Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 29.05.1984, Az.: IX ZR 86/82
Tatbestand
Die Klägerin lebte mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann Max B., dessen vertragliche Alleinerbin sie ist, im Güterstand der Gütergemeinschaft mit gemeinsamer Verwaltung des Gesamtgutes. Der Ehevertrag war nicht im Güterrechtsregister eingetragen. Max B. hatte 1966 einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen und als Bezugsberechtigte die Klägerin bezeichnet. Im September 1979 bestimmte er anstelle der Klägerin - ohne deren Kenntnis - die Beklagte zur Bezugsberechtigten. Diese erhielt nach seinem Tode die Versicherungssumme.
Die Klägerin verlangte von der Beklagten 130.474,70 DM mit der Begründung, sie sei um die Versicherungsleistung ungerechtfertigt bereichert. Die Änderung der Bezugsberechtigung sei eine Schenkung, die wegen Verstoßes gegen die sich aus der Gütergemeinschaft ergebenden Verfügungsbeschränkungen und wegen Sittenwidrigkeit nichtig sei; außerdem liege ein Fall des § 2287 BGB vor.
Land- und Oberlandesgericht (allgemeiner Zivilsenat) gaben der Klage in Höhe von 126.565,80 DM statt. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die volle Klageabweisung.
I.Die Revision ist statthaft. Das hat der Senat im Beschluß vom 24. Januar 1984 - IX ZR 86/82 = FamRZ 1984, 371 entschieden und näher begründet. Darauf wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.Die Revision ist im Ergebnis nicht begründet.
1.Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Ansprüche aus einer Lebensversicherung einschließlich des Rechts auf Bestimmung eines Bezugsberechtigten Teil des Gesamtgutes waren und mangels abweichender Bestimmung im Ehevertrag der gemeinschaftlichen Verwaltung der Ehegatten unterlagen (§§ 1415, 1416 Abs. 1,1421 Satz 2, 1450 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Benennung des Begünstigten ist kein höchstpersönliches Recht des Versicherungsnehmers (RGZ 127, 269, 270; Prölss/Martin VVG ALB 21. Aufl. § 15 Anm. 1; Staudinger/Kaduk BGB 12. Aufl. § 330 Rz 36), ebensowenig das Recht auf Widerruf oder Änderung der Bezugsberechtigung. Vor dem Tode des Max B. hätte es zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Klägerin bedurft (§§ 1450 Abs. 1 Satz 1, 182 f BGB). Daran fehlt es.
Der Einwand der Revision, der Beklagten könne § 1450 BGB nicht entgegengehalten werden, weil die Änderung des Bezugsrechts keine das Gesamtgut berührende Verfügung, sondern lediglich schuldrechtlicher Art sei, ist unbegründet. Durch die Benennung der Beklagten ist der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag in seinem Inhalt geändert worden. Das ist eine Verfügung (vgl. BGHZ 75, 221, 226) [BGH 24.10.1979 - VIII ZR 289/78].
2.Der Klägerin steht das Recht auf die Versicherungssumme zu, wenn es der Ehemann nicht wirksam aus dem Gesamtgut übertragen hat.
a)Das Berufungsgericht versagt der Beklagten die Berufung auf § 1412 BGB. Geschützt werde nur, wer sich mit einem Ehegatten in ein Rechtsgeschäft einlasse. Partner des Rechtsgeschäfts, das zur Bezugsberechtigung geführt habe, seien aber nur Max B. und die Versicherung gewesen, während der Beklagten als der begünstigten Dritten nur ein aus dem Vertragsverhältnis zwischen Max B. (Versprechensempfänger, Gläubiger) und der Versicherung (Versprechende, Schuldnerin) abgespaltenes Forderungsrecht zugeflossen sei.
Außerdem fehle es, so meint das Berufungsgericht weiter, am Rechtsgrund für die Änderung der Bezugsberechtigung zugunsten der Beklagten im Verhältnis zwischen ihr und Max B. (Valutaverhältnis). In Betracht komme eine Schenkung. Ein solcher Vertrag sei jedoch nicht abgeschlossen worden. Daß die Beklagte von der Änderung der Bezugsberechtigung durch Mitteilung des Max B. gewußt habe, begründe keinen rechtswirksamen Abschluß eines Schenkungsvertrages. Hierfür fehle es allein schon an der Form des § 518 Abs. 1 BGB. Heilung nach§ 518 Abs. 2 BGB sei nicht eingetreten, weil das Recht auf Leistung erst mit dem Tode des Max B. entstanden sei. Damit habe der Schenkungsvertrag erst durch Annahme des Schenkungsangebotes, das in der Änderung der Bezugsberechtigung enthalten gewesen sei und von der Versicherung auftragsgemäß der Beklagten hätte übermittelt werden müssen, zustande kommen können. Dieses Angebot habe die Klägerin aber noch vor seiner Übermittlung an die Beklagte widerrufen.
b)Diese Begründung trägt die Verurteilung der Beklagten nicht. Entgegen der Auffassung des Berufungsrichters kann ein Schenkungsvertrag des verstorbenen Max B. mit der Beklagten zustande gekommen und diese nach § 1412 BGBgeschützt sein (vgl. RGRK-BGB/Finke 12. Aufl. § 1412 Rz 22; Staudinger/Felgenträger BGB 10/11. Aufl. § 1412 Rz 17).
Von dem Vertrag zugunsten des Dritten (Deckungsverhältnis, hier: Lebensversicherungsvertrag mit widerruflicher Bezugsberechtigung) ist die Rechtsbeziehung zwischen dem Versprechensempfänger und dem Dritten (Valutaverhältnis, hier: zwischen Max B. und der Beklagten) zu unterscheiden. Dieses Rechtsverhältnis ist maßgebend für die Ansprüche und Verpflichtungen, die zwischen dem Versprechensempfänger bzw. seinem Erben und dem Dritten bestehen (BGH, Urteile vom 30. Oktober 1974 - IV ZR 172/73 = NJW 1975, 382, 383 undvom 25. April 1975 - IV ZR 63/74 = NJW 1975, 1360); es bildet den Rechtsgrund für die Leistung des Versprechensempfängers an den Dritten (Drittleistung) und entscheidet darüber, ob der Dritte sie behalten darf (BGH, Urteil vom 14. Juli 1976 - IV ZR 123/75 = WM 1976, 1130; vgl. Erman/Westermann BGB 7. Aufl. Vorbem. zu § 328 Rz 5, 7; MünchKomm/Gottwald BGB § 328 Rz 22; RGRK-BGB/Ballhaus 12. Aufl. § 328 Rz 30, 32; Staudinger/Kaduk 12. Aufl. Vorbem. zu § 328 Rz 25 f).
Zwischen Max B. und der Beklagten haben wegen der Drittleistung unmittelbare rechtsgeschäftliche Beziehungen bestanden. Nach ihrem unbestrittenen Vortrag hat Max B. die Beklagte nicht nur als Bezugsberechtigte gegenüber der Versicherung eingesetzt, sondern sie davon auch unterrichtet; die Beklagte war damit einverstanden. Die Klägerin selbst hat vorgetragen, die Beklagte habe maßgeblich an der heimlichen Änderung des Bezugsrechts mitgewirkt und sogar entgegen dem vernünftigen Willen des Ehemannes diesen in Ausnutzung ihres beherrschenden Einflusses auf Grund der Liebschaft zur Änderung bewirkt.
Darin liegt, da der Tatrichter ausdrücklich die Unentgeltlichkeit der Zuwendung festgestellt hat, das Angebot einer Schenkung (§§ 130 Abs. 1, 145, 516 BGB), dessen Annahme die Beklagte nicht zu erklären brauchte (§ 151 Satz 1 BGB). Der Formmangel ist geheilt (§ 518 Abs. 2 BGB). Max B. hat der Beklagten zwar nur eine widerrufliche Bezugsberechtigung eingeräumt, diese aber bis zum Tode nicht widerrufen. Damit wurde die Beklagte unwiderruflich bezugsberechtigt, so daß sie den Gegenstand der Zuwendung - den Anspruch auf die Versicherungssumme - erwarb (BGH, Urteil vom 25. April 1975 - IV ZR 63/74 = NJW 1975, 1360, 1361 unter Berufung auf RGZ 128, 187 und BGHZ 41, 95, 97) [BGH 29.01.1964 - V ZR 209/61], und zwar unmittelbar (§ 328 Abs. 1 BGB). Der Tod des Max B. bewirkte also dreierlei: Die Bestimmung der Bezugsberechtigten im Versicherungsvertrag wurde unwiderruflich, das Schenkungsversprechen damit wirksam, die Gütergemeinschaft einschließlich der Gesamthandsbindung beendet.
3.Daraus folgt:
Der Lebensversicherungsvertrag und das Recht, die Bestimmung des Bezugsberechtigten zu ändern, gehörten zum Gesamtgut (§ 1416 Abs. 1 BGB) und unterlagen der gemeinschaftlichen Verwaltung der Ehegatten (§ 1421 Satz 2 BGB). Der Ehemann konnte mithin ohne Mitwirkung der Klägerin die in der Änderung der Bezugsberechtigung zu Gunsten der Beklagten liegende Verfügung über das Gesamtgut zur Erfüllung des Schenkungsversprechens nicht wirksam treffen (§§ 1453 Abs. 1, 1367 BGB). Er hatte als Nichtberechtigter verfügt.
Für die Entscheidung kann letztlich offenbleiben, ob durch den Tod des Max B. und den dadurch bedingten Eintritt des Versicherungsfalles die bisherige Unwirksamkeit der Verfügung und der Formmangel des Schenkungsversprechens geheilt worden sind oder nicht. Denn in jedem Falle muß die Beklagte das Erlangte nach§ 816 Abs. 1 Satz 2 BGB herausgeben.
a)Bei fortbestehender Unwirksamkeit wäre die Klägerin mit dem Eintritt des Versicherungsfalles, des Todes des Max B., die Bezugsberechtigte geblieben. Sie hätte aufgrund ihrer Bezugsberechtigung Anspruch auf Auszahlung der Versicherung gehabt, die Beklagte den Anspruch aber nicht erworben. Durch die Erhebung der Klage auf Herausgabe der Versicherungssumme hätte die Klägerin allerdings die Leistung, die die Versicherung an die Beklagte dann als Nichtberechtigte erbracht hätte, genehmigt mit der Folge, daß die Auszahlung ihr gegenüber wirksam geworden wäre. Die Beklagte hat aber die aufgrund der Verfügung des nichtberechtigten Ehemannes geleistete Versicherungssumme unentgeltlich erworben, so daß der Anspruch der Klägerin aus § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet wäre.
b)Dasselbe Ergebnis tritt ein, wenn die bis zum Eintritt des Versicherungsfalles unwirksame Verfügung des als Nichtberechtigter verfügenden Ehemannes mit dessen Tod wirksam geworden ist - etwa weil der Beklagten der Güterstand der Eheleute Braun nicht bekannt war, § 1412 BGB - und die Beklagte nach § 328 Abs. 1 BGB die ihr schenkungsweise versprochene Leistung erhalten hätte. Auch in diesem Falle hätte die Beklagte aufgrund der Verfügung eines Nichtberechtigten eine Leistung erlangt, die der Klägerin als Berechtigter gegenüber wirksam war. Dann wäre sie wegen Unentgeltlichkeit der Verfügung nach § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB ebenfalls zur Herausgabe der Leistung verpflichtet (vgl. BGHZ 88, 232, 236 f) [BGH 22.09.1983 - VII ZR 47/83]. Der Schutz des § 1412 BGB für einen Dritten, dem der im Güterrechtsregister nicht eingetragene Ehevertrag nicht bekannt ist, muß beim unentgeltlichen Erwerb gegenüber § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB ebenso zurücktreten wie der Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs (§ 892 BGB), weil jene Bestimmung den Zweck verfolgt, Härten, die sich aus dem Gutglaubenserwerb ergeben, zu Lasten eines unentgeltlich Erwerbenden auszugleichen; sie erfaßt alle Fälle des unentgeltlichen Gutglaubenserwerbs, sei dieser durch oder infolge einer Verfügung eingetreten (vgl. BGHZ 81, 395 f[BGH 02.10.1981 - V ZR 126/80]).