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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 21.11.1991, Az.: IX ZR 60/91

Tatbestand

Aufgrund Antrags vom 10. Dezember 1975 gewährte die W.-Bank AG (fortan: W.) dem Ehemann der Klägerin einen Barkredit über 5.000 DM netto. Der Gesamtkredit von 6.785 DM - abzüglich der Prämie für die Restschuldversicherung von 225 DM - war ab 1. Januar 1976 in 24 Monatsraten von einmal 74 DM und 23 mal 282 DM zurückzuzahlen. Am 21. September 1977 unterzeichnete die Klägerin eine formularmäßige "Bürgschaftserklärung einschließlich Lohn-/Gehaltsabtretung", mit der sie für alle Ansprüche, die die W. gegen den Ehemann der Klägerin "aus dem Darlehnsvertrag vom 10.12.75 über DM 6785.- oder im Zusammenhang mit diesem Vertrage, etwa aus Rücktritt, Wandlung, Anfechtung, Bereicherung oder aus sonstigen Gründen hat, oder noch erwerben wird, zuzüglich Zinsen, Gebühren und Kosten aller Art, einschließlich der Kosten der Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner... zu Gunsten der W.-Bank die selbstschuldnerische, auf eine bestimmte Zeit nicht beschränkte Bürgschaft" übernahm. Zugleich trat sie "zur Sicherung des verbürgten Darlehns/der Bürgschaft einschließlich aller Nebenkosten" den pfändbaren Teil ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Lohn- und Gehaltsforderungen oder sonstigen Bezüge "für die Dauer der Darlehnsrückzahlung/Bürgschaft" an die W. ab. Am 23. August 1979 erwirkte diese gegen die Klägerin einen Vollstreckungsbescheid. Vollstreckungen daraus erfolgten nicht. Nachdem die Beklagte die Forderungen der W. von deren Rechtsnachfolgerin - der P.- Bank - übernommen hatte, legte sie die Abtretung der Lohnforderungen mit Schreiben vom 30. März 1987 gegenüber der Arbeitgeberin der Klägerin offen. Von April 1987 bis Mai 1989 wurden von dem Lohn der Klägerin insgesamt 8.624 DM an die Beklagte abgeführt. Am 7. September 1989 übergab diese der Klägerin den Vollstreckungsbescheid und verzichtete auf Ansprüche daraus.

Die Klägerin hält Darlehen, Bürgschaft und Lohnabtretung für unwirksam. Mit der Klage hat sie Erstattung der an die Beklagte ausgezahlten Lohnteile beantragt. Land- und Oberlandesgericht haben dem Begehren entsprochen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I. Das Berufungsgericht meint, der Klageantrag sei aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) begründet. Gegenansprüche aus Bürgschaft stünden der Beklagten nicht zu. Auf den Vollstreckungsbescheid könne die Beklagte sich nicht berufen. Dieser sei im Streitfall ohne Bedeutung, weil die Arbeitgeberin der Klägerin die Lohnzahlungen nicht auf den Vollstreckungsbescheid hin geleistet habe. Im übrigen sei der Vollstreckungsbescheid wegen Sittenwidrigkeit der durch die Bürgschaft gesicherten Kreditansprüche objektiv unrichtig. Das habe die W. gewußt. Darauf, daß der Titel für die Durchsetzung einer Rückzahlung des Darlehenskapitals hätte dienen können, könne die Klägerin sich nicht berufen, weil sie nach dem Verzicht auf die Rechte aus dem Vollstreckungsbescheid daraus nicht mehr vollstrecken könne. Einen Bereicherungsanspruch der W. auf Rückzahlung des Darlehenskapitals habe die Bürgschaft ungeachtet des Formulartextes nicht gesichert. Bei nichtigem Kreditvertrag wäre die Bürgschaft ohne die formularmäßige Erstreckung u.a. auf Bereicherungsansprüche gegenstandslos und unwirksam gewesen. In der Erweiterung der Bürgschaft auf Ansprüche im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag liege das unzulässige Bestreben, das gesetzliche Akzessorietätsprinzip mit Hilfe von Allgemeinen Geschäftsbedingungen außer Kraft zu setzen und eine Garantiehaftung zu begründen. Gegenstand der Bürgschaft hätten die Forderungen aus dem genau bezeichneten, formularmäßig hervorgehobenen Darlehensvertrag mit dem Ehemann der Klägerin sein sollen. Der "Oder"-Klausel der Bürgschaftserklärung sei auch deshalb keine Bedeutung beizumessen, weil sie nach § 3 AGBG nicht Vertragsgegenstand geworden sei. Wer sich für eine höhenmäßig genau bezeichnete Schuld aus einem Bankkredit verbürge, müsse nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß er auch für andere Ansprüche - insbesondere für die Bereicherungsschuld aus einem Wucherkredit - haften solle, selbst wenn diese geringer sei als diejenige aus dem Vertrag. Daß die Bürgschaftsansprüche schon im ersten Satz der formularmäßigen Erklärung enthalten seien, hindere ihre Einordnung als Überraschungsklausel nicht. Durch die vorhergehende Hervorhebung der Darlehensschuld und die insgesamt in Fettdruck gehaltene nachfolgende Abtretungsklausel sei der Unterzeichner von dem dazwischenliegenden, ohnehin wegen der Fülle der darin zusammengestellten Ansprüche und Verpflichtungen unübersichtlichen Text abgelenkt worden.

II. Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Der Klägerin steht zwar ein Anspruch auf Erstattung des an die Beklagten abgeführten Lohns aus § 816 Abs. 2 BGB zu. Die Arbeitgeberin der Klägerin hat mit den Zahlungen an die Beklagte Leistungen an einen Nichtberechtigten bewirkt. Die im Bürgschaftsvertrag enthaltene Abtretungsklausel ist nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Sie stellt nicht klar, unter welchen Voraussetzungen die Beklagte berechtigt sein sollte, die Abtretung dem Drittschuldner offenzulegen und Zahlungen an sich zu verlangen. Ferner erfaßt die Abtretung die gesamten pfändbaren Lohn- und Gehaltsansprüche oder sonstige Bezüge ohne betragsmäßige Begrenzung und ohne eine geeignete Freigabeklausel. Sie stellt deshalb eine die Klägerin unangemessen benachteiligende (Über-) Sicherung der Beklagten dar, der die Wirksamkeit zu versagen ist (vgl. BGHZ 108, 98, 104, 106 ff; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 6. Aufl. Anh. §§ 9-11 Rdn. 753). Die Zahlungen der Arbeitgeberin waren der Klägerin gegenüber nach § 409 Abs. 1 Satz 2 BGB wirksam. Die Beklagte ist deshalb gehalten, der Klägerin die Beträge herauszugeben.

2. Die Beklagte hat aber möglicherweise mit einer Gegenforderung aus Bürgschaft wirksam aufgerechnet.

a) Das setzt zunächst voraus, daß die Beklagte Inhaberin einer Bürgschaftsforderung gegen die Klägerin geworden ist. Dafür genügt grundsätzlich nicht, daß ihr die Ansprüche aus der Bürgschaft von der Rechtsnachfolgerin der W. - der P.-Bank - abgetreten wurden. Erforderlich ist vielmehr auch, daß sowohl die P.-Bank als auch die Beklagte Inhaber der Ansprüche gegen den Ehemann der Klägerin geworden sind, für welche diese die Bürgschaft übernommen hat. Eine isolierte Abtretung der Rechte aus der Bürgschaft ohne eine Abtretung der Hauptforderung ist nicht möglich; in diesem Fall verbleiben die Gläubigerrechte aus der Bürgschaft dem Gläubiger der Hauptforderung (vgl. BGH, Urt. v. 19. September 1991 - IX ZR 296/90, WM 1991, 1869, 1870 [BGH 19.09.1991 - IX ZR 296/90], z.V. in BGHZ bestimmt). Die Parteien haben sich zu dieser Frage - abgesehen von einem Hinweis der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 29. November 1990 Bl. 3, wonach eine "Abtretung der Ansprüche der P.-Bank aus Darlehen und Vollstreckungsbescheid erfolgte" - bislang nicht hinreichend deutlich geäußert. Im folgenden wird unterstellt, daß die Beklagte auch Gläubigerin der Hauptforderung ist.

b) Dann ergibt sich eine zur Aufrechnung geeignete Gegenforderung der Beklagten aus dem Vollstreckungsbescheid. Freilich haben die Parteien diesen nicht zu den Akten gereicht, seinen Inhalt nicht näher vorgetragen und insbesondere die Höhe des titulierten Anspruchs nicht angegeben. Geht man davon aus, daß - was naheliegt - der Vollstreckungsbescheid über Forderungen aus Bürgschaft für Ansprüche der Beklagten aus dem Darlehensvertrag ergangen ist, so steht in Höhe des titulierten Betrages rechtskräftig fest, daß der Beklagten gegen die Klägerin Ansprüche aus Bürgschaft für Forderungen aus dem Darlehensvertrag zustehen. Daran ändert nichts, daß die Beklagte den Vollstreckungsbescheid der Klägerin ausgehändigt und auf Ansprüche daraus verzichtet hat. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, daß der Verzicht sich nur auf eine Vollstreckung aus dem Titel bezieht, nicht aber auf in ihm festgestellte materielle Ansprüche. Etwas anderes hat auch das Berufungsgericht nicht festgestellt.

Der in dem Vollstreckungsbescheid titulierte Anspruch ist jedoch nur insoweit zur Aufrechnung gegen die Klageforderung geeignet, als der Beklagten gegen die Klägerin Forderungen aus Bürgschaft für Bereicherungsansprüche der Beklagten gegen den Ehemann der Klägerin zustehen. Sollten die titulierten Ansprüche der Höhe nach hinter solchen Forderungen zurückbleiben, kann die Beklagte den zur Aufrechnung gestellten Gegenanspruch in Höhe der Differenz unmittelbar aus dem Bürgschaftsvertrag herleiten.

aa) Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der (nach der Uniformmethode berechnete) vertragliche Effektivzins von 29, 95 % den damals üblichen Marktzins von 9, 52 % absolut um 20, 43 % und relativ um 214, 6 % überstieg. Daraus hat das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß gefolgert, daß der Darlehensvertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei (vgl. BGHZ 104, 102, 104 ff [BGH 24.03.1988 - III ZR 30/87];  110, 336, 338 ff [BGH 13.03.1990 - XI ZR 252/89];  112, 54, 56 [BGH 03.07.1990 - XI ZR 302/89];  BGH, Urt. v. 20. Februar 1990 - XI ZR 195/88, WM 1990, 534 f [BGH 20.02.1990 - XI ZR 195/88]). Auch die Revision geht davon aus.

Das Berufungsgericht hat ferner angenommen, daß einer Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid grundsätzlich § 826 BGB entgegen gestanden habe, weil zur Zeit der Erwirkung des Vollstreckungsbescheids im August 1979 die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Nichtigkeit von Ratenkrediten (vgl. insbesondere BGH, Urt. v. 9. November 1978 - III ZR 21/77, WM 1979, 225; Urt. v. 11. Januar 1979 - III ZR 119/77, WM 1979, 270) bereits soweit fortgeschritten gewesen sei, daß sich der Bank bei einer Gesamtwürdigung die Einsicht habe aufdrängen müssen, eine gerichtliche Schlüssigkeitsprüfung im Klageverfahren müsse zu einer Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf den Darlehensvertrag führen und daher auch die Bürgschaft insoweit gegenstandslos machen. Auch dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. BGHZ 101, 380, 388 f [BGH 24.09.1987 - III ZR 187/86];  112, 54, 56 f [BGH 03.07.1990 - XI ZR 302/89]; BGH, Urt. v. 18. Januar 1990 - III ZR 26/89, WM 1990, 421, 422) [BGH 18.01.1990 - III ZR 26/89] und wird von der Revision nicht angegriffen.

Dann ist es der Beklagten verwehrt, die titulierte Forderung im Umfang der Sittenwidrigkeit einer Vollstreckung zur Aufrechnung gegen die Klageforderung zu verwenden. Auch darin läge eine sittenwidrige Schädigung der Klägerin im Sinne von § 826 BGB, die diese nicht hinzunehmen braucht.

bb) Allerdings hindert § 826 BGB die Durchsetzung eines rechtskräftigen Vollstreckungsbescheids über Ansprüche aus einem nichtigen Ratenkreditvertrag nur insoweit, als dem Titelinhaber nicht Bereicherungsansprüche auf Rückzahlung des Darlehensnettokapitals und der halben Restschuldversicherungsprämie sowie Ansprüche auf Ersatz eines insoweit entstandenen Verzugsschadens zustehen (vgl. BGH, Urt. v. 15. Dezember 1988 - III ZR 195/87, WM 1989, 170, 172). Für den Streitfall bedeutet dies, daß die Beklagte mit dem titulierten Anspruch aufrechnen kann, soweit sie derartige Bereicherungs- und daraus abzuleitende Schadensersatzansprüche aus Verzug gegen den Ehemann der Klägerin hat und wenn deren Bürgschaft solche Ansprüche mit umfaßt. Auch Ansprüche aus Verzug der Klägerin mit der Erfüllung ihrer Bürgenschuld können zu berücksichtigen sein.

Die Klägerin hat sich wirksam für Bereicherungsansprüche der Beklagten gegen den Ehemann der Klägerin verbürgt. Der anderen Meinung des Berufungsgerichts ist nicht zu folgen.

Das Bürgschaftsformular ist - wie der Ausstellungsort der Bürgschaftsurkunde in F. und der Umstand zeigen, daß die W. ihren Sitz in O. hatte - über den Bezirk des Berufungsgerichts (Schleswig-Holstein) hinaus verbreitet. Der Bundesgerichtshof kann deshalb die vorformulierten Vertragsbestimmungen frei auslegen (vgl. BGHZ 105, 24, 27) [BGH 23.06.1988 - VII ZR 117/87].

Der Wortlaut des Vertrages läßt keinen Zweifel daran zu, daß die Bürgschaft sich auch auf solche Bereicherungsansprüche der Gläubigerin gegen den Ehemann der Klägerin erstreckt, die im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag stehen. Dies trifft für Ansprüche gegen den Ehemann auf Rückzahlung der Darlehensvaluta und gegebenenfalls der halben Restschuldversicherungsprämie aus § 812 BGB wegen Nichtigkeit des Darlehensvertrages und eventuelle Schadensersatzansprüche wegen Verzuges mit der Erfüllung solcher Ansprüche zu.

Eine überraschende Klausel im Sinn von § 3 AGBG ist darin, daß die Bürgschaft über Ansprüche aus dem Darlehensvertrag hinaus auf alle Ansprüche der W. gegen den Ehemann der Beklagten "im Zusammenhang mit" dem Darlehensvertrag, "etwa aus... Bereicherung" ausgedehnt wurde, nicht zu sehen. Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterfällt § 3 AGBG, wenn ihr ein Überrumpelungseffekt innewohnt. Sie muß eine Regelung enthalten, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und mit der dieser den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Diese Erwartungen werden von allgemeinen und besonderen Begleitumständen des Vertragsschlusses bestimmt. Zu den erstgenannten zählen etwa der Grad der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht und die für den Geschäftskreis übliche Gestaltung, zu den letztgenannten der Gang und der Inhalt der Vertragsverhandlungen und der äußere Zuschnitt des Vertrages (vgl. BGHZ 101, 152, 158 f [BGH 12.07.1987 - V ZR 91/86]; BGH, Urt. v. 1. Juni 1989 - X ZR 78/88, WM 1989, 1469, 1470; Urt. v. 10. November 1989 - V ZR 201/88, WM 1989, 1926, 1928).

Im Streitfall liegt eine Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht nicht vor. Die Übernahme einer Bürgschaft für mehrere Ansprüche des Gläubigers gegen einen Schuldner unterliegt freier Vereinbarung. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Erstreckung der Bürgschaft auf Bereicherungsansprüche im Zusammenhang mit einer Darlehenshingabe der Kreditpraxis widerspräche. Wer sich für Ansprüche aus einem Darlehensvertrag verbürgt, muß im allgemeinen damit rechnen, daß der Gläubiger für den Fall einer Unwirksamkeit des Vertrages - aus welchen Gründen auch immer - wenigstens für dann gegebene Ansprüche, insbesondere auf Erstattung der Darlehensvaluta, aus ungerechtfertigter Bereicherung gesichert sein will. Für die Annahme, die Klägerin habe aus Gang und Inhalt der Vertragsverhandlungen entnehmen können, die Bürgschaft erfasse derartige Bereicherungsansprüche nicht, fehlt jeder Anhalt. Auch das äußere Erscheinungsbild des Bürgschaftsvertrages legte dies nicht nahe. Allein der etwas fettere Druck des Wortes "Darlehnsvertrag" und die in gleichfettem Druck gehaltene Abtretungsklausel lenkten den Blick des Bürgen nicht derart von der dazwischenliegenden Erstreckung der Bürgschaft auf Ansprüche "im Zusammenhang mit diesem Vertrage, etwa aus... Bereicherung... " ab, daß er dadurch bewogen wurde, der Erweiterung der Bürgschaft über Ansprüche aus dem Darlehensvertrag hinaus keine Beachtung zu schenken. Die Regelung findet sich an sachlich zutreffender Stelle im ersten Satz der Bürgschaftserklärung in unmittelbarem Anschluß an die Ansprüche aus dem Darlehensvertrag. Die Größe der Schrifttype entspricht im wesentlichen derjenigen der im Druck hervorgehobenen Passagen. Die mühelos lesbare Klausel muß daher einem durchschnittlich aufmerksamen Bürgen ins Auge fallen, sofern er - was von ihm zu erwarten ist - den Text seiner Bürgschaftserklärung zumindest überfliegt, bevor er sie unterschreibt (vgl. BGH, Urt. v. 4. Juni 1987 - IX ZR 31/86, WM 1987, 924, 925). Darin, daß sie außer dem pauschalen Hinweis auf alle Ansprüche "im Zusammenhang mit diesem Vertrage" eine nähere, nach verbreiteter Ansicht notwendige (vgl. OLG Hamm NJW 1987, 2521, 2522 [OLG Hamm 03.04.1987 - 11 U 154/86]; Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz 2. Aufl. § 9 Rdn. B 12) Spezifizierung solcher Ansprüche enthält, ist ein Überraschungsmerkmal ebenfalls nicht zu sehen, auch wenn dadurch der Text verlängert wird.

Die Klausel ist auch nicht wegen treuwidriger unangemessener Benachteiligung des Bürgen nach § 9 AGBG unwirksam. In der Rechtsprechung wird es unter bestimmten Voraussetzungen, namentlich dann, wenn der Bürge an dem Kredit des Hauptschuldners ein eigenes wirtschaftliches Interesse hat, für möglich gehalten, eine Bürgschaft für Ansprüche aus Darlehen auch ohne ausdrückliche Regelung dahin auszulegen, sie solle sich im Fall der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages auf Ansprüche des Gläubigers auf Erstattung des hingegebenen Kapitals aus ungerechtfertigter Bereicherung beziehen (vgl. BGH, Urt. v. 12. Februar 1987 - III ZR 178/85, WM 1987, 616, 617 f m.w.N.; auch Koziol ZBB 1989, 16, 23). Auch wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, kann einem Darlehensgeber in aller Regel ein schutzwürdiges Interesse daran, bei Unwirksamkeit des Darlehensvertrages Ansprüche auf Rückgewähr ausgezahlter Beträge aus ungerechtfertigter Bereicherung durch Bürgschaft zu sichern, nicht abgesprochen werden. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Unwirksamkeit des Kreditvertrages - wie hier - auf einer sittenwidrig überhöhten Zinsvereinbarung beruht. Die Interessen des Bürgen werden dadurch nicht in unangemessener Weise zurückgesetzt. Sein Haftungsrisiko wird bei Bereicherungsansprüchen in der Regel geringer sein. Allein durch die Übernahme einer solchen Bürgschaft wird er nicht "im Widerspruch zu § 767 Abs. 1 S. 2 BGB... zum Komplizen der wucherischen Bank" (Reifner, Handb. des Kreditrechts § 42 Rdn. 132). Er fördert durch seine Bürgschaft nicht das sittenwidrige Verhalten des Kreditgebers, und dieser nimmt ihn nicht "für die sittenwidrigen Folgen seines Verhaltens in Anspruch" (Wolf/Horn/Lindacher aaO. § 9 Rdn. B 14). Zutreffend hat bereits der III. Zivilsenat unter Zurückweisung anderer Meinungen der Literatur hervorgehoben, die Erstreckung der zur Darlehenssicherung bestellten Bürgschaft auf einen Bereicherungsanspruch könne nicht allgemein mit der Begründung abgelehnt werden, der Gläubiger habe sich durch Statuierung sittenwidriger Bedingungen bewußt oder zumindest leichtfertig außerhalb der Rechtsordnung gestellt und verdiene deswegen auch gegenüber dem Bürgen keinen Schutz (Urt. v. 12. Februar 1987 aaO.). Dieser sichert lediglich die dem Kreditgeber von Gesetzes wegen zustehenden Ansprüche auf Rückgewähr einer dem Schuldner ohne Rechtsgrund zugute gekommenen Leistung. Dies ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn die Erstreckung der Bürgschaft auf derartige Ansprüche formularmäßig erfolgt.

Die strenge Akzessorietät zwischen Hauptschuld und Bürgschaftsverpflichtung (vgl. BGH, Urt. v. 19. September 1991 aaO.) wird durch die Klausel entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht in Frage gestellt. Die Hauptschuld, für die gebürgt wird, ist der Bürgschaftsurkunde mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen.

III. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit festzustellen, ob die Beklagte auch Inhaberin der verbürgten Hauptschuld geworden ist. Wenn die im Vollstreckungsbescheid titulierte Forderung der Höhe nach nicht hinter der Klageforderung zurückbleibt, sind Hauptschuld allein die Verpflichtungen des Ehemanns der Klägerin aus dem Darlehensvertrag. Soweit die titulierte Forderung geringer ist als die Klageforderung, können Hauptschuld nur die Verpflichtungen des Ehemanns aus § 812 BGB und gegebenenfalls aus Verzug sein. Ferner wird das Berufungsgericht die notwendigen Feststellungen zur Höhe der zur Aufrechnung gestellten Forderung der Beklagten zu treffen und dabei auch zu prüfen haben, welche Leistungen der Hauptschuldner bereits erbracht hat, ob dieser oder die Klägerin mit der Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten in Verzug geraten sind und welcher Schaden der Beklagten aus einem Verzug entstanden ist (vgl. BGH, Urt. v. 15. Dezember 1988 aaO. m.w.N.; Urt v. 8. Oktober 1991 - XI ZR 259/90, ZIP 1991, 1479).