Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 07.12.1960, Az.: IV ZR 142/60
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 27. Januar 1960 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebühren- und auslagenfrei; die außergerichtlichen Kosten der Revision fallen dem Kläger zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Testamentsvollstrecker über den Nachlaß des am 20. September 1956 in L.-C. verstorbenen Dr. Ivan K.. Nach dem gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts Berlin-Zehlendorf vom 8. Januar 1959 ist der Verstorbene von seinen Schwägerinnen Mara Lö. und Elsie Sc. sowie von seinem Bruder Oskar K. und seiner Schwester Frieda M. geb, K. zu je einem Viertel des Nachlasses beerbt worden.
Der im Jahre 1889 geborene Erblasser war während der Jahre 1924 bis 1928 als kommunistischer Abgeordneter Mitglied des Deutschen Reichstags. Zeitweise war er einer der führenden Funktionäre der KPD. Von 1928 bis 1933 war er Angestellter im Verwaltungsdienst des Bezirksamts W. der Stadt B.. Am 18. März 1933 wurde er fristlos entlassen. Während der folgenden Jahre befand er sich häufig in Haft, zuletzt in den Konzentrationslagern Auschwitz und Mauthausen.
Mit der Behauptung, daß er 1933 aus politischen Gründen entlassen und in den folgenden Jahren seiner Freiheit geraubt worden sei, hatte Dr. K. beim Entschädigungsamt Berlin Ansprüche wegen Schadens an Freiheit, Gesundheit, Eigentum und Vermögen sowie im beruflichen Fortkommen eroben.
Auf seinen am 10. Mai 1951 beim Entschädigungsamt Berlin eingegangenen Antrag auf Entschädigung wegen Gesundheitsschadens wurde er im Mai 1955 ärztlich untersucht (B 3 ff der EA). Weitere Ermittlungen zur Vorbereitung einer Entscheidung stellte das Entschädigungsamt nicht an. Mit Schreiben vom 14. August 1956 (M 162) wurde dem Antragsteller mitgeteilt, daß ihm wegen des Schadens an Körper und Gesundheit "in der nächsten Zeit mehrere tausend Mark ausgezahlt würden". Am 15. August 1956 wurde das Ergebnis der Prüfung für die Gewährung eines Vorschusses in den Akten niedergelegt (B 35). Es wurde zugleich verfügt, daß dem Antragsteller vom 1. November 1956 an ein Rentenvorschuß von monatlich 379,50 DM geleistet werden sollte. Auf die Ansprüche auf Rentennachzahlung und Kapitalentschädigung wurde ein Vorschuß von insgesamt 40.900 DM bewilligt. Beide Beträge, zusammen also 41.279,50 DM, wurden am 22. September 1956 vom Entschädigungsamt zur Zahlung an ein bei der Berliner Bank AG bestehendes Konto des Antragstellers angewiesen, 40.900 DM wurden ihm am 17. Oktober 1956, 379,50 DM am 19. Februar 1957 gutgeschrieben.
Am 7. Oktober 1956 erschien in der Berliner Zeitung "Telegraf" eine Anzeige des Bundes für Freiheit und Recht Berlin e.V., in der es hieß, daß der Antragsteller am 19. September 1956 einem Herzschlage erlegen sei. In Wirklichkeit war er nach der Urkunde des Standesbeamten in C. am 20. September 1956 gestorben. Diese Anzeige wurde dem Entschädigungsamt durch den Senator für Inneres übersandt, sie ging am 10. Oktober 1956 bei der Entschädigungsbehörde ein (M 173, M 174).
In dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Bescheid vom 3. April 1957 (B 46) wurde der Kläger angewiesen, aus dem Nachlaß des Verfolgten 41.279,50 DM an das Entschädigungsamt zurückzuzahlen. In den Gründen des Bescheides wird ausgeführt, daß der Vorschuß nach dem Tode des Antragstellers gezahlt und daher dessen Erben zugeflossen sei; er müsse nach §170 Abs. 2 BEG zurückgezahlt werden, weil der Anspruch des Erblassers nach §39 Abs. 2 BEG mit dessen Tode erloschen sei. Gegen den dem Kläger am 18. April 1957 zugestellten Rückforderungsbescheid richtet sich die Klage, mit der der Kläger die Aufhebung dieses Bescheides erstrebt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Nach Ablauf der Frist zur Begründung der Berufung hat der Kläger noch vorgebracht, er rechne gegenüber dem Rückforderungsanspruch mit einem Schadenersatzanspruch auf, der dem Erblasser daraus entstanden sei, daß sich die Entschädigungsbehörde ihm gegenüber einer schweren Amtspflichtverletzung schuldig gemacht habe.
Der Kläger hat schließlich noch geltend gemacht, daß ein Teil des zurückgeforderten Vorschusses dazu benutzt worden sei, um einen Kredit von 2.000 DM abzudecken, der dem Erblasser wegen seiner Notlage von der Berliner Bank AG gewährt worden sei.
Eine vom Berufungsgericht eingeholte Auskunft der Berliner Bank AG hat ergeben, daß der Erblasser vor seinem Tode einen Kredit von 2.000 DM erhalten hat und dieser Kredit aus der genannten Summe abgedeckt worden ist. Auf Grund dieser Auskunft haben beide Parteien übereinstimmend beantragt, den Rechtsstreit wegen eines Betrages von 2.000 DM in der Hauptsache für erledigt zu erklären.
Der Kläger hat beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Rückforderungsbescheid aufzuheben, soweit der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache erledigt ist. Er hat ferner hilfsweise beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Rückforderungsbescheid in diesem Umfang für unzulässig zu erklären.
Der Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat den Rückforderungsbescheid der Beklagten wegen eines Teilbetrages von 2.000 DM aufgehoben, im übrigen die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will der Kläger erreichen, daß die Verpflichtung zur Rückzahlung vollständig entfällt. Der Beklagte hat beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1.Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die Entschädigungsbehörde in dem angegriffenen Bescheide die Rückzahlung eines Vorschusses angeordnet hat. In dem angefochtenen Urteil wird im Anschluß an die in RzW 1959, 237 Nr. 37 veröffentlichte Entscheidung des Senats weiter ausgeführt, daß auf diesen Rückforderungsbescheid die §§203 bis 205, 212 BEG entsprechend anzuwenden sind.
2.Die Revision wendet ein, daß die förmlichen und sachlichen Voraussetzungen für den Erlaß des Rückforderungsbescheides nicht vorgelegen hätten.
a)Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde der Betrag von 41.279,50 DM, um dessen Rückzahlung es geht, nach dem Tode des Erblassers zur Zahlung angewiesen. Er gelangte also in das Vermögen der Erben, die sämtlich nicht zum Kreise der in §39 Abs. 2 BEG genannten, bevorrechtigten Erben gehören. Nach der genannten Vorschrift ist der Anspruch des Verfolgten wegen des Schadens an Körper und Gesundheit auf die in dem Erbschein des Amtsgerichts Berlin-Zehlendorf von 8. Januar 1959 aufgeführten Erben nur übergegangen, wenn der Anspruch auf Entschädigung schon vor dem Tode des Verfolgten festgesetzt worden ist. Das muß in einem nach §195 BEG erlassenen Bescheide geschehen sein. Es genügt nicht, daß der Anspruch nach Grund und Betrag unstreitig war. Das hat der Bundesgerichtshof in seiner in der RzW 1958, 226 abgedruckten Entscheidung ausgesprochen. Diese Ansicht wird auch im Schrifttum vertreten: Blessin/Ehrig/Wilden, Bundesentschädigungsgesetze, 3. Aufl., Anm. 5 zu §39 BEG; van Dam/Loos, Bundesentschädigungsgesetz, Anm. 2 c zu §13 BEG. Ein solcher Bescheid ist nicht ergangen.
Entgegen der Ansicht der Revision ist es ohne rechtliche Bedeutung, daß die Entschädigungsbehörde die Höhe der Beträge, die der Erblasser als Vorschuß erhalten sollte, den von ihr ermittelten Entschädigungsansprüchen nahezu angeglichen hat. Eine derartige Bemessung des Vorschusses ersetzt keineswegs den Bescheid nach §195 BEG. Das Berufungsgericht hat aber nicht bedacht, daß es mit dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers an einem rechtlichen Grunde für die Leistung eines Vorschusses überhaupt fehlte. Es kann auch nicht die Rede davon sein, daß den Erben ein Anspruch zustand, der glaubhaft gemacht worden wäre. Es lagen somit die Voraussetzungen für die Gewährung eines Vorschusses im Zeitpunkt der Leistung nicht vor, so daß die sonst nach §170 Abs. 2 BEG zu entscheidende Frage, ob es zweckmäßig und billig ist, den Betrag zurückzufordern, hier die Entschädigungsbehörde nicht zu beschäftigen brauchte. Darauf, ob zu Lebzeiten des Verfolgten die Bewilligung eines Vorschusses gerechtfertigt war, kommt es entgegen der von der Revision vertretenen Meinung nicht an, da die Voraussetzungen des §170 Abs. 1 BEG im Zeitpunkt der Vorschußleistung vorliegen müssen.
b)Ob auch in einem solchen Falle der grundlos gezahlte Betrag nach §§203 ff BEG durch Bescheid zurückzufordern ist, hat das Berufungsgericht nicht erörtert, da es angenommen hat, daß es sich um die Rückforderung eines nach §170 Abs. 1 BEG gewährten Vorschusses handele. Das Berufungsgericht hat jedoch im Ergebnis das Richtige getroffene. Den in den §§201 Abs. 1, 202 und 204 BEG behandelten Fällen der Rückforderung von Entschädigungsleistungen ist gemeinsam, daß sich nach dem Erlaß eines Bescheides herausstellt, daß Gründe zur Versagung der Entschädigung vorlagen oder nachträglich eingetreten sind. Ähnlich liegt es, wenn sich nachträglich herausstellt, daß schon im Zeitpunkt der Leistung eines Vorschusses die Voraussetzungen hierfür nicht bestanden. Da nun die Empfänger dieser Vorschüsse hiervon oft nichts wissen, zumal dann, wenn sie Erben des Verfolgten sind oder ihm nahegestanden haben und deshalb im Glauben an ihre Berechtigung das Geld angenommen und verwendet haben, muß das Rückforderungsrecht der Behörde in einem geordneten Verfahren so ausgestaltet sein, daß die gegensätzlichen Interessen der die öffentlichen Mittel verwaltenden Behörde und der Empfänger solcher Mittel angemessen berücksichtigt werden. Dieser Interessenlage entspricht es, die Vorschriften über den Widerrufsbescheid, die Widerrufsfrist, die Aufhebungsklage und die vorläufige Vollstreckbarkeit solcher Bescheide nach §§203, 205, 212 BEG entsprechend anzuwenden. Dadurch werden die Empfänger solcher Leistungen davor bewahrt, lange Zeit nach Empfang solcher Leistungen zur Rückzahlung herangezogen zu werden.
c)Entgegen der Ansicht der Revision hat die Entschädigungsbehörde den Rückforderungsbescheid rechtzeitig erlassen. Es kann keine Rede davon sein, daß die Kenntnis vom Tode des Erblassers genügt hätte, um den Lauf der in §203 Abs. 2 BEG genannten Frist in Gang zu setzen. Wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, hatte die Entschädigungsbehörde erst dann Kenntnis vom Widerrufsgrund, wenn sie sicher war, daß den Erben des Verfolgten keine Ansprüche zustanden. Das setzt nach §39 BEG den einwandfreien Nachweis der Erbfolge und der Erbberechtigten voraus. Die in den Akten vermerkte Äußerung, daß der Erblasser kinderlos verheiratet gewesen war, genügte nicht. Die Ansicht des Berufungsgerichts, daß der Entschädigungsbehörde die sichere Kenntnis des Widerrufsgrundes solange fehlte, bis der Erbschein und das Testamentsvollstreckerzeugnis vorlagen, führt keineswegs - wie die Revision meint - zu einer untragbaren Ausdehnung der Frist des §203 Abs. 2 BEG. Die notwendige Klärung der Erbfolge wird in manchen Fällen gerade zur Folge haben, daß eine Rückforderung nicht in Betracht kommt. Der Lauf der Widerrufsfrist kann solange nicht beginnen, als nicht sicher feststeht, wer in Anspruch genommen werden muß. Das Testamentsvollstreckerzeugnis ergibt erst, gegen wen die Rückforderung zu richten ist (§2213 BGB).
3.Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Frage entschieden, daß der Kläger gegenüber dem Rückforderungsanspruch der Entschädigungsbehörde nicht mit Ansprüchen aufrechnen kann, die dem Erblasser wegen seines Schadens an Freiheit, an Eigentum und Vermögen zustehen. Eine Aufrechnung mit Entschädigungsansprüchen ist erst möglich, wenn sie festgesetzt sind. Erst hierdurch entsteht ein nach §387 BGB zur Aufrechnung geeigneter Anspruch, weil es vorher an einer Forderung auf eine fällige Geldleistung fehlt. Das hat der Senat in der auch vom Berufungsgericht angeführten Entscheidung RzW 1956, 176 Nr. 14 im Anschluß an die Entscheidungen BGHZ 5, 352 und BGHZ 8, 344 [BGH 22.01.1953 - IV ZR 6/51] entschieden.
Darüber hinaus hat der Kläger in seinem Schriftsatz von 23. April 1958 geltend gemacht, gegenüber dem Rückforderungsanspruch der Entschädigungsbehörde rechne er mit Schadensersatzansprüchen auf, die dem Verfolgten daraus erwachsen seien, daß die Entschädigungsbehörde die Bearbeitung des Entschädigungsanspruches wegen Schadens an Körper und Gesundheit pflichtwidrig verzögert habe. Ob dem Kläger ein derartiger zur Aufrechnung geeigneter Anspruch zusteht, hat das Berufungsgericht nicht abschließend geprüft, weil es der Ansicht war, der Kläger sei nach §767 Abs. 3 ZPO gehalten gewesen, diesen Einwand schon in der Klage geltend zu machen. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht angenommen, daß die genannte Vorschrift hier zum Verlust dieses Einwandes führt. Zwar kann, entgegen der Ansicht der Revision, nach §205 Abs. 3 BEG nicht zweifelhaft sein, daß rechtskräftig vollstreckbare Widerrufsbescheide der Entschädigungsbehörde mit der Vollstreckungsabwehrklage angegriffen werden können. Eine solche Klage ist, trotz des im Berufungsrechtszug gestellten Hilfsantrages, hier aber nicht erhoben worden. Der Kläger hat vielmehr den nicht rechtskräftigen Rückforderungsbescheid mit der Klage nach §212 BEG angegriffen. In diesem Verfahren kann er jeden nur möglichen Einwand erheben, ohne Rücksicht darauf, wann er ihn erheben konnte, ohne also durch die Vorschriften des §767 Abs. 2 und 3 ZPO beschränkt zu sein.
Dem Verfolgten standen jedoch die erwähnten Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung der Entschädigungsbehörde nicht zu. Der Geschädigte hat es schuldhaft unterlassen, den ihm aus der Verzögerung der Entscheidung erwachsenen Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (§839 Abs. 3 BGB). Im Schrifttum und in der Rechtsprechung bestehen keine Meinungsverschiedenheiten darüber, daß zu den Rechtsmitteln im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung nicht nur die Rechtsmittel im prozeßtechnischen Sinne gehören, sondern alle Rechtsbehelfe, die sich unmittelbar gegen die Amtspflichtverletzung richten und nach der gesetzlichen Ordnung geeignet sind, die schadenstiftende Amtshandlung zu beseitigen oder die daraus entstandenen Schäden abzuwenden (RGRK §839 Anm. 103 ff; RGZ 138, 114, 116; BGH LM §839 BGB H Nr. 3).
Zur Abwehr pflichtwidriger Verzögerungen im Verfahren der Entschädigungsbehörden können die Verfolgten - jedenfalls als wirksamstes Mittel - die Untätigkeitsklage nach §216 BEG erheben. In der RzW 1960, 40 Nr. 35 abgedruckten Entscheidung hat der Senat im einzelnen dargelegt, daß diese Klage dazu bestimmt ist, einer pflichtwidrigen Verzögerung der Entscheidung über den Entschädigungsanspruch entgegenzutreten (BGHZ 15, 305, 312) [BGH 29.11.1954 - III ZR 84/53].
Die Erhebung einer solchen Klage lag hier nahe; sie hätte dazu geführt, daß über den Anspruch auf Entschädigung des Gesundheitsschadens schon vor dem Tode des Verfolgten entschieden worden wäre. Dies kann der Senat auf Grund der bisherigen Feststellungen der Tatgerichte abschließend entscheiden. Im Mai 1955, 4 Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem Dr. K. Entschädigung seines Gesundheitsschadens beantragt hatte, wurde er durch die Ärzte der Entschädigungsbehörde untersucht. Schon vorher war über die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen (§1 BEG) durch die rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 26. November 1954 (196 O. Entsch. 81/54) zugunsten des Verfolgten entschieden worden, wobei es ohne Bedeutung ist, daß dieses Verfahren die Entschädigung des Berufsschadens betraf. Die mit der Bearbeitung des Gesundheitsschadens beauftragte Abteilung der Entschädigungsbehörde hat nach der ärztlichen Begutachtung rund ein Jahr nichts weiter unternommen, um einen Bescheid zu erteilen oder einen Vorschuß zu gewähren. Die Ursache der Verzögerung lag darin, daß die Akten bei anderen Abteilungen ständig gebraucht wurden. Das war kein zureichender Grund, um die weitere Bearbeitung des entscheidungsreifen Anspruchs bis zum 15. August 1956 hinauszuschieben; vor allem deshalb nicht, weil der Verfolgte schon im Zeitpunkt des Antrages - Mai 1951 - 62 Jahre alt war und auf seine Bedürftigkeit oft genug hingewiesen hatte. Aus diesen beiden Gründen war über seine Ansprüche mit Vorrang zu entscheiden (§179 Abs. 2 BEG), mindestens war ihm nach dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchung alsbald in Vorschuß zu gewähren. Auch die abschließende Entscheidung durch Bescheid nach §195 BEG hätte sich in kurzer Zeit treffen lassen, so daß es gerechtfertigt und möglich gewesen wäre, die Akten für wenige Tage anderen Abteilungen zu entziehen.
Bei ordnungsmäßiger Bearbeitung hätte Dr. K. also bald nach dem Vorliegen des ärztlichen Gutachtens entschädigt werden müssen. Ob nach dem Bearbeitungsplan der Entschädigungsbehösde Dr. K. an der Reihe war - worauf in der Entscheidung des Senats RzW 1960, 40 Nr. 35 besonderes Gewicht gelegt wird -, ist hier gleichgültig, da die sachliche Bearbeitung des Antrags jedenfalls im Mai 1955 begonnen hatte und die pflichtwidrige Verzögerung nur im Unterlassen jeder weiteren Bearbeitung in den folgenden Monaten zu sehen ist.
Unter diesen Umständen hätte Dr. K. nach kurzer Zeit den erwähnten Rechtsbehelf der Untätigkeitsklage nach §216 BEG ergreifen müssen (vgl. auch BGHZ 15, 305, 312) [BGH 29.11.1954 - III ZR 84/53]. Das war nach Lage der Sache das wirksamste Mittel, eine alsbaldige Entscheidung zu seinen Gunsten herbeizuführen, Durch eine solche Klage wäre erreicht worden, daß die Entschädigungsakten an das Landgericht abgegeben wurden. Es ist ferner anzunehmen, daß beim Stande der Sache die Entschädigungsbehörde die Verurteilung des Landes Berlin vermieden und Dr. K. so entschädigt hätte, wie dies ohne besondere weitere Ermittlungen durch die Verfügung vom 15. August 1956 geschehen ist. Der Rechtsbehelf hätte also den Schaden abgewandt.
Der Verfolgte hat es auch fahrlässig unterlassen, dieses Rechtsmittel geltend zu machen. Wie die Entschädigungsakten und seine Angaben über seine Tätigkeit nach 1945 zeigen, hat sich Dr. Katz eingehend mit Fragen der Entschädigung nationalsozialistischen Unrechts befaßt. Er verfügte aber nicht nur über besondere Sachkunde auf diesem Gebiete, sondern war auf Grund seiner Vorbildung und seiner früheren Tätigkeit, z.B. als Mitglied des Rechtsausschusses des Deutschen Reichstages und als Referent in einem Bezirksamt der Beklagten, ohne weiteres in der Lage, die Erfolgsaussichten einer Klage nach §216 BEG richtig abzuschätzen. Machte er von diesem Rechtsmittel keinen Gebrauch, so handelte er fahrlässig. Ein Ersatzanspruch nach §839 BGB besteht daher nicht, so daß der Kläger mit einen solchen Anspruch nicht aufrechnen kann.
4.Soweit die Revision schließlich noch beanstandet, daß das Berufungsgericht bei der Verteilung der Kosten außer acht gelassen habe, daß die Hauptsache wegen eines Betrages von 2.000 DM für erledigt erklärt worden ist, verkennt sie, daß das Berufungsgericht insoweit nach billigem Ermessen zu entscheiden hatte (§91 a ZPO). Eine vom Revisionsgericht nachprüfbare Verletzung der Grenzen dieses Ermessens liegt nicht vor, da der in der Hauptsache erledigte Teilanspruch nur ein Zwanzigstel der Klageforderung ausmacht (§92 Abs. 2 ZPO). Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts kann daher von Revisionsgericht nicht nachgeprüft werden.
5.Nach alledem muß die Revision des Klägers zurückgewiesen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf §§225 Abs. 1, 209 Abs. 1 BEG, §97 ZPO.