Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 23.06.1995, Az.: V ZR 265/93
Tatbestand
Die Klägerin erwarb auf Vermittlung der Beklagten Mitte 1990 ein bebautes Grundstück in W. zum Preis von 240.000 DM. Sie bestritt die Notar-, Grundbuch- und Maklerkosten sowie einen Kaufpreisanteil von 13.000 DM aus Eigenmitteln. Der restliche Kaufpreis wurde durch Bankdarlehen finanziert, deren Tilgung über von der Klägerin zu diesem Zweck abgeschlossene Lebensversicherungsverträge erfolgen sollte. Die Darlehen wurden durch Grundschulden auf dem Kaufgrundstück und eine selbstschuldnerische, auf die Darlehenslaufzeit von fünf Jahren befristete Bürgschaft der Beklagten gesichert.
Mit notariellem Vertrag vom 10. Mai 1990 verpflichtete sich die Klägerin, der Beklagten das Eigentum an dem erworbenen Hausgrundstück unter anderem dann zu übertragen, falls sie mit zwei fälligen Zins- und Tilgungsraten oder Lebensversicherungsbeiträgen (Monatsbeiträgen) in Zahlungsverzug geraten sollte. Für diesen Fall war die Beklagte unwiderruflich bevollmächtigt, den Übertragungsvertrag unter Befreiung von § 181 BGB abzuschließen und die Auflassung zu erklären. Sie war dabei berechtigt und verpflichtet, die aufgrund des Finanzierungsplans zum Zeitpunkt des Übertragungsverlangens noch bestehenden Verbindlichkeiten in der Höhe zu übernehmen, wie sie bei einer vertragsgemäßen Zahlung gegenüber den Kreditgebern bestanden hätten. Die Übertragungsverpflichtung der Klägerin war auf die Laufzeit der Bürgschaft, nämlich fünf Jahre, beginnend ab dem 1. August 1990, befristet.
Im Verlaufe des Jahres 1991 geriet die Klägerin sowohl bei den Zinszahlungen als auch bei den Lebensversicherungsbeiträgen mit mehr als zwei Monatsraten in Verzug. Die C. Bank M. stellte daraufhin ihren Rückzahlungsanspruch fällig, forderte von der Beklagten als Bürgin 209.969,85 DM und erwirkte gegen sie einen Mahnbescheid. Nach Widerspruch wurde das Mahnverfahren nicht weiter betrieben; die Beklagte hat keine Zahlungen an die Darlehensgeber geleistet.
Am 3. Juli 1992 schloß die Beklagte im eigenen Namen und zugleich in Ausübung der ihr eingeräumten Vollmacht einen notariellen Übertragungsvertrag über das an Dritte vermietete Anwesen der Klägerin samt Auflassung ab. Die Eintragung des Eigentumswechsels wurde vom Grundbuchamt abgelehnt.
Die Klägerin hat primär beantragt, festzustellen, daß die notarielle Vereinbarung vom 10. Mai 1990 insoweit nichtig sei, als sie die Eigentumsumschreibung an einen bloßen Zahlungsverzug der Klägerin koppelt. Hilfsweise hat sie die Feststellung begehrt, daß die Eigentumsübertragung nur zur Sicherung für den Fall einer Erfüllung der Bürgschaftsschuld erfolgen könne. Äußerst hilfsweise hat sie beantragt, der Beklagten die Verwertung des Grundstücks zu untersagen, ohne daß sie als Bürgin Zahlungen an die Gläubigerbanken getätigt hat. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage die Zustimmung der Klägerin zu ihrer (der Beklagten) Eintragung als Alleineigentümerin des Grundstücks begehrt.
Land- und Oberlandesgericht haben der Klage im Hauptantrag stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet.
I. Das Berufungsgericht meint, der Vertrag vom 10. Mai 1990 enthalte eine verbotene Verfallvereinbarung und sei deshalb nichtig. Es sei nicht nur eine Sicherungsübereignung, sondern eine endgültige Vollrechtsübertragung zum Zwecke der Befriedigung der Bürgin verabredet worden. Mit Ausnahme der Tatsache, daß nicht die abzulösende Forderung hypothekarisch gesichert gewesen sei, sondern nur die wirtschaftlich gleichen Forderungen der Banken, liege "exakt der Fall des § 1149 BGB" vor. Zwar habe der Gesetzgeber die Verfallabrede vor Fälligkeit der Forderung zum Zwecke der Befriedigung nur beim Hypothekengeschäft und dem Mobiliarpfand ausdrücklich untersagt. Diesem Verbot komme aber der Charakter eines allgemeinen Rechtssatzes zu. Die §§ 1149, 1229 BGB müßten deshalb auf entsprechende Vereinbarungen mit nicht grundpfandrechtlich gesicherten Gläubigern von Grundstückseigentümern analog angewendet werden, weil die Interessenlage der Beteiligten und der Grund der Mißbilligung identisch seien.
II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Nach § 1149 BGB kann der Grundstückseigentümer, solange nicht die durch die Hypothek gesicherte Forderung ihm gegenüber fällig geworden ist, dem Gläubiger nicht das Recht einräumen, zum Zwecke der Befriedigung die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück zu verlangen. Dieses gesetzliche Verbot einer Verfallsabrede gilt entsprechend für eine Grundschuld oder Rentenschuld (§ 1192 BGB) sowie eine Reallast (§ 1107 BGB) und mit abweichendem Wortlaut, aber ohne sachliche Änderungen für das Pfandrecht an beweglichen Sachen (§ 1229 BGB) und an Rechten (§§ 1275, 1277 BGB).
Die Abrede, daß ein Pfand dem Gläubiger bei unterbliebener Rückzahlung der Forderung verfallen sein soll, war schon in den Partikularrechten wegen ihres häufig wucherischen Charakters verboten (KG HRR 1933, 198 m.w.N.; MünchKomm/Eickmann, BGB 2. Aufl., § 1149 Rdn. 1). Die eigentümliche Gefahr einer solchen Vereinbarung liegt unter anderem darin, daß der Schuldner, um in der Gegenwart Kredit zu erhalten, in den Verlust der meist wertvolleren Pfandsache für den in der Zukunft liegenden und von ihm nicht ernst genommenen Fall der Zahlungsschwierigkeiten einwilligt in der trügerischen Hoffnung, er werde vor dem Verfallstag durch Zahlung das Pfand einlösen können (Gaul, AcP 168, 351, 374 m.w.N.). Die Verfallabrede eröffnet damit einen Weg zur Knebelung des unvorsichtigen oder in einer Notlage befindlichen Schuldners. Das Bürgerliche Gesetzbuch mißbilligt nach dem uneingeschränkten Wortlaut der Verbotsnorm derartige Verfallabreden bereits wegen ihrer abstrakten Gefährlichkeit. Für die Anwendbarkeit des Verbots ist es danach unerheblich, ob dem Gläubiger nur das Recht eingeräumt wurde, das Grundstück in Zahlung zu nehmen, oder ob er berechtigt sein soll, das Grundstück zu einem bestimmten Preis zu übernehmen und den etwaigen Überschuß herauszuzahlen (Motive zum Entwurf eines BGB, Band III, S. 820, 821; MünchKomm/Eickmann, BGB, 2. Aufl. § 1149 Rdn. 5; BGB-RGRK/Mattern, 12. Aufl., § 1149 Rdn. 4; Staudinger/Scherübl, BGB, 12. Aufl., § 1149 Rdn. 3). Eine unzulässige Verfallvereinbarung liegt nur dann vor, wenn das Recht dem Gläubiger vor Fälligkeit seiner Forderung eingeräumt wird und ihm gerade unter der Bedingung zustehen soll, daß er trotz Fälligkeit seiner Forderung nicht ordnungsgemäß befriedigt wird (RGZ 92, 101, 105; 130, 227, 228; RG JW 1935, 2886; RG SeuffArch 81 Nr. 8; BayObLG Rpfleger 1993, 58, 59 m.w.N.). Die Eigentumsverschaffung muß ferner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers erfolgen und der Zwang zur Sachverwertung durch die vereinbarte Sachübertragung ersetzt werden (MünchKomm/Eickmann, BGB, 2. Aufl., § 1149 Rdn. 6 m.w.N.).
2. Offenbleiben kann, ob - wie die Revision meint - die Eigentumsübertragung gerade keine Befriedigung der Beklagten wegen ihrer Forderung aus der Bürgschaft bewirken sollte oder konnte. Die Anwendung des Verfallverbots scheitert nämlich jedenfalls unter einem anderen Gesichtspunkt.
Es mag sein, daß alle Eigentümer, die mit ihren Gläubigern eine Verfallabrede der vorliegenden Art treffen, sich der trügerischen Hoffnung hingeben, die von ihnen aufgenommenen Kredite würden nicht notleidend, weil sie ihre Pflichten erfüllen könnten und ihnen damit das Eigentum an der verfallbedrohten Sache erhalten bliebe. Richtig ist auch, daß der Gesetzgeber unter anderem vor diesem Hintergrund einer abstrakten Gefährlichkeit Verfallabreden der in § 1149 und § 1229 BGB genannten Art untersagt hat. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann dieses Verbot aber nicht losgelöst von der Hingabe eines dinglichen Sicherungsrechts als Schutznorm für jeden Eigentümer gegenüber seinen Gläubigern verstanden und ausgeweitet werden. Es würde dann nämlich auf Fälle angewendet, die dem im Gesetz entschiedenen gerade nicht rechtsähnlich sind, weil sie ihnen in einem maßgeblichen Punkt nicht gleichen.
Das Bürgerliche Gesetzbuch hat mit den einschlägigen Bestimmungen die "lex commissoria" vom reinen Wucherschutz gelöst und so ausgestaltet, daß der Pfandschuldner vor Eintritt der Forderungsfälligkeit nicht auf die zu seinem Schutz gebotene Verwertung des Pfandes durch den Verfall "an Zahlungs Statt" verzichten kann. Hintergrund dieses Verbots ist mithin die Hingabe einer (dinglichen) Sicherheit und die Vorstellung, der "Verpfänder" werde dann ausreichend geschützt, wenn der Pfandgläubiger bei Fälligkeit der gesicherten Forderung gezwungen ist, den Pfandgegenstand im Wege der gesetzlich vorgesehenen Verwertungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Die vertragliche Umwandlung in ein Verfallpfand sollte ausgeschlossen werden (vgl. Motive zum Entwurf des BGB, Band III, S. 680, 681; Raape, Die Verfallklausel bei Pfand und Sicherungsübereignung, 1913, S. 30; MünchKomm/Eickmann, BGB, 2. Aufl., § 1149 Rdn. 3; Staudinger/Wiegand, BGB, 12. Aufl., § 1229 Rdn. 2). Die §§ 1149, 1229 BGB sind somit eine Sonderregelung über die Realisierung einer dinglichen Sicherheit, d.h. eine charakteristische Voraussetzung des Verfallverbots ist unter anderem die Abrede des Verfalls einer Sicherheit in ihrer Eigenschaft als Sicherheit (vgl. auch Raape aaO., S. 45 ff). Nicht aber bedeutet das Verbot die generelle Anerkennung einer besonderen Schutzwürdigkeit des Sacheigentümers. So hat das Reichsgericht die Rechtslage vor Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches schon dahin beschrieben, daß das Verbot der Verfallabrede ganz überwiegend dem Sachenrecht zugehöre und die "Art der Realisierung des Pfandrechts regele" (RGZ 4, 51, 53). Die Auffassung des Berufungsgerichts und einige Stimmen in Rechtsprechung (LG Stuttgart, BW NotZ 1976, 86, 87) und Literatur (vgl. MünchKomm/Eickmann, BGB, 2. Aufl., § 1149 Rdn. 12; Palandt/Bassenge, BGB, 54. Aufl., § 1149 Rdn. 1; Soergel/Konzen, BGB, 12. Aufl., § 1149 Rdn. 4) vernachlässigen zu Unrecht diesen wesentlichen gesetzgeberischen Hintergrund. Sie verwischen damit in einem grundsätzlich auf dem Prinzip der Vertragsfreiheit aufbauenden Rechtssystem auch den Unterschied zu einer anderen gesetzlichen Regelung: Jeder Schuldner kann für den Fall, daß er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, nicht nur eine Geldzahlung, sondern auch jede andere Leistung (§ 342 BGB) als Vertragsstrafe versprechen oder den Verlust eigener Rechte vereinbaren (vgl. Senatsurt. v. 22. Januar 1993, V ZR 164/90, NJW-RR 1993, 464, 465). Auch in diesen Fällen ist das Versprechen bedingt durch die nicht ordnungsgemäße Erfüllung einer Verbindlichkeit, und es besteht die Gefahr einer Schädigung des unvorsichtigen oder in einer Notlage befindlichen Schuldners. Das Gesetz gewährt insoweit aber nur Schutz durch die Möglichkeit einer Herabsetzung der Vertragsstrafe (§ 343 BGB) oder durch die Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB). Das Verbot der Verfallabrede ist deshalb auf entsprechende Vereinbarungen mit pfandrechtlich nicht gesicherten Gläubigern unanwendbar (so auch Raape aaO., S. 50; Erman/Räfle, BGB, 9. Aufl., § 1149 Rdn. 2).
Die Beklagte steht auch nicht deshalb einem durch Grundschulden gesicherten Gläubiger gleich, weil die Klägerin zugunsten ihrer Kreditgeber Sicherungsgrundschulden an dem verfallsbedrohten Grundstück bestellt hat. Die Pflicht zur Eigentumsübertragung stellt sich nicht als ein im Vorgriff vereinbarter Verfall im Hinblick auf diese Grundschulden dar. Nach § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf den Bürgen über, soweit dieser durch Erfüllung seiner Bürgschaftsschuld den Gläubiger befriedigt; der Forderung folgen von ihr abhängige Nebenrechte, insbesondere akzessorische Sicherheiten (§§ 412, 401 BGB). Für selbständige Sicherungsrechte, wie die vorliegend bestellten Sicherungsgrundschulden, tritt eine solche Legalzession nicht ein. Insoweit wird jedoch, sofern nicht die Abrede des Sicherungsgebers mit dem Gläubiger entgegensteht, in analoger Anwendung der §§ 774, 412, 401 BGB eine schuldrechtliche Verpflichtung des Gläubigers zur Übertragung auf den zahlenden Bürgen angenommen (BGHZ 110, 41, 43 m.w.N.). Ob danach der Beklagten bei Erfüllung ihrer Bürgenschuld ein Anspruch auf Übertragung der Sicherungsgrundschulden zustünde, läßt sich dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt nicht entnehmen. Einer weiteren Sachaufklärung bedarf es jedoch nicht. Falls die Beklagte einen entsprechenden künftigen Anspruch auf Abtretung der Grundschulden haben sollte, ist die von den Parteien vereinbarte Eigentumsübertragung jedenfalls keine im Vorgriff vereinbarte Realisierung dieser Sicherheiten. Der Beklagten ging es darum, ein Äquivalent für die Übernahme de Bürgschaft zu erhalten. Die Pfandeigenschaft des Grundstücks steht mit dieser Abrede in keinem inneren Zusammenhang. Daß die Beklagte bei Zahlung der Bürgenschuld schließlich Inhaber der von der Klägerin gestellten Grundpfandrechte werden kann, ist eine zufällige Folge des Übergangs der Hauptschuld. Die Verfallabrede, die schon vor diesem Übergang eingreift, hat mit einer Sicherheitenverwertung nichts zu tun. Es fehlt deshalb eine Voraussetzung des Verfallverbotes, nämlich die Abrede des Verfalls einer Sicherheit in ihrer Eigenschaft als Sicherheit (vgl. Raape aaO., S. 46).
III. Das Berufungsurteil ist auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis richtig (§ 563 ZPO).
Das Berufungsurteil hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht abschließend geprüft, ob die Übernahmevereinbarung der Parteien wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig ist (§ 138 BGB). Dies kann das Revisionsgericht anhand des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts selbst beurteilen (st. Rspr., vgl. z.B. BGHZ 107, 92, 96; Urt. v. 30. Oktober 1990, IX ZR 9/90, NJW 1991, 353, 354). Ein Verstoß gegen § 138 BGB liegt nicht vor.
Sittenwidrigkeit wegen des Verhaltens gegenüber dem Geschäftspartner bei einem konkreten Rechtsgeschäft ist insbesondere im Sonderfall des Wuchers gemäß § 138 Abs. 2 BGB gegeben. Aber auch bei wucherähnlichen Geschäften, bei denen ein auffälliges Mißverhältnis zwischen der Höhe der versprochenen Vergütung und der dafür zu erbringenden Leistung besteht, ist Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB dann zu bejahen, wenn weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, wie etwa verwerfliche Gesinnung oder die Ausnutzung der schwierigen Lage oder auch Unerfahrenheit des Partners für das eigene übermäßige Gewinnstreben. Erforderlich ist stets eine zusammenfassende Würdigung des einzelnen Vertrages, wobei einerseits alle für den Vertragsschluß wesentlichen äußeren Umstände, andererseits die innere Einstellung der Parteien zu berücksichtigen sind (vgl. z.B. BGHZ 107, 92, 97).
Allein der Umstand, daß die Übernahme des Grundstücks durch die Beklagte für die Klägerin wirtschaftlich nachteilig ist, weil die von der Beklagten versprochene Gegenleistung unter Umständen unterhalb des Verkehrswertes des Grundstücks liegt, macht die Vereinbarung nicht sittenwidrig. Von einem groben Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das den Schluß auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zuläßt, kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats erst dann ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (vgl. Senatsurt. v. 8. November 1991, V ZR 260/90, WM 1992, 441, 442 m.w.N.). Ein derartiges Mißverhältnis ist bezüglich der nach der Übernahmevereinbarung von den Parteien jeweils geschuldeten Leistungen nicht gegeben. Da aufgrund der Finanzierung unter Einbeziehung von Lebensversicherungen keine Tilgungsleistungen erfolgten, blieb die Höhe der Kreditschuld der Klägerin während der Laufzeit der Bürgschaft grundsätzlich unverändert. In Anbetracht des Kaufpreises von 240.000 DM und des aus Eigenmitteln der Klägerin aufgebrachten Teilbetrages von 13.000 DM war die Beklagte nach der Vereinbarung gehalten, Verbindlichkeiten von 227.000 DM zu übernehmen. Hieraus ergibt sich eine Differenz zu dem von der Klägerin aufgewendeten Kaufpreis von ca. 5,4 %. Für mögliche Wertsteigerungen des Grundstücks innerhalb der auf fünf Jahre befristeten Laufzeit der Bürgschaft, die ein grobes Mißverhältnis der Leistungen bewirken könnten, hat die darlegungspflichtige Klägerin nichts vorgetragen. Soweit sie auf ein durch mögliche Sondertilgungen bewirktes Mißverhältnis der Leistungen abstellen will, verkennt sie, daß es für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts ankommt (BGH, Urt. v. 27. Januar 1977, VII ZR 339/74, WM 1977, 399; BGHZ 107, 92, 96). Daß zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit außerordentlicher Tilgungsleistungen von den Parteien in Betracht gezogen worden oder auch nur angesichts der finanziellen Verhältnisse der Klägerin absehbar gewesen wäre, hat die Klägerin nicht geltend gemacht.
Zusätzliche Umstände, die eine Sittenwidrigkeit begründen könnten, hat die Klägerin nicht behauptet.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegt darin, daß die Parteien die Verpflichtung zur Übertragung des Grundstücks von einem Zahlungsverzug der Klägerin gegenüber ihren Kreditgebern abhängig gemacht haben, keine unangemessene Übersicherung. Im Verhältnis zwischen Bürgen und Schuldner ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des Bürgen, an dessen Stelle zu leisten, sondern nur dessen Kredit zu sichern. Es ist deshalb nicht von vornherein zu mißbilligen, wenn der Beklagten daran gelegen war, zu Lasten der Klägerin eine Gegenleistung für ihre Bürgenverpflichtungen zu erhalten. Zwar kann der Auftragsbürge weder ohne weiteres seine Befreiung noch Vorschüsse zur Befriedigung des Gläubigers verlangen (vgl. §§ 774, 775 BGB). Bei einem Verzug des Hauptschuldners mit einer Teilleistung hat der Bürge nur einen Anspruch auf Befreiung von dem Teil der Bürgenschuld, durch den derjenige Teil der Hauptforderung gesichert wird, mit dem der Hauptschuldner in Verzug geraten ist (§ 775 Nr. 3 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 10. Januar 1968, VIII ZR 164/65, JZ 1968, 230, 231) [BGH 10.01.1968 - VIII ZR 164/65]. Die Regelung des § 775 BGB ist jedoch dispositiv (Palandt/Thomas, BGB, 54. Aufl., § 775 Rdn. 1; Staudinger/Horn, BGB, 12. Aufl., § 775 Rdn. 10). Den Beteiligten ist es deshalb unbenommen, das von dem Bürgen übernommene Risiko weiter einzuschränken. Angesichts der fast vollständigen Fremdfinanzierung des Grundstückskaufs der Klägerin lag es im Interesse beider Parteien, die mit einer gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche der Kreditgeber verbundenen zusätzlichen Kosten zu vermeiden. Dies wird durch die vereinbarte Übernahme des Grundstücks bei gleichzeitiger Übernahme der noch offenen Kredite erreicht, da damit wirtschaftlich ein Eintritt der Beklagten in den Grundstückskauf der Klägerin bewirkt wird. Daß dies zu völlig ausgewogenen Bedingungen erfolgt, wird durch § 138 Abs. 1 BGB nicht gefordert.
Die Klägerin hat auch nicht geltend gemacht, daß die Beklagte sich beim Abschluß der Übernahmevereinbarung etwa eine Zwangslage der Klägerin zunutze gemacht hätte. Es ist auch nicht ersichtlich, daß der Klägerin bei einer Abstandnahme von dem Grundstückskauf irgendwelche wirtschaftlichen oder persönlichen Nachteile gedroht hätten. Sie hat das gekaufte Objekt nicht einmal zu eigenen Wohnzwecken genutzt, sondern einer Vermietung zugeführt.
Der Beklagten kann auch nicht vorgeworfen werden, sie habe den Leichtsinn oder die Unerfahrenheit der Klägerin zu übersteigertem Gewinnstreben genutzt. Der Inhalt der Übernahmevereinbarung war Gegenstand eines gesonderten, nur die Voraussetzungen der Übernahme regelnden notariellen Vertrages und deshalb für die Klägerin in seiner Bedeutung ohne weiteres durchschaubar. Auch wenn diese entsprechend ihrem von der Beklagten bestrittenen Vortrag von dem beurkundenden Notar nicht gesondert über die Tragweite der Vereinbarung belehrt worden sein sollte, kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, sie habe in verwerflicher Weise die Situation der Klägerin für das eigene übersteigerte Gewinnstreben ausgenutzt. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung der von der darlegungspflichtigen Klägerin geltend gemachten Umstände überschreitet die Übernahmevereinbarung nicht die Grenze dessen, was die Parteien im Rahmen der ihnen vom Gesetz zugestandenen Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit verantworten können.
Erfolglos bleibt auch der Versuch der Revisionserwiderung, im Verhalten der Beklagten einen Verstoß gegen § 242 BGB zu sehen. Das Berufungsgericht hat den Vertrag der Parteien vom 10. Mai 1990 unangefochten dahin ausgelegt, daß damit keine Sicherungsübereignung, sondern eine endgültige Vollrechtsübertragung gewollt war. Als die Beklagte mit Vertrag vom 3. Juli 1992 von der Möglichkeit einer Übertragung Gebrauch machte, lagen unstreitig die dafür nötigen Voraussetzungen vor. Damit entstand die Verpflichtung der Klägerin, der Beklagten das Eigentum an dem Anwesen zu übertragen. Daß die Klägerin später die rückständigen Zinsraten auf ihr Darlehen bei der C. Bank ausgeglichen hat, berührt weder den Bestand dieses Anspruchs noch erscheint dessen Durchsetzung treuwidrig.
IV. Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Aufgrund der wirksamen Vereinbarung vom 10. Mai 1990 ist die Klägerin zur Übertragung des Volleigentums an dem Grundstück auf die Beklagte verpflichtet. Den nach dem Inhalt der Vereinbarung vorausgesetzten Zahlungsverzug mit zwei Monatsraten der Kreditzinsen und der Lebensversicherungsprämien hat das Berufungsgericht bindend festgestellt (§ 561 Abs. 2 ZPO). Damit besteht der von der Beklagten mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zur Grundbucheintragung der Beklagten. Die mit der Klage geltend gemachten Anträge sind demgegenüber unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Vereinbarung der Parteien aufgrund deren übereinstimmenden Prozeßvortrags mit dem Landgericht dahin ausgelegt, daß diese nicht auf die Begründung von Sicherungseigentum, sondern auf die endgültige Vollrechtsübertragung gerichtet war. Dies wird von den Parteien hingenommen und läßt auch keine Rechtsfehler erkennen. Damit sind auch die Klagehilfsanträge abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.