Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 19.01.1954, Az.: V ZB 28/53
Tenor
Die weitere Beschwerde wird auf Kostender Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 3.000 DM.
Entscheidungsgründe
I.Der Baumeister Theodor M. in K., jetzt in M. R. wohnhaft, steht im Grundbuch von F. a.M. Bezirk ... Bd. 3 Bl ...0 als Eigentümer des dort verzeichneten Grundstücks M.strasse ..., bebauter Hofraum, Kartenblatt 7... Parzelle ...6 der Gemarkung F. a.M. eingetragen. Er hat dieses Grundstück in notarieller Urkunde vom 4. November 1952 (Nr. ...6/5... der Urkundenrolle des Rotars K. in M.) seiner Ehefrau (Antragstellerin) geschenkt (§§ 1 bis 3). § 4 der Urkunde enthält die Auflassung sowie die Bewilligung und Beantragung der Eigentumsänderung im Grundbuch. Weiter heißt es in der Urkunde:"Die Erschienenen baten alsdann um die Beurkundung eines Erbvertrages, indem sie der Zuziehung von Zeugen widersprachen, und erklärten:§ 5 Die Erschienene zu 2 [Ehefrau M.] vermacht den ihr soeben geschenkten Grundbesitz an den aus der Ehe der Parteien hervorgegangenen Sohn Karl Theodor M., geboren am ..., wohnhaft bei den beiden Erschienenen.§ 6 Die Erschienene zu 2 verpflichtet sich schuldrechtlich gegenüber dem durch den Erschienenen zu 1 [Ehemann M.] vertretenen Vermächtnisnehmer, den Grundbesitz nicht zu belasten oder zu veräussern oder in sonstiger Weise über diesen zu verfügen, insbesondere alles zu unterlassen, was das Vermächtnis zu beeinträchtigen vermöchte.Die Erschienenen bewilligen und beantragen auf dem vor genannten Grundbesitz eine Vormerkung zugunsten des Vermächtnisnehmers zur Sicherung von dessen Rechten einzutragen.§ 7 Ersatzvermächtnisnehmer sind die etwaigen Abkömmlinge des Vermächtnisnehmers, falls der Vermächtnisnehmer den Erbfall (Vermächtnisfall) nicht erleben sollte.§ 8...§ 9..."
Das Amtsgericht hat die Erinnerung gegen den die Eintragung der Vormerkung ablehnenden Beschluss des Rechtspflegers zurückgewiesen, weil die Befugnis zur Verfügung über ein veräußerliches Recht nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen werden könne. Das Landgericht hat die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Es ist in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht der Auffassung, dass die Eintragung einer Vormerkung, wenn es sich nur um die Sicherung der Ansprüche aus der schuldrechtlichen Verpflichtung der Ehefrau M. aus § 137 Satz 2 BGB handeln würde, nicht in Betracht komme, weil diese Verpflichtung keinen vormerkbaren Anspruch auf Einräumung eines Rechts an einem Grundstück begründe. Das Landgericht legt jedoch abweichend vom Amtsgericht die Eintragungsbewilligung dahin aus, dass die Vormerkung der Sicherung eines Anspruchs des Vermächtnisnehmers auf Auflassung des vermachten Grundstücks durch den Erben der Erblasserin zu dienen bestimmt sei, hält aber auch in diesem Fall die Eintragung einer Vormerkung für unzulässig mit der Begründung, die erbvertraglichen Bindungen der Erblasserin könnten über die zwingenden gesetzlichen Vorschriften hinaus nicht durch schuldrechtliche Vereinbarungen oder dingliche Sicherungsmittel verstärkt werden. Das Oberlandesgericht Frankfurt möchte die weitere Beschwerde der Antragstellerin zurückweisen, sieht sich hieran aber gehindert durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 18. Januar 1952 (DNotZ 1952, 236 = NJW 1953, 27 = NdsRpfl 1952, 48) und hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
In dem vom Oberlandesgericht Celle entschiedenen Fall hatte die Erblasserin durch Erbvertrag einer Verwandten ihren Miteigentumsanteil an einem Grundstück vermacht und zugleich der Vermächtnisnehmerin und ihren Erben gegenüber die Verpflichtung übernommen, ihren Miteigentumsanteil weder zu verkaufen noch zu belasten, es sei denn, dass sie unverschuldet in Not gerate. Weiter erklärte die Erblasserin in dem Vertrage, sie bewillige und beantrage schon jetzt, dass auf ihrem Miteigentumsanteil zugunsten der Vermächtnisnehmerin und ihrer Erben eine Auflassungsvormerkung eingetragen werde. Das Oberlandesgericht Celle hat die Eintragung der Vormerkung für zulässig erklärt und ausgeführt: Der Vermächtnisanspruch beruhe auf einem Erbvertrag, durch den die Erblasserin die Befugnis zu Verfügungen, die das Recht der Vermächtnisnehmerin beeinträchtigen würden, in weitem Maße aufgegeben und damit eine feste, seine Gestaltung genau bestimmende Grundlage geschaffen habe. Unerheblich sei, dass der Vermächtnisanspruch sich gegen die Erben der derzeitigen Grundstückseigentümerin richte. Voraussetzung der Sicherung des Anspruchs durch Vormerkung sei lediglich, dass der vorzumerkende Anspruch durch eine der Vormerkung zeitlich nachfolgende Verfügung über das Grundstuck vereitelt oder beeinträchtigt werden könnte. Es handele sich auch nicht um die Verstärkung erbrechtlicher Bindungen der Erblasserin durch schuldrechtliche Vereinbarungen oder durch dingliche Sicherungsmittel. Die Vormerkung solle vielmehr den schuld rechtlichen Anspruch gegen die Erben der Erblasserin sichern. Wenn auch der Erbvertrag ausschliesslich zu erbrechtlichen Bindungen der Erblasserin führe, sei er doch als Vertrag der Ausgestaltung durch den Parteiwillen zugänglich. Auch bei einem Erbvertrag sei der Parteivereinbarung nicht jeder Spielraum genommen. Die Erblasserin könne über die gesetzlichen Bindungen hinaus weitere Verpflichtungen zugunsten der Erfüllung des mit zulässigem Inhalt abgeschlossenen Erbvertrages übernehmen. Die Bewilligung der Eigentümerin sei als Grundlage für die Eintragung der Auflassungsvormerkung erforderlich und genügend.
Das vorlegende Oberlandesgericht hält die Eintragung einer Vormerkung schon deshalb für unzulässig, weil der Erbvertrag nur zu einer erbrechtlichen Bindung der Erblasserin führe, deren Befugnis, durch Rechtsgeschäft unter Lebenden über den vermachten Gegenstand zu verfügen, nach § 2286 BGB nicht beschränkbar sei. Eine gewisse Bindung bestehe nur im Hinblick auf Verfügungen, durch welche die Erblasserin böswillig den künftigen Vermächtnisanspruch zu vereiteln beabsichtige. Im übrigen sei das Bestehen des Vermächtnisanspruchs ganz von dem freien Willen der Erblasserin abhängig. Die Eintragung einer Vormerkung sei aber auch dann nicht zulässig, wenn noch eine zusätzliche schuldrechtliche Vereinbarung bestehe, wonach die Erblasserin sich verpflichtet habe, über den vermachten Gegenstand nicht rechtsgeschäftlich zu verfugen. Eine solche Verpflichtung könne nicht durch eine Vormerkung gesichert werden. Gegenstand der Sicherung könne nur der Vermächtnisanspruch selbst sein. Die vor Eintritt des Erbfalles fehlende Bindung der Erblasserin könne nicht durch die Vereinbarung einer rechtsgeschäftlichen Verfügungsbeschränkung herbeigeführt werden. Die gegenüber dem künftigen Vermächtnisnehmer eingegangene Verpflichtung der Erblasserin sei zwar gemäss § 137 Satz 2 BGB nicht rechtsunwirksam. Auch die Vorschrift des § 2286 BGB stehe der Gültigkeit nicht entgegen. Der Vermächtnisanspruch werde jedoch durch die Verbindung mit einer schuldrechtlichen Vereinbarung nicht vormerkungsfähig; denn im Ergebnis werde durch die Eintragung einer Vormerkung der lediglich mit schuldrechtlicher Wirkung möglichen Beschränkung der Verfügungsfähigkeit eine dingliche Wirkung gegeben, was nach § 137 Satz 1 BGB nicht zulässig sei. Darüber hinaus würde die Bindung der Erblasserin entgegen der zwingenden gesetzlichen erbrechtlichen Regelung in unzulässiger Weise verstärkt werden, wenn die Freiheit zu Verfügungen unter Lebenden schlechthin ausgeschlossen werde.
II.1.Die Voraussetzungen für eine Vorlegung der weiteren Beschwerde an den Bundesgerichtshof sind gegeben, weil das Oberlandesgericht bei der Auslegung von das Grundbuch betreffenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts von der auf eine weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen will (§ 79 Abs. 2 GBO). Es kommt hierbei nicht darauf an, ob auch der Bundesgerichtshof die Beantwortung der unter den Oberlandesgerichten streitigen Rechtsfrage für die Entscheidung über die weitere Beschwerde für wesentlich erachtet. Es genügt vielmehr, wenn, wie das hier der Fall ist, von dem Standpunkt aus, von dem das Oberlandesgericht in seinem Vorlagebeschluss ausgeht, eine Stellungnahme zu der Rechtsfrage notwendig ist (vgl RGZ 136, 405; 155, 213 = KG JFG 16, 77; Güthe-Triebel GBO 6. Aufl § 79 Arm 19; für die entsprechende Vorschrift des § 28 Abs. 2 FGG: Schlegelberger 6. Aufl § 28 Anm. 5; Keidel 5. Aufl § 28 Bern 3 a). Der Bundesgerichtshof ist deshalb für die Entscheidung über die weitere Beschwerde zuständig.
2.Die weitere Beschwerde ist gemäss § 78 GBO zulässig, sachlich jedoch nicht begründet.
Gegenstand der Entscheidung ist die Frage, ob, wenn in einem Erbvertrag ein Grundstücksvermächtnis angeordnet ist, schon vor Eintritt des Erbfalles auf Grund einer Bewilligung der Erblasserin die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Vermächtnisnehmers möglich ist.
Nach § 883 Abs. 1 Satz 1 BGB kann zur Sicherung d