Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 17.10.1991, Az.: III ZR 352/89
Tatbestand
Die Klägerin, die seit Anfang Juni 1986 gewerbsmäßig Industriekontakte vermittelt, macht gegen die beklagte Modellbaufirma Provisionsansprüche geltend.
Die Deutsche Lufthansa AG, die beabsichtigte, von ihren Flugzeugen Miniaturmodelle für Sammlerzwecke herstellen zu lassen, hatte die Klägerin und deren Ehemann, die eine Sammlung von Flugzeugmodellen besitzen, im März 1986 beauftragt, für die Lufthansa geeignete Lieferanten qualitativ hochwertiger Flugzeugmodelle zu finden, Angebote einzuholen und Muster erstellen zu lassen. Der dabei entstehende Aufwand, auch zeitlicher Art, sollte von der Lufthansa ersetzt werden. Ein weiteres Entgelt wurde nicht vereinbart.
Nachdem es Mitte Juni 1986 zu ersten Kontakten zwischen den Parteien gekommen war und die Beklagte ein Angebot über die Anfertigung verschiedener Flugzeugmodelle unterbreitet hatte, erteilte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 25. September 1986 namens der Lufthansa den Auftrag, für 8.000 DM ein Mustermodell einer Boeing 737-300 zu erstellen. Zugleich bat sie die Beklagte unter Bezugnahme auf eine zuvor schon mündlich getroffene Absprache, im Preis des Mustermodells eine 5 %ige Provision für ihre Bemühungen zu berücksichtigen und ihr diese Provision sowie auch eine 5 %ige Provision im Falle einer Auftragserteilung an die Beklagte schriftlich zu bestätigen. Die Beklagte bestätigte der Klägerin mit Schreiben vom 8. Oktober 1986, in ihre Preise sowohl für das Modell als auch für eine spätere Serienfertigung eine 5 %ige Provision für die Klägerin eingerechnet zu haben und den fälligen Betrag sofort nach Eingang der Zahlung von der Lufthansa an die Klägerin zu überweisen.
Die für den Musterauftrag vereinbarte Provision von 400 DM hat die Beklagte gezahlt. Ihre Bestätigung vom 8. Oktober 1986, der Klägerin auch für eine spätere Serienfertigung für die Lufthansa eine 5 %ige Provision zu gewähren, hat die Beklagte mit Schreiben vom 18. Februar 1987 widerrufen. Diese Provision ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, in dem die Klägerin die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung, erforderlichenfalls Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung sowie auf Zahlung des sich ergebenden Provisionsbetrages nebst Zinsen in Anspruch nimmt, nachdem sie im Mai 1988 durch eine Werbebroschüre der Lufthansa erfahren hatte, daß die Beklagte für die Lufthansa Flugzeugmodelle des Typs Boeing 737-300 fertigte, die die Lufthansa zum Stückpreis von 180 DM an interessierte Kunden vertreibt.
Die Beklagte ist den Klageansprüchen entgegengetreten. Sie hat insbesondere die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten, die Provisionsvereinbarung wegen arglistiger Täuschung angefochten und im übrigen geltend gemacht, den Klageansprüchen stehe entgegen, daß die Klägerin der Lufthansa gegenüber zur Herausgabe etwaiger Provisionen verpflichtet sei und die Lufthansa diesen Anspruch aus § 667 BGB an sie, die Beklagte, abgetreten habe.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage insgesamt abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, die die Beklagte zurückzuweisen begehrt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsirrtum angenommen, daß die streitige Provisionsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossen worden ist, wie sich aus dem Schriftwechsel zwischen den Parteien vom 25. September 1986 und 8. Oktober 1986 ergibt. Dagegen sind in der Revisionsinstanz auch von den Parteien Einwendungen nicht erhoben worden.
2. Die Beklagte hat die Provisionsvereinbarung nicht wirksam angefochten. Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung der Beklagten nicht bewiesen sind. Nach der Beweisaufnahme hat sich kein Anhaltspunkt dafür ergeben, daß der Klägerin oder deren Vertreter, ihrem Ehemann, von der Lufthansa untersagt worden war, mit potentiellen Lieferanten eine Provisionsabsprache zu treffen. Die Parteien nehmen auch dies in der Revisionsinstanz hin.
3. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stünde damit grundsätzlich die vereinbarte Provision und deshalb auch der Auskunftsanspruch zur Ermittlung der Höhe zu. Es hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin die Provision, die sie von der Beklagten erhalten würde, aufgrund der Abtretung des Herausgabeanspruchs der Lufthansa gemäß § 667 BGB sofort wieder an die Beklagte zurückgeben müßte.
Dieses Ergebnis hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.
a) Das Berufungsgericht hat die zwischen der Lufthansa und den Eheleuten H. getroffenen individualvertraglichen Abreden ohne Rechtsirrtum als Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) angesehen. Gegen diese im wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung wendet sich die Revision vergeblich.
Die Eheleute H. (und damit die Klägerin) hatten sich, wie das Berufungsgericht insbesondere in Auslegung des Schreibens der Lufthansa vom 18. März 1986 angenommen hat, aufgrund eines entsprechenden Auftrags der Lufthansa verpflichtet, für diese geeignete Lieferanten qualitativ hochwertiger Flugzeugmodelle zu finden, Angebote einzuholen und Muster erstellen zu lassen, wobei der entstehende Aufwand einschließlich des Zeitaufwands von der Lufthansa getragen werden sollte. Die Klägerin hat auch im Namen der Lufthansa der Beklagten den offiziellen Auftrag zur Herstellung eines Mustermodells erteilt, den die Beklagte dann für die Lufthansa ausgeführt hat. Aufwendungen und Tätigkeit der Klägerin bzw. ihres Ehemannes sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit der Lufthansa abgerechnet und von dieser bezahlt worden.
Die Klägerin hatte sich hiernach, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, zu einer selbständigen Tätigkeit wirtschaftlicher Art im fremden Interesse verpflichtet (vgl. zu den Voraussetzungen des Geschäftsbesorgungsbegriffs i.S.d. § 675 BGB Palandt/Thomas BGB 50. Aufl. § 675 Rn. 2 ff.). Denn die Lufthansa, die beabsichtigte, von ihren Flugzeugen Miniaturmodelle für Sammler herstellen zu lassen, hatte sich an die Klägerin und deren Ehemann gewandt, weil diese, wie sie erfahren hatte, eine Sammlung von Flugzeugmodellen unterhielten und deshalb anzunehmen war, daß sie als Sammler über gute und zahlreiche Kontakte zu Modellherstellern verfügten, die auch für die Lufthansa von Nutzen sein konnten. Die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von den Eheleuten H. entgeltlich, nämlich gegen Erstattung nicht nur der baren Unkosten, sondern auch des Zeitaufwands übernommene Tätigkeit war auf ein Geschäft gerichtet, das an sich der Sorge eines anderen, nämlich der Lufthansa selbst, oblag und das die Klägerin und ihr Ehemann zur Unterstützung der Lufthansa und deshalb in Wahrnehmung und zur Förderung von deren Vermögensinteressen ausführen sollten.
Wenn das Berufungsgericht hierin die vertragliche Übernahme einer Geschäftsbesorgung i.S.d. § 675 BGB gesehen hat, so ist das nach den von ihm getroffenen Feststellungen jedenfalls möglich und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
b) Die Klägerin ist damit nach § 667 BGB verpflichtet, alles an die Lufthansa herauszugeben, was sie aus der Geschäftsbesorgung für die Lufthansa erlangt hat.
Gegen die Abtretung des Anspruchs der Lufthansa aus § 667 BGB an die Beklagte sind Bedenken nicht zu erheben. Der Anspruch ist abtretbar (allg. M.; vgl. MünchKomm/Seiler BGB 2. Aufl. § 667 Rn. 24). Die Beklagte hat die seitens der Lufthansa unterschriebene Abtretungserklärung entgegen der Ansicht der Klägerin zumindest konkludent angenommen, was nach § 398 BGB ausreicht.
Aus der Geschäftsbesorgung erlangt i.S. des § 667 BGB ist jeder Vorteil, den der Beauftragte aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erhalten hat (vgl. Palandt/Thomas aaO. § 667 Rn. 3; MünchKomm/Seiler aaO. § 667 Rn. 9 ff.; Staudinger/Wittmann BGB 12. Aufl. § 667 Rn. 1, Rn. 6 ff.; jeweils m.w. Nachw.). Dazu gehören entgegen der Auffassung der Revision die hier streitigen Provisionsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum angenommen hat.
c) Aus der Auftragsbestätigung der Lufthansa vom 18. März 1986 ergibt sich, wie ausgeführt, daß es die Klägerin und ihr Ehemann übernommen hatten, für die Lufthansa geeignete Lieferanten qualitativ hochwertiger Flugzeugmodelle zu finden, Angebote einzuholen und Muster erstellen zu lassen. Der Zeuge M. als Gesprächspartner der Eheleute H., die ihm als Modellflugzeugsammler genannt worden waren, hat dazu bekundet, es sei deren Aufgabe gewesen, ihn dabei zu unterstützen, für die Lufthansa kompetente Hersteller oder Lieferanten von Flugzeugmodellen ausfindig zu machen, wobei die endgültige Auswahl und Beauftragung der Lieferanten nach Prüfung und Ausschreibung durch die Lufthansa habe erfolgen sollen. Irgendein Erfolg sei nicht erwartet worden, es sei lediglich darum gegangen, daß ihm möglichst neutral eine Anzahl von Herstellern oder Lieferanten genannt wurde. Der Zeuge H. hat diesen Inhalt der mit der Lufthansa getroffenen Vereinbarung als korrekt wiedergegeben bezeichnet.
Die Geschäftsbesorgungstätigkeit der Klägerin für die Lufthansa bestand hiernach im Ausfindigmachen und Benennen geeigneter Modellbaufirmen unter Einschluß des Einholens von Angeboten und des Anfertigenlassens von Mustermodellen. Die spätere Auswahl und endgültige Beauftragung der Lieferanten für eine Serienfertigung fiel zwar nicht mehr unter die Geschäftsbesorgung. Insoweit hatte die Klägerin keinerlei Einflußmöglichkeit und entschied allein die Lufthansa, und zwar nach Prüfung durch ihre Ingenieure und Ausschreibung durch die zuständige Einkaufsabteilung. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Klägerin, nachdem sie die Geschäftsbeziehungen zwischen der Lufthansa und der Beklagten, wie ausgeführt, angebahnt hatte, an den später zwischen der Lufthansa und der Beklagten getroffenen Absprachen über eine Serienfertigung von Flugzeugminiaturen weder beteiligt war noch davon auch nur Kenntnis hatte. Die Klägerin hat erst im Mai 1988, aufgrund eines Werbeprospekts der Lufthansa, erfahren, daß die Beklagte für die Lufthansa serienmäßig Flugzeugmodelle des Typs Boeing 737-300 fertigte, die die Lufthansa zum Stückpreis von 180 DM an interessierte Kunden vertreibt.
Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß es der Klägerin versagt ist, die mit der Beklagten für die Serienfertigung vereinbarte streitige Provision zu verlangen, ohne diese nach
§ 667 BGB an die Lufthansa und nach der Abtretung dieses Anspruchs an die Beklagte jetzt sogleich wieder an diese herausgeben zu müssen. Der erforderliche innere Zusammenhang zwischen der Geschäftsbesorgung und dem Provisionsanspruch ist zu bejahen. Die der Klägerin mit dem Provisionsversprechen der Beklagten zukommenden Vorteile gebühren nicht der Klägerin, sondern der Lufthansa.
Die Klägerin hat die streitige Provision für die Serienfertigung zwar nicht unmittelbar in Erfüllung des - begrenzten - Auftrags erhalten, den ihr die Lufthansa erteilt hatte, aber doch im inneren Zusammenhang mit dem für die Lufthansa geführten Geschäft. Denn sie hat den ihr, wie ausgeführt, gegen Vergütung erteilten Auftrag, der schon nach dem Wortlaut der Auftragsbestätigung vom 18. März 1986 nicht nur die Herstellung von Kontakten zu Modellbaufirmen zum Inhalt hatte, sondern, wie dann auch geschehen, das Einholen von Angeboten umfaßte, dazu benutzt, um sich daran anknüpfend weitere Vorteile in Form einer Provision auch für spätere Aufträge zu sichern. Dies erfolgte entgegen den Interessen der Lufthansa, die davon keine Kenntnis hatte. Die von der Klägerin mit der Beklagten und auch mit anderen Modellherstellern für den Fall einer späteren Auftragserteilung vereinbarte Provision wurde in die Angebotspreise, die die Klägerin für die Lufthansa einholte, eingerechnet. Die Preise waren damit insoweit zum Nachteil der Lufthansa, deren Vermögensinteressen die Klägerin wahrzunehmen hatte, überhöht. Die Provision wurde wirtschaftlich von der Lufthansa getragen. Sie gebührt deshalb, weil sie über die mit der Klägerin vereinbarte Vergütung hinausgeht, der Lufthansa.
Dem steht nicht entgegen, daß es der Lufthansa unbenommen war, aufgrund der von ihr selbst durchgeführten Prüfung und Ausschreibung nicht die Beklagte, sondern eine andere Modellbaufirma mit der serienmäßigen Fertigung der Flugzeugmodelle zu betrauen. Der bestehende innere Zusammenhang zwischen dem der Klägerin von der Lufthansa erteilten Auftrag und dem hier von der Klägerin geltend gemachten Provisionsanspruch wird dadurch nicht in Frage gestellt. Wer fremde Geschäfte besorgt und damit auf die Interessen eines anderen zu achten hat, soll aus der Ausführung des Auftrags keine Vorteile haben, die letztlich dem Auftraggeber gebühren (vgl. MünchKomm/Seiler aaO. § 667 Rn. 1; BGH-RGRK/Steffen 12. Aufl. § 667 Rn. 3 ff.). Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Lufthansa aufgrund der streitigen Provisionsvereinbarung einen um die Provision zu hohen Preis bezahlen muß. Eine von der Klägerin aufgrund dieser Vereinbarung vereinnahmte Provision gebührt deshalb der Lufthansa, was wegen der Abtretung des Herausgabeanspruchs gemäß § 667 BGB auch die Beklagte ohne Verstoß gegen Treu und Glauben geltend machen kann.
Das Berufungsgericht hat die Klage nach allem zu Recht abgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin ist mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.