Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 30.01.1967, Az.: V ZB 28/66
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 3. Mai 1966 wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 DM festgesetzt.
Entscheidungsgründe
1.Der Grundstückseigentümer bewilligte in notarieller Urkunde vom 7. Mai 1965 für die Beschwerdeführerin die Eintragung einer Hypothek für ein Tilgungsdarlehen. Für die Eintragung der Hypothek im Grundbuch wurde in der Urkunde folgende Fassung, vorgeschlagen:Fünfunddreißigtausend Deutsche Mark Hypothek für ein Tilgungsdarlehen der D. G.-Hypothekenbank Aktiengesellschaft in H. mit 6,5 v.H. jährlich verzinslich. Daneben ist für die Zeit vom 1.10.1965 bis 31.12.1971 eine Nebenleistung von jährlich 1 v.H. des ursprünglichen Darlehensbetrages zu entrichten.Unter Umständen sind ferner ein Säumniszuschlag von jährlich 1 v.H. und eine Entschädigung von höchstens 2 1/2 v.H. des ursprünglichen Darlehensbetrages zu zahlen Unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom 7.5.1965 eingetragen am ....
Der Rechtspfleger des Grundbuchamts wich bei der Eintragung von diesem Vorschlag insoweit ab, als er die Hypothek lediglich als Darlehenshypothek bezeichnete und bei der Angabe der Nebenleistungen jeweils die Worte "des ursprünglichen Darlehensbetrags" wegließ. Die Beschwerdeführerin beanstandete zunächst die letztere Abweichung. Das Amtsgericht faßte die Beanstandung als Erinnerung auf und wies sie zurück. Die Beschwerde, mit der auch die Bezeichnung der Hypothek als Tilgungshypothek begehrt wurde, blieb ebenfalls ohne Erfolg.
Das Oberlandesgericht Saarbrücken möchte die weitere Beschwerde zurückweisen, sieht sich hieran jedoch durch die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Schleswig vom 4. November 1963 (DNotZ 1964, 498 = Rpfleger 1964, 82 mit ablehnender Anmerkung von Haegele = BB 1965, 523 mit ablehnender Anmerkung von Ripfel) und vom 1. September 1964 (SchlHA 1965, 14) sowie des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 8. November 1965 (OLGZ 1966, 105) gehindert und hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
2.Die Voraussetzungen des § 79 Abs. 2 GBO sind gegeben, weil, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, das Oberlandesgericht bei der Auslegung der das Grundbuchrecht betreffenden Vorschrift des § 1115 Abs. 1 BGB von den vorbezeichneten, auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidungen abweichen will.
Die weitere Beschwerde ist auch zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Vorschrift des § 874 BGB, nach der bei der Eintragung eines das Grundstück belastenden Rechts, soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt, zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden kann, wird durch die Vorschrift des § 1115 Abs. 1 BGB für die Eintragung der Hypothek dahin ergänzt, daß außer dem Gläubiger und den Geldbetrag der Forderung der Zinssatz, wenn die Forderung verzinslich ist, und, wenn andere Nebenleistungen zu entrichten sind, ihr Geldbetrag im Grundbuch eingetragen werden muß und nur im übrigen zur Bezeichnung der Forderung auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen worden kann. Der in das Grundbuch einzutragende Geldbetrag einer Nebenleistung kann jedoch nicht nur durch die Angabe eines zahlenmäßigen Betrags, sondern auch durch die Angabe der Umstände bestimmt werden, aus denen sich dieser Betrag errechnen Läßt. Der Geldbetrag kann damit auch, wie das bei den hier in Frage stehenden Nebenleistungen geschehen ist, durch einen Hundertsatz des Betrags der Hauptforderung und durch die Angabe der Dauer der Leistung, sofern sie abweichend von der Hauptforderung befristet ist, ausgedrückt werden; denn auch in diesem Fall kann jeder, der das Grundbuch einsieht, sofort aus dem Grundbucheintrag allein die Berechnung auf einen bestimmten Geldbetrag vornehmen (BGB RGRK 11. Aufl. § 1115 Anm. 22 unter Bezugnahme auf KGJ 42, 256, 259; 49, 211, 213; 49, 214, 216; OLG Neustadt NJW 1961, 22 60 = DNotz 1961, 666 mit insoweit zustimmender Anmerkung von Ripfel).
Das wird zwar auch von dem Oberlandesgericht Schleswig in seiner ersten Entscheidung, auf die in seiner zweiten Entscheidung und auch in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart Bezug genommen ist, nicht verkannt. Im Gegensatz zu dem vorlegenden Oberlandesgericht ist es jedoch der Auffassung, daß, wenn die Berechnung der Nebenleistung einer Hypothek nach einen Hundertsatz des ursprünglichen Darlehensbetrags und nicht, wie die Berechnung der Zinsen, nach der jeweiligen Höhe dieses Betrags erfolgen soll, dies in dem Grundbuchvermerk mit aufzunehmen ist. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht Schleswig ausgeführt: Der Eintragungsvermerk lasse, wenn sich aus ihm nicht ergebe, daß die Nebenleistungen sich nach dem Ursprungskapital richteten, die erforderliche Klarheit vermissen. Die Angabe eines Prozentsatzes sei aus sich selbst heraus unverständlich und deshalb als Berechnungsmaßstab ungeeignet, wenn die Angabe der Zahl fehle, auf die sich der Prozentsatz beziehe. Für die Zinsforderung genüge allerdings nach § 1115 Abs. 1 BGB die bloße Angabe des Zinssatzes, weil sich aus dem Wesen des Zinsrechts die Angabe einer Bezugszahl erübrige. Bei den Zinsen sei stets davon auszugehen, daß der Zinssatz sich auf die jeweilige Kapitalschuld beziehe, weil die Zinspflicht mit zur Forderung gehöre und es ausgeschlossen sei, daß der Gläubiger sich für den Fall teilweiser Tilgung der Hauptforderung die Fortzahlung der Zinsen für den getilgten Teil ausbedinge. Für die Nebenleistungen gebe es einen solchen Grundsatz nicht. Bei ihnen müsse daher zu dem Prozentsatz die Bezugseinheit hinzutreten, um eine Berechnung überhaupt erst zu ermöglichen. Fehle die Angabe einer solchen bei den Nebenforderungen und seien diese in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zinspflicht vermerkt, so deute das darauf hin, daß Nebenleistungen und Zinsen einer einheitlichen Bezugseinheit unterliegen sollten. Deren Angabe im Grundbuch sei daher jedenfalls bei Tilgungshypotheken, bei denen sich der Kapitalbetrag von Jahr zu Jahr verändere, nur dann entbehrlich, wenn die Höhe der vereinbarten Nebenleistungen ebenso wie die der Zinsbeträge sich aus einem Prozentsatz der jeweiligen Hauptforderung berechne.
Diese Auffassung beruht auf einer Verkennung der Vorschrift des § 1115 Abs. 1 BGB. Deren Zweck geht dahin, den Umfang der Belastung des Grundstücks aus dem Grundbuchvermerk ersichtlich zu machen (RG JW 1938, 50). Es soll dadurch, wie das vorlegende Oberlandesgericht mit Recht ausführt, jeder Teilnehmer am Grundbuchverkehr in die Lage versetzt werden, aus dem Grundbuchvermerk selbst, also ohne Heranziehung der Eintragungsbewilligung, das größtmögliche Ausmaß der Belastung zu erkennen (vgl. OLG Neustadt aaO; LG Dortmund NJW 1965, 1233 [LG Dortmund 18.08.1964 - 9 T 346/64] = Rpfleger 1965, 175; Erman BGB 3. Aufl. § 1115 Anm. 1). Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um Zinsen oder andere Nebenleistungen handelt. Penn auch Zinsen sind nach der Fassung des § 1115 Abs. 1 BGB Nebenleistungen, wenn auch solche besonderer Art, nämlich Gebrauchsvergütungen; ein rechtlicher Unterschied zwischen beiden Arten von Nebenleistungen besteht nicht (Henke JW 1938, 50).
Besteht aber der Zweck des § 1115 Abs. 1 BGB darin, das Höchstmaß der Belastung aus dem Grundbuchvermerk selbst ersichtlich zu machen, so daß der an dem Grundbuchinhalt Interessierte insoweit nicht in die Eintragungsbewilligung Einblick zu nehmen braucht, so folgt daraus, daß alle Vereinbarungen zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Grundpfandrechtsgläubiger, welche dieses Höchstmaß der Belastung des Grundstücks nicht betreffen, nach § 1115 Abs. 1 BGB nicht in den Grundbuchvermerk aufgenommen zu werden brauchen, sondern insoweit auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden kann. Hierunter fallen aber die Vereinbarungen über Art und Umfang der hier in Frage stehenden Nebenleistungen. Sie könnten nur dann zu der von der Beschwerdeführerin erstrebten Ergänzung des Grundbuchvermerks führen, wenn sie durch dessen Fassung nicht voll dinglich gesichert wären. Das ist indessen nicht der Fall. Da in dem Grundbuchvermerk außer den Hundertsätzen für die Zinsen und den Nebenleistungen nur der Kapitalbetrag des Darlehens eingetragen ist und damit nur dieser als Bezugsgröße für die Hundertsätze der Zinsen und Nebenleistungen in Betracht kommt, sind sowohl die Zinsen als auch die Nebenleistungen bereits mit den angegebenen Hundertsätzen des ursprünglichen Darlehensbetrags gesichert. Die hieraus sich ergebende Haftung des Grundstücks wird nicht dadurch eingeschränkt, daß Zinsen und Nebenleistungen nicht in der Höhe entstanden sind oder nicht mehr in der Höhe bestehen, wie sich aus den in dem Grundbuchvermerk enthaltenen Angaben errechnen läßt.
Es bedarf deshalb keiner Aufnahme in den Grundbuchvermerk, daß die Nebenleistungen nach Hundertsätzen des ursprünglichen Darlehensbetrags zu berechnen sind. Eine davon unabhängige Frage ist die, ob dies nicht aus Gründen der Zweckmäßigkeit geschehen sollte. Die Beantwortung dieser Frage kann indessen dahingestellt bleiben, da der Senat nur zu prüfen hat, was nach § 1115 Abs. 1 BGB in das Grundbuch selbst einzutragen ist. Hierbei kommt es aber auf den Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit nicht an (vgl. Beschluß des Senats vom 22. September 1961/V ZB 16/61, BGHZ 35, 378, 383) [BGH 22.09.1961 - V ZB 16/61]. Da die Hypothek der Beschwerdeführerin noch in voller Höhe im Grundbuch eingetragen ist, kann auch die weitere Frage unentschieden bleiben, ob dann ein Klarstellungsvermerk der hier in Frage stehenden Art im Grundbuch einzutragen ist, wenn ein Teilbetrag der Hypothek gelöscht wird und deshalb der ursprüngliche Kapitalbetrag nicht mehr aus dem Grundbuchvermerk hervorgeht (so KG HRR 1935 Nr. 790; KG Rpfleger 1966, 303, 305; LG Dortmund aaO; Horber GBO 9. Aufl. § 44 Anh. 6 d). Schließlich ist eine Verpflichtung des Grundbuchamts, die Berechnung der Nebenleistungen nach dem ursprünglichen Kapital in den Grundbuchvermerk aufzunehmen, auch nicht deshalb zu bejahen, weil die Beschwerdeführerin die Aufnahme ausdrücklich beantragt hat. Wie das vorlegende Oberlandesgericht mit Recht ausgeführt hat, ist das Grundbuchamt an Fassungsvorschläge der Beteiligten nicht gebunden. Es hat nach seinem Ermessen bei Fassung des Eintragungsvermerks zu bestimmen, was in den Vermerk selbst aufzunehmen und was durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung mittelbar zur Eintragung zu bringen ist (RGZ 50, 145, 153; KGJ 50, 149, 153; KG Rpfleger 1966, 303; BayObLGZ 1956, 186, 203; 1960, 231, 238; vgl. auch Beschluß des Senats vom 22. September 1961 aaO).
Das vorlegende Oberlandesgericht ist somit ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gekommen, daß, wenn sich die Nebenleistungen einer Hypothek nach einem Hundertsatz des ursprünglichen Darlehensbetrags bestimmt, es im Grundbuch keines Vermerks darüber bedarf, daß für die Berechnung der Nebenleistung das Ursprungskapital maßgebend ist, und deshalb insoweit auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden kann (ebenso KG in seinem Vorlagebeschluß vom 22. August 1966, Rpfleger 1966, 303; LG Dortmund aaO; Haegele Rpfleger 1963, 51 und 1964, 83; Ripfel Grundbuchrecht S. 172, DNotZ 1961, 669 und BB 1965, 523, 524).
3.Da mit der zulässigen Vorlage nach § 79 Abs. 2 GBO die Entscheidung über die weitere Beschwerde im ganzen auf den Bundesgerichtshof übergegangen ist und der Senat deshalb nicht nur über die zwischen den Oberlandesgerichten streitige Rechtsfrage zu entscheiden, sondern anstelle des vorlegenden Oberlandesgerichts nach jeder Richtung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu prüfen hat, ob der mit der weiteren Beschwerde angefochtene Beschluß des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (vgl. BGH WM 1958, 1044; Keidel FGG 8. Aufl. § 28 Anm. 32 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts), bedarf es auch noch eines Eingehens auf das von der Beschwerdeführerin erst mit der Beschwerde gestellte Verlangen, die Hypothek in dem Grundbuchvermerk als Tilgungshypothek zu bezeichnen. Das vorlegende Oberlandesgericht hat insoweit die Auffassung des Landgerichts gebilligt, es könne im Beschwerdeverfahren keine Entscheidung getroffen worden, da die Beanstandung nicht Gegenstand des vorgeschalteten Erinnerungsverfahrens gewesen sei.
Dem kann nicht gefolgt werden. Da im Erinnerungsverfahren die Beteiligten weder einen bestimmten Antrag zu stellen noch ihre Beanstandung im einzelnen zu begründen brauchten und deshalb eine Einschränkung der Begründung auf einzelne Punkte nicht notwendig eine Einschränkung der Erinnerung bedeutet (Arndt RpflG § 10 Anm. 58; Hofmann-Kersting RpflG § 10 Anm. 3 A d bb; Horber a.a.O. § 74 Anm. 2 D a, E in Verb. mit § 10 Abs. 5 RpflG), hat der Grundbuchrichter die Verfügung des Rechtspflegers, soweit sie eine Einheit darstellt, in vollem Umfang nachzuprüfen. Wenn er daher hier die Erinnerung zurückgewiesen und dazu ausgeführt hat, die Nebenleistungen der Hypothek seien im Grundbuch zutreffend bezeichnet worden, so schließt das ein, daß er auch die Eintragung der Hypothek selbst für zutreffend hielt. Da er somit dem von der Beschwerdeführerin in der notariellen Urkunde vom 7. Mai 1965 gestellten Antrag, die Hypothek als Hypothek "für ein Tilgungsdarlehen" einzutragen, nicht stattgegeben hat, lag eine Entscheidung im Sinne des § 71 Abs. 1 GBO vor, gegen die nach dieser Vorschrift die Beschwerde gegeben war. Diese war jedoch unbegründet, da die Abrede der Entrichtung von Tilgungsraten ebenso wie die Vereinbarung über Art und Umfang der Nebenleistungen unter den Begriff der Zahlungsleistungen fällt und deshalb nicht in den Grundbuchvermerk aufgenommen zu werden braucht (Staudinger BGB 11. Aufl. § 1115 Anm. 27 f). Die Frage der Zweckmäßigkeit eines entsprechenden Klarstellungsvermerks ist auch hier unentschieden zu lassen.
4.Die weitere Beschwerde war somit zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten und die Festsetzung des Geschäftswerts beruhen auf §§ 131 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 30 KostO.