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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 08.05.1967, Az.: III ZR 13/66

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 15. Dezember 1965 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtsgültigkeit von letztwilligen Verfügungen der am 11. Mai 1958 zu S. ... verstorbenen Witwe Minna L. geborene N. (Erblasserin). Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin und ihre am 11. Juli 1956 infolge eines wenige Tage zuvor unternommenen Selbstmordversuches verschiedene Schwester Gertrud, vorehelichte R., waren die beiden einzigen Kinder der Erblasserin. Aus der Ehe der Klägerin mit dem Kaufmann Karl Z. ist nur eine Tochter hervorgegangen. Die verstorbene Frau Gertrud R. hinterließ sechs Kinder, von denen eines die Beklagte ist.

Zum Nachlaß der Erblasserin gehört als wesentlichstes Vermögensobjekt ein fünfgeschossiges Wohn- und Geschäftshaus in der A.straße in S., dessen Wert für den Zeitpunkt des Erbfalls von einem im Zuge des gegenwärtigen Rechtsstreits gerichtlich bestellten Sachverständigen auf rund 200.000 DM geschätzt worden ist.

Am 21. September 1954 hatte die Erblasserin in Gegenwart ihrer damals aus Lübeck zu Besuch anwesenden ledigen Schwestern Hertha und Emmy N. vor dem Notar F. in S. ein Testament errichtet, in welchem sie zu Erben ihre sieben Enkelkinder nach Kopfteilen einsetzte. Dieses Testament hob sie am 17. Januar 1956 durch ein ebenfalls vor dem Notar F. errichtetes Testament auf. Die wesentlichste Änderung gegenüber dem früheren Testament bestand darin, daß nunmehr die sechs Enkel R. zu je 1/8, die Enkelin Z. aber zu 2/8 des Nachlasses eingesetzt wurden. Der lebenslängliche Nießbrauch am Hausgrundstück sollte je hälftig den beiden Töchtern zustehen, welche gleichzeitig gemeinschaftlich Testamentsvollstreckerinnen sein sollten. Das Testament enthielt sodann zahlreiche Einzelvermächtnisse, darunter zwei Geldvermächtnisse in Höhe von je 1.500 DM für die beiden Schwestern der Erblasserin Hertha und Emmy N. Schließlich enthielt das Testament die Bestimmung: "An allem, was meine Enkelkinder auf Grund meines Ablebens erhalten, entziehe ich deren Eltern die Nutznießung und Verwaltung kraft elterlicher Gewalt".

Am 25. Januar 1956 änderte die Erblasserin auch dieses Testament durch ein privatschriftliches Testament. Als Testamentsvollstrecker setzte sie nunmehr anstelle der Töchter ihren Schwiegersohn Karl Z. ein und ersetzte die vorstehend wörtlich zitierte Stelle durch folgenden Passus: "An allem, was meine Enkelkinder R. aus meinen Nachlaß erhalten werden, entziehe ich ihrem Vater die Nutznießung und Verwaltung kraft elterlicher Gewalt".

Am 2. Mai 1956 erlitt die Erblasserin einen Schlaganfall und wurde von Dr. Be. der sie als praktischer Arzt zuvor gelegentlich behandelt hatte, in die C.-Klinik in S. eingeliefert. Als Folge des Schlaganfalls hatte sich bei der Erblasserin eine rechte halbseitige Lähmung eingestellt, die für den Host ihres Lebens nicht mehr verschwand. Eine zunächst gleichzeitig bestehende völlige Aphasie (Sprachlähmung) besserte sich in der Folgezeit in einem Umfange, der zwischen den Parteien des Rechtsstreits streitig ist. Am 18. Juni 1956 wurde die Erblasserin als gebessert, aber weiterhin gelähmt, als sogenannter "Pflegefall" in ihre Wohnung entlassen, wo sie zunächst von ihren Schwestern Hertha und Emmy N. sowie von der Diakonissin Lydia Re. (Gemeindeschwester) betreut wurde. Behandelnder Arzt war wiederum Dr. Be.

Am 14. Juli 1956, also drei Tage nach Ableben und noch vor der Bestattung der Tochter Gertrud, errichtete die gelähmte und bettlägerige Erblasserin ein weiteres notarielles Testament. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Erblasserin von dem Tode ihrer Tochter Gertrud, den man ihr mit Rücksicht auf ihren Gesundheitszustand verschwieg, noch keine Kenntnis. Die Testamentserrichtung erfolgte diesmal vor dem Rechtsanwalt und Notar W., den der Schwiegersohn Karl Z. auch sonst Klient des Rechtsanwalts W., herbeigeholt hatte. Kurz zuvor war für Rechtsanwalt und Notar W. eine "Vollmacht" der Erblasserin ausgestellt worden, wobei unstreitig die Hand der damals schreibunfähigen Erblasserin von der Diakonissin Re. geführt worden war.

Bei der notariellen Testamentserrichtung vom 14. Juli 1956 wurde wegen der Schreibunfähigkeit der Erblasserin die Diakonissin Re. als Zeugin hinzugezogen. Die vom Notar handschriftlich errichtete Urkunde lautet im wesentlichen wie folgt."Sie (ergänze: die Erblasserin) erklärte zur Überzeugung des Notars, nicht schreiben zu können, ist aber, wie der persönliche Eindruck ergab, testierfähig.Die Erblasserin erklärte dem Notar mündlich ihren letzten Willen wie folgt:1. Ich widerrufe meine sämtlichen letztwilligen Verfügungen.2. Es bleibt bei der gesetzlichen Erbfolge.3. Zu meinem Testamentsvollstrecker berufe ich meinen Schwiegersohn Karl Z. ...4. An allem, was meine Enkelkinder R. aus meinem Nachlaß erhalten werden, entziehe ich ihrem Vater die Nutznießung und Verwaltung kraft elterlicher Gewalt...."

Ende Juli 1956 wurde der Haushalt der Erblasserin aufgelöst. Sie selbst wurde in die Ehewohnung der Klägerin verbracht, wo sie bis zu ihrem Tode am 11. Mai 1958 verblieb. Gepflegt wurde sie dort von der Klägerin und ambulant von der Gemeindeschwester Rosa Wü.; kausarzt blieb weiterhin Dr. Be.

Am 31. August 1956, also einen Monat nach der Übersiedlung der Erblasserin zur Familie der Klägerin, wurde Notar W. erneut zur Erblasserin gerufen. Nachdem er sie am Vormittag allein aufgesucht hatte, erschien er um die Mittagszeit wieder in Begleitung seiner Sekretärin Käthe Hi. Es wurde dann unter Zuziehung der Sekretärin als Zeugin das folgende notarielle Testament errichtet:"Die Erschienene (ergänze: die Erblasserin) erklärte zur Überzeugung des Notars, nicht schreiben zu können, ist aber, wie der persönliche Eindruck ergab, testierfähig.Die Erblasserin erklärte dem Notar mündlich als ihren letzten Willen wie folgt;1. Es bleibt bei meinem Testament vom 14.7.1956, das ich dahin ergänze:2. Meiner Tochter Charlotte Z. räume ich das Recht ein, das Haus S., A.straße ... um 75 % des Viertes, den es zur Zeit des Erbfalles haben wird, zu übernehmen. Ergeben sich Meinungsverschiedenheiten über die Bewertung, so ist eine amtliche Schätzung zu veranlassen. Der so ermittelte Kaufpreis ist binnen 12 Monaten nach Ausübung des Übernahmerechts zu begleichen.3. über die Ausübung des Übernahmerechts hat sich meine Tochter Charlotte Z. binnen 3 Monaten nach meinem Ableben zu erklären. Wird das Recht innerhalb dieser Frist nicht in Anspruch genommen, so entfällt es...."

Nach dem Tode der Erblasserin ergaben sich im nachlaßgerichtlichen Verfahren alsbald Streitigkeiten unter den Erben. Die Beklagte zunächst und späterhin alle Erben des Zweiges R. vertraten die Auffassung, daß die beiden von der Erblasserin zuletzt errichteten notariellen Testamente mangels Testierfähigkeit nichtig und von Karl Z. und der Klägerin erschlichen worden seien. Hilfsweise wurden diese Testamente von den Erben R. gemäß § 2078 BGB wegen Irrtums der Erblasserin über die ohne eine Testamentsänderung für ihren Nachlaß drohenden Gefahren angefochten. Die Erben R. traten ferner der Einsetzung des Karl Z. als Testamentsvollstrecker entgegen. Die Klägerin ihrerseits focht das Testament der Erblasserin vom 17. Januar 1956 mit der Begründung an, daß diese den Zweig R. begünstigende Verfügung durch die verstorbene Tochter Gertrud durch ständige Drohung mit Selbstmord erpreßt worden sei.

Unter dem 23. August 1958 erhob die Klägerin, zunächst noch vertreten durch den Notar W. in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt - dieser hat sein Mandat erst später niedergelegt und ist inzwischen verstorben - die vorliegende Klage. In dieser hat sie begehrt, gegenüber der Beklagten festzustellen, daß die Testamente der Erblasserin vom 14. Juli und vom 31. August 1956 rechtswirksam seien.

Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten und in Form einer Eventual-Widerklage für den Fall des Durchdringens des Klageantrages beantragt, festzustellen, daß für das in Ziffer 2. des Testaments der Erblasserin vom 31. August 1956 bezeichnete Übernahmerecht nicht der gemeinderätliche Schätzwert, sondern der Verkehrswert des Grundstückes maßgebend sei.

Die Beklagte hat zunächst das Rechtsschutzinteresse für die Klage in Frage gezogen und im übrigen zur Begründung ihrer Anträge im wesentlichen vorgetragen:

Bei Errichtung der notariellen Testamente vorn 14. Juli und 31. August 1956 sei die Erblasserin infolge von Bewußtseinsstörungen nicht in der Lage gewesen, die Bedeutung der abgegebenen Willenserklärungen einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Durch den erlittenen Schlaganfall sei sie nicht nur in körperlicher, sondern auch in geistiger Hinsicht aufs schwerste beeinträchtigt gewesen. Um die Zeit der Testamentserrichtung vom 14. Juli 1956 sei sie häufig noch geistig grob unorientiert gewesen, habe gelegentlich ihre nächsten Angehörigen nicht erkannt und ihre Äußerungen seien häufig gar nicht verständlich gewesen. Die Ausflucht, daß ihre Tochter Gertrud (deren Tod ihr verheimlicht worden sei) verreist sei, habe sie kritiklos hingenommen. Karl Z., der Ehemann der Klägerin, habe selbst verschiedentlich der Erblasserin zugedachte Besuche mit der Begründung abgewiesen, daß diese nicht ansprechbar sei und Personen gar nicht erkennen würde. Überhaupt hätten die Eheleute Z. die Erblasserin von der Aussenwelt und insbesondere von den Familienmitgliedern R. abgeschlossen. Niemand habe mit ihr allein sprechen dürfen. Auch bei der Errichtung des zweiten Testaments am 31. August 1956 sei die Erblasserin infolge ihres hinfälligen körperlichen und geistigen Zustandes nicht in der Lage gewesen, in der Urkunde enthaltene Begriffe wie "Übernahmerecht" und "amtlicher Schätzwert" zu erfassen. Bei den beiden Testamenten handele es sich vielmehr um eine Machenschaft der Klägerin und insbesondere ihres Ehemannes. Das Vorgehen der Eheleute Z. erkläre auch die in den beiden Testamenten zum Ausdruck gekommene, aus der Willensrichtung der Erblasserin heraus gar nicht deutbare Gesinnungsänderung. Insbesondere sei die Erblasserin durch die irreführende Fassung: "Es bleibt bei der gesetzlichen Erbfolge" bewußt getäuscht worden. Es seien nämlich auch in der letzten Phase in den Beziehungen zwischen der Erblasserin und ihrer Tochter Gertrud keine Umstände eingetreten, welche eine plötzliche Benachteiligung des Stammes P. erklären könnten.

Zur Hilfswiderklage hat die Beklagte noch vorgetragen, es könne nicht angenommen werden, daß die Erblasserin den Stamm R. auch noch durch die Anordnung der notorisch zu niedrig liegenden gemeinderätlichen Schätzung habe benachteiligen wollen.

Die Klägerin, die noch Abweisung der Widerklage beantragt hat, hat vorgetragen: Die Eventualwiderklage sei unzulässig, weil es an einem echten Eventualverhältnis fehle; im übrigen sei sie auch unbegründet. Es treffe nicht zu, daß bei der Erblasserin zur Zeit der Errichtung der beiden streitigen Testamente überhaupt noch eine geistige Beeinträchtigung bestanden habe. Nach Abklingen der in der C. Klinik vorübergehend noch aufgetretenen Verwirrtheitszustände seien die Beschwerden der Erblasserin nur noch körperlicher Natur gewesen. In geistiger Hinsicht sei sie rege und klar gewesen und habe sich auch durchaus verständlich äußern können. In beiden Fällen sei der Wunsch zur Testamentserrichtung ausschließlich von ihr selbst ausgegangen. Die Eheleute Z. hätten auf den Inhalt des Testaments keinen Einfluß genommen. Zu dem zweiten, das Übernahmerecht beinhaltenden Testament vom 31. August 1956 habe sich die Erblasserin deshalb entschlossen, weil sie inzwischen den Tod ihrer Tochter Gertrud erfahren habe und besorgt gewesen sei, daß in den Händen des Stammes R. ihr Haus nicht gehalten werden könne. Im übrigen stellten die Vergünstigungen hinsichtlich der Gestaltung des Übernahmepreises eine bewußte Entschädigung der Klägerin als derjenigen Tochter dar, von der die Erblasserin mit Recht eine aufopfernde Pflege für den Rest ihrer Lebenszeit erwartet habe. Die Bevorzugung des Stammes R. in den früheren Testamenten sei lediglich deshalb zustande gekommen, weil die verstorbene Gertrud R. die Erblasserin durch ständige Selbstmordandrohungen dazu genötigt habe.

Das Landgericht hat es für erwiesen erachtet, daß die Erblasserin bei Errichtung der Testamente vom 14. Juli und 31. August 1956 testierunfähig gewesen sei und hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehrenfestzustellen, daß die Testamente der Erblasserin vom 14. Juli und 31. August 1956 rechtswirksam seien, und die Widerklage abzuweisen, weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

1.)Das Berufungsgericht kommt unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der im großen Umfange durchgeführten Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, daß die Erblasserin bei der Errichtung der Testamente vom 14. Juli 1956 und 31. August 1956 nicht testierfähig im Sinne des § 2229 Abs. 4 BGB gewesen sei.

Demgegenüber bleibt die Revision mit ihren gegen diese Beweiswürdigung gerichteten Angriffen ohne Erfolg.

Soweit die Revision zunächst in Ziffer 1. ihrer Begründung das Verfahren und die Beweiswürdigung kritisiert, sind ihre Ausführungen zu allgemein gehalten, als daß sich daraus der revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegende Rügen entnehmen ließen. Das Revisionsrecht sieht auch, wie die Revisionserwiderung zutreffend ausführt, nicht die Möglichkeit vor, die von der Revision als "unglückselig" bezeichnete Atmosphäre, in der dieser Rechtsstreit in der Berufungsinstanz geführt worden sein soll, in der Revisionsinstanz zu überprüfen. Revisionsrechtliche Erörterungen sind daher nur möglich, soweit die Revision ihre Rügen im weiteren auf Einzelheiten der vom Berufungsgericht vorgenommenen Tatsachenfeststellung und -würdigung abgestellt hat.

2.)Erfolglos bleibt die Revision mit ihrer Rüge, das Berufungsgericht habe sich mit dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Kolle nicht begnügen dürfen; vielmehr sei eine weitere Beweisaufnahme erforderlich gewesen, die das Berufungsgericht zu Unrecht unter Verletzung der §§ 286, 402 ff, 412 ZPO unterlassen habe.

Unrichtig ist hierbei die Ansicht der Revision, der Sachverständige Prof. Dr. Kolle habe seine Ansicht im Grunde ausschließlich auf die umstrittenen Zeugenaussagen unter Außerachtlassung anderer Zeugenaussagen gestützt. Der Sachverständige führt im Gegenteil auf Blatt 13 seines Gutachtens ausdrücklich aus, wäre er ausschließlich auf die sich widersprechenden Zeugenaussagen angewiesen, müßte er mit einem klaren "non liquet" antworten. Seinen medizinischen Befund leitet er vielmehr aus der klinischen Krankengeschichte her, die in der C.-Klinik während der Behandlung der Erblasserin erstellt wurde, und führt hierzu aus. Die Erblasserin habe einen "Schlaganfall" erlitten, dessen Ursache auch bei der klinischen Behandlung nicht geklärt worden sei. Wahrscheinlich habe dem Schlaganfall eine große Blutung in die linke Gehirnhälfte zugrundegelegen. Es könne sich auch um den Verschluß eines großen Blutgefäßes gehandelt haben. Als hervorstehendes Zeichen dieser plötzlich aufgetretenen Hirnschädigung hätten die behandelnden Arzte eine rechtsseitige Lähmung mit Einschluß des Gesichts und - nach Abklingen der Bewußtlosigkeit - eine Sprachstörung festgestellt, die als Aphasie (Unfähigkeit, Sprache zu produzieren) bezeichnet werde. Leider ergebe sich aus dem Krankenblatt nicht, welche Form von Aphasie vorgelegen habe. Die motorische Form der Aphasie beeinträchtige lediglich das Vermögen zu sprechen. Die sensorische Form der Aphasie sei dadurch gekennzeichnet, daß auch das Sprachverständnis aufgehoben oder behindert sei und infolgedessen die Sprache unverständlich werde. Es bestehe der Verdacht, daß die Erblasserin an einer sensorischen Aphasie gelitten habe. Mit Sicherheit hätten ausgebreitete Veränderungen im Bereiche der linken Gehirnhälfte vorgelegen. Alsdann weist der Sachverständige lediglich darauf hin, daß dieser Befund mit den Bekundungen einer Reihe von Zeugen in Einklang stehe und hinsichtlich der Zeugenaussagen, die der Erblasserin in der in Frage kommenden Zeit geistige frische zugebilligt hätten, zu vormerken sei, daß Schwankungen im geistig-seelischen Bereich bei einer solchen Erkrankung vorkämen. Dem fügt er hinzu: Von allen Zeugen unbestritten habe nach der Entlassung der Erblasserin aus dem Krankenhaus (18. Juni 1956) die Lähmung der rechten Körperhälfte fortbestanden, die Erblasserin sei unfähig gewesen, auch nur ihre Unterschrift zu leisten. Sie habe unter sich gelassen, ein Symptom, das nur bei Schwerkranken zu beobachten sei und darauf hinweise, daß bei der Erblasserin mindestens zeitweise, vielleicht sogar dauernd, eine eingeschränkte Bewußtseinslage bestanden habe, Eine entscheidende Besserung im Befinden der Erblasserin sei daher in dem kurzen Zeitraum bis zum 31. August 1956 im Hinblick auf den schweren neurologischen Krankheitsbefund unwahrscheinlich gewesen.

Das Berufungsgericht hat es nun keinesfalls Übersehen, daß der Sachverständige nur von einem "Verdacht" auf eine sensorische Aphasie ausgegangen ist, und hat, wie auch die Revision anführt, den Schluß des Sachverständigen, daß die Erblasserin "mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bei Errichtung der Testamente vom 14. Juli und 31. August 1956 dauernd geschäftsunfähig und damit testierunfähig gewesen sei", nur als eine Verstärkung seiner bereits aus der Würdigung der Zeugenaussagen und vorliegenden Urkunden sowie aus dem gesamten Geschehensablauf gewonnenen Überzeugung von der Testierunfähigkeit der Erblasserin angesehen.

War danach das Sachverständigengutachten nicht die Grundlage der vom Berufungsgericht gewonnenen Überzeugung, sondern bestärkte es nur die bereits vom Berufungsgericht aus anderen Umständen gewonnene Überzeugung, bestand für das Berufungsgericht auch nicht eine Verpflichtung, auf Grund der von der Revision angeführten Schriftsätze der Klägerin vom 2. August 1965, 25. Oktober 1965 und 6. November 1965 und des von ihr überreichten Nachtragsgutachtens des Prof. Dr. Haug vom 26. Oktober 1965 den Sachverständigen Prof. Dr. Kolle zu einer schriftlichen Ergänzung seines Gutachtens zu veranlassen, ganz abgesehen davon, daß die von der Klägerin vorgebrachten Einwände im wesentlichen darauf hinausliefen, der Sachverständige habe den Bekundungen der von der Klägerin benannten Zeugen nicht hinreichend Rechnung getragen. Das Gericht hat ein Sachverständigengutachten frei zu würdigen (§ 286 ZPO) und nur, wenn es ihm zur Gewinnung einer Überzeugung nicht ausreicht, muß es ein neues Gutachten desselben oder eines anderen Sachverständigen erfordern (§ 412 ZPO). Wenn das Berufungsgericht aber das Gutachten des Prof. Dr. Kolle für ausreichend erachtete, seine bereits gewonnene Überzeugung zu bestärken, läßt es keinen Verfahrensfehler erkennen, daß es dem Begehren der Klägerin, eine schriftliche Ergänzung des Gutachtens einzuholen, nicht nachgekommen ist. Ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn das Berufungsgericht seine Überzeugung auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens gewonnen und das Gutachten nicht nur zur Stärkung einer bereits gewonnenen Überzeugung herangezogen hätte, bedarf nicht der Erörterung. Im übrigen stand es der Klägerin, wenn sie eine Ergänzung des Gutachtens für erforderlich hielt, frei, die Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu beantragen. Einem solchen Antrag hätte das Berufungsgericht nachkommen müssen. Wie sich aus dem Tatbestand des Berufungsurteils ergibt, hat die Klägerin jedoch trotz eines ausdrücklichen Hinweises auf diese Möglichkeit den entsprechenden Antrag nicht gestellt.

3.)Entgegen der Ansicht der Revision läßt sich ein Verfahrensfehler nicht daraus herleiten, daß das Berufungsgericht eine gewisse Bestätigung der von ihm gewonnenen Überzeugung auch in dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Wagner vom 8. Oktober 1960 gesehen hat. Es trifft zwar zu, daß dem Antrag der Klägerin, den Sachverständigen Dr. Wagner als befangen anzusehen, mit Beschluß des Berufungsgerichts vom 16. Dezember 1964 stattgegeben worden ist. Aber dieser Beschluß spricht die Befangenheit dieses Sachverständigen nur hinsichtlich seines Nachtragsgutachtens vom 13. November 1964 und seiner künftigen Tätigkeit aus und erklärt den Ablehnungsantrag der Klägerin ausdrücklich nur deswegen für begründet, weil der Sachverständige verschiedene Äußerungen des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin als persönliche Kränkungen empfunden und seine künftige eigene Unbefangenheit selbst angezweifelt habe. Dagegen ist in dem Beschluß ausdrücklich hervorgehoben, daß die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen Dr. Wagner nicht durch die Stellungnahme der Klägerin zu sachlichen Punkten begründet sei, es aber nicht angängig erscheine - wenn danach auch Mißbräuchen nicht in allen Fällen begegnet werden könne -, gewissermaßen zur Strafe für das Fehlverhalten der Partei einen Sachverständigen zur weiteren Tätigkeit zu nötigen, von dem auch bei objektiver Betrachtung ein unbefangenes Urteil nicht mehr mit voller Sicherheit erwartet werden könne, und der sich selbst ein solches nicht mehr zutraue. Lag danach eine Befangenheit des Sachverständigen Dr. Wagner bei der Erstattung seines Gutachtens vom 8. Oktober 1960 noch nicht vor, sondern wurde diese erst durch das Verhalten des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt begründet, kann ein Verfahrensfehler nicht darin gesehen werden, daß das Berufungsgericht auch noch auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. Wagner vom 8. Oktober 1960 zurückgegriffen hat. Im übrigen ist auch hier wiederum zu sagen, daß sich das Berufungsgericht seine Überzeugung von der Testierunfähigkeit der Erblasserin unabhängig von den Sachverständigengutachten gebildet und in dem Gutachten Wagner in gleicher Weise wie im Gutachten Kolle nur eine Bestätigung seiner bereits gewonnenen Überzeugung gesehen hat.

4.)Erfolglos rügt die Revision weiterhin, das Berufungsgericht habe die angebotenen Beweise unter Verletzung von § 286 ZPO nicht hinreichend erschöpft.

a)Entgegen dem Vorbringen der Revision wurde die Zeugin Rosa Wü. nicht dafür benannt, daß die Erblasserin zur Zeit der Testamentserrichtungen wieder ihre volle Sprachfähigkeit erlangt habe. Vielmehr ging der Beweisantrag nur allgemein dahin, daß die Erblasserin am täglichen Geschehen regen Anteil genommen habe. Hierüber ist die Zeugin Wü. Korn Landgericht eingehend vernommen worden. Eine Vernehmung über neue Tatsachen wurde in der Berufungsinstanz nicht beantragt. Danach stand eine wiederholte Vernehmung dieser Zeugin gemäß § 398 Abs. 1 ZPO im nicht nachprüfbaren Ermessen des Berufungsgerichts, Einen in der Revisionsinstanz beachtlichen Ermessensfehler zeigt die Revision jedoch nicht auf.

b)Das gleiche gilt für die von der Klägerin beantragte nochmalige Vernehmung der Zeugin Hi. Bereits im ersten Rechtszug war diese Zeugin dafür benannt worden, daß die Erblasserin sich bei der Testamentserrichtung in einer körperlichen und geistigen Verfassung befunden habe, in der sie sich des Inhalts und der Tragweite der abgegebenen Willenserklärungen voll bewußt gewesen sei und ihren Willen gemäß dieser Einsicht habe bestimmen können. Auch diese Zeugin war zu diesem Beweisthema vom Landgericht eingehend vernommen worden. Insoweit hat die Klägerin neue Tatsachen, über die die Zeugin noch hätte vernommen werden sollen, in den von der Revision genannten Schriftsätzen vom 20. September 1963 Seite 7 und 21. Oktober 1965 Seite 24 nicht vorgetragen. Den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 21. Oktober 1963 Seite 24, Notar W. habe zunächst am Vormittag des 31. August 1956 den Inhalt des letzten Testaments eingehend mit der Erblasserin durchgesprochen, um dann am Nachmittag zur Beurkundung desselben zu kommen und zu beurkunden, was er am Vormittag mit der Erblasserin besprochen habe, konnte das Berufungsgericht, soweit dies in das Zeugnis der Zeugin Hi. gestellt war, als unerheblich betrachten. Denn bereits in ihrer Vernehmung vor dem Landgericht hatte diese Zeugin bekundet, sie wisse nicht, ob der Inhalt des Testaments vorher in irgendwelchen Besprechungen erörtert worden sei; sie sei nur zur Errichtung des Testaments am nachmittag des 31. August 1956 als Zeugin zugezogen worden, wobei über den Inhalt des Testaments nicht mehr verhandelt worden sei, da das Testament schon fertig geschrieben vorgelegen habe.

c)Ins Leere geht die von der Revision erhobene Rüge der Nichteinvernahme der von der Klägerin benannten Zeugin Ho. Wie die Revision selbst ausführt, sollte die Aussage dieser Zeugin nur für die Beurteilung der Aussagen des von der Beklagten benannten Zeugin M. von Bedeutung sein. Das Berufungsgericht hat jedoch, wie sich aus seinen Ausführungen auf Blatt 49 des Berufungsurteils ergibt, die angezweifelten Aussagen des Zeugen M. für seine Urteilsfindung nicht verwendet, so daß es auf die Vernehmung der Zeugin Ho. gar nicht ankam.

d)Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht habe fehlerhaft nicht die Bedenken beachtet, die die Klägerin in ihrem Schriftsatz von 7. September 1960 Seite 6 hinsichtlich der Zeugin Ra. geltend gemacht habe, übersieht sie, daß das Berufungsgericht verfahrensrechtlich nicht gehalten war, sich mit einem Bedenken der Klägerin auseinanderzusetzen, das im Grunde nichts anderes als eine von der Klägerin vorgenommene Würdigung der Aussage der Zeugin Ra. darstellte. Welchen Beweiswert das Berufungsgericht dieser Zeugenaussage beimaß, unterlag allein seiner tatrichterlichen Würdigung, ganz abgesehen davon, daß die Revision nicht einmal aufzeigt, daß die Klägerin ihre Bedenken auch noch in der Berufungsinstanz vorgebracht hat.

e)Mit den Bekundungen der ärztlichen Zeugen Dr. Bopp und Dr. Nisch hat sich das Berufungsgericht eingehend auf Seite 22 seines Urteils auseinandergesetzt. Wenn die Revision hier eine fehlerhafte Beweiswürdigung rügt, so fehlt es an ausreichendem Hinweis darauf, worin ein in der Revisionsinstanz beachtlicher Verfahrensfehler liegen soll. Insbesondere zeigt die Revision selbst nicht auf, weshalb die Angabe dieser Zeugen, nach ihrer Auffassung hätten die tatsächlichen Angaben des Zeigen Dr. Be., des Hausarztes der Erblasserin, mit dem von ihnen gewonnenen Krankheitsbild in Einklang gestanden, das Berufungsgericht nicht zu einer Würdigung der Aussagen dieser Zeugen dahin hätte führen dürfen, daß die Erblasserin bei ihrer Entlassung aus der Klinik zwar klarer gewesen sei als zu Anfang, eine völlige Klarheit aber noch nicht wiedererlangt gehabt habe.

f)Die Feststellung des Notars W. im Eingang der Testamente, die Erblasserin sei, "wie der persönliche Eindruck ergab, testierfähig", sieht das Berufungsgericht zutreffend als "autoritatives Zeugnis" des Notars über die Testierfähigkeit an, das jedoch durch Gegenbeweise entkräftet werden könne. Diesen Gegenbeweis hält es für erbracht. Auch gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg. Neben der Sache liegt der Hinweis der Revision auf den Vortrag der Klägerin, Notar W. habe sich eines besonderen Ansehens erfreut. Etwas Gegenteiliges ist auch vom Berufungsgericht nicht festgestellt, was jedoch nicht die vom Berufungsgericht erfolgte Beurteilung der Handlungsweise des Notars ausschließt. Gleichfalls neben der Sache liegen die Ausführungen, mit denen die Revision zu rechtfertigen versucht, daß der Notar später die Prozeßvertretung der Klägerin in diesem Rechtsstreit übernommen hat. Die Revision übersieht hierbei, daß das Berufungsgericht diesen Umstand für seine Beurteilung gar nicht herangezogen hat. Ein Fehlverhalten des Notars hat das Berufungsgericht vielmehr u.a. darin gesehen, daß er mit der Testamentserrichtung gewissermaßen ein Geschäft des Zeugen Z., des Ehemannes der Klägerin, besorgt habe. Dies, so führt das Berufungsgericht aus, ergebe sich nicht zuletzt daraus, daß der Notar sich wiederholt als Berater der Seite Z. betätigt habe und nicht mehr das gewesen sei, was er als beurkundender Notar habe sein sollen, nämlich unparteiischer Betreuer aller Beteiligten, insbesondere der Erblasserin selbst. Dies habe ihm Anlaß zu ernsthafter Prüfung geben müssen, ob es nicht geboten sei, sich wegen Befangenheit der Amtsausübung gegenüber der Erblasserin zu enthalten. Das alles hat aber mit der von der Revision angeführten späteren Prozeßvertretung der Klägerin in diesem Rechtsstreit durch Notar W. nichts zu tun.

Fehl geht die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe nicht in hinreichendem Maße konkrete Tatsachen festgestellt, die den Vorwurf gegenüber Notar W. hätten rechtfertigen können, er habe es bei Errichtung der Testamente an der üblichen und notwendigen Prüfung fehlen lassen. Solche konkreten tatrichterlichen Feststellungen hat das Berufungsgericht auf den Seiten 31 bis 35, 44 bis 46 und 52 seines Urteils in sehr umfangreicher und eingehender Weise getroffene Entgegen der Ansicht der Revision läßt sich hierbei auch nicht erkennen, daß vom Berufungsgericht das richterliche Fragerecht im Sinne des § 139 BGB nicht hinreichend ausgeübt worden ist. Bereits das Landgericht war auf Seite 21 bis 23 seines Urteils zu den gleichen Feststellungen und einer dem Berufungsgericht ähnlichen Würdigung gelangt, so daß die anwaltschaftlich vertretene Klägerin im Berufungsverfahren auch ohne besondere richterliche Hinweise genügende Möglichkeiten hatte, zum Verhalten des Notars eingehend Stellung zu nehmen, was sie, wie die Revisionserwiderung zu Recht ausführt, in gründlicher Weise auch getan hat.

Gewiß ist nicht zu verkennen, daß gewisse im Zusammenhang mit der Würdigung des Verhaltens des Notars stehende Formulierungen des Berufungsgerichts von gewisser Schärfe sind. Aber der Richter ist in der von ihm gewählten Ausdrucksweise, insbesondere wenn sie in engem Zusammenhang mit der Begründung der von ihm getroffenen Entscheidung steht, weithin frei. Das trifft besonders dann zu, wenn es, wie hier, um die Wertung von Tatsachen geht. Sieht sich der Richter dabei zu einer eindeutigen Stellungnahme gezwungen und glaubt er, seinen Standpunkt eindringlicher darlegen zu müssen, um überzeugen zu können, so darf ihm dabei eine schärfere Ausdrucksweise nicht verwehrt sein. Jedenfalls läßt es sich nicht feststellen, daß das Berufungsgericht den Rahmen des Zulässigen bereits überschritten hat, und die Revision vermag auch insoweit eine Rechtsverletzung nicht aufzuzeigen.

Zuzugeben ist der Revision, daß jeder gewissenhafte Notar sich eine eigene Meinung über die Testierfähigkeit eines Erblassers zu bilden versuchen muß und im allgemeinen seiner Feststellung der Testierfähigkeit die Vermutung zukommt, daß er sie nach gewissenhafter Prüfung getroffen hat. Dies hat das Berufungsgericht nicht verkannt, hält aber den zulässigen Gegenbeweis für geführt.

Selbst die Revision räumt ein, daß die Tatsache einer schweren Erkrankung, die Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Erblasserin begründen konnte, in die Testamentsniederschrift aufzunehmen gewesen wäre. Wie das Berufungsgericht feststellt, war aber eine solche schwere Erkrankung bei der Erblasserin ohne weiteres erkennbar. Sie hatte kurz zuvor einen schweren Schlaganfall erlitten, lag beim Erscheinen des Notars im Bett, war rechtsseitig gelähmt, schreibunfähig und sprachbehindert. Zur Annahme von Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit der Erblasserin bestand für den Notar insbesondere bei der Errichtung des Testaments vom 31. August 1956 um so mehr Veranlassung, als ihm, wie das Berufungsgericht feststellt, zu dieser Zeit bereits die Ankündigung des Rechtsanwalts Dr. K. bekannt war, dieser werde sich auf mangelnde Geschäftsfähigkeit der Erblasserin berufen. Waren aber solche Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Erblasserin schon von dritter Seite geäußert worden, konnte nicht mehr die bloße Feststellung des Notars genügen, "die Erblasserin ist, wie der persönliche Eindruck ergab, testierfähig". Vielmehr folgert das Berufungsgericht zu Recht, daß für den Notar erkennbare Umstände vorlagen, die ihn hätten veranlassen müssen, die naheliegenden Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin durch besondere Hinweise in der Testamentsniederschrift auszuräumen.

Soweit das Berufungsgericht dem Notar Widmann Verletzungen seiner Belehrungspflicht zur Last legt, kommt es auf diese und damit auf die auch insoweit erhobenen Rägen der Revision nicht an. Entscheidend bleibt allein, daß das Berufungsgericht die Feststellung des Notars Widmann über die Testierfähigkeit der Erblasserin in den Testamentsniederschriften in ihrer Form als "autoritatives Zeugnis" deshalb für erschüttert ansieht, weil der Notar der ihm insoweit obliegenden Prüfungspflicht nicht hinreichend Rechnung getragen habe und der Beweis der Testierunfähigkeit geführt sei. Hinsichtlich der Schlußfolgerungen des Berufungsgerichts, die Erblasserin habe möglicherweise gar nicht testieren wollen oder zumindest gar nicht erkannt, daß sie mit den Testamenten eine von ihren früheren Testamenten abweichende letztwillige Verfügung treffe, bedarf es daher nicht des Zurückgehens auf unterlassene Belehrungspflichten des Notars. War die Erblasserin - vom Notar nicht erkannt - testierunfähig, dann hätte sie auch die pflichtgemäße Belehrung durch den Notar nicht in die Lage versetzen können, die Bedeutung der von ihr abgegebenen Willenserklärungen einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. So gesehen kommt es auf das, was die Erblasserin gewollt oder nicht gewollt hat, im Ergebnis gar nicht an. Wenn das Berufungsgericht dennoch Verletzungen auch der Belehrungspflicht des Notars im Zusammenhang mit dem Testament einhält festgestellt hat, so diente dies im Ergebnis nur der Verstärkung seiner Überzeugung davon, daß die Feststellung des Notars von der Testierfähigkeit der Erblasserin nicht die Bedeutung eines "autoritativen Zeugnisses" beizumessen war. Rechtliche Bedeutung hätten diese Feststellungen des Berufungsgerichts und ihre Würdigung nur gewinnen können, wenn das Berufungsgericht nicht die Überzeugung von der Testierunfähigkeit der Erblasserin gewonnen und es noch einer Entscheidung über die von der Beklagten erklärte Anfechtung der Testamente wegen Irrtums der Erblasserin bedurft hätte.

g)Soweit die Revision schließlich noch die Schärfe der Formulierungen in der Würdigung der Aussage des Zeugen Dr. Be. bemängelt, gilt das schon zur Würdigung der Aussage des Notars W. Gesagte, nämlich daß ein Vergreifen in der Form bei der Würdigung von Tatsachen oder Zeugenbekundungen nicht ohne weiteres einen in der Revisionsinstanz beachtlichen Verfahrensfehler darstellt.

5.)Mit ihrer Rüge der rechtsirrigen Behandlung des Ablehnungsgesuches hinsichtlich des Oberlandesgerichtsrates D. kann die Revision nicht gehört werden. Der Bundesgerichtshof (NJW 1964, 658, 659) [BGH 08.01.1964 - VIII ZR 123/62] hat bereits entschieden - worauf die Revision selbst hinweist -, daß dem Endurteil vorausgegangene Entscheidungen des Berufungsgerichts dann nicht der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegen, wenn sie nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung unanfechtbar sind (§ 548 ZPO). Da der Beschluß, durch den das Ablehnungsgesuch der Klägerin zurückgewiesen wurde, von einem Oberlandesgericht erlassen war, konnte er nach § 567 Abs. 3 ZPO nicht mit dem sonst gegen die Zurückweisung von Ablehnungsgesuchen vorgesehenen Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (§ 46 Abs. 2 ZPO) angefochten werden. Er war daher unanfechtbar geworden und deshalb der Beurteilung durch den erkennenden Senat entzogen (RG HRR 33, 1697). Im Übrigen hat der erfolglos abgelehnte Oberlandesgerichtsrat D. - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - in dem entscheidenden Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vom 15. November 1965 beim Erlaß des angefochtenen Urteils nicht mehr mitgewirkt. Seine letzte Mitwirkung nach dem zurückweisenden Beschluß vom 27. November 1964 erfolgte ausweislich der Prozeßakten anläßlich des Beschlusses vom 16. Dezember 1964, mit welchem dem Ablehnungsgesuch der Klägerin hinsichtlich des Sachverständigen Prof. Dr. Wagner stattgegeben wurde. Die Sachlage stellt sich im Ergebnis für die Klägerin daher nicht anders dar, als wenn sie mit ihrem Ablehnungsgesuch Erfolg gehabt hätte. Ohne Bedeutung bleibt damit auch die Rüge der Revision, der Klägerin sei bei der Zurückweisung ihres Ablehnungsgesuches das rechtliche Gehör versagt worden. Wie in BGHZ 27, 163, 169 [BGH 28.04.1958 - III ZR 43/56] - NJW 1958, 1186 bereits dargelegt ist, kann die Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs nur dann die Aufhebung des angefochtenen Urteils begründen, wenn das Urteil auf der Versagung des rechtlichen Gehörs beruht oder beruhen kann. Daran fehlt es hier bereits deshalb, weil, wie schon gesagt, die Klägerin im Ergebnis nicht anders gestellt war, als wenn unter Beachtung des rechtlichen Gehörs ihrem Ablehnungegesuch stattgegeben worden wäre.

6.)Entgegen der Ansicht der Revision begegnet es nicht rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht den Sachverständigen die Weisungen vom 17. April 1964, 15. Oktober 1964 und 24. Februar 1965 erteilt hat. Die Weisungen enthielten Hinweise für die Sachverständigen, die durchaus nicht auf eine Beeinflussung der Sachverständigen hinzielten, sondern im Gegenteil darauf gerichtet waren, eine möglichst sachgerechte Sachverständigenbegutachtung zu erreichen. In diesem Sinne lag es, wenn in den Hinweisen zum Ausdruck gebracht war, daß die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeigen nicht dem Sachverständigen obliege und es sich empfehle, bei sich widersprechenden Zeugenaussagen aufzuzeigen, ob und gegebenenfalls inwiefern das Ergebnis des Gutachtens sich ändere, falls bestimmte Tatsachenbekundungen außer Betracht gelassen würden. Es trifft mithin gerade nicht zu, daß das Berufungsgericht die Sachverständigen mit Richtlinien versehen hat, die zu einer Beeinflussung der Sachverständigen in ihrer Bewertung der Zeugenaussagen hätten führen können. Lediglich in dem Hinweis vom 15. Oktober 1964 ist vermerkt, der Sachverständige könne davon ausgehen, daß das Gericht die Wahrheitsliebe der Zeuginnen Emmy und Hertha N. voraussichtlich nicht in Frage ziehen werde. Aber auch darin läßt sich ein Verfahrensfehler nicht sehen, wenn das Gericht die Glaubwürdigkeit einer Zeugenaussage schon vorweg wertet und alsdann den Sachverständigen anweist, seinem Gutachten die Glaubwürdigkeit der von diesem Zeugen bekundeten Tatsache zugrundezulegen. Da den Prozeßvertretern ausweislich der Akten jeweils der Inhalt der hinweise zur Kenntnis gebracht wurde, war damit auch ausgeschlossen, daß der Klägerin etwa das rechtliche Gehör zu diesen Hinweisen abgeschnitten war.

Soweit die Revision auf die zahlreichen, in den Akten vorhandenen Randbemerkungen hinweist und meint, daß sie die Sachverständigen beeinflußt hätten, ohne daß der Klägerin infolge Unkenntnis von den Randbemerkungen eine Stellungnahme zu diesen möglich gewesen sei, ist ihr zuzugeben, daß die Unsitte kritischer Randbemerkungen durchaus zur Beeinflussung eines Sachverständigen führen kann, dem zur Erstattung seines Gutachtens die Gerichtsakten zur Verfügung stehen. In diesem Falle kann es dann möglich sein, daß der Sachverständige seiner Stellungnahme einen Sachverhalt zugrundelegt, zu dem die Parteien, da er ihnen unbekannt blieb, nicht Stellung nehmen konnten, ihnen also praktisch insoweit das rechtliche Gehör abgeschnitten war.

Sollte die Revision einen solchen Fall im Auge haben, dann hätte es ihr, um revisionsrechtliche Beachtung finden zu können, obgelegen, solche Randbemerkungen aufzuzeigen, die geeignet sein konnten, die Sachverständigen zu beeinflussen, und darzulegen, inwieweit das angefochtene Urteil in diesem Zusammenhange auf einer Versagung des rechtlichen Gehörs beruhe oder beruht haben könne. Dies hat die Revision nicht vermocht, sondern sich jedenfalls innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nur auf einen allgemeinen Hinweis beschränkt. Erst in einem nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist nachgereichten Schriftsatz hat die Revision alsdann 65 Blätter der Prozeßakten angeführt, auf denen solche Randbemerkungen enthalten sind. Aber selbst hierbei vermochte die Revision nichts darzulegen, was zu einer revisionsrechtlichen Nachprüfung hätte führen können.

7.)Schließlich bleiben auch die von der Revision erhobenen sachlich-rechtlichen Bedenken ohne Erfolg. Die Revision meint, für die Bejahung der Testierunfähigkeit genüge nicht die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Voraussetzungen des § 2229 Abs. 4 BGB, sondern es müsse die Gewißheit vorliegen, und die Merkmale einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit im Sinne dieser Vorschrift habe das Berufungsgericht nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit festgestellt.

Richtig ist hieran, daß der Tatrichter unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden hat, ob eine tatsächliche Behauptung - hier die Testierunfähigkeit der Erblasserin - für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist und daß er hierbei nicht einen mehr oder weniger hohen Grad von Wahrscheinlichkeit festzustellen, sondern zu entscheiden hat, ob er von der Wahrheit der Behauptung überzeugt ist. Diese persönliche Gewißheit ist für die Entscheidung notwendig, und allein der Tatrichter hat ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem Gewissen unterworfen die Entscheidung zu treffen, ob er die an sich möglichen Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt überzeugen kann (BGH Urt. v. 5. Februar 1962 - III ZR 197/60 - S. 18). In diesem Rahmen hat der Tatrichter auch nach seiner pflichtgemäßen Überzeugung zu beurteilen, ob einem Zeugen Glauben zu schenken ist oder nicht (BGH Urt. v. 15. Juli 1954 - 111 ZR 154/53). Aus den Ausführungen des Berufungsgerichts ergibt sich jedoch zweifelsfrei, daß es nicht nur von einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit der Testierunfähigkeit der Erblasserin ausgegangen ist, sondern die volle Überzeugung von der Testierunfähigkeit der Erblasserin bei Errichtung der Testamente vom 14. Juli und 31. August 1956 erlangt hat. Das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Kolle, in dem der Sachverständige allerdings nur zur Annahme einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit der Testierunfähigkeit der Erblasserin kommt, hat den Berufungsgericht dabei nicht als Grundlage, sondern nur als Bestärkung seiner Überzeugung gedient, die es bereits auf Grund des von ihm festgestellten Sachverhalts und dessen Würdigung gewonnen hatte. Seine Auffassung aber hat das Berufungsgericht eingehend und unter Beachtung aller für die Anwendung des § 2229 Abs. 4 BGB maßgeblichen Gesichtspunkte begründet.

Soweit die Revision letztlich noch rügt, das Berufungsgericht habe rechtsirrig auch die Wirksamkeit des Testaments vom 31. August 1956 für den Fall bezweifelt, daß etwa nur die Testierunfähigkeit am 14. Juli 1956 hätte festgestellt werden können, und meint, die Bestätigung des früheren Testaments in der Form des Testaments vom 31. August 1956 habe auch dem früheren Testament volle Wirksamkeit verleihen müssen, übersieht sie, daß das Berufungsgericht seine hierzu vertretene Ansicht als für die Entscheidung unerheblich ausdrücklich dahingestellt gelassen hat, und im Hinblick auf die von ihm gewonnene Überzeugung von der Testierunfähigkeit der Erblasserin am 14. Juli und am 31. August 1956 auch dahingestellt lassen konnte.

8.)Danach erweist sich die Revision der Klägerin als unbegründet und ist mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.