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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 21.12.1973, Az.: V ZR 107/72

Tenor

Auf die Revision des Klägers und die Anschlußrevision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. März 1972 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Parteien sind Eigentümer aneinander grenzender Grundstücke in einem Teil von E., der durch eine ordnungsbehördliche Verordnung der Stadt als Wohngebiet offener, zweigeschossiger Bauweise ausgewiesen wird. Nach der Landesbauordnung müssen Gebäude mit den ersten beiden Geschossen einen Grenzabstand von 3 m und mit jedem weiteren Geschoß einen zusätzlichen Abstand von je 1,50 m einhalten.

Die Beklagten haben ein Mehrfamilienhaus mit vier zu Wohnzwecken ausgebauten Geschossen errichtet, das sich mit einer Ecke der schräg verlaufenden gemeinsamen Grenze auf 3 m nähert. Der Kläger ist der Auffassung, es handle sich bei dem Dachgeschoß um ein Vollgeschoß im Sinne der Landesbauordnung und das Kellergeschoß sei nach ihren Bestimmungen auf die Zahl der Vollgeschosse anzurechnen. Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung aufgehoben, weil jedenfalls das Kellergeschoß anzurechnen sei.

Ferner haben die Beklagten an der dem Hause des Klägers zugewandten Giebelseite eine Kraftfahrrampe angelegt, über die die im hinteren Teil des Grundstücks liegenden Garagen erreichbar sind. In einem weiteren Rechtsstreit des Klägers gegen die Stadt E. hat das Oberverwaltungsgericht die Baugenehmigung für diese Rampe insoweit aufgehoben, wie die Anschüttung innerhalb eines Grenzstreifens von 4,50 m liegt. Es geht davon aus, daß jedenfalls das Kellergeschoß auf die Zahl der Vollgeschosse anzurechnen sei und das Haus deshalb mindestens einen Grenzabstand von 4,50 m halten müßte; innerhalb dieses Grenzstreifens (Bauwichs) könne aber Befreiung nur für Anschüttungen eines zur Grundstückserschließung erforderlichen Umfangs erteilt werden, und die genehmigte Anschüttung sei höher als erforderlich.

Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger geltend, der Verstoß der Beklagten gegen die Geschoßzahl- und Grenzabstandsbestimmungen entziehe seinem Grundstück Sonne und Licht und mindere den Wohnwert seines Hauses; die Überhöhung der Kraftfahrrampe führe zu einem vermehrten Eindringen von Abgas, Staub und Lärm in sein Grundstück. In erster Instanz hat er beantragt, die Beklagten - nach ihrer Wahl - zur Abtragung von zwei Geschossen oder zur Erweiterung des Grenzabstands auf 6 m, hilfsweise, sie zum Geldersatz für die Wertminderung seines Grundstücks, ferner zu Vorkehrungen gegen die Zufuhr von Abgasen von dem im Bauwich liegenden Teil der Rampe zu verurteilen. Das Landgericht hat durch ein "Grund- und Teilurteil" den Beklagten entsprechende Vorkehrungen aufgegeben und im übrigen "festgestellt" sie seien als Gesamtschuldner verpflichtet, den Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus der Überschreitung der zulässigen Bauhöhe oder der Nichteinhaltung des vorgeschriebenen Grenzabstands entstanden sei und entstehe.

Mit der Berufung haben die Beklagten die Abweisung der Klage erstrebt; ihr Architekt ist ihnen als Streithelfer beigetreten. Im Wege der Anschlußberufung hat der Kläger nunmehr von den Beklagten die Abtragung von zwei Geschossen, hilfsweise die Zurücknahme ihres Hauses auf einen Grenzabstand von 6, allenfalls von 4,50 m, und die Abtragung der Rampe auf ein 1964 vorgesehenes Niveau verlangt. Außerdem hat er ihre Verurteilung zum Ersatz des Schadens begehrt, der ihm aus der Überhöhung der Rampe entstehe; den Anspruch auf Vorkehrungen gegen das Eindringen von Abgasen hat er fallen gelassen.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung den Anspruch auf Ersatz des Schadens, der aus der Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Geschoßzahl und aus der Überhöhung der Rampe innerhalb des 4,50 m breiten Grenzstreifens entsteht, dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Mit der Revision verfolgt der Kläger den Anspruch auf Herstellung des baurechtsmäßigen Zustandes weiter. Die Beklagten erstreben mit der Anschlußberufung die Abweisung der Klage. Beide Parteien beantragen die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.Der Berufungsrichter bejaht die Schadensersatzhaftung der Beklagten wegen schuldhafter Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 823 Abs. 2 BGB) durch Überschreitung der zulässigen Geschoßzahl. In Auslegung der Baustufenordnung für das Gebiet der Stadt Essen vom 2. Juni 1961 (Amtsbl. für den Regierungsbezirk Düsseldorf vom 26. Juni 1961), einer gemäß § 549 Abs. 1 ZPO nicht revisiblen Vorschrift, kommt er zu dem Ergebnis, daß die Festsetzung der Geschoßzahl (auch) dem Schütze des Grundstücksnachbarn zu dienen bestimmt sei.

Den Verstoß sieht er darin, daß die Beklagten mindestens das Kellergeschoß zu einem anrechenbaren Geschoß im Sinne des § 2 Abs. 5 BauO NW ausgebaut haben; für den Grund der Haftung komme es nicht darauf an, ob das Dachgeschoß nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 BauO NW als Vollgeschoß zähle. Das Kellergeschoß rage unstreitig im Mittel mehr als 1,40 m über die Geländeoberfläche hinaus, wie sie die Baubehörde am 4. September 1964 durch Bestätigung eines vom Architekten der Beklagten eingereichten Geländeschnitts festgelegt habe. Diese Festlegung sei durch die Genehmigung der (höheren) Anschüttung im November 1967 schon deswegen nicht rechtswirksam geändert worden, weil die Genehmigung rechtskräftig aufgehoben sei.

Die Verletzung der Schutzvorschrift führe zu einer Wertminderung des Grundstücks des Klägers wegen Entzugs von Luft und Licht. Die Beklagten könnten sich nicht darauf berufen, daß sie ein zweigeschossiges Haus mit derselben Gesamthöhe errichten dürften. Denn dergleichen hätten sie nicht ins Auge gefaßt und hätten auch nicht dargetan, daß ein entsprechender Bauplan behördlich genehmigt worden wäre.

Fahrlässig hätten die Beklagten auch dann gehandelt, wenn sie - was das Berufungsurteil offen läßt - erst nach Vollendung ihres Hauses vom Widerspruch des Klägers gegen die Baugenehmigung erfahren hätten. Denn bereits anhand der Planung seien die schwerwiegenden Nachteile für das tieferliegende Grundstück und das niedrigere Haus des Klägers erkennbar gewesen; die Beklagten hätten deswegen auf die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nicht vertrauen dürfen, sondern sich erkundigen müssen, ob ein Nachbar ihr Vorhaben beanstande.

Gleichwohl seien sie zur Herstellung des bauordnungsmäßigen Zustandes durch Abtragung von zwei Geschossen oder durch Erweiterung des Grenzabstandes (vertikale Abtragung) nicht verpflichtet, da diese nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich sei (§ 251 Abs. 2 BGB). Entgegen der Meinung des Klägers greife der Grundsatz von BGH NJW 1970, 1180, daß schweres Verschulden auch bei sonst unzumutbaren Kosten die Herstellungspflicht begründen könne, nicht ein: die Beklagten hätten aufgrund einer Baugenehmigung gebaut.

Zutreffend beanstandet die Anschlußrevision der Beklagten, mit dem Berufungsrichter vom nachbarschützenden Charakter der Geschoßzahlbegrenzung ausgehend, die Qualifikation des Kellergeschosses als anrechenbar im Sinne von § 2 Abs. 5 Nr. 2 BauO NW und die darauf fußende Feststellung, daß die Beklagten gegen die Begrenzung verstoßen haben, indem sie über dem Kellergeschoß (mindestens) zwei weitere Geschosse errichteten. Nach § 2 der Landesbauordnung kommt es darauf an, ob das Kellergeschoß bis zur Unterkante seiner Decke im Mittel mehr als 1,40 m über der festgelegten Geländeoberfläche liegt. Eine derartige Festlegung ist auch in der Baugenehmigung für eine (unselbständige) Anschüttung enthalten, wie der Berufungsrichter zutreffend und in Übereinstimmung mit den Verwaltungsgerichten angenommen hat. Hier gilt für den hinteren, von der H.straße abgewandten Teil der Giebelwand, an welcher die Höhe des Geschosses in diesem Bereich zu messen ist, die Festlegung der Geländeoberfläche vom 4. September 1964, da die abändernde Festlegung vom 28. November 1967 zusammen mit der Baugenehmigung insoweit aufgehoben ist. Die Festlegung von 1967 wird vom Urteil des Oberverwaltungsgerichts jedoch nicht berührt, soweit sie den vorderen, der Straße zugewandten Teil der Giebelwand betrifft: der straßenseitige Abschnitt der Rampe liegt wegen des Grenzverlaufs nicht in dem 4,50 m breiten Grenzstreifen.

Unerheblich für die Anrechenbarkeit des Kellergeschosses bleibt es, daß die Rampe nicht teils nach dem Schnitt von 1964, teils nach dem von 1967 angelegt werden könnte. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Zufahrtrampe in der 1964 oder in der 1967 vorgesehenen Gestaltung den praktischen Erfordernissen und den Anforderungen des materiellen Baurechts (§ 3 BauO NW) entspräche. Denn § 2 BauO NW macht die Qualifikation des Geschosses von dem Verwaltungsakt der Festlegung der Geländeoberfläche abhängig; solange und soweit dieser Verwaltungsakt Bestand hat, muß er der Berechnung der mittleren Höhe des Geschosses zugrunde gelegt werden. Im vorliegenden Falle hat das Oberverwaltungsgericht die Klage auf vollständige Aufhebung der Baugenehmigung von 1967 abgewiesen, und die Bauaufsichtsbehörde hat keine abändernde Festlegung für den vorderen Teil der Rampe getroffen, um die gesamte Zufahrt der von den Verwaltungsgerichten für materiell-rechtlich zulässig erachteten Gestaltung im hinteren Abschnitt (im Bauwich) anzupassen.

Da der Berufungsrichter im gesamten Bereich der Giebelwand von dem Niveau von 1964 ausgeht, ist auch von seinem Rechtsstandpunkt zum Schutzcharakter der Geschoßzahlbegrenzung aus ein objektiver Verstoß bisher nicht dargetan.

Wird dieser Verstoß bewiesen, dann könnte sich ein Anspruch des Klägers auf Herstellung des von der Baustufenordnung vorgeschriebenen Zustandes auch unabhängig vom Verschulden der Beklagten ergeben. Rechtsprechung und Lehre verpflichten im Grundsatz jeden, der unter Verstoß gegen ein den Schutz eines anderen bezweckenden Gesetzes fremde Rechtsgüter beeinträchtigt, diese Beeinträchtigung für die Zukunft zu beseitigen, und zwar unabhängig von einem Verschulden im Sinne des § 276 BGB (statt vieler Enneccerus/Lehmann, Lehrbuch des Schuldrechts 15. Aufl. § 252). Dieser Grundsatz hat sich bisher vorwiegend im Gebiet des Ehrschutzes ausgewirkt, ist aber nicht auf bestimmte Rechtsgüter zu beschränken (vgl. etwa RGZ 116, 151). Es würde an einem inneren Grunde dafür fehlen, daß dem Grundstückseigentümer, wenn seine Interessen durch ein an den Nachbarn gerichtetes Ge- oder Verbot des Baurechts geschützt werden sollen, zugemutet würde, eine fortdauernde Beeinträchtigung dieser Interessen hinzunehmen, nur weil der Nachbar bei der Setzung der Ursache der Beeinträchtigung nicht schuldhaft gehandelt hat. Freilich kann der auf lediglich objektiver Rechtswidrigkeit beruhende Beseitigungsanspruch (actio quasinegatoria) nicht weiter gehen als der auf vorwerfbarer Verletzung des Schutzgesetzes beruhende Schadensersatzanspruch. Der Rechtsgedanke des § 251 Abs. 2 BGB wie auch die Überlegungen, die etwa § 912 Abs. 2 BGB zugrundeliegen, müssen im Auge behalten werden. Das Verlangen des Nachbarn, die Beeinträchtigung von Luft, Licht und Sicht abzustellen, was in der Regel nur durch Eingriffe in das Bauwerk bewerkstelligt werden kann, wird sich als rechtsmißbräuchlich erweisen, wenn die Herstellung des gebotenen Zustandes nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich wäre. Bei dieser Abwägung kann alsdann auch Art und Grad eines etwaigen Verschuldens auf selten des Verletzers bedeutsam werden (vgl. BGH NJW 1970, 1180). Die Grenzen des Beseitigungsanspruchs wegen baurechtswidrigen Bauens werden stets unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles und mit dem Blick auf die Vorstellungen des Gesetzgebers über die Zumutbarkeit, wie sie im Schadensersatz- und im Nachbarrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Ausdruck kommen, vom Tatrichter zu bestimmen sein.

Gegen die Anwendung des § 251 Abs. 2 BGB auf den Schadensersatzanspruch des Klägers wendet die Revision ein, die Beklagten dürften sich in diesem Rechtsstreit auf die Kosten, die ihnen entstünden, wenn sie die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks durch Teilabtragung ihres Hauses abstellen müßten, deswegen nicht berufen, weil sie diese Kosten aus Gründen des öffentlichen Rechts ohnehin würden aufwenden müssen, um den baurechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Diese Auffassung ist rechtsirrig und das Verhältnis der Aufwendungen zum Nutzen des Klägers daher auch für den quasinegatorischen Beseitigungsanspruch von Bedeutung: seine bürgerlich-rechtlichen Ansprüche beurteilen sich, was Inhalt und Umfang anlangt, allein nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde unter den für sie maßgeblichen Gesichtspunkten den Beklagten eine Teilabtragung des Hauses aufgeben wird.

Unbegründet ist andererseits auch der Einwand der Anschlußrevision, der Kläger müsse die tatsächlich eingetretene Beeinträchtigung seines Grundstücks durch die vermehrte Beschattung hinnehmen, weil die Beklagten ein zweigeschossiges Haus unter Veränderung ihrer Planung ebenso hoch oder höher hätten bauen dürfen als das von ihnen errichtete. Es kommt allein darauf an, daß sie nach tatrichterlicher Überzeugung bei Einhaltung der erlaubten Geschoßzahl ein Haus von dieser Höhe nicht errichtet hätten.

Sollte es im Rahmen der gekennzeichneten Abwägung auf das Verschulden der Beklagten ankommen, so könnte der Senat der Bewertung ihres Verhaltens im angefochtenen Urteil nicht zustimmen. Die Beklagten durften sich, sofern sie von den Beanstandungen des Klägers nicht in einem Zeitpunkt Kenntnis erhielten, in dem ihre Bauplanung noch abgeändert werden konnte, darauf verlassen, daß die Rechtmäßigkeit ihres Vorhabens durch die Bauaufsichtsbehörde gewährleistet werde. Sie planten ein Wohnhaus, das sich auf der vom Kläger abgewandten Seite an vorhandene Straßenbebauung anlehnte. Da ihr Grundstück nach rückwärts abfiel, blieb das Kellergeschoß zu einem erheblichen Teile unterhalb der Verkehrs- (Straßen-)fläche; das Dachgeschoß sollte durch Gauben bewohnbar gemacht werden. Seine Eigenschaft als Vollgeschoß und die Anrechenbarkeit des Kellergeschosses sind, wenn die Beurteilung des Klägers zutrifft, auch von der mittleren Bauaufsichtsbehörde verkannt worden, die das Haus der Beklagten in ihrem Widerspruchsbescheide als zweistöckig bezeichnet. Unter solchen Umständen waren die Beklagten nicht verpflichtet, sich bei der genehmigenden Behörde über nachbarliche Einwände gegen ihr Vorhaben zu erkundigen, nur weil auch für den Laien erkennbar das tieferliegende Grundstück und das niedrigere Haus des Klägers einer zusätzlichen Beschattung ausgesetzt sein würden. Der Berufungsrichter wird daher zur sachgerechten Beurteilung des Beseitigungsanspruchs auch dem Vortrage des Klägers nachzugehen haben, der beklagte Ehemann habe bereits bei Beginn der Ausschachtungsarbeiten Kenntnis vom Widerspruch des Klägers gehabt (Bl. 290/291 GA). Möglicherweise kommt er zu der tatrichterlichen Überzeugung, daß sich die Beklagten bereits erörterten oder sich aufdrängenden Zweifeln entzogen haben, ob sie über dem Kellergeschoß (mindestens) zwei weitere Vollgeschosse errichten dürften.

Was den Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 823 Abs. 2 in Verbindung mit der Geschoßzahlfestsetzung, §§ 249 ff BGB, anlangt, wird es zunächst wiederum auf eine rechtsirrtumsfreie Qualifikation des Kellergeschosses im Sinne des § 2 BauO NW ankommen. Revision und Anschlußrevision beanstanden aber auch zu Recht die Verschuldensfeststellung des angefochtenen Urteils und die aus ihr gezogenen Folgerungen. Wie erörtert, haben die Beklagten die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht bereits dadurch außer acht gelassen, daß sie sich bei der Behörde nicht nach Beanstandungen von Nachbarn erkundigten. Andererseits rügt deshalb der Kläger zu Recht die Übergehung seines Vertrags über die positive Kenntnis der Beklagten. Je nach Art und Grad ihres Verschuldens wird auch das Recht der Beklagten zu beurteilen sein, den Kläger an Stelle einer Abstellung, seiner Beeinträchtigung in Geld zu entschädigen (§ 251 Abs. 2 BGB). Das Ergebnis der Würdigung des konkreten Sachverhalts wird durch die vom Berufungsrichter angezogene Entscheidung NJW 1970, 1180 weder im Sinne der Revision noch im Sinne der Anschlußrevision vorwegbestimmt.

Unbegründet ist in diesem Zusammenhange der Einwand der Revision, die Kosten der Abtragung von zwei Geschossen und der Wiederbedachung stünden deswegen nicht außer Verhältnis zum Schaden des Klägers, weil der Schaden in den Aufwendungen für einen Hauserwerb in einem Gebiet offener zweigeschossiger Bauweise unter Abzug des Erlöses für das jetzige wertgeminderte Haus bestehe. Die Revision geht zu Unrecht davon aus, daß der Kläger Ansprüche aus dem Nachbarschutz des Inhalts habe, auf einem noch zu beschaffenden Grundstück unter den früheren Verhältnissen zu leben. Dieser Ausgangspunkt ist unrichtig; auf diese Weise würde nicht die wertmindernde Beeinträchtigung seines gegenwärtigen Eigentums behoben.

Ergibt sich nach erneuter Verhandlung der Sache keine Haftung der Beklagten auf Abtragung von zwei Geschossen ihres Hauses, so wird der Anspruch auf Zurücknahme der Giebelwand unter den bereits aufgezeigten Gesichtspunkten zu überprüfen sein, da auch der Grenzabstand von der Anrechenbarkeit des Kellergeschosses abhängt. Ist dieses Geschoß nicht anzurechnen oder kann der Anspruch des Klägers aus irgendeinem Grunde auf die irrtümliche Qualifikation dieses Geschosses nicht gestützt werden, so werden dieselben Fragen für das Dachgeschoß zu beantworten sein.

II.Zum Klagebegehren nach Abtragung der Kraftfahrrampe bis auf das 1964 genehmigte Niveau wird im Berufungsurteil ausgeführt, nach § 7 Abs. 3 BauO NW sei im Bauwich auch eine Anschüttung für die Zufahrt zum rückwärtigen Teil des Grundstücks nicht statthaft. Darauf, daß ihnen nach § 86 Abs. 2 BauO NW Befreiung von dem Verbot erteilt werden könne, dürften sich die Beklagten nicht berufen. Sie hätten keinen triftigen Grund dafür vorgebracht, daß das allgemeine Wohl diese Befreiung fordere oder die Anwendung des Anschüttungsverbots zu einer nicht beabsichtigten Härte führe. Über den Widerspruch des Klägers gegen die Genehmigung der Garagenzufahrt seien sie unterrichtet gewesen, hätten aber die Anschüttung fortgesetzt, ohne sich um deren Rechtmäßigkeit zu kümmern. Gleichwohl könnten sie den Kläger auf eine Entschädigung in Geld verweisen (§ 251 Abs. 2 BGB), weil die Wertminderung seines Grundstücks infolge der gegenüber einer baurechtsgemäßen Gestaltung der Rampe vermehrten Zufuhr von Abgas, Staub und Lärm unverhältnismäßig viel geringer sei als die Kosten der Abtragung und Neuanlage der Rampe.

Auch dieses Herstellungsbegehren wird der Berufungsrichter zunächst unter dem Gesichtspunkt des Beseitigungsanspruchs zu prüfen haben. Zutreffend geht er davon aus, daß der Kläger aus der Aufschüttung über das 1964 vorgesehene Niveau Ansprüche nur herleiten kann, wenn sie materiell baurechtswidrig ist; würde den Beklagten Dispens erteilt werden müssen, entfielen Ansprüche des Klägers. Mit Recht rügt die Anschlußrevision der Beklagten, daß im angefochtenen Urteil der Vortrag ihres Streithelfers übergangen sei, die Rampe habe so, wie 1967 behördlich genehmigt, angelegt werden müssen, um die Garagen anzuschließen und gleichzeitig das Gesamtgrundstück ordnungsmäßig zu entwässern (Bl. 253/254 GA). Der Berufungsrichter wird sich deshalb ein eigenes Urteil darüber zu bilden haben, ob eine Zufahrt nach dem Schnitt von 1964, wie vom Oberverwaltungsgericht angenommen, allen Anforderungen genügt hätte oder ob die gegenwärtige Gestaltung unter den Gesichtspunkten des § 86 Abs. 2 BauO NW auch unter Berücksichtigung der Interessen des Klägers unabweisbar ist, so daß ein Verstoß gegen eine materielle dem Schütze des Klägers dienende Baurechtsnorm nicht vorläge.