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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 13.07.1960, Az.: V ZR 119/59

Tenor

Auf die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Kläger wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Frankfurt (Main) vom 20. Januar 1959 im Kostenpunkt; und insoweit aufgehoben, als über die Widerklage insgesamt und über den Klagantrag Nr. 3, abgesehen vom Verbot, Fahrzeuge und Gegenstände irgendwelcher Art im Hofe der Kläger abzustellen, erkannt worden ist.

Im übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen wird.

Tatbestand

Die Parteien sind Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke in der L.straße in H. Zugunsten der H. des etwa 8 m breiten Grundstücks der Beklagten (Nr. ...6), das seit jeher gegen die Straße in ganzer Breite mit einem Haus bebaut ist, besteht ein Wegerecht (altrechtliche Grunddienstbarkeit) zu Lasten des Grundstücks der Kläger (Nr. ...8).

Im Zusammenhang mit der 1890 geplanten Erweiterung des auf dem dienenden Grundstück an der Straße stehenden Hauptgebäudes (völlige Bebauung der bis dahin vom herrschenden Grundstück abgewandten freien Einfahrt) wurde die Wegegerechtigkeit durch Vertrag vom 30. Januar 1890 neu bestimmt. Die Einfahrt sollte nunmehr unter Durchbruch im Erdgeschoß entlang der Grenze des herrschenden Grundstücks geführt werden, die gemeinsame Brandmauer dabei stehen bleiben. Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks (Anton W.) war Bürstenmacher; er hatte auf seinem Hof eine kleine Werkstätte, im Vordergebäude einen Laden eingerichtet. Dieser Vertrag lautet:"Wir besitzen die nebeneinander gelegenen H. Nr. ...6 und ...8 in hiesiger L.strafte. Der H. Nr. ...6 (Heinrich Anton W.) steht nun das Durchfahrtsrecht durch die H. Nr. ...8 (Heinrich L.) zu. Der Besitzer der H. Nr. ...8 beabsichtige jetzt, seine Gebäude umzubauen und hätten sie sich daher wegen des Durchfahrtsrechts durch die bisherige Einfahrt und den Hof verständigt wie folgt:1. Das Durchfahrtsrecht in der bisherigen Weise über die Einfahrt neben Alexander M. (fig. a und b des Planes) soll zessieren.2.Dagegen verpflichtet sich Heinrich L., eine neue Einfahrt auf seinem Grund und Boden, und zwar in der Größe, daß mit einem beladenen Wagen gewöhnlicher Spurweite unbehindert durchgefahren werden kann und in Höhe des vorhandenen Stockwerks in seiner Hofraithe dicht an der H. Nr. ...6 anzulegen, welche in der Folge der H. Nr. ...6 als Einfahrt, aber auch, was ausdrücklich zugestanden wird, als Durchgang dienen soll. Diese Einfahrt soll auch der H. Nr. ...8 ebenmäßig als Eingang und Durchfahrt dienen und bleibt der Grund und Boden stets Eigentum des Besitzers der H. Nr. ...8.3.Da der Besitzer der H. Nr. ...6 voraussichtlich mit einem beladenen Wagen nicht bei der Umkehr in seinen Hof direkt gelangen kann, so soll ihm gestattet sein, den Hof der H. Nr. ...8 zu diesem Zwecke mitzubenutzen, wenn er es nötig hat.4.Dem Besitzer der H. Nr. ...6 ist es gestattet, von der neuen Einfahrt aus, einen Eingang in sein Haus anzulegen und zu dem Ende einen Sandsteintritt von gewöhnlicher Breite in die Einfahrt zu legen. Selbstverständlich fallen die Kosten dieses Eingangs dem Besitzer der H. Nr. ...6 zur Last."

Der Umbau erfolgte entsprechend diesem Plan.

Die Dienstbarkeit wurde am 200 Oktober 1898 in das Grundbuch eingetragen. Die beiden Grundstücke waren durch einen Lattenzaun getrennt, der unmittelbar hinter den Vordergebäuden eine Toreinfahrt freiließ. Ob im rückwärtigen Teil dieses Lattenzauns eine weitere Öffnung war, ist unter den Parteien streitig.

Im Jahre 1901 wurde in Verbindung mit einem Umbau des Hauptgebäudes auf dem herrschenden Grundstück der rückwärtige, seit 1843 etwas in den Hofraum hineinragende Teil dieses Gebäudes verlängert und erweitert, sowie der dort weiter rückwärts gelegene, das Grundstück bis dahin in ganzer Breite ausfüllende Schuppen und auch das an der Grenze stehende Werkstattgebäude beseitigt.

Anläßlich von Erweiterungen am, rückwärtigen Teil des Hauptgebäudes und der Erneuerung des Hinterhauses auf dem dienenden Grundstück wurde im Zusammenhang mit dem erforderlichen baurechtlichen Genehmigungsverfahren im Jahre 1906 ein schriftlicher Vertrag zwischen den Eigentümern der beiden Grundstücke geschlossen, in dem auch Bestimmungen über eine - anstelle des bisherigen Lattenzauns - zu errichtende Trennmauer und über die Verbreiterung des an das Hauptgebäude anschließenden Tores zum Hof des herrschenden Grundstücks aufgenommen sind. Der Vertrag zwischen dem Eigentümer des Gebäudes Nr. ...6 (S. L.) und des Gebäudes Nr. ...8 (Metzgermeister R.) lautet:"Herr S. L. ... ziehen ihren Einspruch bezüglich der Erbauung eines Treppenhauses sowohl, als auch des neu zu erbauenden Hinterhauses zurück und sind damit einverstanden, daß Herr G. R. jederzeit an die gemeinschaftliche Brandmauer anbauen kann, Herr S. L. ... haben auch nichts dagegen einzuwenden, wenn evtl. jetzt oder später Herr G. R. an die jetzige Werkstätte nebst Büroanbau einen höheren Aufbau vornehmen will.Herr G. R. dagegen gestattet Herrn S. L. ... anstelle des jetzigen Hoftores eine 85 cm breite Eingangstür sowie ein 2,60 m breites Hoftor, d.h. von der unteren Treppenstufe an gerechnet, zu errichten, wodurch Herr S. L. ... in der Lage sind, ihr Fuhrwerk aus- und einbringen zu können.Die Grenzmauer, die Eingangstüre und das anschließende Hoftor zwischen beiden H. werden auf beiderseitigem Grund und Boden aufgeführt, die Kosten aber von Herrn G. R. allein getragen, dagegen ist die Unterhaltung der Mauer eine gemeinschaftliche."

Die Grenzmauer wurde mit der in diesem Vertrag vorgesehenen Toröffnung von Reinhardt errichtet.

Die Kläger, die ein Geschäft mit Haushaltswaren betreiben, bauten ihr Gebäude im Jahre 1955 als modernes Ladengeschäft um; die Einfahrt wurde auf der Seite des herrschenden Grundstücks mit Glasvitrinen zu Ausstellungszwecken besetzt, dabei die seitherige Eingangstüre zum Gebäude Nr. ...6 zugemauert und der Hof um weitere 3 m in Richtung auf das herrschende Grundstück zu überbaut.

Die Beklagten, die Anfang 1955 als Eigentümer des Gebäudes Nr. ...6 eingetragen worden sind, betreiben ein Einzel- und Großhandelsgeschäft für sanitäre Artikel. Hinsichtlich bestimmter Waren (Öfen, Herde, Kühlschränke und sanitäre Geräte) stehen die Parteien im Wettbewerb. Im Zuge der Vergrößerung ihres Geschäfts erweiterten die Beklagten den rückwärtigen Anbau in die Tiefe des Grundstücks und richteten noch weiter rückwärts einen Lagerraum ein. Da sich die Einfahrt in ihren Hof schon bei Beginn der Bauarbeiten für Lastwagen zu schmal erwies, rissen die Beklagten die Trennmauer ab, um unter Benutzung des unmittelbar an der früheren Trennmauer gelegenen Hofraums der Kläger solche Fahrzeuge durch Fahrt geradeaus in den ihnen verbliebenen Hofraum zu verbringen (die Grundstücksgrenze ist hinter dem Hauptgebäude in Richtung des dienenden Grundstücks etwas eingeknickt).

Die Kläger verlangten zuerst die Wiedererrichtung der Mauer mit einem dem früheren Zustand entsprechenden Tor (Klagentrag Nr. 1 und 2); diese Anträge wurden vom Berufungsgericht abgewiesen; insoweit ist das Berufungsurteil nicht angefochten. Da die Kläger aber alsbald auf ihrem Grundstück entlang der Grenze selbst einen festen Drahtzaun, der nur die bis 1957 bestehende Öffnung freiläßt, errichtet haben, fahren die Beklagten auf dem Hof der Kläger dicht an diesen Zaun heran und be- und entladen die dort bereitgestellten Wagen übel den Zaun hinweg. Die Kläger verlangen daher von den Beklagten (Klagantrag Nr. 3).es zu unterlassen, ihr Grundstück in anderer Art und Weise als für die Ein- und Ausfahrt in ihr und aus ihrem Grundstück durch die 3,45 m breite bisherige Öffnung in der Grenzmauer oder in dem dort zur Zeit befindlichen Grenzzaun und für das für die Ein- und Ausfahrt etwa erforderliche Wenden bzw. Umkehren der Fahrzeuge zu benutzen, insbesondere es zu unterlassen, zum Abladen oder zu sonstigen Zwecken Fahrzeuge und Gegenstände irgendwelcher Art im Hofe der Kläger abzustellen.

Diesem Antrag wurde von beiden Vorinstanzen stattgegeben.

Die Parteien streiten im Rahmen der Widerklage in erster Linie darum, ob die Beklagten befugt sind, den Hofraum der Kläger auch hinter der Maueröffnung entlang der Grenze und über die Grenze hinweg dergestalt zu benutzen, daß sie in Geradeausfahrt mit Lastwagen auf ihren Hof fahren können, in welchem Recht sie durch den Zaun behindert wären, oder ob die Beklagten gehalten sind, nur innerhalb dieser Toröffnung auf ihr Grundstück einzubiegen. Die Beklagten fühlen sich jedoch auch bei der Durchfahrt mit Lastwagen infolge der Gefährdung der Glasvitrinen beeinträchtigt und sie behaupten, diese Durchfahrt werde auch durch das Aufstellen von Tischen, Verkaufsgegenständen und Fahrzeugen behindert. Sie haben beantragt, die Kläger zu verurteilen,1.es zu unterlassen, einen Zaun oder ein sonstiges Hindernis zwischen den Höfen der Grundstücke L.straße ...6 und ...8 in Bad H. zu errichten,2.es zu unterlassen, die Durchfahrt durch den Torbogen und den Hof des Grundstücks Bad H., L.straße ...8, dadurch zu behindern, daß sie dort Waren, Verkaufstische, Kraftwagen oder sonstige Gegenstände auf- oder abstellen,3.ihnen aufzugeben, die in der Toreinfahrt ihres Grundstücks links etwa 20 cm und rechts etwa 30 cm hineinragenden Glaskästen zu entfernen,4.ihnen aufzugeben, die in der Einfahrt links in der Brandmauer zwischen den Häusern L.straße ...6 und ...8 befindliche Tür von den dort befindlichen Glaskästen und sonstigen Behinderungen freizumachen.

Die Kläger haben Abweisung der Widerklage beantragt.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

In der Berufungsinstanz erweiterten die Beklagten ihre Anträge auf Entfernung des von den Klägern errichteten Drahtzaunes; sie beschränkten aber den Antrag Nr. 3 auf Entfernung der linksseitig an der gemeinsamen Brandmauer angebrachten Glaskästen.

Die Berufung der Beklagten führte, abgesehen vom Klagantrag Nr. 3 zur Abweisung der Klage; hinsichtlich der Widerklage blieb sie jedoch, abgesehen vom Widerklagantrag Nr. 2, ohne Erfolg.

Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihre Berufungsanträge weiter, und sie begehren Abweisung des Klagantrags Nr. 3

Die Kläger, erstreben mit ihrer Anschlußrevision die Abweisung des Widerklagantrags Nr. 2.

Jede Partei beantragt die Abweisung des Rechtsmittels des Gegners.

Entscheidungsgründe

I.Das Berufungsgericht kommt zu dem Ergebnis, die Beklagten dürften auf Grund des für Inhalt und Umfang der Grunddienstbarkeit maßgebenden Begründungsakts, nämlich des Vertrags vom 30. Januar 1890, nur an einer Stelle, und zwar unmittelbar im Anschluß an die "Durchfahrt" (= Unterführung) über die Grundstücksgrenze auf ihr Grundstück fahren, nicht dagegen schräg über die (gesamte) Grenze, an der seither die Mauer stand, oder an einer zweiten, tiefer im Grundstück gelegenen Stelle. Die in den letzten Jahrzehnten vorgenommenen baulichen Veränderungen auf beiden Grundstücken hätten keine Änderung der Dienstbarkeit bewirkt. Der Anspruch auf Entfernung des neu errichteten Zaunes sei daher unbegründet.

Das Oberlandesgericht läßt dahingestellt, wie die Überfahrt bis zum Vertrag vom 30. Januar 1890 verlaufen ist, da die bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Dienstbarkeit jedenfalls nach Nr. 1 dieses Vertrages weggefallen sei. In Nr. 2 des Vertrages sei festgelegt, wo, in welcher Breite und Höhe die neue Durchfahrt (unter dem Gebäude Nr. ...8) errichtet werden sollte. Für die hier streitige Frage (Überfahrt über die Grenze) sei Nr. 3 des Vertrages entscheidend. Unter "Umkehr" sei in Übereinstimmung mit den Beklagten hier nicht die Stelle hinter der überdachten Einfahrt (also hinter der Durchfahrt unter Haus Nr. ...8), sondern die Tätigkeit des Umkehrens als solche, d.h. das Vor- und Zurückstoßen zu verstehen. Hätten die Vertragsparteien für die Umkehr eine besondere Regelung zu treffen für erforderlich gehalten, so folge daraus ihre Auffassung, daß bei dem Einfahren in das Grundstück Nr. ...6 ein von ihnen als Umkehr bezeichneter Vorgang erforderlich gewesen sei, der zudem noch schwer auszuführen gewesen sei. Die Notwendigkeit eines Wenderechts, dessen Ausführung schwierig gewesen sei, bestätige seinerseits, daß die Einfahrt (= Grenzüberfahrt) und das Wenderecht nur an der unmittelbar hinter der Durchfahrt gelegenen Stelle gegeben sei. Hätte nämlich schräg über die ganze Grenzlinie gefahren werden dürfen, so hätte die Möglichkeit, auf dem dienenden Grundstück umzukehren, nicht eingeräumt werden müssen. Diese Auslegung sieht das Berufungsgericht weiterhin dadurch gerechtfertigt, daß in Nr. 3 das Wort "Hof" in der Einzahl und nicht in der Mehrzahl (Höfe) gebraucht, wie auch nicht der Garten erwähnt sei, der mindestens bei Vertragsabschluß den rückwärtigen Teil des Grundstücks ausgefüllt habe. Schließlich werde dieses Auslegungsergebnis auch durch die praktische Handhabung, wie sie im Vertrag vom Jahre 1906 zum Ausdruck gekommen sei, bestätigt.

II.1.Der Streit um den Verlauf des Zaunes und um seine Länge betrifft den Verlauf eines Wegs (Wegzug), den die Beklagten kraft einer vor dem 1. Januar 1900 erworbenen Dienstbarkeit auf dem Grundstück der Kläger zur Überfahrt auf ihr Grundstück zu benutzen befugt sind, demnach handelt es sich um einen Streit über den Inhalt und Umfang einer altrechtlichen Dienstbarkeit. Nach Artikel 184 EGBGB bleiben solche Dienstbarkeiten mit dem sich aus den bisherigen Gesetzen ergebenden Inhalt bestehen. Ihre Eintragung in das Grundbuch hat keinen Einfluß auf den Inhalt des Rechts und eine solche bewirkte nur, daß die Änderung und Aufhebung des Rechts vom Zeitpunkt der Eintragung an nach bürgerlichem Recht erfolgt (Art. 189 Abs. 3 EGBGB). Inhalt und Umfang der umstrittenen Dienstbarkeit bemessen sich sonach nach dem Recht, das zur Zeit ihrer Begründung in Homburg v.d.H. gegolten hat. In der Landgrafschaft Hessen-Homburg, zu der das Amt Homburg v.d.H. bis zu seiner Vereinigung mit dem Großherzogtum Hessen (24. März 1866) gehörte, wurde das Solmsische Landrecht von 1571 (abgedruckt: Wilhelm von der Nahmer, Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts, 1831, 1. Band S. 103) als Partiteularrecht angewendet (Bopp in Weiskes Rechtslexikon, 1844, 5. Band S. 320; vgl. auch Jünger, Territorien und Rechtsquellen im Bezirk des Oberlandesgerichts zu Frankfurt S. 53; Paul Roth/v. Meibem, Kurhessisches Privatrecht 1. Band § 41 Anm. 1), subsidiär galt gemeines Recht. Dieser Rechtszustand hat sich im 19. Jahrhundert weder infolge der Angliederung an das Großherzogtum Hessen noch infolge der durch Vertrag vom 3. September 1866 vollzogenen Abtretung dieses Gebietsteils an das Land Preußen geändert.

Nach gemeinem Recht, das durch Teil II Titel 29 des Solmsischen Landrechts keine hier wesentliche Änderungen erfahren hat, wurden Servituten durch formlosen Vertrag begründet; sie konnten auch durch solchen aufgehoben werden (Dernburg, Pandekten 3. Aufl. 1. Band § 251 S. 609, § 254 S. 615; Meisner/Stern/Hodes, Nachbarrecht 3. Aufl. § 36, I, 3 S. 484). Es ist dem Reichsgericht darin zu folgen, daß der Inhalt der vertraglich begründeten Altdienstbarkeiten auch nach ihrer Eintragung im Grundbuch nicht dem Wortlaut der Eintragung zu entnehmen ist, wie ihn spätere Erwerber verstehen müssen, sondern durch Auslegung des Vertrags zu gewinnen ist, wobei auch die Auslegung des Vertrags nach dem bisherigen Recht vorzunehmen ist (RGZ 131, 158, 168 und 170). Das Berufungsgericht hat daher zutreffend Umfang und Inhalt der umstrittenen Grunddienstbarkeit durch Auslegung des Vertrags vom 30. Januar 1890 ermittelt, ohne allerdings die maßgebenden Auslegungsgrundsätze hervorzuheben.

2.Die von der Revision gegen die Auslegung des Berufungsgerichts im einzelnen vorgebrachten Rügen erweisen sich als unbegründet.

a)Die Revision wendet sich zuerst gegen die Feststellung, die schon seit je bestehende Grunddienstbarkeit sei in Nr. 1 des Vertrags aufgehoben worden. Sie bemängelt dabei, daß das Berufungsgericht in Nr. 1 statt "zessieren" das Wort "kassieren" gelesen hat. Diese Leseart beeinflußt das Ergebnis jedoch nicht, da der Wortlaut "zessieren" deutlich für das Aufhören des erwähnten Rechts spricht. Die Begründung des angefochtenen Urteils erweckt allerdings den Anschein, als ob Nr. 1 nicht in seinem ganzen Zusammenhang gewürdigt, insbesondere die nähere Umschreibung des in Nr. 1 behandelten Durchfahrtsrechts ("in der bisherigen Weise über die Einfahrt neben Alexander M.") nicht beachtet sei. Gerade der im ganzen Zusammenhang gewürdigte Wortlaut des Vertrags in Verbindung mit den fig. a und b des Planes, den das Berufungsgericht gar nicht gewürdigt hat, bestätigt über die von der Revision bekämpfte Auffassung des Berufungsgerichts.

In der Einleitung des Vertrags wird das Recht zugunsten der Hofraithe 36 als Durchfahrtsrecht bezeichnet und bemerkt, die Parteien hätten sich "wegen dieses Durchfahrtsrechts durch die bisherige Einfahrt und den Hof verständigt wie folgt". Nach Nr. 1 soll dieses Durchfahrtsrecht zessieren; die weiteren Worte ("in der bisherigen Weise ...") umschreiben das Durchfahrtsrecht als ganzes, da figura a im beigefügten Grundriß die Einfahrt darstellt und figura b sich auf den Hof bezieht. Der Wortlaut in Nr. 1 deckt sich damit völlig mit dem Wortlaut in der Einleitung und drückt die Aufhebung der bisherigen Grunddienstbarkeit aus. Damit erledigt sich die weitere Revisionsrüge (I, 1 C), es sei ein Erfahrungssatz des Inhalts verletzt, daß die Änderung des Rechts nicht über das hinausgehen sollte, was zur Anpassung an den Hausumbau erforderlich gewesen sei. Das Berufungsgericht hat sonach mit Recht dahingestellt gelassen, welchen Inhalt die Grunddienstbarkeit bis zum Abschluß des Vertrags gehabt hat.

b)Die Revision wendet sich weiter gegen die Folgerung, die das Berufungsgericht aus Nr. 3 des Vertrags gezogen hat. Sie führt aus, diese Bestimmung (Gewährung eines Hangierrechts) habe die Grunddienstbarkeit erweitern wollen; es könne aus ihr ohne Verstoß gegen Auslegungs- und Erfahrungssätze keine Beschränkung des Hauptrechts hergeleitet werden (I, 1 D). Der Schluß von der Notwendigkeit eines Wenderechts, entnommen GUS Nr. 3 des Vertrags, auf die Lokalisierung der Einfahrt (zwischen Vorder- und Hintergebäude) verstoße gegen die Denkgesetze (I, 1 H): Vor 1890 habe der Weg ziemlich senkrecht auf die Öffnungen vor und hinter dem früheren Quergebäude des herrschenden Grundstücks geführt, nach dem Umbau im Jahre 1890 hätten die vordere als auch die hintere Einfahrt gleichermaßen Aushol- oder Rangierbewegungen erfordert, da man an keiner Stelle bei Geradeausfahrt auf das herrschende Grundstück hätte gelangen können.

Die letzte Rüge geht nicht genau von den Feststellungen des Oberlandesgerichts aus. Das Gericht zieht aus der Notwendigkeit eines Wenderechts nicht den Schluß, daß die Grenzüberfahrt zwischen Vorder- und Hintergebäude überhaupt, sondern daß sie nur unmittelbar hinter der Durchfahrt festgelegt worden sei (und zwar auf wenige Meter begrenzt, was zwar nicht ausdrücklich festgestellt, vom Oberlandesgericht aber unterstellt wird, vgl. unten). Dieser Schluß ist möglich, da gerade diese Lokalisierung die Ausholbewegung ausschloß und - bei enger Überfahrt - zum Rangieren zwang. Eine Überfahrt kurz vor dem Hintergebäude des dienenden Grundstücks hätte auch bei einer engen Überfahrt zwar zu einer - dort möglichen - Ausholbewegung, nicht aber zu einer Rangierbewegung gezwungen.

Bedenklich wäre allerdings, bei der Auslegung des Vertrags allein aus der Einräumung einer bestimmten Vergünstigung (nämlich zu einem bestimmten Zweck den Hof mitbenutzen zu dürfen) auf eine bestimmte Lokalisierung des Wegs zu schließen, insbesondere nachdem nicht eindeutig klargestellt worden ist, zu welchem Zweck dem Besitzer des herrschenden Grundstücks die Benutzung des Hofs in der H. Nr. ...8 gestattet werden solle, "wenn er es nötig hat". Das Berufungsgericht gibt jedenfalls für seine Auslegung, der hier bedachte Zweck bestehe im Wenden, keine Begründung, bemerkt vielmehr nur, es folge darin der Auslegung der Beklagten. Diese Auslegung widerspricht jedoch dem Wortlaut insofern, als der zur Begründung der Vergünstigung angeführte Satz in erster Linie aussagt, daß der Berechtigte voraussichtlich mit einem beladenen Wagen nicht in seinen Hof direkt gelangen könne. Sollte die adverbiale Bestimmung "bei der Umkehr" eine Umkehr des Wagens im Sinne von Rangieren meinen, so wäre der Satz kaum verständlich, da eine Umkehr von vornherein die direkte Einfahrt ausschließt. Es ist nicht ersichtlich, was eine direkte Einfahrt anders meinen sollte, als eine Einfahrt ohne Rangierbewegung und ohne Wendung des Wagens. Der Satz müßte bei dem von den Beklagten und dem Berufungsgericht unterstellten Sinn heißen: "Da der Besitzer ... nur mit Hilfe einer Umkehr (also indirekt) in seinen Hof gelangen kann ..." oder "... nicht direkt gelangen kann und daher eine Umkehr erforderlich ist, ...".

Mehr spricht entsprechend der Satzstellung für die Zusammenfassung der Worte:

"Bei der Umkehr in seinen Hof" im Sinne einer Einkehr in seinen Hof (= Einbiegung). Dies entspräche auch der Präposition bei insofern, als sich die ausgeschlossene Tätigkeit, nämlich das direkte Gelangen, bei der Einkehr zeigt (vgl. BU S. 26: "Bei der Einfahrt sei ein ... Vorgang erforderlich"). Es ist zwar einzuräumen, daß diese dem Satz entsprechende Auslegung nicht ganz dem Wort "Umkehr" gerecht wird. Trotz dieser Bedenken gegen die Auslegung des Berufungsgerichts greift der gegen seine Argumentation erhobene Angriff der Revision nicht durch. Entscheidend gegenüber dem hier behandelten Einwand der Revision ist nämlich, daß das Berufungsgericht den Schluß auf einen bestimmten Ort der Überfahrt nicht aus der Einräumung einer Vergünstigung entnimmt, als vielmehr aus der Begründung, die den Parteien nach dem klaren Wortlaut des Vertrags die Veranlassung zu dieser Vergünstigung gegeben hat. Aus der Vergünstigung selbst (Benützung des Hofs, soweit es zu einem bestimmten Zweck nötig ist) muß jedenfalls geschlossen werden, daß der Wegzug ein bestimmter und kein wandelbarer war (vgl. Dernburg, Pandekten 3. Aufl. § 242 c S. 579). Aus der Begründung der Vergünstigung kann geschlossen werden, daß der Weg unmittelbar nach der Stelle, an der die Überfahrt nicht mehr gehindert war, über die Grenze führen sollte, und zwar nur an dieser Stelle.

Dieses Ergebnis entspricht auch dem Übrigen Inhalt des Vertrags. Der Umfang des Wegerechts bis zum Vertrag vom 30. Januar 1890 gibt entgegen der Ansicht der Revision keinen Anhalt für die neue Wegführung, die nach dieser Vereinbarung gelten sollte. In Nr. 2 des Vertrags wird vom Hof des dienenden Grundstücks überhaupt nichts erwähnt, obwohl nach den einleitenden Worten des Vertrags das bisherige Durchfahrtsrecht genau umschrieben ist ("durch die bisherige Einfahrt und den Hof"). In dieser Nummer verpflichtet sich der Eigentümer des dienenden Grundstücks, als Ersatz für die Aufhebung der bisherigen Grunddienstbarkeit eine neue Einfahrt derart anzulegen, daß "mit einem beladenen Wagen ... durchgefahren werden kann"; diese Einfahrt soll der H. ...6 als Einfahrt dienen. Mangels irgendeiner Erwähnung der Hofbenutzung muß davon ausgegangen werden, daß die Einfahrt nur bis zur offenen Grenze führen sollte. Überdies ist der Bestellungswille im Zweifel zwar zugunsten des Bestands, jedoch zu Ungunsten des Umfangs der Dienstbarkeit auszulegen (RGZ 2, 159, 162).

Bei dieser Führung des Wegs entlang der Grenze mit unmittelbarer Einbiegung hinter dem Vorderhaus ist der Grund der Vereinbarung in Nr. 3 verständlich: An der Einbiegung des unter Nr. 2 nach Breite und Lage näher beschriebenen Wegs konnte unter Umständen die vereinbarte Breite der Einfahrt unter dem Haus hindurch nicht genügen für die im unmittelbaren Anschluß befindliche Überfahrt. Der Verbreiterung des Wegs in der Biegung (in anfranctum) haben zwar die Quellenstellen des römischen Rechts Rechnung getragen (vgl. Dernburg § 242 S. 578), diese Regelung galt jedoch für das gemeine Recht als veraltet (Meisner/Stern/Hodes § 32 IV S. 440). Da im vorliegenden Fall die direkte Einfahrt eines beladenen Wagens auf das herrschende Grundstück noch weiterhin durch die an beiden Seiten stehenden Mauern der Einfahrt behindert sein konnte, sollte der Berechtigte zum Einfahren den Hof benützen dürfen, "wenn er es nötig hat". Im Ergebnis verbleibt es daher bei der Auslegung des Berufungsgerichts: Der Berechtigte sollte nur in bestimmtem Wegzug unmittelbar hinter dem Vordergebäude auf seine Hofraithe einfahren dürfen.

c)Ob daneben aus dem Umstand, daß in Nr. 3 des Vertrags nur von "Hof" und nicht von "Höfen" und auch nicht von "Hof und Garten" die Rede ist, ein bestimmter Wegzug abgeleitet werden kann, mag mit der Revision zweifelhaft sein. Wie der berechtigte Eigentümer innerhalb seiner Hofraithe wirtschaftete, ob er zusätzlich Zäune errichtete und eine Verbindung mit seinem Garten herstellte, blieb jedoch ihm Überlassen. Sämtliche Beweisantritte über diese Anlagen (insbesondere auch über eine zweite, rückwärts gelegene Türe in dem Lattenzaun und über eine Pflasterung auf dem Hof des herrschenden Grundstücks) sind nicht erheblich, und die Rügen, die die Revision gegen diese Wortauslegung vorbringt und an die Erwägungen des Berufungsgerichts über die Pflasterung anknüpft (I 2 F, G, I), können auf sich beruhen.

d)Soweit die Revision glaubt, das Berufungsgericht habe den Vertrag von 1906 zur Auslegung des Vertrags von 1890 herangezogen (I 2 E), irrt sie. Das Berufungsgericht hat nur festgestellt, die praktische Handhabung im Vertrag von 1906 bestätige die Auslegung des Vertrags von 1890. In der Tat gingen die beiden Eigentümer der Grundstücke im Jahre 1906 von den rechtlichen Verhältnissen aus, die das Berufungsgericht bei der Auslegung des maßgebenden Vertrags gewonnen hatte.

3.Gleichwohl kann, worauf die Revision eingangs zu sprechen kommt (I), die Abweisung des Berufungsantrags Nr. 2 a und b (Entfernung des Zauns und Verbot seiner Neuerrichtung) in vollem Umfang nicht aufrechterhalten werden. Das Berufungsgericht hätte prüfen müssen, ob der Zaun nicht in gewissem Umfang zu entfernen und in diesem Umfang auch der Unterlassungsanspruch begründet ist. Das angefochtene Urteil enthält keine Begründung dafür, daß die Grenzüberfahrt hinter dem Vordergebäude auf eine Breite von nur 3,35 m begrenzt worden ist, welche Breite im Vertrag von 1906 zwar vereinbart worden ist, welche die alsbald errichtete Mauer freiließ und jetzt der von den Klägern eingezogene Drahtzaum freigibt. Aus dem Vertrag von 1890 hat das Berufungsgericht allein entnehmen können, daß an einer Stelle unmittelbar im Anschluß an die Durchfahrt auf das herrschende Grundstück überzufahren ist und nicht schräg über die gesamte Grundstücksgrenze gefahren werden durfte (BU S. 24 unten, 25 unten, 26 Mitte, 29 Mitte). Der Vertrag vom Jahre 1906 hat jedoch das Wegerecht selbst nicht betroffen, da die Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen war und daher nur nach Maßgabe der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs hätte geändert werden können.

In dem Vertrag von 1890 ist zwar die Breite (in Nr. 2 als "Größe" bezeichnet) der Einfahrt näher bestimmt (ungehinderte Durchfahrt eines beladenen Wagens gewöhnlicher Spurweite), dagegen nichts über die Breite der Einbiegung im einzelnen ausgesagt. Aus Nr. 2 des Vertrages ist zu entnehmen, daß der Eigentümer des herrschenden Grundstücks auf jeden Fall mit einem beladenen Wagen gewöhnlicher Spurweite auf sein Grundstück solle fahren können; dies entspricht auch den normalen Bedürfnissen des Grundstücks, welche im Zweifelsfall für den Inhalt der Grunddienstbarkeit maßgebend sind (Dernburg a.a.O. § 240 Nr. 1 S. 572). Der Satz in Nr. 3 des Vertrages, der die Begründung der dort eingeräumten Vergünstigung gibt, ist zwar - wie schon ausgeführt - nicht eindeutig. Mag man aber den einen oder anderen Sinn herauslesen, keinesfalls kann diese Bestimmung dazu führen, die Einfahrt eines beladenen Wagens gewöhnlicher Spurweite zu beschränken. Der in Nr. 3 erwähnte Zweck ist jedenfalls, daß ein solches Fahrzeug auf das herrschende Grundstück gelangen kann, und dazu soll notfalls der Hof - außerhalb des im Vertrag schon unter Nr. 2 eingeräumten Fahrwegs ("Einfahrt") - benutzt werden dürfen. In welcher Art und Weise der Hof zu diesem Zweck sollte mitbenutzt werden dürfen, ist nicht festgelegt; darüber hatten die Vertragsschließenden offenbar selbst keine klare Vorstellung, da der Umbau noch nicht vollzogen war und sie eine zukünftige Lage ins Auge faßten. Behindert nun der 1955 vollzogene und von den Beklagten geduldete weitere Ausbau des Hofes der Kläger das Einfahren auf das herrschende Grundstück mit Hilfe einer Rangierbewegung, weil nicht mehr auf dem verbliebenen Hofteil gewendet werden kann, so können die Beklagten zur Überfahrt auf ihr Grundstück den Hof unmittelbar an der Grenze benutzen und der Zaun muß um die erforderliche Spanne gekürzt werden. Dagegen könnten die Beklagten den Hof der Kläger zur Überfahrt auf ihr Grundstück nicht in weiterem Umfang beanspruchen, soweit dies wegen des weiteren Ausbaues ihres eigenen Hofes erforderlich geworden sein sollte. Die Breite, in der der Fahrweg über die Grenze hinweg nicht durch einen Zaun behindert werden darf, wird sonach vom Tatrichter durch eine Fahrprobe festzustellen sein.

Da die Breite in der Einbiegung (Überfahrt über die Grundstücksgrenze) im Vertrag nicht in einem bestimmten Maß festgelegt ist und im Hinblick auf Nr. 3 des Vertrags der Berechtigte auch über die Breite der Einfahrt hinaus den Hof des dienenden Grundstücks mitbenutzen darf, soweit er es nötig hat, paßt sich der Inhalt der Grunddienstbarkeit in diesem Punkt der technischen Entwicklung in den Verkehrsverhältnissen an (vgl. BGH NJW 1959, 2059). Anstelle eines beladenen Pferdefuhrwerks gewöhnlicher Spurweite ist von einem entsprechenden Lastkraftwagen auszugehen. Das Berufungsgericht wird sonach die Fahrprobe mit einem beladenen Transportwagen auszuführen haben, der den Maßen eines solchen Wagens entspricht.

Den Veränderungen, die durch die weitere Bebauung des Hofes der Kläger eingetreten sind, ist schon nach dem Vertrag in der dargelegten Art und Weise Rechnung zu tragen; es kann daher dahingestellt bleiben, ob sich der Inhalt der Dienstbarkeit kraft Gesetzes diesen veränderten Verhältnissen angepaßt hätte (Revisionsbegründung I 2 A bis E).

Die Anpassung des Rechtes zur Benutzung des Hofes dem räumlichen Umfang nach an die Hofverhältnisse und an die modernen Transportmittel sagt jedoch, wie zur weiteren Klarstellung des streitigen Rechtsverhältnisses zu bemerken ist, nichts darüber aus, ob der Inhalt der Grunddienstbarkeit (Zweck der Überfahrten und die damit im Zusammenhang stehende Intensität der Benutzung) an die eventuell geänderten wirtschaftlichen Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks anzupassen ist. Zwar paßt sich auch in dieser Hinsicht der Umfang einer Dienstbarkeit veränderten Verhältnissen an, jedoch nur innerhalb eines gewissen Rahmens, nämlich innerhalb der durch die Verkehrsauffassung bestimmten Eigenart des herrschenden Grundstücks. Es darf insbesondere keine unvorhersehbare und willkürliche Betriebsänderung vorliegen (BayObLG 23, 174, 177 Nr. 4, SeuffA 42 Nr. 286; RG JW 1930, 3852; OLG Stuttgart SeuffA 55 Nr. 68; Meisner/Stern/Hodes a.a.O. § 31, II S. 393 ff). Sollten in den rückwärtigen Gebäudeteilen Wohnräume in Geschäftsräumenumgewandelt oder dort ein Warenlager oder Ausstellungsräume neu eingerichtet worden sein, so könnte es sich um eine Änderung des Charakters des Grundstücks handeln. Die Verkehrsbedürfnisse dieser Einrichtungen wären dann durch das bestehende Wegerecht nicht mehr gedeckt.

III.1.Den ersten Teil des Berufungsantrags Nr. 4 (Entfernung der Glaskästen) hat das Berufungsgericht abgewiesen, da das Durchfahrtsrecht durch die Glasvitrinen nicht beeinträchtigt werde. Das Durchfahrtsrecht bestehe nur für einen beladenen Wagen gewöhnlicher Spurweite und in diesem Umfang sei es nach wie vor gegeben. Außerdem hätten die Beklagten nicht bestritten, daß die Durchfahrt früher 1,80 m betragen habe, während die engste Stelle (am Ausgang zum Hof) jetzt 2,45 m betrage.

Die Revision weist zur letzten Begründung zutreffend daraufhin, daß die Beklagten die Richtigkeit der von den Klägern vorgelegten Pläne stets bestritten haben und demgegenüber zwecks Feststellung der 1955 vorgenommenen baulichen Veränderungen die Beiziehung der Bauakten des Gebäudes L. straße ...8 beantragt haben. Das Berufungsgericht entnimmt aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 24. April 1957 (2/7 O 137/57 Bl. 25), daß die Durchfahrt früher nur 1,80 m breit gewesen sei, während sie jetzt an der engsten Stelle 2,45 m breit sei. Dabei Übersicht es, daß das Rohbaumaß schon früher 2,50 m war und die Kläger in dem genannten Schriftsatz eine Breite von 1,80 m deshalb errechnet haben, weil sie die beiderseitigen Zementsockel von je 35 cm Breite abgezogen haben. Es konnte sonach allerdings nur ein Wagen mit einer Spurbreite von höchstens 1,80 m hindurchfahren; dies besagt jedoch nichts über die Breite des Kastens oder des Wagenaufbaus, der bei allen Wagen breiter als die Wagenspur ist.

Für die rechtliche Würdigung, daß die linksseitigen Vitrinen das Durchfahrtsrecht der Beklagten nicht beeinträchtigten, fehlt eine nähere Begründung; insbesondere ist nicht ersichtlich, welche Wagenbreite der Tatrichter dieser Schlußfolgerung zugrunde legt. Ob die Glasvitrinen die Durchfahrt von Wagen mit solcher Breite, die die Beklagten hindurchführen dürfen, beeinträchtigt, wird sich im Zweifelsfall auch nur durch eine Fahrprobe mit einem Kraftfahrzeugführer ermitteln lassen, der eine übliche Fertigkeit im Fahren besitzt, da die Beleuchturigsverhältnisse, die Einfahrts- und die Ausfahrtsbedingungen nicht theoretisch sicher erfaßt werden können.

2.Hinsichtlich des Anspruchs auf Freilegung der Durchgangstüre kommt das Oberlandesgericht auf Grund Würdigung der Aussagen des Zeugen St. zu dem Ergebnis, die Beklagten hätten auf die Geltendmachung dieses Rechts gegenüber dem Zeugen St. verzichtet, wobei dahingestellt bleibt, ob die Grunddienstbarkeit als solche erloschen ist. Das Berufungsgericht entnimmt sonach den Aussagen des Zeugen nicht den Abschluß eines Vertrags über die Änderung des dinglichen Rechts, sondern nur einen obligatorischen Vertrag des Inhalts, daß die Beklagten dieses Recht gegenüber den Klägern nicht mehr geltend machen wollten. Dabei hat jedoch das Berufungsgericht den weiteren Aussagen des Zeugen keine Beachtung geschenkt. Der Zeuge hat weiter ausgesagt, der Beklagte habe trotz seiner (des Zeugen) Bemühungen um eine Bereinigung der Schwierigkeiten mit dem Durchfahrtsrecht und mit der gesamten Grunddienstbarkeit deutlich zum Ausdruck gebracht, daß er auf das Recht nicht verzichten könne. Das Berufungsgericht entnimmt den Verzicht daraus, daß der Zeuge auch von den Beklagten mit dem Umbau ihres Ladens beauftragt worden sei und der Zeuge bei dieser Gelegenheit wegen der streitigen Türe mit den Beklagten offen gesprochen habe. Die Beklagten hätten gegen das Zumauern der Türe keine Einwendungen erhobene Aus diesen Aussagen und aus der weiteren Tatsache, daß die Türe nicht mehr benutzt worden, sondern mit Regalen verstellt gewesen sei, schließt das Berufungsgericht, die beiden Beklagten hätten darauf verzichten wollen, das Recht auf den Eingang durch diese Tür noch geltend zu machen. Dieser Sachverhalt in Verbindung mit den Aussagen des Zeugen rechtfertigt jedoch nicht der Schluß, daß die Beklagten dieses Recht nicht mehr ausüben wollten; daraus kann vielmehr nur entnommen werden, daß die Beklagten auf Grund der damaligen Verhältnisse kein Interesse an dem Durchgang hatten. Abgesehen von der Fragwürdigkeit des Inhalts ihres Willens fehlt es überdies an einer Feststellung darüber, daß der Zeuge als Vertreter der Kläger aufgetreten ist und von den Beklagten als solcher erkannt worden ist. War der Zeuge - wie er ausgesagt hat - auch von den Beklagten als Architekt beauftragt worden, so konnten diese nicht ohne weiteres annehmen, daß ihre Antwort als rechtsgeschäftliche Willenserklärung gegenüber einem Vertreter der Kläger aufgefaßt werden könnte.

Abgesehen davon sind auch die prozeßrechtlichen Rügen der Revision gegen die Verwertung der Aussagen des Zeugen St. begründet, weil der Zeuge seine Erinnerung auf die Eingabepläne stützte und die Beklagten dafür Beweis angetreten haben, daß diese Eingabepläne nicht den Erinnerungen des Zeugen entsprochen hätten. Das Berufungsgericht hat den Antrag der Beklagten, den Zeugen über den ihm angeblich von den Beklagten erteilten Architektenauftrag zu beeidigen, nicht ausdrücklich beschieden. Darauf bezieht sich jedoch wohl die Bemerkung des Berufungsgerichts, es habe keinen Anhaltspunkt gefunden, die gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen und gegen die Richtigkeit seiner Aussagen sprächen. Hält der Tatrichter die Beeidigung aus diesen Gründen nicht für geboten, so müssen alle Punkte berücksichtigt werden, die für das Erinnerungsvermögen des Zeugen einen. Anhalt geben. Das Urteil kann sonach auch hinsichtlich des Berufungsantrags Nr. 4 (= geänderte Widerklaganträge Nr. 3 und 4) keinen Bestand haben.

3.Die Revision wendet sich schließlich gegen die Verurteilung der Beklagten nach Maßgabe des Klagantrags Nr. 3. Das Berufungsgericht führt dazu aus, die Beklagten seien zum Abstellen ihrer Wagen in dem Hof der Kläger selbst dann nicht berechtigt, wenn der Grunddienstbarkeit der von ihnen geltend gemachte Inhalt beigemessen werde. Träfe dies zu, so könnten die Beklagten allenfalls auf Entfernung oder Änderung dieser Grenzeinrichtung klagen; eine Verpflichtung der Kläger, das Be- und Entladen von Wagen auf ihrem Grundstück zu dulden, könne aber auch in diesem Fall weder aus der Grunddienstbarkeit noch aus der Berücksichtigung von Treu und Glauben hergeleitet werden.

Soweit der Klaganspruch auf die Beschränkung der Überfahrt auf 3,45 m Breite geht, kann er erst beschieden werden, wenn festgestellt ist, in welcher Breite die Beklagten auf ihr Grundstück einfahren dürfen (vgl. oben III). Soweit das Urteil dem Unterlassungsanspruch mit dieser Beschränkung stattgegeben hat, war es daher aufzuheben. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg gegen das Verbot, Fahrzeuge und Gegenstände irgendwelcher Art zu irgendwelchen Zwecken im Hof der Kläger abzustellen. Die Revision glaubt, ein solches Recht für die Beklagten solange in Anspruch nehmen zu können, als es den Beklagten infolge des von den Klägern errichteten Drahthindernisses unmöglich sei, auf ihr Grundstück zu fahren. Die Revision verkennt danach nicht, daß die Beklagten solchen Gebrauch des Hofes der Kläger nicht auf die Grunddienstbarkeit stützen können (vgl. ähnlich zum Notweg BGHZ 31, 159). Darüber hinaus dürften die Beklagten eigenmächtig jedoch nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 904 BGB auf das Eigentum der Kläger einwirken. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor.

IV.Den Widerklagantrag Nr. 2 hält das Berufungsgericht gemäß § 1027, 1004 BGB für begründet. Es führt aus, die Beklagten hätten eine Anzahl von Fällen substantiiert vorgetragen, in denen ihnen die Durchfahrt durch die Aufstellung von Tischen, Verkaufsgegenständen und Fahrzeugen unmöglich gemacht worden sei. Damit ist offensichtlich der Vortrag der Beklagten in der Berufungsbegründung (Bl. 81 ff) gemeint. Das Berufungsgericht fährt fort, die Kläger seien nicht in der Lage gewesen, diese Behauptungen der Beklagten zu bestreiten und die Kläger hatten nicht widersprochen.

Die Anschlußrevision weist dagegen zutreffend darauf hin, daß die Kläger schon in der Rechtssache B. gegen Bi. (2/7 O 137/57), die in erster Instanz mit vorliegendem Rechtsstreit verbunden worden ist und im Schriftsatz vom 25. April 1957 (Bl. 24) den diesbezüglichen Vertrag der Beklagten bestritten und Beweis dafür angetreten haben, daß die Durchfahrt von ihnen nicht behindert worden ist. Auch den genannten Vortrag in der Berufungsbegründung haben sie bestritten und vorgetragen, die für die Werbungsverkäufe aufgestellten Verkaufstische seien nicht in der Durchfahrt aufgestellt worden, allenfalls habe ein Teil des interessierten Publikums in der Einfahrt gestanden. Aus den von den Beklagten mit der Berufungsbegründung vorgelegten Lichtbildern läßt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Einzelne Warenstücke sind nach dem weiteren Vortrag der Kläger nur bei der Neudekorierung der Schaufenster kurzfristig in der Durchfahrt abgestellt worden (Schriftsatz vom 23. April 1958 S. 15 f). Eine solch kurzfristige Inanspruchnahme des Fahrwegs rechtfertigte den Widerklagantrag Nr. 2 in der Tat nicht.

Weiter haben die Kläger vorgetragen, Kraftwagen seien im Einfahrtsbereich nur stehen geblieben, wenn die Beklagten den hinteren Hofraum mit ihren Wagen verstellt hätten. Da die Beklagten den Hofraum der Kläger nicht zum Auf- und Entladen ihrer Fahrzeuge, sondern nur zur Einfahrt auf ihren Hof benutzen dürfen, mußten sie die durch ihre Eigenmächtigkeit bedingte Behinderung ihrer Durchfahrt in Kauf nehmen. Das Urteil war sonach auch in diesem Punkt aufzuheben und das Berufungsgericht wird darüber Beweis zu erheben haben, ob in der Durchfahrt irgendwelche Waren oder Verkaufstische aufgestellt worden sind, die die Einfahrt behinderten, und auch darüber, ob Kraftwagen der Kläger die Einfahrt der Beklagten nicht nur in solchen Fällen behindert haben, in denen die Beklagten ihrerseits den Hofraum der Kläger durch Abstellung von Fahrzeugen in Anspruch genommen haben.

V.Soweit das Urteil aufgehoben wird, ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da insoweit die Sache nach dem festgestellten Sachverhältnis nicht zur Endentscheidung reif ist. Auch die Entscheidung über die Kosten der Revisionsinstanz war dem Berufungsgericht zu übertragen.