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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 22.04.1960, Az.: V ZR 187/58

Tenor

Auf die Revisionen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München mit dem Sitz in Augsburg vom 12. August 1958 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen wird.

Tatbestand

Die im gesetzlichen Güterstand lebenden Eheleute Josefa (Beklagte zu 1) und Michael S. verpachteten mit notariellem Vertrag vom 26. Oktober 1954 dem Kläger ab 1. November 1954 auf unbestimmte Zeit ihr Grundstück, K., I. Straße .... Als Pachtzins wurde eine monatliche Zahlung von 400 DM ab 1. Dezember 1954 vereinbart; 600 DM mußten sofort, 200 DM am 1. November 1954 bezahlt werden. Die Verpächter sollten die das Grundstück treffenden steuern und Abgaben, ferner die aufgrund des Lastenausgleichs anfallenden Abgaben tragen. Dem Kläger räumten die Verpächter an dem Grundstück ein durch Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch gesichertes Ankaufsrecht ein. Hierüber wurde folgendes bestimmt:"Die Vertragsteile sind sich darüber einig, daß die Ausübung des Ankaufsrechts erst zulässig ist, wenn die Regelung der den Beteiligten bekannten Lastenausgleichsangelegenheit erfolgt ist. Der Ankaufspreis ist 35.000 DM; von diesem Betrag ist ein Teilbetrag von 15.000 DM zur Zahlung fällig, sobald der Kaufvertrag über das Vertragsobjekt zustande kommt und feststeht, daß die erforderlichen behördlichen Genehmigungen erteilt werden. Herr Magnus H. (Kläger) ist von dem dann noch verbleibenden Restbetrag von 20.000 DM berechtigt, die von ihm bis zur Ausübung des Ankaufsrechts bezahlten Pachtbeträge abzuziehen; der dann noch verbleibende Restbetrag ist vom Zeitpunkt der Beurkundung des Kaufvertrages an mit jährlich 7 % vierteljährlich nachträglich zu verzinsen und bis längstens 31. Dezember 1956 zu bezahlen."

Der Ehemann S. ist am 2. August 1955 verstorben und wurde von den Beklagten beerbt. Am 9. August 1955 "kündigte" die Beklagte zu 1 mit sofortiger Wirkung das Ankaufsrecht, weil der Kläger seine längst fälligen Verpflichtungen nicht erfüllt habe.

Mit der Klage macht der Kläger das vertragliche Ankaufsrecht geltend. Er behauptet, die Beklagten seien seinen wiederholten Aufforderungen, das Ankaufsrecht zu erfüllen, nicht nachgekommen. Er sei stets in der Lage gewesen, die Anzahlung von 15.000 DM zu leisten und die weiteren Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.

Der Kläger beantragt:1.die Beklagten zu verurteilen, an ihn das Grundstück I. Straße ... zu K. aufzulassen gegen Zahlung von 20.200 DM nebst 7 % Zinsen aus 24.600 DM seit Klageerhebung, hilfsweise mit dem Kläger einen notariellen Kaufvertrag über dieses Grundstück gemäß den Bedingungen des Vertrages vom 26. Oktober 1954 abzuschließen; ferner2.die Beklagten zu verurteilen, zu bewilligen, daß der Kläger im Grundbuch als Eigentümer dieses Grundstücks eingetragen werde.

Die Beklagten haben Abweisung der Klage beantragt.

Nach ihrer Auffassung ist der Vertrag nichtig, weil die Verkäufer vom Käufer über dessen Vermögensverhältnisse arglistig getäuscht worden seien. Die Beklagten behaupten, rechtzeitig den Vertrag angefochten zu haben. Nach ihrer Darstellung waren die Vertragsteile bei den Verhandlungen einig darüber, daß die Eheleute S. mit der Anzahlung von 15.000 DM zur Gründung einer neuen Existenz ein Gasthaus kaufen wollten. Ein bestimmter Termin für die Leistung der Anzahlung sei in den Vertrag nicht aufgenommen worden mit Rücksicht auf die Erklärung des Klägers, er könne jederzeit das Geld beschaffen. Die Vertragsteile seien aber darüber einig gewesen, daß spätestens nach drei Monaten das Ankaufsrecht ausgeübt werde. (Trotz mehrmaliger Aufforderung habe der Kläger sein Recht nicht geltend gemacht, weil ihm flüssige Mittel gefehlt hätten. Der Kläger sei bereits einige Tage nach Vertragsabschluß von dem Ehemann S. unterrichtet worden, daß er für die Kreditgewinnabgabe der Eheleute S. nicht einzustehen habe und daß die Lastenausgleichsangelegenheit geregelt sei.

Das Landgericht hat die Beklagten verurteilt, das bezeichnete Grundstück Zug um Zug gegen Zahlung von 28.200 DM nebst 7 % Zinsen aus 33.000 DM seit 16. Oktober 1956 an den Kläger aufzulassen und die Eintragung ins Grundbuch zu bewilligen; im übrigen ist die Klage abgewiesen worden.

Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Auf die Anschlußberufung des Klägers wurde die Zug um Zug-Leistung des Klägers auf 24.200 DM nebst 7 % Zinsen aus 9.200 DM seit 16. Oktober 1956 herabgesetzt, im übrigen aber die Anschlußberufung zurückgewiesen. Von den Kosten beider Rechtszüge haben der Kläger 1/4, die Beklagten 3/4 zu tragen.

Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage in vollem Umfang weiter. Der Kläger hat beantragt, auf sein Rechtsmittel die Zug-um-Zug-Leistung auf 35.000 DM abzüglich der seit 1. Oktober 1954 bezahlten monatlichen 400 DM nebst Zinsen aus 20.000 DM abzüglich der seit 1. Oktober 1954 bezahlten monatlichen 400 DM herabzusetzen und den Beklagten alle Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Ferner beantragen die Parteien jeweils, die Revision des Gegners zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.1)Das Berufungsgericht hat sich der Auffassung des Landgerichts hinsichtlich der rechtlichen Natur des Vertrages angeschlossen und insoweit auf die Ausführungen des Erstrichters Bezug genommen. Nach Meinung des Landgerichts haben sich die Verkäufer durch ein einseitiges Vertragsangebot gegenüber dem Kläger zur Übertragung des Eigentums am Grundstück verpflichtet; an das Angebot seien sie gebunden, während der Kläger nach Belieben durch Annahme des Angebotes Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag begründen könne. Die Ausübung des Rechtes sei formfrei möglich gewesen; das Angebot erlösche, wenn es nicht rechtzeitig angenommen werde (§§ 147, 149 BGB). Das sei im vorliegenden Falle nicht eingetreten.

Diese Ausführungen bedürfen der Richtigstellung. Die notarielle Urkunde vom 26. Oktober 1954 enthält nicht nur die Erklärung der Verkäufer, dem Kläger werde ein Ankaufsrecht eingeräumt. In ihr sind auch alle wesentlichen Einzelheiten des Verkaufs, insbesondere der Kaufpreis und dessen Entrichtung, genau festgehalten. Die Beteiligten waren sich darüber einig, daß ein Kaufvertrag mit diesem Inhalt zustande gekommen sei, sobald der Kläger das Ankaufsrecht ausübe. In einem solchen Falle der genügenden Bestimmtheit und Vollständigkeit der Vertragsbedingungen liegt ein bedingt abgeschlossener Kaufvertrag vor, und zwar bedingt durch die Erklärung des Berechtigten, daß er die Rechte aus dem Vertrag geltend mache (RGZ 77, 414; Hense DNotZ 1951, 130; Reineke DNotZ 1953, 212). Der Vertrag bedurfte der notariellen Form. Sie ist gewahrt. Die Ausübung des Ankaufsrechtes dagegen konnte formlos geschehen, weil damit nur die Bedingung für das Wirksamwerden des Kaufvertrages gesetzt wurde (RGZ 169, 65, 70). Streitigkeiten, die sich zwischen den Vertragsteilen ergaben, sind nicht nach Massgabe der Bestimmungen über Antrag und seine Annahme (§§ 145 ff BGB) zu entscheiden, sondern unter Anwendung der §§ 157, 242 BGB, wobei Sinn und Zweck des Vertrages bei dessen Auslegung heranzuziehen sind.

2)Die Parteien haben die Ausübung des Ankaufsrechtes von der vorherigen Regelung der Lastenausgleichsangelegenheit abhängig gemacht. Da es sich hierbei um eine Angelegenheit der Verkäufer handelte, mußten sie die Erledigung dem Käufer mitteilen. Erst dann konnte, wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, der Kläger sein Ankaufsrecht geltend machen und die Frist, innerhalb der dies zu geschehen hatte, zu laufen beginnen. Das Berufungsgericht mußte mithin zunächst feststellen, wann die Verkäufer dem Kläger in ausreichender Weise von der Erledigung der Lastenausgleichsangelegenheit Kenntnis gaben; es hatte alsdann darzulegen, innerhalb welcher Frist der Kläger sein Ankaufsrecht geltend machen mußte, und ob er diese Frist auch gewahrt hat. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.

a)Das Berufungsgericht entnimmt der Beweisaufnahme, daß die Bedingung für die Ausübbarkeit des Ankaufsrechtes zum Schütze beider Vertragsteile Vertragsinhalt geworden ist. Zum Schutz des Klägers deshalb, weil er vermeiden wollte, daß er nach Abschluß des Vertrages und Eintragung im Grundbuch als neuer Grundstückseigentümer von der öffentlichen Hand zu Leistungen für den Lastenausgleich herangezogen werde. Das Berufungsgericht meint, der Kläger habe deshalb eine verbindliche Mitteilung des Finanzamts von seinen Verkäufern beanspruchen dürfen; eine Erledigungserklärung in irgendeiner mündlichen Form sei nicht ausreichend. Die Bedenken der Revision gegen diese Auslegung des Vertrages sind nicht begründet. Der Kläger wurde zwar nach den Urteilsfeststellungen bei Vertragsabschluß vom Notar belehrt, daß er für eine Kreditgewinnabgabe der Verkäufer nicht in Anspruch genommen werden könne, auch wenn die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch auf ihn erfolgt sei. Er hatte aber ein Interesse daran, an Hand eines finanzamtlichen Bescheides selbst feststellen zu können, daß die Verkäufer tatsächlich zur Kreditgewinnabgabe herangezogen werden. Diese Abgabenschuld geht nur unter besonderen Umständen auf einen andern über (§ 185 Abs. 1 mit 3 LAG), während der Eigentümer ohne weiteres für die während der Dauer seines Eigentums fälligen Leistungen für eine Hypothekengewinnabgabenschuld persönlich haftet (§ 111 Abs. 3 LAG). Für seine Entschliessung, ob der Kläger sein Ankaufsrecht ausüben wolle oder nicht, war es daher nicht unwesentlich, ob die Verkäufer den Lastenausgleich in der Form der Kreditgewinnabgabe oder einer anderen Abgabe zu leisten hatten. Es ist mithin nicht zutreffend, daß die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe eine verbindliche Mitteilung des Finanzamtes verlangen dürfen, gegen gesetzliche Auslegungsregeln (§ 157 BGB) verstosse.

Das Berufungsgericht hat ersichtlich aus dem vorstehend geschilderten Grunde das Schreiben der Beklagten zu 1) vom 9. August 1955 nicht als ausreichende Mitteilung über die Erledigung der Lastenausgleichsangelegenheit angesehen. Das läßt sich mit Rechtsgründen umsoweniger bekämpfen, als dieses Schreiben nur beiläufig erwähnt, diese Angelegenheit sei längst erledigt. Ob das Berufungsgericht das weitere Schreiben der Beklagten zu 1) vom 23. September 1955 als ausreichende Mitteilung hat gelten lassen wollen, läßt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Das Berufungsgericht gibt zur Frage, ob und gegebenenfalls wann der Kläger in genügender Weise unterrichtet worden ist, daß die Lastenausgleichsangelegenheit erledigt sei, keine eindeutige Antwort. Dazu bestand aber umsomehr Anlaß, als der Kläger nach eigner Darstellung im Oktober und November 1955 wiederholt die Beklagte zu 1) aufgefordert hatte, mit ihm zum Notar zu gehen, um dort den notariellen Akt über den Eigentumswechsel beurkunden zu lassen. Worauf diese Aufforderungen zurückzuführen sind, blieb unklar, Möglicherweise hat er in der Zwischenzeit eine ausreichende Mitteilung der Verkäufer erhalten oder in dem Schreiben vom 23. September 1955 eine zufriedenstellende Unterrichtung über den Stand der Angelegenheit gesehen.

b)Innerhalb welcher Frist der Käufer nach Benachrichtigung von der Erledigung der Lastenausgleichsangelegenheit sein Ankaufsrecht ausüben müsse, haben die Vertragspartner nicht festgelegt, in einem solchen Falle ist die Dauer der Bindung der Verkäufer nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der gegebenen Verhältnisse wie der Verkehrsgepflogenheiten zu ermitteln. In der Regel wird sich der Verkäufer nicht auf unbestimmte Zeit hinaus binden wollen und der Käufer stillschweigend damit einverstanden sein. Das Landgericht hat eine Bindung auf die Dauer von 2 Jahren als angemessen bezeichnet. Das Berufungsgericht führt aus, der Kläger habe spätestens mit der Klageeinreichung im Oktober 1956 das Ankaufsrecht beansprucht. Es sieht dies noch als rechtzeitig an, spricht sich aber über die Dauer der angemessenen Frist nicht aus. Es läßt sich nicht mit Sicherheit ausschliessen, daß das Berufungsgericht dabei wesentliche Gesichtspunkte übersehen hat: daß die Vertragsteile mit einer Klärung der Lastenausgleichsangelegenheit und einer Ausübung des Ankaufsrechts in Bälde, spätestens in vier Monaten rechneten, ohne dies freilich zum Vertragsinhalt zu machen, daß die Verkäufer mit der Anzahlung von 15.000 DM, in nächster Zeit sich eine neue Existenzgrundlage schaffen wollten, ferner daß die Pachtzinsen auf den Kaufpreis verrechnet werden durften, daß aber kaum anzunehmen war, die Verkäufer hätten dies für einen längeren Zeitraum zulassen wollen. Bei der Ermittlung der angemessenen Frist wird berücksichtigt werden können, daß der Gesetzgeber für eine ähnliche Sachlage eine Frist von 2 Monaten vorgesehen hat. Der Vorkaufsberechtigte muß innerhalb dieser Zeitspanne sich erklären, ob er in den mit dem Käufer abgeschlossenen Vertrag eintreten will oder nicht (§ 510 Abs. 2 BGB). Wenn auch im Bereich des Ankaufsrechtes es stets auf die Besonderheit des einzelnen Falles ankommen wird, so kann doch die erwähnte gesetzliche Regelung für die Ermittlung der angemessenen Frist einen Anhalt bieten.

c)Das angefochtene Urteil gibt schliesslich auch keinen Aufschluß darüber, wann der Kläger sein Ankaufsrecht den Beklagten gegenüber ausgeübt hat. Es führt zwar aus, er habe das spätestens mit der Einreichung der Klage im Oktober 1956 getan, Da zu diesem Zeitpunkt möglicherweise die angemessene Frist zur Geltendmachung des Rechtes bereits abgelaufen war, kann es darauf ankommen, wann nach Ansicht des Berufungsgerichts der Kläger frühestens sein Recht ausgeübt hat. Dazu nimmt das Berufungsgericht nicht eindeutig Stellung. Es weist darauf hin, daß es "jedenfalls vom November 1955 ab" nicht am Kläger gelegen habe, wenn es zur Ausübung nicht gekommen sei. Demnach hat es den Anschein, als ob nicht vor November 1955 das Recht beansprucht wurde. Abgesehen davon, daß dies durch formlose Erklärung geschehen konnte, wozu der Kläger jederzeit in der Lage war, hat das Berufungsgericht dabei nicht geprüft, ob nicht gerade die Aufforderungen des Klägers an die Beklagte zu 1) im Oktober und November 1955 als solche formlose Erklärungen, das Recht ausüben zu wollen, anzusehen sind. Daß der Kläger sein vertragliches Recht nicht schon vor 9. August 1955 beansprucht hat, ist der Feststellung des Berufungsgerichts zu entnehmen, bis zu diesem Zeitpunkt könne von einer Hinausschiebung der Ausübung durch den Kläger nicht gesprochen werden. Nach alledem bleibt die Frage offen, wann der Kläger "frühestens" das Recht geltend gemacht hat. Darauf kann es, wie ausgeführt, ankommen, wenn es darum geht festzustellen, ob er dies innerhalb angemessener Frist getan hat.

3)Fehlt es mithin für die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe das Ankaufsrecht rechtzeitig geltend gemacht, an ausreichenden tatsächlichen Grundlagen, so kann das angefochtene Urteil nicht bei Bestand bleiben.

Auf die Rüge der Revision, § 139 ZPO sei verletzt, weil das Berufungsgericht die Beklagten nicht aufgefordert habe, einen Urkundenbeweis in der Form des § 421 ZPO anzutreten, kommt es sonach nicht an. Die Beklagten mögen in der neuen Verhandlung Beweis für ihre Behauptung anbieten, dem Kläger sei der Bescheid des Finanzamtes vom 16. Dezember 1955 alsbald zugegangen. Andererseits wird das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auch die Darstellung des Klägers zu beachten haben, wonach es den Verkäufern darum ging, einen Erlaß der im Bescheid des Finanzamtes K. vom 16. Dezember 1955 auf 28.941 DM festgesetzten Abgabenschuld (GA Bl. 133 Anhang) zu erzielen. Da diese mit der Auflösung des Betriebes des Ehemannes S. in Höhe ihres Ablösungswertes sofort fällig wurde, bestand die Gefahr, daß die Anzahlungssumme zur Tilgung der Abgabenschuld verwendet werden mußte, falls nicht das Finanzamt auf ein Gesuch der Verkäufer einer anderen Regelung zustimmte (§§ 177, 179 LAG). Mit der Festsetzung der Abgabe brauchte daher die Lastenausgleichsangelegenheit nicht schon "erledigt" zu sein. Es konnte vielmehr erst das Ergebnis der Verhandlungen mit dem Finanzamt ausschlaggebend gewesen sein.

Ebensowenig braucht die Rüge der Revision beachtet zu werden, das Berufungsgericht habe unter Übergehung eines Beweisangebotes im Schriftsatz vom 25. April 1958 (GA Bl 120) die Glaubwürdigkeit der Zeugin T. verneint.

Die Berufung der Beklagten auf § 326 BGB setzt das Zustandekommen eines unbedingten Kaufvertrages voraus. Letzteres bedarf, wie ausgeführt, neuer Prüfung und Entscheidung. Nichts anderes gilt auch für den Einwand der Revision, die Befugnis des Klägers, den Pachtzins auf den Kaufpreis zu verrechnen, sei zeitlich zu begrenzen, weil nur so vermieden werden könne, daß der Kläger ohne Zahlung einer Nutzungsentschädigung und ohne Verzinsung des Kaufpreises das Grundstück auf lange Zeit hinaus nutzen könne. Den Beklagten steht es auch insoweit offen, die nach ihrer. Meinung übergangenen Beweisangebote zu wiederholen.

Schliesslich bedarf noch der Prüfung der Frage, ob für den Kaufvertrag eine behördliche Genehmigung erforderlich ist. Die Vertragsteile haben in der notariellen Urkunde selbst von "erforderlichen behördlichen Genehmigungen" gesprochen.

Die Revision der Beklagten muß nach alledem Erfolg haben.

II.1.Das Rechtsmittel des Klägers ist als selbständige Revision zu werten und zu behandeln. Der Kläger hat sich zwar in der Revisionschrift vom 7. Oktober 1958 als Revisionsanschlusskläger bezeichnet. Er hat jedoch in diesem Schriftsatz nicht etwa ausgeführt, er schliesse sich der Revision der Beklagten an, sondern erklärt, er lege hiermit Revision ein, Innerhalb der für ihn laufenden Begründungsfrist hat der Kläger seine Revision auch begründet und sich alsdann nur vorsorglich der Revision der Beklagten angeschlossen. Er hat schliesslich in der Revisionsverhandlung die Erklärung abgegeben, daß er mit dem Schriftsatz vom 7. Oktober 1958 selbständig Revision einlegen wollte. Diesem Vortrag kann umsomehr gefolgt werden, als der Kläger durch das angefochtene Urteil um einen über 6.000 DM; liegenden Betrag beschwert ist. Die irrige Bezeichnung der eignen Parteirolle (Anschlusskläger statt Revisionskläger) im Schriftsatz vom 7. Oktober 1958 schadet nicht. Die vorsorglich eingelegte Anschlussrevision ist mithin gegenstandslos.

2.Die Revision des Klägers ist auch vom Boden der Feststellungen des Berufungsgerichtes aus begründet.

Das Berufungsgericht hatte zur Berufung der Beklagten ausgeführt, die Beklagten seien seit August 1955 nicht mehr willens gewesen, den Vertrag zu erfüllen, obwohl bis zum 9. August 1955 von einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Hinausschiebung des Ankaufsrechtes durch den Kläger nicht gesprochen werden könne; jedenfalls habe vom November 1955 ab es nicht mehr am Kläger gelegen, daß das Ankaufsrecht nicht ausgeübt worden sei, sondern an der Beklagten zu 1, Trotzdem hat es dem Kläger verwehrt, die Pachtzinszahlungen von März 1955 an bis zur Klageerhebung (Oktober 1956) auf den Kaufpreis anzurechnen, weil sich die Geschäftsgrundlage geändert habe. Die Vertragsteile hätten damit gerechnet, daß das Ankaufsrecht in kürzester Zeit, spätestens in 4 Monaten ausgeübt werde. Das sei zwar nicht Vertragsinhalt, wohl aber Geschäftsgrundlage geworden. Auf das Verhalten der Beklagten sei es zwar zum Teil zurückzuführen, daß diese Erwartung nicht eingetroffen sei; doch sei dies von untergeordneter Bedeutung. Der Kläger hätte nicht noch ein weiteres Jahr mit seiner Klage warten dürfen, vielmehr die Beklagte schon im November 1955 auf Auflassung verklagen müssen. Auch der Kläger habe seinerseits Auflassung und Eintragung verzögert. Nach Treu und Glauben sei es gerechtfertigt, wegen dieser Veränderung der Geschäftsgrundlage die Pachtzinszahlungen von März 1955 bis November 1956 nicht auf den Kaufpreis anrechnen zu lassen.

Das Berufungsgericht hat bei diesen Ausführungen übersehen, daß die Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage im allgemein dann Versagt, wenn der Schuldner seine Leistungen ohne ausreichende Entschuldigung nicht rechtzeitig bewirkt und damit selbst sich in eine Lage gebracht hat, nunmehr unter wesentlich veränderten und für ihn ungünstigen Umständen erfüllen zu müssen (BGH LM § 284 BGB Nr. 2). Der von einem Vertragsteil selbst herbeigeführte Wegfall der Geschäftsgrundlage kann regelmäßig gegenüber seinem Vertragsgegner nicht eingewendet werden (BGH LM § 242 BGB Bb Nr. 22, 23). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes haben aber die Beklagten es versäumt, bis zum August 1955 die Regelung der Lastenausgleichsangelegenheit dem Kläger in ausreichender Weise bekannt zu geben und damit die Frist zur Geltendmachung des Ankaufsrechtes in Lauf zu setzen, obwohl sie schon im Dezember 1955 eine finanzamtliche Entscheidung hinsichtlich der Kreditgewinnabgabe erhalten hatten. Es lag weiter nach Ansicht des Berufungsgerichtes nicht am Willen des Klägers, daß vom November 1955 ab das Recht nicht ausgeübt wurde, Haben aber die Beklagten auf diese Weise die Veränderung der Geschäftsgrundlage durch ihr verzögerliches Verhalten selbst herbeigeführt, so läßt es sich mit Treu und Glauben nicht vereinbaren, daß sie dies zu ihrem Vorteil gegenüber dem Kläger auswerten. Andererseits war der Kläger entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht gehalten, das Interesse seiner Partner wahrzunehmen und das Ankaufsrecht geltend zu machen, bevor die Verkäufer ihrer Mitteilungspflicht in ausreichender Weise nachgekommen waren. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht dem Kläger entgegen dem Wortlaut des Vertrages es verwehrt hat, die bis zur Ausübung des Ankaufsrechts bezahlten Pachtzinsen auf den Kaufpreis anzurechnen, hält mithin einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Eine abschliessende Entscheidung ist indessen nicht möglich, weil die Urteilsfeststellungen aufgrund der Revision der Beklagten, wie zu I ausgeführt ist, aufgehoben werden müssen und daher auch die Frage der Anrechnung bezahlter Pachtzinsen auf den Kaufpreisrest einer neuen Prüfung auf Grundlage der neuen Feststellungen bedarf. Kommt das Berufungsgericht aufgrund der neuen Verhandlung zu der Auffassung, daß das Ankaufsrecht rechtzeitig beansprucht wurde, der Kaufvertrag demnach wirksam geworden ist, daß aber Sinn und Zweck des Vertrages ergäben, daß der Kläger nur für einen begrenzten Zeitraum die Pachtzinsen auf den Kaufpreisrest anrechnen dürfe, so wäre für die Anwendung der Grundsätze vom Wegfall der Geschäftsgrundlage schon aus diesem Grunde kein Raum mehr.

Auch die Revision des Klägers muß daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es vom Kläger angefochten worden ist, führen.

Dem Berufungsgericht war die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen.