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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 28.01.2011, Az.: V ZR 147/10

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz vom 29. Juni 2010 wird zurückgewiesen, soweit die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung des Klageantrags auf Beseitigung des auf ihrem Grundstück, H. weg 7, W. , befindlichen Überbaus im Urteil des Amtsgerichts Weißwasser vom 11. Juni 2009 zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin ist seit 2004 Eigentümerin eines Grundstücks in W. (Sachsen). Die Beklagten sind Eigentümer eines benachbarten Grundstücks, auf dem sie 1976 ein Gebäude (Garage mit Aufenthaltsraum) errichteten, das an der Straßenseite 0,5 m und an der gegenüberliegenden Seite 1,63 m auf das Grundstück der Klägerin überbaut worden ist. Die überbaute Fläche beträgt insgesamt 10,11 m2.

Die Klägerin hat mit der Klage von den Beklagten die Beseitigung des Überbaus und die Herausgabe der überbauten Fläche, hilfsweise die Zahlung einer Überbaurente von 1.920 € für die Jahre 2006 bis 2009 verlangt.

Die Beklagten haben sich unter anderem auf Verjährung berufen. Im Wege der Widerklage haben sie verlangt, dass die Klägerin ihnen zur Behebung von Schäden an der Garagenwand das Betreten ihres Grundstücks gestatte.

Das Amtsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen und der Widerklage - soweit hier von Interesse - stattgegeben. Das Landgericht hat die Beklagten nach dem Hilfsantrag zur Zahlung verurteilt; im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision will die Klägerin die Verurteilung der Beklagten nach ihrem Hauptantrag und die Abweisung der Widerklage erreichen. Die Beklagten wenden sich mit der Anschlussrevision gegen die dem Hilfsantrag entsprechende Verurteilung zur Zahlung einer Überbaurente.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht meint, die Klage sei mit ihrem Hauptantrag unbegründet, weil ein etwaiger Anspruch auf Beseitigung des Überbaus nach § 1004 BGB verjährt sei. Der Anspruch verjähre nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB sei auf den Beseitigungsanspruch nicht anzuwenden, weil er sich nicht aus dem Inhalt des Grundbuchs ergebe. Damit sei auch der von der Klägerin gleichzeitig verfolgte Anspruch auf Herausgabe der überbauten Fläche unbegründet. Zwar sei der Anspruch nach § 985 BGB auf Grund der auf ihn anzuwendenden Vorschrift des § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht verjährt; er könne jedoch - wenn der Anspruch auf Beseitigung wegen Eintritts der Verjährung nicht mehr durchzusetzen sei - nicht verwirklicht werden.

Die Verjährung sei eingetreten. Da die Klägerin nach eigenem Vorbringen im Jahre 2004 Kenntnis von dem Überbau gehabt habe, sei die Verjährungsfrist am 31. Dezember 2007 abgelaufen und habe durch die im Juli 2008 erhobene Klage nicht mehr gehemmt werden können.

Begründet sei dagegen der Hilfsantrag auf Zahlung einer Überbaurente, deren Höhe entsprechend den von der Beklagten nicht substantiiert bestrittenen Angaben zur Größe der überbauten Fläche und über einen Quadratmeterpreis von 4 € zu berechnen sei.

Der mit der Widerklage verfolgte Anspruch auf Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrecht sei begründet, da die Außenwand der Garage saniert werden müsse, wozu das Betreten des Grundstücks der Klägerin erforderlich sei.

II.

Das hält rechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand.

A.

Zur Revision der Klägerin 1. Das gegen die Abweisung des Hauptantrags der Klägerin (Abriss des Überbaus und Herausgabe der überbauten Fläche) gerichtete Rechtsmittel ist nur zum Teil begründet.

a) Rechtsfehlerfrei ist die Abweisung der Klage wegen eines Beseitigungsanspruchs nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Grund der von den Beklagten erhobenen Verjährungseinrede.

aa) Die Abwehransprüche nach § 1004 Abs. 1 BGB verjähren nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch grundsätzlich in der regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB von drei Jahren. Die 30jährige Frist in § 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB gilt nur für die Ansprüche auf Herausgabe aus Eigentum (§ 985 BGB) und anderen dinglichen Rechten, jedoch nicht für die Abwehransprüche nach § 1004 BGB (BT-Drucks. 16/6040, S. 105 f.; Bamberger/Roth/Heinrich, BGB, 2. Aufl., § 197 Rn. 7; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 12. Aufl., § 197 Rn. 5; Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 197 Rn. 3).

bb) Der Verjährung unterliegt auch der Anspruch des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers auf Abwehr von Störungen in der Ausübung seiner Befugnisse. Die Vorschrift des § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB, nach der Ansprüche aus eingetragenen Rechten nicht verjähren, ist auf den geltend gemachten Anspruch nicht anzuwenden.

(1) Die Auffassung des Berufungsgerichts entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senat: Urteile vom 23. Februar 1973 - V ZR 109/71, BGHZ 60, 235, 239; vom 22. Juni 1990 - V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556; vom 1. Februar 1994 - V ZR 229/92, BGHZ 125, 56, 63; vom 7. Juli 2000 - V ZR 287/99, WM 2000, 2054, 2055; vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, 1036 und vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, NJW 2007, 2183, 2184; BGH, Urteil vom 18. September 1986 - III ZR 227/84, BGHZ 98, 235, 241). § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB erfasst nur die der Verwirklichung des eingetragenen Rechts, jedoch nicht die der Abwehr von Störungen bei dessen Ausübung dienenden Ansprüche (Senat, Urteil vom 22. Oktober 2010 - V ZR 43/10, Rn. 19, juris).

(2) An dieser Rechtsprechung wird auch unter Berücksichtigung der im Schrifttum (vgl. Picker, JuS 1974, 357, 358; Soergel/Münch, BGB, 13. Aufl., § 1004 Rn. 317; Staudinger/Gursky, BGB, [2008], § 902 Rn. 9 und [2006], § 1004 Rn. 201 mwN; Volmer, ZfIR 1999, 86, 87; Wilhelm, Sachenrecht, 4. Aufl., Rn. 1180) vorgebrachten Einwände festgehalten. Der Senat hat dies in einem am Tage dieser Entscheidung ergangenen Urteil in der Sache V ZR 141/10 näher begründet; auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen.

cc) Nichts anderes gilt, wenn die Beseitigung eines Überbaus des Nachbarn Gegenstand des Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB ist. Dieser Anspruch des Eigentümers gegen den überbauenden Nachbarn ist - anders als die Revision meint - keine unverzichtbare Voraussetzung für die Verwirklichung des dinglichen Wesengehalts des eingetragenen Eigentumsrechts am überbauten Grundstück. Die Befugnisse des Eigentümers nach § 903 BGB sind nicht ausgeschlossen, wenn der Eigentümer den Anspruch auf Beseitigung des von ihm nicht nach § 912 Abs. 1 BGB zu duldenden Überbaus gegen den überbauenden Nachbarn nach abgelaufener Verjährungsfrist nicht mehr durchzusetzen vermag.

Dem überbauenden Nachbarn steht auch kein Recht zum Besitz nach § 986 BGB an dem überbauten Teil des Grundstücks zu (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 1958 - V ZR 215/56, BGHZ 27, 204, 206). Der auf dem Grundstück des Eigentümers errichtete Teil des Gebäudes des Nachbarn ist überdies nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB ein wesentlicher Bestandteil des überbauten Grundstücks (Senat, Urteile vom 30. April 1958 - V ZR 215/56, BGHZ 27, 204, 208, vom 22. Februar 1974 - V ZR 103/73, BGHZ 62, 141, 143 und vom 22. Mai 1981 - V ZR 102/80, NJW 1982, 756), mit dem der Eigentümer gemäß § 903 BGB grundsätzlich nach seinem Belieben verfahren kann.

Dem Eigentümer verbleiben auch nach der Verjährung des Beseitigungsanspruchs der nicht der Verjährung unterliegende Anspruch auf Herausgabe nach § 985 BGB und die Ansprüche auf die durch den Nachbarn auf Grund des Überbaus gezogenen Nutzungen nach §§ 987, 988 BGB (Senat, Urteil vom 30. April 1958 - V ZR 215/56, BGHZ 27, 204, 209). Er hat lediglich die Ausübung des Wegnahmerechts des Nachbarn nach §§ 997, 258 BGB zu dulden (Senat, Urteil vom 26. Februar 1964 - V ZR 105/61, BGHZ 41, 157, 164). Der Nachteil für den Eigentümer, der den Anspruch auf Beseitigung des Überbaus nach § 1004 Abs. 1 BGB verjähren lässt, besteht im Wesentlichen darin, dass er, wenn er den überbauten Teil des Grundstücks anders nutzen will und der Nachbar sein Wegnahmerecht nicht ausübt, selbst den auf seinem Grundstück befindlichen Teil des Gebäudes abzureißen hat (insofern zutreffend LG Tübingen, NJW-RR 1990, 338, 339). Die Folgen der Verjährung des Beseitigungsanspruchs reichen daher nicht weiter als die der Verjährung eines Schadensersatzanspruchs.

dd) Die Verjährung ist eingetreten.

(1) Die Ausführungen in dem Berufungsurteil zum Beginn und zum Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB sind rechtsfehlerfrei. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwendungen.

(2) Der Angriff gegen die tatrichterliche Feststellung, dass die Klägerin im Jahre 2004 Kenntnis von dem Überbau hatte, unter Hinweis auf schriftsätzliches Parteivorbringen bleibt ohne Erfolg. Der Einwand ist im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigen, weil nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO allein das aus dem Berufungsurteil und aus dem Sitzungsprotokoll ersichtliche Parteivorbringen der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt und die tatrichterlichen Feststellungen nach § 314 Satz 1 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen erbringen (BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434, 1435 Rn. 11). Eine etwaige Unrichtigkeit der tatbestandlichen Darstellungen hätte die Klägerin in einem Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO geltend machen müssen (BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, aaO; Senat, Urteil vom 22. Oktober 2010 - V ZR 43/10, Rn. 9, juris). Das ist jedoch nicht geschehen.

b) Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Abweisung des Hauptantrags, soweit eine Herausgabe nach § 985 BGB verlangt wird.

aa) Der Anspruch auf Herausgabe des überbauten Teils des Grundstücks hängt nicht von der Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf Beseitigung ab. Die Herausgabe des überbauten Teils des Grundstücks kann der Eigentümer auch dann verlangen, wenn der Überbau nicht entfernt wird (vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 2004 - V ZR 243/03, BGHZ 157, 301, 306). Bei einem rechtswidrigen, nicht entschuldigten Überbau stehen die Ansprüche auf Beseitigung des Überbaus nach § 1004 Abs. 1 BGB und auf Herausgabe der überbauten Fläche nach § 985 BGB in Anspruchskonkurrenz nebeneinander (vgl. Erman/Lorenz, BGB, 12. Aufl., § 912 Rn. 10; HK-BGB/Staudinger, 6. Aufl., § 912 Rn. 3; NK-BGB/Ring, 2. Aufl., § 912 Rn. 75; Staudinger/Roth, BGB [2009], § 912 Rn. 74).

bb) Der Herausgabeanspruch nach § 985 BGB hat allerdings nicht den Inhalt, den die Revision ihm beilegen will. Der Anspruch beschränkt sich darauf, dass der Nachbar seinen Besitz an dem Überbau aufgibt und dem Eigentümer den Besitz an dem auf seinem Grundstück stehenden Teil des Gebäudes überlässt (Senat, Urteil vom 16. Januar 2004 - V ZR 243/03, aaO). Die über die Übertragung des Besitzes hinausgehende Entfernung der von dem Besitzer errichteten Bauwerke oder Bauwerksteile (Räumung) ist nicht Inhalt des Herausgabeanspruchs nach § 985 BGB, sondern des Beseitigungsanspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, WM 2007, 1940, 1941 Rn. 14; NK-BGB-Schanbacher, 2. Aufl., § 985 Rn. 43; Staudinger/Gursky, BGB [2006], § 985 Rn. 65).

cc) Der Herausgabeanspruch der Klägerin aus ihrem im Grundbuch eingetragenen Eigentumsrecht ist nicht verjährt. Der Herausgabeanspruch nach § 985 BGB gehört zu den in § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB bezeichneten Ansprüchen (Senat, Urteile vom 7. Juli 2000 - V ZR 287/99, WM 2000, 2054 und vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, WM 2007, 1940 Rn. 7). Die Verjährung des Herausgabeanspruchs ließe ein aller Befugnisse entkleidetes Recht zurück und führte zu einem dauernden Widerspruch zwischen der Grundbucheintragung und dem Besitz, der auch nicht durch eine Ersitzung nach § 900 Abs. 1 BGB behoben werden könnte (vgl. Senat, vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, WM 2007, 1940, 1941 Rn. 10).

Eine Verjährung konnte auch nicht in der Zeit vom 1. Januar 1976 bis zum 3. Oktober 1990 eintreten, da der Herausgabeanspruch aus dem Eigentum nach § 33 Abs. 2 Satz 1 ZGB ebenfalls zu den nach § 479 Abs. 1 Satz 1 ZGB nicht verjährenden Ansprüchen aus den im Grundbuch eingetragenen Rechten gehörte (Senat, Urteile vom 7. Juli 2000 - V ZR 287/99, WM 2000, 2054 und vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, WM 2007, 1940 Rn. 7).

2. Auf demselben Rechtsfehler beruht die von der Revision ebenfalls angegriffene Entscheidung über die Widerklage.

Die Beklagten können das Betreten des Grundstücks der Klägerin in Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrechts nach § 24 Abs. 1 SächsNRG zur Sanierung der Garagenwand nicht schon deshalb verlangen, weil die Klägerin ihren Anspruch auf Beseitigung des Überbaus infolge der von den Beklagten erhobenen Verjährungseinrede nicht mehr durchzusetzen vermag. Die Ausübung von Hammerschlags- und Leiterrechten steht dem Nachbarn nur zur Durchführung solcher Arbeiten zu, zu deren Vornahme er gegenüber dem Eigentümer berechtigt ist (OLG Hamm, MDR 1984, 847; Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., § 28 Nr. 2 c, S. 8; Thomas/Schlüter, SächsNRG, 2. Aufl., § 24 Rn. 4). Daran fehlt es, wenn die Beklagten die auf Grund eines unberechtigten Überbaus auf dem Grundstück der Klägerin stehenden und dieser gehörenden Teile des Bauwerks instand setzen wollten, die diese auf ihrem Grundstück weder hinzunehmen verpflichtet noch bereit ist.

B.

Zur Anschlussrevision der Beklagten 1. Die form- und fristgerecht (§ 554 ZPO) eingelegte Anschlussrevision ist zulässig. Die für die Anschlussrevision erforderliche Beschwer (BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, NJW 1995, 2563, 2565) ergibt sich hier daraus, dass die den Beklagten ungünstige Entscheidung über den Hilfsantrag andernfalls in der Revisionsinstanz nicht anfiele (vgl. Musielak/Ball; ZPO, 7. Aufl., § 528 Rn. 6 - zur Anschlussberufung).

2. Die Anschlussrevision ist auch begründet.

a) Für die Bemessung der Überbaurente ist der Verkehrswert der überbauten Bodenfläche im Zeitpunkt der Grenzüberschreitung die maßgebliche Grundlage (Senat, Urteil vom 26. November 1971 - V ZR 11/70, BGHZ 57, 304, 306); daraus ist die Rente als angemessene Verzinsung zu ermitteln (OLG Celle, OLGR 1999, 101; NK-BGB-Ring, 2. Aufl., § 913 Rn. 19)

b) Dieser Wert ist nicht festgestellt und auch nicht von der Klägerin vorgetragen worden. Die im Berufungsurteil mitgeteilte Angabe eines Quadratmeterpreises von 4 € kann sich nicht auf den Bodenwert (die Beklagten hätten dann nach dem Berufungsurteil jedes Jahr das 12 fache des Bodenwerts als Überbaurente zu zahlen), sondern nur auf die Höhe eines üblichen Nutzungsentgelts beziehen.

Da die Klägerin für die der Rentenberechnung zugrunde zu legenden Umstände darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1986 - V ZR 17/85, BGHZ 97, 292, 298), zu der maßgeblichen Bemessungsgrundlage aber nichts vorgetragen hatte, genügte das einfache Bestreiten der Angabe einer Rentenhöhe seitens der Klägerin durch die Beklagten der in § 138 Abs. 2 ZPO bestimmten verfahrensrechtlichen Pflicht, sich zu dem Vorbringen des Gegners zu erklären (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1995 - X ZR 42/93, NJW 1995, 3311, 3312).

III.

Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:

1. Für die Entscheidung über den mit dem Hauptantrag geltend gemachten Herausgabeanspruch nach § 985 BGB wird den Beweis- und Gegenbeweisangeboten zu dem bestrittenen Vortrag der Beklagten über eine Einwilligung zu einer grenzüberschreitenden Bebauung durch die Eltern der Klägerin nachzugehen sein, die bei der Errichtung der Garage Eigentümer des überbauten Grundstücks waren.

a) Eine - nicht formbedürftige - Gestattung durch den Eigentümer des überbauten Grundstücks schließt die Rechtswidrigkeit des Überbaus aus. Die Zustimmung schafft den Rechtsgrund dafür, dass der Grundstückseigentümer den dem Nachbarn gehörenden Gebäudeteil (Senat, Urteil vom 22. Februar 1974 - V ZR 103/73, BGHZ 62, 141, 143) auf seinem Grundstück dulden muss (Senat, Urteil vom 16. Januar 2004 - V ZR 243/03, BGHZ 157, 301, 304). Der Grundstückseigentümer, der vorbehaltlos und unbefristet den Überbau gestattet hat, kann weder dessen Beseitigung nach § 1004 Abs. 1 BGB noch die Herausgabe der überbauten Fläche nach § 985 BGB von seinem Nachbarn verlangen (vgl. Bamberger/Roth/Fritsche, BGB, 2. Aufl., § 912 Rn. 27).

b) Die Klägerin könnte auch dann nicht die Herausgabe verlangen, wenn sie nicht als Erbin, sondern auf Grund eines schuldrechtlichen Vertrags das Eigentum an dem Grundstück erworben haben sollte. Sie wäre dann zwar nicht nach § 1922 Abs. 1 BGB an die behauptete Zustimmung zum Überbau gebunden, hätte diesen jedoch nach § 912 Abs. 1 BGB zu dulden (vgl. Senat, Urteile vom 21. Januar 1983 - V ZR 154/81, NJW 1983, 1112, 1113 und vom 25. Februar 1983 - V ZR 299/81, NJW 1983, 2022, 2023). Die Duldungspflicht in § 912 Abs. 1 BGB gilt nach Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB auch für vor dem 3. Oktober 1990 errichtete Überbauten (OLG Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2008 - 5 U 58/07, juris, Rn. 46, Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 24 Anm. V, S. 39; juris; Staudinger/Roth, BGB [2009], § 912 Rn. 82).

2. Für die Entscheidung über den mit der Widerklage verfolgten Anspruch auf ein Hammerschlags- und Leiterrecht käme es (siehe oben unter II.A.2.) ebenfalls auf die Tatfrage an, ob ein auf Grund der behaupteten Gestattung rechtmäßiger Überbau vorliegt oder nicht.

3. Einer Entscheidung über den von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer Überbaurente gemäß § 912 Abs. 2 BGB bedürfte es nur dann, wenn der Hauptantrag auch wegen des Herausgabeanspruchs nach § 985 BGB abzuweisen wäre und die Klägerin den Überbau dulden müsste.

In diesem Falle wäre die Rente jedoch nicht - wie die Anschlussrevision meint - auf der Grundlage eines von ihr nach den in der DDR gezahlten Preisen ermittelten Bodenwerts zu bemessen, den sie mit 1,20 Mark/m2 angegeben und aus dem sie eine Rente von 1,44 € für den geltend gemachten Zeitraum von vier Jahren berechnet hat.

Ist - wie hier - erstmals eine Rente für einen vor dem 3. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet erfolgten Überbau zu berechnen, bestimmt sich der nach § 912 Abs. 2 Satz 2 BGB maßgebende Grundstückswert weder nach den in der DDR-Zeit gemäß einem gesetzlichen Preisstopp gezahlten Preisen noch nach einem (angesichts des erst beginnenden Übergangs zur Marktwirtschaft uneinheitlichen und schwer zu ermittelnden) Bodenwert in dem Zeitpunkt der Wiedereinführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs am 3. Oktober 1990 (so aber Dehner, Nachbarrecht, 7. Auflage, B 23 Anm. V, S. 39; Ruhwinkel, Die Rechtsverhältnisse beim Überbau, S. 85).

Mangels einer besonderen Regelung dieser Fälle im Übergangsrecht ist die allgemeine Übergangsvorschrift in Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB so auszulegen, dass vom Tage des Wirksamwerdens des Beitritts in Bezug auf die aus dem Eigentum folgenden Rechte, also auch für den Rentenanspruch nach § 912 Abs. 2 BGB, in allen Teilen Deutschlands dieselben Rechtswirkungen eintreten sollen. Dem entspricht es, für die nach dem 3. Oktober 1990 erstmals nach § 912 Abs. 2 BGB zu bemessenden Renten für die zuvor erfolgten Überbauungen im Beitrittsgebiet nicht an die auf einer gänzlich anderen Rechts- und Wirtschaftsordnung beruhenden Grundstückspreise in der ehemaligen DDR anzuknüpfen, sondern diese Fälle den in der gleichen Zeit in den alten Ländern erfolgten Überbauungen gleichzustellen. Maßgebend für die Rentenberechnung ist danach der Bodenwert, der sich für ein im gleichen Zustand und vergleichbarer Lage belegenes Grundstück in den alten Ländern in dem Zeitpunkt der Grenzüberschreitung (1976) ergibt. Dieser Wert wird - erforderlichenfalls unter Anwendung des § 287 ZPO - zu ermitteln und daraus unter Ansatz eines üblichen Zinssatzes die Rente zu bestimmen sein.

Krüger Stresemann Czub Roth Brückner Vorinstanzen:

AG Weißwasser, Entscheidung vom 11.06.2009 - 6 C 300/08 -

LG Görlitz, Entscheidung vom 29.06.2010 - 2 S 56/09 -