Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 21.12.1966, Az.: V ZB 24/66
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden die Beschlüsse der 7. Zivilkammer des Landgerichts in Aachen vom 29. März 1966 und des Amtsgerichts - Grundbuchamts - Jülich vom 2. März 1966 sowie dessen Zwischenverfügung vom 27. Januar 1966 aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, von der erhobenen Beanstandung abzusehen.
Der Geschäftswert für die weitere Beschwerde wird auf 3.600 DM festgesetzt.
Entscheidungsgründe
I.Im Hofübergabevertrag vom 23. Juni 1965 hat der übernehmende Sohn, der Beteiligte zu 3, für die übergebenden Eltern, die Beteiligten zu 1 und 2, "als Gesamtberechtigte gemäß § 428 BGB" u.a. ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnungsrecht bestellt. Das Grundbuchamt hat den hierauf bezüglichen, vom Notar namens der Beteiligten gestellten Eintragungsantrag (§ 15 GBO) wegen Unzulässigkeit einer Gesamtberechtigung mehrerer Wohnungsberechtigter durch Zwischenverfügung beanstandet. Erinnerung und Beschwerde dagegen wurden zurückgewiesen. Mit der weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligten ihren Eintragungsantrag weiter.
Das Oberlandesgericht hält bei einem Wohnungsrecht die Gesamtberechtigung mehrerer im Sinne des § 428 BGB für rechtlich unzulässig, dagegen eine Mitberechtigung mehrerer im Sinne des § 432 BGB für zulässig. Es mochte daher die weitere. Beschwerde insoweit zurückweisen, als die Eintragung für die Übergeber als Gesamtberechtigte beantragt wird, und die Vorentscheidungen dahin abändern, daß dem Beteiligten zu 3 die Bewilligung der Eintragung entweder je eines Wohnungsrechts für jeden der beiden Übergeber mit Angabe des Rangverhältnisses zwischen den beiden Rechten oder eines Wohnungsrechts für beide Übergeber als Mitberechtigte (§ 432 BGB) aufgegeben wird. Hieran sieht es sich gehindert in ersterer Hinsicht durch einen Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts, in letzterer Hinsicht durch einen Beschluß des Oberlandesgerichts Hamm.
II.a)Ein Vorlegungsfall nach § 79 Abs. 2 GBO ist gegeben. Das vorlegende Oberlandesgericht will bei der Auslegung der das Grundbuchrecht betreffenden (vgl. RGZ 146, 308, 311) reichsgesetzlichen Vorschrift des § 1093 BGB von auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidungen eines Oberlandesgerichts sowie des insoweit gleichzusetzenden (§ 199 FGG, Art. 23 BayAGGVG BS III 3) Bayerischen Obersten Landesgerichts abweichen, nämlich mit der Ablehnung einer Gesamtberechtigung entsprechend § 428 BGB von der sie zulassenden Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom (13. Juli, richtig) 17. September 1957 (zitiert von Bader, DNotZ 1965, 674 Fußn. 2) und mit der Zulassung einer Mitberechtigung entsprechend § 432 BGB von der sie ablehnenden Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Oktober 1965 (MDR 1966, 326). Da die beiden genannten Entscheidungen auf jene abweichenden Auffassungen mindestens mitgestützt sind, ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung über die weitere Beschwerde zuständig (§ 79 Abs. 3 GBO).
b)Gegen die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde (§ 78 GBO) sowie gegen die Beschwer der Beschwerdeführer (§ 20 FGG) bestehen keine Bedenken.
Das Rechtsmittel ist auch sachlich begründet, und zwar über die Ansicht des vorlegenden Gerichts hinaus in vollem Umfang.
III.a)Während das Bürgerliche Gesetzbuch für die Forderungen des Schuldrechts die Möglichkeiten einer Beteiligung mehrerer Personen auf der Gläubigerseite ausführlich regelt (§§ 420 ff BGB), fehlen für die dinglichen Rechte des Sachenrechts, von Einzelregelungen abgesehen (§§ 1008 ff, 1025 BGB), ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen. Eine Mehrheit von Berechtigten im Sachenrecht (von den geregelten Einzelfällen abgesehen) ist darum nicht allgemein unzulässig. Sie ist vielmehr entsprechend den vom Gesetz im Schuldrecht gegebenen Gestaltungsmöglichkeiten grundsätzlich möglich, soweit das Wesen der einzelnen dinglichen Rechte nicht entgegensteht (vgl. von Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts I, 1910 § 3; Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl. Band 1 I 76 II).
Als unproblematisch angesehen wird die Zulässigkeit mehrerer selbständiger Inhalts- und ranggleicher Rechte an demselben Grundstück (Grundstücksteil) für jeweils einen anderen Berechtigten. So können anerkanntermaßen auch Wohnungsrechte für mehrere Personen, insbesondere Ehegatten und Geschwister, an demselben Grundstück hinsichtlich derselben Räume mit gleichem Hang derart bestellt werden, daß sie rechtlich voneinander völlig unabhängig sind und sich nur hinsichtlich der tatsächlichen Möglichkeit der Raumnutzung gegenseitig beschränken (RG HER 1925 Nr. 880; BayObLGZ 1957, 322; OLG Oldenburg und Saage, DNotZ 1957, 317; Ripfel, Grundbuchrecht 1961 S. 1517 c).
Ebenfalls grundsätzlich möglich, aber im Einzelfall je nach der Natur des in Betracht kommenden Rechts problematisch ist dagegen eine rechtliche Verbindung zwischen mehreren Berechtigten hinsichtlich einer gleichartigen Berechtigung an demselben Grundstück, und zwar insbesondere in den der gesetzlichen Regelung im Schuldrecht entlehnten formen der Gesamtgläubigerschaft im Sinne des § 428 BGB (Gesamtberechtigung), der Gesamthand oder der Mitberechtigung im Sinne des § 432 BGB. Hierbei kann es sich begrifflich entweder um ein einziges Recht handeln, das den mehreren nur gemeinsam zusteht - so bei der Gesamthand, die im vorliegenden Fall ausscheidet -, oder um eine Mehrheit von Rechten, so daß jedem der Berechtigten ein eigenes Recht zusteht, diese mehreren Rechte jedoch nicht unabhängig voneinander bestehen, sondern irgendwie miteinander verbunden sind. Eine derartige Mehrheit von miteinander verbundenen Rechten wird angenommen im Fall der Mitberechtigung des § 432 BGB (Larenz, Schuldrecht 7. Aufl. § 32 I b; von Tuhr a.a.O. S. 89 zu Fußnoten 35 und 36) - jeder hat ein eigenes Recht darauf, daß alle Berechtigten zusammen befriedigt werden - sowie in dem hier in Betracht kommenden Fall der Gesamtgläubigerschaft (Senatsurteil BGHZ 29, 363, 364) [BGH 04.03.1959 - V ZR 181/57] - jeder hat ein eigenes Recht darauf, daß er selbst befriedigt wird, die Befriedigung eines einzigen Berechtigten, wirkt jedoch gegen alle -. Soweit in diesen Fällen, wie häufig, von "einem" für mehrere Personen bestehenden oder zu begründenden Recht bestimmten Inhalts (z.B. Wohnungsrecht) gesprochen wird, handelt es sich um eine juristisch ungenaue Ausdrucksweise, die jedoch - insbesondere auch bei Grundbucheintragungen dieses Wortlauts - gegebenenfalls im richtigen Sinne einer Mehrheit von Rechten zu deuten ist.
Eine solche Gesamtberechtigung entsprechend § 428 BGB im Sachenrecht hält die Rechtsprechung für rechtlich möglich bei der Hypothek (Senatsurteil BGHZ 29, 363), bei der Reallast (OLG München JFG 18, 132), beim Erbbaurecht (KG JW 1932, 1564), beim Nießbrauch (KG JFG 10, 312 und JW 1933, 702; BayObLGZ 1955, 155), bei der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (KG JW 1935, 3564) und bei der Grunddienstbarkeit (BayObLG NJW 1966, 56).
Beim Wohnungsrecht ist die rechtliche Möglichkeit der Gesamtberechtigung (Gesamtgläubigerschaft im Sinn des § 428 BGB) umstritten. Sie wird bejaht von Ripfel (a.a.O. S. 148, 150/51), LG Köln (zitiert DNotZ 1965, 426 Nr. 10) sowie neuerdings Faßbender (DNotZ 1965, 662 ff - ausführlich -) und Bader (DNotZ 1965, 673/74; wohl auch von Soergel/Siebert/Baur, BGB 9. Aufl. § 1093 Randn. 3, vgl. Meikel/Imhof/Riedel, Grundbuchrecht 5. Aufl. Band 2 § 13 Vorbem. 65 mit 55, Baur, Sachenrecht 2. Aufl. § 29 D II 2, Wolff/Raiser, Sachenrecht 10. Aufl. § 113 I Ende und IV und Palandt/Hoche, BGB 25. Aufl. § 1093 Anm. 2). Offen gelassen wird die Frage von KG OLG 29, 410 und Saage, DNotZ 1957, 320. In der Rechtsprechung wird die Zulässigkeit vielfach verneint, teils wegen begrifflicher Unmöglichkeit, teils mit Rücksicht auf den Willen der Beteiligten (BayObLG 9, 162 und 1957, 322; OLG Oldenburg, DNotZ 1957, 317; OLG Köln, JMBl NRW 1965, 148; OLG Hamm, MDR, 1966, 326; LG Aachen, JMBl NRW 1959, 19; vgl. Planck/Strecker, BGB 5. Aufl. § 1093 Anm. 2 f, Staudinger/Ring, BGB 11c Aufl. § 1093 Randn. 8).
b)Der Senat bejaht die Möglichkeit einer Gesamtberechtigung (Gesamtgläubigerschaft) auch beim Wohnungsrecht.
Die Möglichkeit einer Rechtsverbindung im allgemeinen entspricht zunächst der natürlichen Betrachtungsweise, da bei gemeinsamem Wohnen von Eheleuten und Geschwistern die Annahme auch einer rechtlichen Zusammengehörigkeit näher liegt als die voneinander unabhängiger Rechte mit nur gleichem Rang (Faßbender aaO). Daß beim Wohnungsrecht des. § 1093 BGB begrifflich eine Mehrheit von rechtlich miteinander zusammenhängenden Rechten nicht möglich sei, ist nicht anzuerkennen; die Erwägung (BayObLG 9, 162, OLG Hamm aaO), das Wohnungsrecht des § 1093 BGB könne begrifflich nur einen Träger haben, ist gegenüber der Gesamtberechtigung schon deshalb nicht stichhaltig, weil es sich hier begrifflich nicht um ein einziges Recht, sondern um eine Mehrheit von Rechten handelt. Der höchstpersönliche Charakter des Wohnungsrechts steht einer Mehrheit von miteinander verbundenen Berechtigten nicht entgegen. Er besteht im wesentlichen in der Unübertragbarkeit (§ 1092 Abs. 1 BGB) und Unvererblichkeit (§§ 1090 Abs. 2, 1061 BGB), die das Wohnungsrecht jedoch mit den anderen beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und dem Nießbrauch teilt (vgl. §§ 1059; 1061 BGB). Mit. den anderen beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten hat das Wohnungsrecht auch die weitere Eigenschaft gemeinsam, daß die Überlassung der Ausübung an einen anderen einer besonderen Gestattung bedarf (§ 1092 Satz 2 BGB; vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 41, 209, 213) [BGH 11.03.1964 - V ZR 78/62]. All diese Eigenschaften, aber auch die dem Wohnungsrecht allein eigene Besonderheit, daß der Eigentümer von der Benutzung desselben Gebäudes oder Gebäudeteils ausgeschlossen sein muß (§ 1093 Abs. 1 Satz 1 BGB), ergeben gegen die Zulassung einer Mehrheit von miteinander verbundenen Rechtsträgern nichts. Die Möglichkeit, ein Wohnungsrecht für eine juristische Person zu bestellen (§§ 1092 Abs. 2, 1059 a BGB), zeigt, daß das Gesetz es, keineswegs mit Ausschließlichkeit darauf abstellt, nur den Berechtigten selbst in der Wohnung wohnen zu lassen (vgl. BGB RGRK 11. Aufl. § 1093 Anm. 1 vorletzter Absatz). Ob das Wohnungsrecht wegen seiner engen inhaltlichen Verknüpfung mit der Person des Berechtigten "unteilbar" ist, spielt keine entscheidende Rolle, weil bei der Gesamtberechtigung nicht ein geteiltes Recht, sondern eine Mehrheit von Rechten in Frage stehen. Einer Gesamtberechtigung steht es auch nicht entgegen, wenn der Inhalt des Wohnungsrechts nicht teilbar sein sollte; denn das Gesetz erkennt Gesamtgläubigerschaft ausdrücklich auch bei Rechten auf unteilbare Leistungen an, § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB ("sofern sie nicht Gesamtgläubiger sind"); infolgedessen kann offen bleiben, ob der Inhalt des Wohnungsrechts teilbar ist (so Faßbender aaO) oder nicht. Daß die vom Grundstückseigentümer "geschuldete Leistung" beim Wohnungsrecht im wesentlichen nicht in einem positiven Tun, sondern in einem bloßen Dulden (der Nutzung durch den oder die Berechtigten) besteht, besagt ebenfalls nichts gegen eine Gesamtberechtigung; dies erkennt der Vorlagebeschluß ausdrücklich an.
Das Hauptbedenken gegen eine Gesamtberechtigung beim Wohnungsrecht wird daraus hergeleitet, daß bei der Gesamtberechtigung die Befriedigung des einen Berechtigten gegen alle Berechtigten wirke und eine solche Befriedigungsgemeinschaft beim Wohnungsrecht nicht denkbar sei. Der Vorlagebeschluß (S. 9 f) vertieft diesen Gedanken in Verbindung mit dem der Höchstpersönlichkeit in ausführlicher Begründung dahin, daß bei dinglichen Rechten wie dem Wohnungsrecht, die nicht durch (positive) Leistung eines Verpflichteten erfüllt, sondern durch selbständige Ausübung des Berechtigten "verbraucht" würden, der freien Auswahl des Leistungsempfängers durch den Schuldner die Austauschbarkeit der das Recht ausübenden Person entspreche; eine solche Austauschbarkeit sei zwar etwa beim Nießbrauch gegeben, beim Wohnungsrecht jedoch nicht, weil für den Inhalt dieses Rechts die Befugnis wesentlich sei selbst in dem Gebäude zu wohnen. Aber einmal ist das Selbstwohnen (persönliche Wohnen) kein entscheidendes Wesensmerkmal des Wohnungsrechts, jedenfalls in seiner heutigen Ausgestaltung, wie sich aus der gesetzlichen Zulassung eines Wohnungsrechts für eine juristische Person ergibt (s. oben). Und zum anderen schließt die Befugnis des Selbstwohnens auch beim Wohnungsrecht für eine natürliche Person nicht aus, daß von Rechts wegen gleichzeitig auch andere Personen als der Wohnungsberechtigte in denselben Hausen wohnen; das ergeben gerade die vom Oberlandesgericht für seine Ansicht herangezogenen Vorschriften, wonach der Wohnungsberechtigte kraft Gesetzes Angehörige und Pflegepersonen sowie kraft Parteiwillens (Gestattung) auch sonstige Personen wohnen lassen kann (§§ 1093 Abs. 2, 1092 Abs. 1 Satz 2 BOB). Der Vorlagebeschluß stützt die Ansicht von der Nichtaustauschbarkeit der ein Wohnungsrecht ausübenden Person weiter darauf: die Befugnis des einen könne nur dadurch "ausgeübt und verbraucht" werden, daß er selbst in dem Gebäude wohne, und nicht dadurch, daß einer der anderen Berechtigten dort wohne; das Wohnen des einen sei daher eine "inhaltlich andere Handlung" als das Wohnen des andern. Aber abgesehen davon, daß das Erfordernis der Identität des Rechtsinhalts bei Gesamtrechtsverhältnissen neuerdings aufgelockert wird (vgl., BGHZ 43 [BGH 25.10.1951 - III ZR 95/50]; 227, 232 ff), liegt bei einer Mehrheit von Gesamtwohnungsberechtigten die inhaltliche Verschiedenheit ihrer Rechte nur in der Verschiedenheit der nutzenden Personen, und dieser Unterschied steht einer Gesamtberechtigung nicht nur nicht entgegen, sondern ist im Gegenteil für sie begriffsnotwendig. Er hindert auch die vom Oberlandesgericht geforderte Austauschbarkeit der Rechtsausübenden beim Wohnungsrecht nicht mehr als bei anderen dinglichen Rechten, wo Gesamtberechtigung anerkannt ist, insbesondere beim Nießbrauch und bei der sonstigen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit. Wenn die Personenverschiedenheit beim Wohnungsrecht wegen der Art der Nutzung, die es gewährt, eine stärkere Inhaltsverschiedenheit bewirken mag als etwa beim Nießbrauch, so ist dies nur eine Abweichung dem Grad, nicht der Art nach.
Inhaltlich geht das Wohnungsrecht jedes einzelnen Gesamtberechtigten im "Außenverhältnis" nicht, wie der Vorlagebeschluß und auch Faßbender annehmen, auf Nutzung durch ihn und die übrigen Gesamtberechtigten gemeinsam (das wäre kein Fall der Gesamtberechtigung, sondern der Gesamthand oder der Mitberechtigung entsprechend § 432 BGB), sondern auf Nutzung durch ihn allein; jeder Wohnungsberechtigte kann im feg des Störungsbeseitigungsanspruchs (§§ 1090 Abs. 2, 1027, 1004 BGB) vom Eigentümer und von jedem Dritten die Besitzeinräumung an sich allein verlangen, und der Eigentümer andererseits kommt bereits durch Herausgabe an einen der Wohnungsberechtigten allein und durch Duldung von dessen Wohnen seiner wohnungsrechtlichen Last nach. Auf weicher rechtlichen Grundlage im Einzelfall ein Streit zwischen den Berechtigten zu entscheiden ist, spielt für die Frage der entsprechenden Anwendung des § 428 BGB keine Rolle. Im Normalfall der Abwicklung werden allerdings die sämtlichen Wohnungsrechte gleichzeitig ausgeübt, und der Belastete (Eigentümer) muß nicht nur das lohnen des einen, sondern das gleichzeitige Wohnen aller Berechtigten dulden; hierin liegt eine an die Gesamthand oder die Mitberechtigung des § 432 BGB anklingende Besonderheit gegenüber dem Normalfall einer Gesamtberechtigung. Aber diese Besonderheit hat das Wohnungsrecht mit anderen Rechten (z.B. Nießbrauch) gemeinsam, die vom Belasteten ("Schuldner") primär keine positive Leistung, sondern ein bloßes Dulden (Unterlassen) verlangen (vgl. dazu auch Enneccerus/Nipperdey a.a.O. § 76, II 4 b und Enneccerus/Lehmann a.a.O. § 88, I 4 a); sie steht der Annahme einer Gesamtberechtigung nicht grundsätzlich entgegen. Mit dieser Besonderheit hängt es auch zusammen, daß bei mehreren Wohnungsrechten auf Lebenszeit des jeweils Berechtigten mit dem Tode des Erstversterbenden nicht alle Wohnungsrechte endigen - etwa weil das Recht diesem Berechtigten gegenüber entsprechend §§ 429 Abs. 3 Satz 1, 422 BGB voll "erfüllt" wäre -; in diesem Zeitpunkt erlischt vielmehr nur das Wohnungsrecht dieses Berechtigten, und das Wohnungsrecht oder die Wohnungsrechte des oder der übrigen Berechtigten bleiben bis zum Tod des (jeweiligen) andern Berechtigten bestehen.
Die Zulassung der Gesamtberechtigung beim Wohnungsrecht führt auch im Grundbuchverkehr zu brauchbaren Ergebnissen. Da die Gesamtberechtigung einem für mehrere gemeinschaftlichen Recht im Sinne des § 47 GBO gleich behandelt wird (BayObLGZ 1957, 322, 324), ist sie als das für die "Gemeinschaft" maßgebende Rechtsverhältnis im Grundbuch zu vermerken; gegen die im Vertrag dafür vorgesehene Formulierung ("als Gesamtberechtigte gemäß § 428 BGB") bestehen keine Bedenken. Aus dem gleichen Grund ergibt sich zwanglos, daß, wie es im Interesse der Klarheit und Übersichtlichkeit des Grundbuchs liegt, die mehreren als Gesamtberechtigungen bestellten Wohnungsrechte unter derselben laufenden Nummer im Grundbuch einzutragen sind. Bern steht nicht entgegen, daß das Bayerische Oberste Landesgericht in BayObLG 1957 a.a.O. auch für mehrere voneinander unabhängige gleichrangige Wohnungsrechte an demselben Gebäude(teil), bei denen die Angabe eines Gemeinschaftsverhältnisses im Sinne von § 47 GBO entfällt, die Eintragung unter derselben laufenden Hummer für statthaft erklärt.