Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 29.11.1954, Az.: III ZR 84/53
Tenor
Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Celle vom 11. Februar 1953 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt das beklagte Land.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land Schadensersatz, weil ein von ihm bei dem Landkreis Ro. (Hann.) gestellter Antrag auf Erteilung eines Kraftfahrzeug-Führerscheins der Klasse III vom Regierungspräsidenten in S. und dem Niedersächsischen Minister für Wirtschaft und Verkehr verzögerlich behandelt worden sei.
Der Kläger war ab 1. April 1950 Handelsvertreter der Firma Theo R. in Ro., die einen Großhandel in Kaffee, Tee, Kakao und Süßwaren betrieb. Sein Tätigkeitsbereich umfaßte den Kreis Ro. und Teile der Kreise B. und V. In seinem Einstellungsvertrage war vorgesehen, daß er mit dem Lieferwagen der Firma die Kundschaft aufsuchen und die verkaufte Ware sogleich aus dem Wagen an den Einzelhandel liefern sollte; hierfür waren ihm 4 % Provision und 4 % Spesenvergütung zugesagt. Mit Rücksicht darauf, daß der Kläger den für die Lenkung des Lieferwagens benötigten Führerschein der Klasse III erst erwerben wollte, wurde vereinbart, daß, solange er nicht selbständig mit dem Lieferwagen fahren könne, ihm nur 3 % Provision und nur 3 % Spesenvergütung gezahlt werden sollten.
Der Kläger besaß einen im Jahre 1927 von der Bundespolizeidirektion in W. ausgestellten österreichischen Führerschein für Kraftfahrzeuge und einen im Jahre 1948 ausgestellten deutschen Führerschein der Klasse IV für Krafträder. Am 13. April 1950 beantragte er beim Landkreis Ro. die Erweiterung seines Führerscheins auf Klasse III. Dabei berief er sich für seine technischen Kenntnisse auf den österreichischen, für seine Kenntnisse der deutschen Straßenverkehrsvorschriften auf seinen deutschen Führerschein; er zahlte eine Prüfungsgebühr von 5,- DM ein. Der Landkreis übersandte den Antrag am 26. April 1950 an die technische Prüfstelle in H. zur Prüfung des Klägers. Die Prüfstelle fragte am 31. Mai 1950 beim Landkreis zurück, ob eine Prüfung des Klägers im Hinblick auf die vorhandenen beiden Führerscheine überhaupt erforderlich sei. Der Landkreis erbat am 5. Juni 1950 die Entscheidung des Regierungspräsidenten in S. darüber, ob die beantragte Erweiterung des Führerscheins mit Rücksicht auf die vorhandenen beiden Ausweise ohne weiteres erfolgen könne. Es ist streitig, ob der Regierungspräsident diesen Bericht des Landkreises erhalten hat.
Der Kläger erinnerte am 5. Juli 1950 den Regierungspräsidenten unter Darstellung des Sachverhalts an die Erledigung der Antrage des Landkreises und bemerkte dabei, daß er den Führerschein Klasse III aus beruflichen Gründen dringend benötige. Diese Eingabe wurde bei dem Regierungspräsident mit dem Vermerk, ein Eingang des Landkreises Ro. liege noch nicht vor, mit einer Wiedervorlegungsverfügung zum August 1950 versehen. Der Kläger bat, da ihm keinerlei Mitteilung zuging, unter dem 11. August 1950 den Regierungspräsidenten erneut um Entscheidung. Dabei wies er darauf hin, daß er den Führerschein als Handelsvertreter dringend brauche. Dazu wurde in den Akten des Regierungspräsidenten unter dem 20. August 1950 vermerkt, daß der Eingang vom Landkreis Ro. auch jetzt noch nicht vorliege and die Angelegenheit gelegentlich "in H." geregelt werden solle. Der Kläger erhielt wiederum keine Nachricht. Er erinnerte am 28. August 1950 den Regierungspräsidenten unter eingehender Darlegung des Sachverhalts nochmals an Entscheidung. Der Ferienvertreter des zuständigen Dezernenten zeichnete die Eingabe zur weiteren Bearbeitung durch den Bürobeamten ab. Dieser vermerkte unter dem 15. Oktober 1950, es sei beim Landkreis erneut verschiedentlich nach dem Vorgang gefragt, der nicht eingegangen sei; der Kreis könne die Angelegenheit selbst regeln, wenn der Kläger zum Nachweis seiner Fähigkeiten bereit sei; das sei er aber anscheinend nicht, obwohl er den Führerschein Klasse III angeblich dringend brauche; falls die Angelegenheit nicht unmittelbar vom Landkreis erledigt werde, müsse gelegentlich Rücksprache im Ministerium erfolgen. Auch jetzt wurde der Kläger nicht darüber unterrichtet, was auf diese als Beschwerde bezeichnete Eingabe erfolgt war. Er legte am 6. November 1950 Beschwerde beim niedersächsischen Minister für Wirtschaft und Verkehr ein, Aufgrund einer Ende Februar 1951 im Ministerium erfolgten Besprechung teilte der Regierungspräsident dem Kläger mit Schreiben vom 2. März 1951 mit, daß gegen die Umschreibung seines Führerscheins keine Bedenken erhoben würden. Der Landkreis Ro. schrieb daraufhin am 6. März 1951 den Führerschein des Klägers antragsgemäß um.
Der Kläger vertritt die Ansicht, die zuständigen Beamten beim Regierungspräsidenten in S. und beim Niedersächsischen Minister für Wirtschaft und Verkehr hätten seine Eingaben schuldhaft verzögerlich behandelt; sie hätten damit eine auch ihm gegenüber obliegende Amtspflicht zur sachgemäßen Bearbeitung seiner Anträge verletzt. Es sei ihm Schaden entstanden, weil er wegen Fehlens des Führerscheins Klasse III nur gelegentlich von dem Inhaber der Firma R. mit dem Lieferwagen zur Kundschaft gefahren worden sei, während er bei Vorhandensein des Führerscheins in jeder Woche an drei Tagen die Kundschaft zwecks Aufgabe von Bestellungen und zur gleichzeitigen Auslieferung der Waren hätte besuchen können. Dadurch würde sich unter Berücksichtigung des tatsächlich von ihm erzielten Umsatzes für die Monate Mai 1950 bis einschließlich Januar 1951 ein um 3.279,37 DM höherer Verdienst ergeben haben. Diesen Verdienstentgang und die unnötigerweise gezahlten 5,- DM Prüfungsgebühr sieht er als seinen Schaden an. Von diesem Schadensbetrage von insgesamt 3.284,37 DM hat er im Hinblick auf das ihm nur in beschränkter Höhe bewilligte Armenrecht einen Teilbetrag von 1.500,- DM nebst Zinsen eingeklagt.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es vertritt die Auffassung, die Erteilung des Führerscheins sei alleinige Angelegenheit des Landkreises Ro. gewesen. Deshalb hätten nur dem Landkreis Rotenburg Amtspflichten gegenüber dem Kläger obgelegen, nicht aber den Behörden des beklagten Landes. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Umschreibung des Führerscheins gehabt; diese hätte vielmehr nach freiem Ermessen der Behörde auch abgelehnt werden können. Im übrigen vertritt das beklagte Land die Auffassung, es liege auch kein Verschulden von Landesbeamten vor; die Behörden seien nicht verpflichtet, Anträge innerhalb bestimmter Fristen zu bescheiden, zumal wenn eine Ermessensentscheidung in Frage stehe. Es vertritt weiter die Ansicht, der Amtshaftungsanspruchscheitere schon daran, daß der Kläger die Untätigkeitsklage nach § 24 MilRegVO Nr. 165 und die Beschwerde an den Minister verspätet eingelegt habe. Das Land behauptet, der Kläger habe nichts zur Verhütung und Minderung des Schadens getan, vor allem habe er nicht einmal Geschäftsfahrten mit seinem Kraftrad unternommen; er habe es auch unterlassen, als Schwierigkeiten hinsichtlich der "Umschreibung" des Führerscheins aufgetaucht seien, sich zur Ablegung der üblichen Führerscheinprüfung, bereit zu erklären. Endlich habe er auch nicht darauf hingewiesen, daß durch die Nichterteilung des Führerscheins ihm ein besonders hoher Schaden entstehe. Die Höhe des vom Kläger geltend gemachten Schadens hat das beklagte Land bestritten.
Der Kläger hat behauptet, es sei ihm unmöglich gewesen, für sein veraltetes fahruntüchtiges Kraftrad die erforderlichen Ersatzteile, die nicht mehr hergestellt worden seien, zu erhalten; auch sei es ihm nicht möglich gewesen, vom Motorrad aus die Kundschaft in der vorgesehenen Weise sogleich mit Waren zu beliefern.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 1.297,40 DM nebst Zinsen entsprochen und sie in Höhe von 202,60 DM nebst anteiligen Zinsen abgewiesen. Gegen das Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt, die als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Mit der Revision verlangt das beklagte Land unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung Klageabweisung; der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
I.1)Ansprüche aus § 839 BGB setzen voraus, daß der Beamte eine ihm dem Geschädigten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt hat. Daß die mit der Bearbeitung von Führerscheinanträgen befaßten Beamten den Antragstellern gegenüber die Amtspflicht haben, die Anträge sachgerecht zu bescheiden, hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt. Das gilt auch für Anträge auf Umschreibung von ausländischen Führerscheinen nach § 15 StVZO, wie das Berufungsgericht auf Seite 13/14 des Berufungsurteils überzeugend dargelegt hat. Die Revision hat zu diesem Punkt Bedenken auch nicht erhoben. Insoweit steht Ansprüchen aus § 839 BGB nichts entgegen.
2)Derartige den Geschädigten gegenüber obliegende Amtspflichten bestehen selbstverständlich zunächst für die zur Bearbeitung der Anträge auf Erteilung von Führerscheinen zuständigen Stellen. Das Berufungsgericht führt zutreffend aus, daß die Erteilung der Führerscheine eine Auftragsangelegenheit des Kreises gewesen sei, und daß weder der Regierungspräsident noch der Innenminister die Bearbeitung des Antrages des Klägers an sich gezogen hätten, so daß der Landkreis für die Bearbeitung des Antrages zuständig geblieben sei. Auch insoweit erhebt die Revision keine Beanstandungen.
Das Berufungsgericht nimmt an, daß den Beamten des Regierungspräsidenten nach den Grundsätzen des Petitionsrechts (Art. 17 GrundG) und als Beamten der Aufsichtsinstanz selbst "bei bloß innerdienstlicher Befassung mit der Angelegenheit" auch dem Kläger gegenüber die Amtspflicht obgelegen habe, die Antrage der Kreisbehörde und die Anträge des Klägers rechtzeitig sachlich zu bescheiden. Gegen diese Rechtsansicht wendet sich die Revision.
Der Heranziehung der Bestimmungen über das Petitionsrecht und der Grundsätze der Kommunalaufsicht bedarf es jedoch nicht, um die Verletzung einer den Beamten des Regierungspräsidenten dem Kläger gegenüber obliegenden Amtspflicht zu rechtfertigen. Der Kläger hatte sich wegen Erteilung eines Führerscheines an die dafür zuständige Kreisbehörde gewandt. Diese hatte ihm eröffnet, daß sie wegen der Zulässigkeit einer "Umschreibung seines österreichischen Führerscheines" in einen inländischen deutschen Führerschein die Weisung der Aufsichtsbehörde, des Regierungspräsidenten, nachgesucht habe. Wenn der Kläger sich nunmehr nach monatelangem Ausbleiben dieser Weisung unter Darlegung des Sachverhalts an den Regierungspräsidenten wandte, die von der Kreisbehörde erbetene Weisung beschleunigt zu erteilen, so zeugt es von einer völligen Verkennung der Pflicht einer Behörde, wenn die Beamten des Regierungspräsidenten damals und während des Prozesses (z.B. S 5 des Schriftsatzes vom 8. Januar 1952) die Auffassung vertreten haben, eine Pflicht der Beamten "eingehende Anträge innerhalb bestimmter angemessener Zeit in irgend einer Form zu bescheiden", bestehe nicht. Selbst wenn dieser Grundsatz etwa nur im Hinblick auf die Beamten einer für die bezeichnete - Sachentscheidung unzuständigen - Behörde aufgestellt sein sollte, so wäre er falsch. Richtig ist selbstverständlich, daß nur die zuständige Behörde zu einer Sachentscheidung verpflichtet ist; das ergibt sich schon daraus, daß nur sie zu einer solchen Entscheidung berechtigt ist. Im vorliegenden Falle geht es aber weniger um die Sachentscheidung durch den Regierungspräsidenten als darum, daß die zuständige Stelle, also die Kreisbehörde, in den Stand gesetzt wurde, eine Sachentscheidung zu treffen. Um dieses Ziel zu erreichen, wandte sich der Kläger immer wieder - allerdings vergeblich - an den Regierungspräsidenten. Dessen Beamten haben die Zurückstellung der Sachbearbeitung damit begründet, die vom Kläger erwähnte Bitte der Kreisbehörde um "Weisung" sei beim Regierungspräsidenten noch nicht eingegangen. Die Beamten des Regierungspräsidenten erkannten also nach dieser Einlassung selbst, daß nach dem Vortrag des Klägers die Sachentscheidung von der Kreisbehörde bis zur Erledigung der Bitte um "Weisung" zurückgestellt worden war und auf unbestimmte Zeit zurückgestellt bleiben würde, wenn die Bitte um "Weisung", von ihnen deshalb nicht weiterbearbeitet würde, weil eine solche Bitte der Kreisbehörde bei ihnen nicht eingegangen war. Damit stand für die Beamten des Regierungspräsidenten ohne weiteres fest, daß die dem Kläger gegenüber obliegende Amtspflicht zur sachgerechten Bescheidung seines Antrages, ihm einen Führerschein zu erteilen, auf unbestimmte Zeit nicht erfüllt werden würde. Diese Amtspflicht oblag zwar der Kreisbehörde als Auftragsangelegenheit, Jedoch greift hier der Gedanke der Einheit der Staatsverwaltung durch. Die Verteilung der Staattsaufgaben auf verschiedene staatliche Stellen und auf Kommunalverwaltungen (als Auftragsangelegenheiten) hat zwar zur Folge, daß nur diese Stellen zur Sachentscheidung befugt sind, und daß ihnen gegebenenfalls dem Staatsbürger gegenüber die Pflicht obliegt, sachgerecht zu entscheiden. Diese Amtspflicht einer bestimmten Stelle ändert aber nichts daran, daß es sich bei der sachgerechten Entscheidung über Anträge um die Erfüllung von staatlichen Aufgaben handelt. Deshalb haben alle Organe des Staates und alle Stellen, deren sich der Staat zur Durchführung seiner Aufgaben bedient, die Verpflichtung, soweit es erforderlich ist, dazu mitzuwirken, daß die zur Sachentscheidung berufene Stelle in den Stand gesetzt wird, diese Sachentscheidung zu fällen. Diese Pflicht obliegt den anderen Stellen zunächst im Interesse der ordnungsgemäßen Staatsverwaltung, also im öffentlichen Interesse in den Fällen jedoch, in denen der zur Sachentscheidung zuständigen Stelle dem einzelnen Staatsbürger gegenüber die Pflicht zur sachgerechten Entscheidung obliegt, ergibt sich aus der Einheit der Staatsverwaltung, daß dann auch die Pflicht, die zur Sachentscheidung zuständige Stelle zur Entscheidung in den Stand zu setzen, zu einer dem Staatsbürger gegenüber obliegenden Pflicht werden kann. Eine solche dem Staatsbürger gegenüber obliegende Pflicht besteht jedenfalls in den Fällen, in denen, wie hier, die zuständige Stelle die Sachentscheidung bis zu einem Tätigwerden einer anderen staatlichen Stelle - mit Recht oder grundlos - ausgesetzt hat; alsdann muß diese andere Stelle mindestens erklären, ob sie tätig werden will oder nicht, damit die zur Sachentscheidung zuständige Stelle die Sache nicht auf unbestimmte Zeit beruhen läßt. Erst recht besteht diese Verpflichtung dann, wenn jene anderen staatlichen Stellen zwar davon Kenntnis erhalten, daß die zuständige Stelle die Sachentscheidung von der Mitwirkung dieser anderen Stelle abhängig gemacht hat, wenn aber trotzdem eine Aufforderung der zur Sachentscheidung zuständigen Stelle, in irgend einer Form mitzuwirken, bei ihnen nicht eingeht. Diese Verpflichtung bestand jedenfalls im vorliegenden Falle, weil der Regierungspräsident als Aufsichtsbehörde sogar einer gewisse Sachbeziehung zum Gegenstand der beantragten Entscheidung hatte.
Ob im vorliegenden Falle diese Amtspflicht der Beamten des Regierungspräsidenten, wie das Berufungsgericht meint, dahin ging, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob in Anwendung des § 15 StVZO eine Umschreibung des ausländischen Führerscheines in einen inländischen Führerschein möglich sei, kann dahingestellt bleiben. Wenn die Beamten des Regierungspräsidenten eine Entscheidung über diese Frage nicht treffen wollten, so mußten sie dies mindestens der Kreisbehörde oder dem Kläger gegenüber zu erkennen geben. Dann hätte die Kreisbehörde über den Antrag des Klägers entweder sofort entschieden oder bei weiterem Zögern der Kreisbehörde hätte der Kläger dann Anlaß gehabt, gegen die Verweigerung der Entscheidung vorzugehen, während er keinen Anlaß zu einem solchen Vorgehen hatte, solange er nach der ihm zuteil gewordenen Mitteilung, es würde vor Entscheidung "die Weisung des Regierungspräsidenten abgewartet", mit dem Eingang einer Antwort des Regierungspräsidenten rechnen durfte. Es bedarf ferner auch keiner Entscheidung, ob der Kläger einen Anspruch auf "Umschreibung" des Führerscheins hatte. Das Berufungsgericht stellt nämlich ausdrücklich fest, daß der Kläger, falls der Umschreibung des Führerscheines Schwierigkeiten entgegenständen, sein Einverständnis mit der Abnahme der Fahrprüfung erklärt hatte. Es kam also im Hinblick auf den zur Entscheidung stehenden Verdienstausfall des Klägers allein darauf an, daß die Kreisbehörde so rasch als möglich in den Stand gesetzt wurde, eine Sachentscheidung zu treffen. Zur Rechtfertigung des vom Kläger geltend gemachten Verdienstausfalls genügt also bereits die Verletzung der den Beamten des Regierungspräsidenten dem Kläger gegenüber obliegenden Amtspflicht, die Kreisbehörde in den Stand zu versetzen, die ihr obliegende Sachentscheidung über die Umschreibung oder die Erteilung des Führerscheins so rasch als möglich zu treffen.
Bei dieser Rechtslage stoßen die Revisionsrügen hinsichtlich der nach der Ansicht des Berufungsgerichts aus dem Petitionsrecht des Art. 17 GrundG und aus der Kommunalaufsicht sich ergebenden Pflichten ins Leere. Deshalb bedarf es keines weiteren Eingehens darauf.
Diese aus dem Gedanken der Einheit der Staatsverwaltung sich ergebende soeben umschriebene Amtspflicht, die in Fällen der vorliegenden Art auch dem Staatsbürger, hier also dem Kläger als Antragsteller, gegenüber obliegt, haben die Beamten des Regierungspräsidenten auf das schwerste verletzt, weil sie durch ihr Untätigbleiben auf die Eingaben des Klägers die Sachentscheidung der zuständigen Kreisbehörde lange Zeit verzögert haben, wie das angefochtene Urteil überzeugend dargelegt hat.
3)Diese Amtspflichtverletzung ist auch schuldhaft. Es ist geradezu unverständlich, wie die Beamten des Regierungspräsidenten bei Bearbeitung der Eingabe des Klägers die Ansicht Haben vertreten können, sie bräuchten - selbst mehrfach wiederholte und eingehend begründete - Anträge nicht innerhalb bestimmter angemessener Fristen zu bescheiden. Sie haben grobfahrlässig den Grundsatz mißachtet, daß die Beamten nicht nur Diener des Staates, sondern auch Helfer der Staatsbürger zu sein haben. Jeder Beamte war stets und ist besonders in der Gegenwart über die allen Beamten obliegende Pflicht zu belehren, den Staatsbürgern, wenn diese Anträge stellen, zu einer Sachentscheidung zu verhelfen. Entweder haben die Beamten des Regierungspräsidenten sich über alle auch ihnen zuteil gewordenen Belehrungen hinweggesetzt oder aber der Regierungspräsident hat seine Beamten nicht mit genügenden Weisungen versehen. Danach kann insbesondere nicht der Einlassung des beklagten Landes auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 18. Januar 1952 gefolgt werden; dort wird zur Entschuldigung für die Nichtbearbeitung der dritten Eingabe des Klägers vom 13. September 1950 an den Regierungspräsidenten vorgetragen, sie sei "zur Zeit des Urlaubes des ordentlichen Dezernenten eingegangen und sei von seinem Vertreter im Drange der Geschäfte wiederum kurzerhand zur Bearbeitung durch den Bürobeamten abgezeichnet worden", der dann praktisch wiederum zunächst nichts veranlaßt hat. Eine Eingabe, mit der gerade Beschwerde darüber geführt wird, der bisherige Bearbeiter, der Bürobeamte, habe eine Entscheidung lange Zeit verzögert, kann unmöglich dadurch erledigt werden, daß sie zur Bearbeitung durch den Bürobeamten abgezeichnet wird. Selbst in stärkster Belastung des Vertreters kann keine Entschuldigung für ein solches Verhalten gefunden werden, wenn der einzige Inhalt der Eingabe darin besteht, sachlich und substantiiert über die bisher unterbliebene Bearbeitung der Sache Klage zu führen.
Eine schuldhafte Verletzung einer den Beamten des Regierungspräsidenten dem Kläger gegenüber obliegende Amtspflichtverletzung ist daher vom Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend bejaht worden.
II.Die Ausführungen des Berufungsgerichts, daß der Kläger jedenfalls für die Monate September bis Dezember 1950 den Schaden (Verdienstausfall) durch Gebrauch eines Rechtsmittels nicht hätte abwenden können, sind von der Revision nicht angegriffen worden.
1)Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger nicht nur gegen den Landkreis, sondern auch gegen den Regierungspräsidenten die Untätigkeitsklage der Art. 24, 50 MilRegVO Nr. 165 hätte erheben können. Mit Recht führt nämlich das Berufungsgericht aus, der Kläger habe die Wahl gehabt, ob er die Untätigkeitsklage erheben oder sich mit Eingaben an den Regierungspräsidenten habe wenden oder beides habe tun sollen. Es ist ein grundlegender Irrtum, wenn das beklagte Land im bisherigen Verfahren die Rechtsansicht vertreten hat, die Untätigkeitsklage müsse im Hinblick auf § 839 Abs. 3 BGB immer, sobald sie zulässig werde, also nach 2 Monaten, erhoben werden. Die Untätigkeitsklage ist nur eines der in Frage kommenden Rechtsmittel und zwar das stärkste, aber auch das letzte. Erst wenn alle anderen "Rechtsmittel" nicht zum Erfolg führen, muß erforderlichenfalls auch von der Untätigkeitsklage Gebrauch gemacht werden. Wollte man verlangen, daß die Untätigkeitsklage immer, sobald sie zulässig wird, erhoben würde, so würde das eine nicht zu verantwortende Überlastung der Verwaltungsgerichte und eine nicht zumutbare Belastung des "Geschädigten" mit den Mühen und Kosten eines solchen Klageverfahrens bilden. Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß Erinnerungen und Beschwerden billige und erfahrungsmäßig schnell wirkende Rechtsbehelfe und erfahrungsgemäß allgemein geeignet sind, Verzögerungen in der Bearbeitung von Eingaben abzuhelfen und zwar in kürzester Zeit. Die Annahme, daß diese Wirkung im vorliegenden Falle selbst bei den Sachbearbeitern des Regierungspräsidenten und denen des Ministers/nicht in angemessener Zeit erzielt werden würde, lag außerhalb des Kreises zumutbarer Überlegung.
Selbst wenn der Kläger rechtlich die Möglichkeit gehabt hätte, Untätigkeitsklage gegen den Regierangspräsidenten zu erheben, hätte er nicht fahrlässig unterlassen, durch Nichterhebung dieser Untätigkeitsklage den Schaden abzuwenden. Der Umstand, daß der Kläger noch geraume Zeit über den Zeitpunkt des Zulässigwerdens der Untätigkeitsklage auf eine ordnungsmäßige Erledigung der Angelegenheit durch die höheren Behörden (Regierungspräsident und Minister) vertraut hat, kann nicht zum Verlust seines Schadensersatzanspruches über § 859 Abs. 3 BGB führen.
2)Es kann weiter dahingestellt bleiben, ob der Kläger, wie das Berufungsgericht meint, die Beschwerde über den Regierungspräsidenten an den Minister verspätet eingelegt hat. Zutreffend hat das Berufungsgericht jedenfalls ausgeführt, daß auch bei früherer Einlegung dieser Beschwerde die Erteilung des Führerscheines nicht vor Ablauf des Monats Dezember 1950 erfolgt wäre. Infolgedessen wäre der dem Kläger bis einschließlich Dezember 1950 entstandene Schaden (Verdienstausfall) nicht auf die etwa verspätete Einlegung der Beschwerde an den Minister zurückzuführen.
Einwendungen aus § 839 Abs. 3 BGB stehen daher den Schadensersatzansprüchen des Klägers nicht entgegen.
III.Die Revision beanstandet endlich, daß das Berufungsgericht ein Mitverschulden des Klägers verneint hat. Dieses Mitverschulden könnte in dreifacher Richtung vorliegen:
1)Die Revision meint, der Kläger habe es schuldhaft unterlassen, den Schaden dadurch zu mindern, daß er davon Abstand genommen habe, die Führerscheinprüfung nachzuholen. Gerade wenn der Kläger festgestellt habe, daß bei der Bearbeitung der Umschreibung seines ausländischen Führerscheins eine Verzögerung eintrat, er andererseits aber gewußt habe, welch erheblicher Schaden ihm durch das Nichtfahrenkönnen des Lieferwagens erwuchs, so hätte er ohne weiteres darauf drängen können und müssen, daß ihm die Führerscheinprüfung abgenommen würde. Die Abnahme des Führerscheins wäre ihm dann nicht verweigert worden. Darin, daß er dies nicht getan habe, erblickt die Revision ein Mitverschulden des Klägers.
Dem ist bereits das angefochtene Urteil im Ergebnis zu Recht entgegengetreten.
Der Kläger hat Erteilung eines Führerscheins beantragt; er hat sich zum Nachweise seiner technischen Kenntnisse auf seinen ausländischen Führerschein und für die Kenntnis der deutschen Verkehrsregeln auf seinen deutschen Führerschein der Klasse IV berufen. Die Kreisbehörde wünschte aber trotzdem eine Prüfung des Klägers über seine Kenntnisse; auch damit war der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts einverstanden. Wenn dann die technische Prüfstelle die Abnahme der Prüfung unterließ, bei der Kreisbehörde die Umschreibung des Führerscheins anregte, die Kreisbehörde über die Zulässigkeit einer solchen Umschreibung eine "Weisung" des Regierungspräsidenten erbat und dem Kläger davon Mitteilung gab, so mußte dieses Verhalten der Behörde beim Kläger in der Tat den Eindruck erwecken, er habe alles Erforderliche getan, um in den Besitz eines Führerscheins zu gelangen. Keinesfalls kann es dem Kläger zum Verschulden gereichen, wenn er glaubte, die Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung des Führerscheins allein dadurch fördern zu können, daß er den Regierungspräsidenten an Erteilung der "Weisung" erinnerte, von deren Eintreffen die Kreisbehörde die Entscheidung abhängig gemacht hatte, ob eine Umschreibung des Führerscheins oder zunächst die Abnahme einer Prüfung erfolgen sollte. Dieser Eindruck mußte beim Kläger noch dadurch verstärkt werden, daß auch der Regierungspräsident ihm nicht anheimgab, auf Abnahme der Prüfung zu drängen. Wenn das Berufungsgericht davon spricht, das beklagte Land setze sich mit dem früheren Verhalten seiner Beamten (pflichtwidrig verabsäumter Belehrung) unzulässig in Widerspruch, wenn es nunmehr daraus Nutzen ziehen wolle, daß der Kläger nicht auf Abnahme der Prüfung gedrängt habe, so ist das nach dem Zusammenhang weniger im Sinne der Einrede der Arglist gemeint. Vielmehr kommt darin der richtige Gedanke zum Ausdrucks Dem geschädigten Staatsbürger kann es im Hinblick auf seine Verpflichtung zur Minderung des Schadens im allgemeinen nicht zum Verschulden im Sinne des § 254 BGB gereichen, wenn er nicht klüger ist als die Beamten, und wenn er deshalb einen anderen als den eingeschlagenen Weg, schnell zum erstrebten Ziele zu kommen, ebenso wie die mit der Sache befaßten Beamten nicht erkannt and deshalb von ihm keinen Gebrauch macht.
Insoweit, ist daher ein Mitverschulden des Klägers vom Berufungsgericht mit Recht verneint worden.
2)Ein Mitverschulden des Klägers würde dann gegeben sein können, wenn er es schuldhaft unterlassen hätte, den Schaden durch Benutzung seines Motorrades zu mindern. Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß dem Kläger insoweit ein Mitverschulden schon deshalb nicht nachgewiesen werden könnte, weil die Beklagte nicht bewiesen habe, daß dem Kläger ein fahrbereites Kraftrad - der Kläger hatte behauptet, Ersatzteile für sein beschädigtes veraltetes Kraftrad seien nicht zu beschaffen gewesen - damals zur Verfügung gestanden hat. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts, gegen die die Revision Beanstandungen nicht erhoben hat, lassen einen Rechtsirrtum nicht erkennen.
3)Die Revision wendet sich endlich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe durch seine Behauptung, er benötige den Führerschein für sein Gewerbe als Handelsvertreter dringend, in ausreichendem Maße auf den Umfang des ihm durch Verzögerung der Entscheidung über seinen Führerscheinantrag drohenden Schadens hingewiesen.
Unrichtig ist aber bereits der Ausgangspunkt der Revision, aus den Akten habe sich ergeben, daß der Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, seine Kundschaft mit dem Kraftrad zu besuchen. Aus den Akten ergab sich nämlich nur, daß der Kläger im Besitze des Führerscheins der Klasse IV war. Bei dieser Sachlage war es entgegen der Annahme der Revision nicht erforderlich, daß der Kläger in seiner Eingabe noch ausdrücklich darauf hinwies, sein Kraftrad sei unbenutzbar. Es kann nämlich nicht vermutet werden, daß jeder Inhaber eines Führerscheins der Klasse IV Besitzer eines fahrbereiten Motorrades ist. Demnach ergab sich für die Beamten des Regierungspräsidenten bereits kein Anhalt dafür, daß der Kläger seinem Gewerbe als Handelsreisender trotz Fehlens des Führerscheines der Klasse III mit Hilfe seines Motorrades im wesentlichen habe nachgehen können.
Die Revision beruft sich in diesem Zusammenhang weiter darauf, aus den Akten gehe nicht hervor, daß der Kläger seine Besuche als Handelsreisender mit dem Kraftrad nicht hätte vornehmen können, um mit Erfolg Kaffee, Tee, Kakao und Süßigkeiten abzusetzen. Das Berufungsgericht hat bereits ausgeführt, daß ein Motorrad für die Zwecke des Klägers (Lieferung nicht nur von Proben oder kleinen Portionen, sondern sofortige Belieferung der Kundschaft mit der Ware) keinen Ersatz für die Benutzung des Lieferwagens bedeutet hätte. Wenn die Beamten des Regierungspräsidenten Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Klägers hatten, er sei ohne Führerschein der Klasse III an der Ausübung seines Gewerbes als Handelsreisender stark behindert, so hätten sie sich Aufklärung darüber verschaffen müssen. Solange sie das nicht taten, mußten sie nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts mit der Möglichkeit ganz erheblicher Schäden des Klägers für die Zeit rechnen, in der ihm ein Führerschein der Klasse III nicht erteilt war. Eines weiteren Hinweises des Klägers auf die Höhe dieser drehenden Schäden bedurfte es daher auch nach § 254 Abs. 2 Halbsatz 1 BGB nicht.
Ein Mitverschulden des Klägers ist mithin vom Berufungsgericht in vollem Umfange zu Recht verneint worden.
IV.Das Berufungsgericht hat angenommen, daß auch die Beamten des Ministeriums bei Bearbeitung der Beschwerde des Klägers schuldhaft die ihnen dem Kläger gegenüber obliegenden Amtspflichten verletzt haben. Es hat die Verurteilung des beklagten Landes auch mit dieser Amtspflichtverletzung begründet. Hiergegen wendet sich die Revision einmal mit der prozessualen Rüge, daß hinsichtlich dieser von den Beamten des Ministeriums begangenen Amtspflichtverletzungen das beklagte Land im vorliegenden Rechtsstreit nicht ordnungsmäßig vertreten sei, weil insoweit nicht der Regierungspräsident, sondern der Minister zur Vertretung des Landes berufen sei; andererseits vertritt die Revision die Auffassung, daß den Beamten des Ministeriums dem Kläger gegenüber eine Amtspflicht, tätig zu werden, nicht obgelegen habe.
Auf diese Rügen der Revision braucht nicht eingegangen zu werden. Der dem Kläger vom Berufungsgericht zugebilligte Schadensersatz für den in den Monaten September bis Dezember 1950. eingetretenen Verdienstausfall beruht nämlich in vollem Umfange auf der Verletzung der den Beamten des Regierungspräsidenten dem Kläger gegenüber obliegenden Amtspflichten, wie oben im einzelnen auseinandergesetzt worden ist. Es könnte höchstens in Frage kommen, ob ein Teil dieser Schäden auch auf Amtspflichtverletzungen der Beamten des Ministeriums beruht. Durch die Beschwerde des Klägers an das Ministerium über die Verzögerung der Entscheidung seitens des Regierungspräsidenten ist der Zusammenhang des nach dieser Beschwerde entstandenen Verdienstausfalls mit der Amtspflichtverletzung der Beamten des Regierungspräsidenten in keiner Weise unterbrochen. Auch nach Eingang dieser Beschwerde hatten die Beamten des Regierungspräsidenten nach wie vor die Pflicht, darum besorgt zu sein, daß über den Antrag des Klägers auf Erteilung des Führerscheins durch die dafür zuständige Kreisbehörde entschieden werden konnte. Sie müssen daher auch für die nach Eingang der Beschwerde entstandenen Verdienstausfälle aufkommen. Diese Überlegungen zeigen, daß es im vorliegenden Rechtsstreit überhaupt nicht darauf ankommt, ob neben der Amtspflichtverletzung der Beamten des Regierungspräsidenten auch eine solche der Beamten des Ministeriums vorliegt. Das beklagte Land ist daher durch die Ausführungen des Berufungsgerichts über die Amtspflichtverletzung der Beamten des Ministeriums in keiner Weise beschwert. Eines näheren Eingehens auf die Rügen der Revision zu diesem Punkte bedarf es daher nicht.
Nach alledem ist die Revision des beklagten Landes mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.