geschlossen, weil der Beklagte etwa zur selben Zeit in seinem Bericht vom 11. März 1949 auf einen Kreditbedarf von immerhin rund 800.000 DM hingewiesen hat.
Nach alledem ist der erhobene Anspruch im wesentlichen unbegründet.
II.Nicht einwandfrei sind dagegen die Erörterungen, mit denen das Berufungsgericht die Mitverantwortlichkeit des Beklagten für die Verzögerung des Antrages auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens ablehnt. Es beschränkt sich insoweit auf den Hinweis, daß der Beklagte den Aufsichtsrat durch seinen Bericht vom 11. März 1949 in die Lage versetzt habe, die Hauptversammlung zu unterrichten und hält die Behauptung, der Beklagte habe das Unternehmen noch Anfang 1949 als einen Goldklumpen bezeichnet, den man nur zu heben verstehen müsse, in diesem Zusammenhang für unerheblich.
Wenn auch durch die Anzeige des Vorstandes vom 10. Januar 1949 klar war, daß das Grundkapital zu mehr als der Hälfte verloren war, und wenn auch die sachkundige Auswertung der in der vorläufigen Bilanz per 31. Dezember 1948 ausgewiesenen Zahlen ergibt, daß die Investitionen in Höhe von 276.062,46 DM nicht gedeckt waren - um diesen Betrag überstiegen die kurzfristigen Verbindlichkeiten (1.419.981,65 DM) das Umlaufvermögen (1.143.919,19 DM) -, so bleiben doch Zweifel übrig, ob nicht der Beklagte mit schuld an der Verzögerung des Konkursantrages ist. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, wie es zu dem Bericht des Beklagten vom 9. Februar 1949 über die vorläufige Bilanz per 31. Dezember 1948 gekommen ist, ob er ihn im Rahmen seiner Pflichtprüfungsaufgabe oder auf Grund besonderen Auftrags erstattet hat. Davon hängt ab, ob der Beklagte auch über Entwicklung und Lage der Gesellschaft zu berichten oder bloß der oben dargestellten Redepflicht zu genügen hatte. Der Beklagte hat sich in dem Bericht vom 9. Februar 1949 auf den Hinweis beschränkt, daß die Aufwendungen für den Kesselhausneubau 880.967,32 DM betrügen, wovon vor Beginn der Kampagne lediglich 17.619,32 DM abgeschrieben werden könnten, und daß die Zugänge an Maschinen, Apparaten und am Fuhrpark insgesamt 355.695,97 DM ausmachten. Er hat aber die finanzielle Lage der Gesellschaft weder klar angesprochen noch seine Stimme warnend erhoben.
Der Kläger hatte behauptet, daß die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der Gemeinschuldnerin eine Bilanz nicht auszuwerten verständen und daß dem Beklagten dies bekannt gewesen sei oder nicht habe entgehen können. Das Berufungsgericht hat dieser Behauptung keine Beachtung geschenkt.
Es hat von seinem oben abgelehnten Standpunkt aus dem keinen Wert beigemessen, daß es der Beklagte nicht für seine Pflicht erachtet hat, Hinweise über die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage zu geben und daß er demzufolge auch davon, abgesehen hat, Bedenken zu äußern und die auf Grund dieser Lage notwendigen Maßnahmen mit Vorstand und Aufsichtsrat zu besprechen. Es hat deshalb auch nicht untersucht, welchen Lauf die Dinge genommen hätten, wenn der Beklagte diese Pflicht erfüllt hätte, statt sich auf die Aneinanderreihung von Zahlen und wenige verbindende Worte dazu zu beschränken.
Das Berufungsgericht ist auch nicht der Behauptung des Klägers nachgegangen, die Fehler der Reichsmarkabschlüsse, die mangelhafte Berichterstattung des Beklagten hierüber und die ihm schon bis zur Währungsumstellung zur Last fallenden Verletzungen der Warnungspflicht hätten sich auch noch im Jahre 1949 ausgewirkt; noch weit über die Hauptversammlung vom 14. März 1949 hinaus habe bei den Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern mindestens f die klare Vorstellung von der Bedrohlichkeit der Lage gefehlt. Hätte der Beklagte seiner Prüfungs-, Berichts- und Warnungspflicht schon vor der Währungsumstellung genügt, so hätten Vorstand und Aufsichtsrat nicht verkennen können, daß die erneut aufgetretene Illiquidität sofortige und durchgreifende Sanierungsmaßnahmen erfordere; die infolge der unrichtigen Jahresausweise irrige Vorstellung, daß die Lage der Gesellschaft angesichts der günstigen Auswirkungen der Währungsumstellung nicht lebensgefährlich sei, habe zu der irrtümlichen Annahme geführt, daß die Lage noch mit Behelfslösungen und bloßen Überbrückungsmaßnahmen zu meistern sei. Die Pflichtverletzungen des Beklagten hätten sich daher, wenn nicht schon auf den durch die Fehlinvestitionen entstandenen Schaden, so doch wenigstens auf die Unterlassung oder Verzögerung von Sanierungsmaßnahmen ausgewirkt. Das hat das Berufungsgericht nicht beachtet. Vorstand und Aufsichtsrat haben sich allerdings selbst nach Erstattung des Gutachtens Wi. nicht alsbald entschlossen, den Gläubigern einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten und das Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses zu beantragen. Aber es ist ungeklärt, ob sich nicht auch dabei noch die Fehler in den Reichsmark-Jahresabschlüssen und in den Prüfungsberichten des Beklagten darüber, sowie die Verletzung seiner Warnungspflicht ausgewirkt haben.
Es steht fest, daß dem Beklagten Fehler in den Jahresabschlüssen entgangen sind und daß er ungewöhnlich dürftig und in vieler Beziehung falsch prüfte und berichtete. Es hätte daher erwogen werden müssen, ob nicht die Fehler des Beklagten mindestens rein tatsächlich die Fehlinvestitionen M. und die Illiquidität des Unternehmens gedeckt haben, ob nicht der Gedanke der Sachwertanschaffung und die Hoffnung auf einen guten Ausgang eine mehr oberflächliche Prüfung veranlaßt haben und ob und inwieweit sich das auf die späte Stellung des Antrages auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens ausgewirkt hat.
Dem Beklagten war jedenfalls durch den Auftrag, die Finanzlage des Unternehmens für den 28. Februar 1949 zu prüfen, eine über den Pflichtprüfungsumfang hinausgehende Aufgabe zugewiesen. Diese Aufgabe hat er nur unzulänglich erfüllt. Sein Bericht vom 11. März 1949 ist keineswegs so klar, wie es sein Zweck erforderte. Der Beklagte gewinnt dort durch eine Gegenüberstellung des Anlagevermögens und der illiquiden Werte des Umlaufvermögens zu den Passiven einer Fehlbetrag an langfristigen Mitteln von 708.765 DM und errechnet die kurzfristigen Verbindlichkeiten auf 880.721 DM. Es heißt dann, daß die Finanzlage bereits dadurch "etwas reichlich" angespannt werde, daß die kurzfristigen Verbindlichkeiten schon am 28. Februar 1949 in Höhe von 78.712 DM nicht durch entsprechende Aktiva (einschließlich der Warenvorräte) gedeckt seien. Dazu kämen bis zur nächsten Kampagne (30.9.49) 203.350 DM Betriebskosten. Also werde ein Kredit von 282.062 DM notwendig sein, um die bestehenden Verbindlichkeiten abzudecken und den Anschluß an die neue Kampagne zu gewinnen. Nicht berücksichtigt seien dabei die Kohlen für die nächste Kampagne; die Geschäftsleistung hoffe, die Kohlen (80.000 DM) wieder durch Wechselakzepte finanzieren zu können. Ein weiterer Finanzbedarf ergebe sich durch die Beschaffung von Rübensamen, wofür noch etwa 20.000 DM aufzuwenden seien. Wolle man den Rübenanlieferern die 1948 gelieferten, aber noch nicht bezahlten Rüben bezahlen, so sei ein weiterer Kredit von 480.084 DM erforderlich. Es fehlt eine kritische Stellungnahme, ob der Anschluß an die nächste Kampagne auf diese Weise erreicht werden könne und was dann zu geschehen habe; es fehlt ein Hinweis darauf, was nach dem fachmännischen Urteil des Beklagten zur Behebung der finanziellen Schwierigkeiten zu tun sei, und eine nachdrückliche Äußerung über die eingetretene ruinöse Entwicklung und die Bedrohlichkeit der Lage, sowie darüber, daß sie seiner Ansicht nach nur noch mit sofortigen und durchgreifenden Maßnahmen zu meistern sei. Auch die Art des Beklagten zu berichten, verdient angesichts der Behauptung des Klägers, der Beklagte habe die Dinge mindestens tatsächlich verschleiert, jedenfalls im Gesamtrahmen der Untersuchung nähere Beachtung.
Hierein gehört auch die angebliche Äußerung über den Goldklumpen, die durchaus geeignet war, einen falschen Eindruck über die Lage der. Gesellschaft zu erwecken.
In diesem Zusammenhang hätte auch die Behauptung geprüft werden müssen, der Beklagte habe sich unberechtigterweise geweigert, in der Hauptversammlung vom 14. März 1949 zu sprechen. Selbst wenn der Beklagte durch den Ort dieser Versammlung (ländliche Gastwirtschaft) gehindert war, in aller Öffentlichkeit über den Stand der Gesellschaft zu reden, so gab ihm das nicht das Recht, seine. Einsichten in die Bedrohlichkeit der Lage selbst noch in diesem Zeitpunkt und trotz des besonderen Auftrages, die Lage der Gesellschaft für den 28. Februar 1949 zu prüfen und darzulegen, auch vor dem Vorstand und Aufsichtsrat für sich zu behalten. Es ist nicht geklärt, ob und inwieweit dieses Verhalten dafür ursächlich war, daß die Hauptversammlung vom 14. März 1949 dem Direktor M., dessen fristlose Entlassung am 3. März 1949 in gemeinsamer Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat einstimmig beschlossen worden war, das Vertrauen aussprachen und daß noch ein Prüfungsbericht von dem Wirtschaftsprüfer Wi. eingeholt wurde. Es fehlt darum auch an einer Grundlage zur Beurteilung der Frage, ob und inwieweit die hierdurch bedingte Verzögerung der Aufklärung für die Zurückweisung des Antrages sauf Eröffnung des Vergleichsverfahrens ursächlich war.
Es fragt sich schließlich, ob der Beklagte nicht wenigstens auf Grund der Tatsache, daß die Hauptversammlung vom 14. März 1949 M. erneut das Vertrauen ausgesprochen hatte, erkennen mußte, daß die Bedrohlichkeit der Lage des Unternehmens noch nicht oder nicht in ihrer vollen Tragweite erkannt war, und was er alsdann getan hat, um dies richtigzustellen, die nun um so dringlicher gewordene Aufklärung zu schaffen und weiteren Schaden zu verhüten.
Aus diesen Gründen war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht Gelegenheit bekommt, den Dingen im erörterten Sinne nachzugehen. Wäre davon auszugehen, daß der Antrag auf Eröffnung des Vergleichs- oder des Konkursverfahrens bei richtiger Aufklärung der Verwaltung oder der Hauptversammlung der Gemeinschuldnerin über die Gefährlichkeit der Lage früher gestellt worden wäre, so kann dem Beklagten nicht der Vorwurf erspart bleiben, er habe mit zur Verzögerung des Konkursantrages beigetragen. Auch die Tatsache, daß Vorstand und Aufsichtsrat der Gemeinschuldnerin nicht alsbald nach dem Gutachten Wi. reagiert haben, braucht den Beklagten nicht völlig zu entlasten. Zu prüfen, ist auch, ob er nicht wenigstens für die Kosten haftet, die durch die Beauftragung des Wirtschaftsprüfers Willer entstanden sind.
Die Kostenentscheidung hängt vom endgültigen Ausgang der Sache ab und war darum dem Berufungsgericht zu überlassen.