Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 26.09.1997, Az.: V ZR 29/96
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. Oktober 1995 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Höhe des geltend gemachten Freistellungsanspruchs betrifft. Die Klage wird hinsichtlich dieses Anspruchs dem Grunde nach für berechtigt erklärt.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Mit notariellem Vertrag vom 28. April 1989 erwarben die Kläger im Treuhandmodell von der Beklagten eine Eigentumswohnung in L. für 76.837 DM. Zur Finanzierung des Kaufpreises sowie der Nebenkosten nahmen sie bei der D. Bank ein Darlehen über 100.000 DM auf, das über eine Lebensversicherung, die die Kläger ebenfalls abschlossen, getilgt werden soll.
Geworben wurden die Kläger für das Vertragswerk von dem Zeugen C., der seinerzeit Mitarbeiter einer inzwischen illiquide gewordenen Firma W. M. GmbH war, über die die Beklagte ihre Objekte vermarktete.
Die Kläger verlangen Freistellung von den Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag, Zug um Zug gegen lastenfreie Rückübertragung der Eigentumswohnung, sowie die Feststellung, daà die Beklagte ihnen den Schaden ab 1. Januar 1993 zu ersetzen haben, der im Zusammenhang mit dem Kauf der Eigentumswohnung steht. Sie haben dazu behauptet, der Zeuge C. habe ihnen versichert, der Kauf sei für sie ohne jede finanzielle Belastung, da die Kosten durch Mieteinnahmen und Steuervorteile gedeckt würden. Tatsächlich hätten sie jedoch jährliche Unkosten von mindestens 2.112 DM.
Land- und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
I.Das Berufungsgericht hält die geltend gemachten Ansprüche unter dem Gesichtspunkt einer Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluà für begründet. Dies hält den Angriffen der Revision im wesentlichen stand.
II.1.Das Berufungsgericht billigt die Auffassung des Landgerichts, daà nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen sei, daà der Zeuge C. den Klägern "zugesichert" habe, der Kauf der Eigentumswohnung sei für sie letztlich kostenlos, weil Zinsen und Tilgung durch Mieteinnahmen und Steuerersparnis ausgeglichen würden. Es erblickt hierin als Grundlage für die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluà eine schuldhaft falsche Zusage, die sich die Beklagte nach § 278 BGB zurechnen lassen müsse.
Insoweit läÃt die revisionsrechtliche Prüfung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten erkennen.
a)Unbedenklich ist die Auffassung der Vorinstanzen, daà sich die Beklagte ein schuldhaftes Verhalten des Zeugen C. zurechnen lassen muÃ. Die Revision nimmt dies auch hin.
b)Die Schadensersatzhaftung nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo setzt zunächst eine Verletzung von Sorgfaltspflichten voraus, die sich aus der Aufnahme von Vertragsverhandlungen ergeben. Diese Voraussetzung ist hier gegeben.
aa)Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Zeuge Cetin - wie es im Urteil des Landgerichts anklingt, auf das das Berufungsgericht zur Begründung verweist - den Klägern Zusicherungen (§ 459 Abs. 2 BGB) oder vertraglich bindende "Zusagen" gemacht hat. Es ist auch nicht - wie die Revision meint - ein "selbständiges Garantieversprechen" erforderlich. Entscheidend ist vielmehr allein, daà der Zeuge objektiv unrichtige Angaben gemacht hat, die für den Kaufentschluà der Kläger von Bedeutung waren. Dieses Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Revision unabhängig davon eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten dar, ob die Firma W. M. GmbH aufgrund Beratungsvertrages zu einer wirtschaftlich umfassenden und objektiven Beratung verpflichtet war. Macht nämlich der Verkäufer oder eine Person, deren er sich zur Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten bedient, Angaben, die für den Kaufentschluà des anderen Teils von Bedeutung sein können, so müssen diese Angaben richtig sein. Anderenfalls verletzt er Sorgfalts- und Aufklärungspflichten (vgl. Senat, BGHZ 74, 103, 110; Urt. v. 20. November 1987, V ZR 66/86, WM 1988, 95, 96).
bb)Daà die Angaben des Zeugen C. über die mit dem Erwerb der Immobilie verbundenen Kosten unrichtig waren, hat das Berufungsgericht aufgrund der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme für erwiesen erachtet. Es ist dabei davon ausgegangen, daà die Kläger - unabhängig von dem Streit der Parteien über die Schadensberechnung im einzelnen - nach Abzug von Mieteinnahmen und Steuerersparnis mindestens 200 DM monatlich zuzahlen muÃten, um die Kosten des Erwerbs aufzubringen. Der Beweisaufnahme hat es - dem Landgericht folgend - entnommen, daà der Zeuge C. den Klägern demgegenüber den Kauf als kostenneutral dargestellt hat.
Die Feststellung über die monatliche Belastung greift die Revision nicht an. Gegen die Beweiswürdigung wendet sie sich insoweit, daà sie rügt, die Vorinstanzen hätten der Aussage des Zeugen C. nicht entnehmen dürfen, er habe den Klägern verbindlich zugesagt, der Kauf sei für sie angesichts der Mieteinnahmen und der Steuerersparnis kostenlos. Darauf kommt es indes nicht an. Anknüpfungspunkt für die Haftung aus culpa in contrahendo ist - wie dargelegt - nicht eine vertragliche Zusage, sondern eine schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung durch falsche Angaben zu den Auswirkungen des Vertrages. Insoweit wird das Beweisergebnis durch die Ausführungen der Revision nicht erschüttert.
cc)Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, angesichts des Wechsels der Besetzung der Kammer des Landgerichts zwischen Beweisaufnahme und Urteil beruhten die Urteile der Vorinstanzen auf einem Verstoà gegen das Gebot der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 ZPO).
Voraussetzung für die zulässige Verwertung einer Beweisaufnahme vor einem Richterwechsel ist, daà die erkennenden Richter nur das verwerten, was aktenkundig ist und wozu die Parteien sich erklären konnten. Eindrücke, die nicht in das Verhandlungsprotokoll aufgenommen worden sind, zu denen also die Parteien auch keine Stellung nehmen konnten, dürfen daher nach einem Richterwechsel selbst dann nicht berücksichtigt werden, wenn von drei mitwirkenden Richtern nur einer an der Beweisaufnahme nicht teilgenommen hat (BGH, Urt. v. 12. März 1992, III ZR 133/90, WM 1992, 1712, 1713 f m.w.N.). Diese Grundsätze haben weder das Landgericht noch das Berufungsgericht miÃachtet. Beide Gerichte haben lediglich die protokollierten Aussagen gewürdigt. Fragen der Glaubwürdigkeit der Zeugen, für die ein persönlicher Eindruck bedeutsam sein konnte, welcher im Protokoll über die Beweisaufnahme nicht niedergelegt worden ist, stellten sich entgegen der Auffassung der Revision nicht. Das Landgericht hat seine Ãberzeugung auf die Bekundungen aller Zeugen gestützt, deren Aussagen sich nach seiner Würdigung nicht widersprechen. Die Revision zeigt nicht auf, inwieweit die Bekundungen infolge fehlender Glaubwürdigkeit eines oder mehrerer Zeugen dem Beweisergebnis nicht hätten zugrunde gelegt werden dürfen. Das Berufungsgericht war nicht gehalten, dem Antrag der Beklagten auf Wiederholung der Beweisaufnahme nachzukommen. Es ist in der Beurteilung der Zeugenaussagen der des Landgerichts gefolgt. Es muÃte sich durch das Vorbringen der Beklagten nicht veranlaÃt sehen, Zweifel an der Glaubwürdigkeit bestimmter Zeugen zu hegen, was eine erneute Vernehmung erforderlich gemacht hätte. Die Beklagte hatte zwar geargwöhnt, ob nicht die Zeugen K. als Brüder der Klägerin sich solidarisch verhalten haben könnten. Sie hat jedoch nicht dargelegt, inwieweit dies Einfluà auf die Richtigkeit der Aussage hätte haben können, vielmehr hervorgehoben, daà nicht behauptet werden solle, die Zeugen hätten vorsätzlich oder fahrlässig falsch ausgesagt.
c)Das Landgericht hat angenommen, daà dem Zeugen C. ein Verschulden zur Last fällt. Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Aufgrund der getroffenen Feststellungen ist allerdings davon auszugehen, daà dem Zeugen nicht lediglich Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist - wie das Landgericht gemeint hat -, sondern Vorsatz. Wer nämlich - wie hier der Zeuge - in Kenntnis der für die Berechnung wesentlichen BezugsgröÃen, und damit ohne Anhaltspunkt für den von ihm angepriesenen kostenlosen Erwerb, "ins Blaue hinein" falsche Angaben macht, rechnet mit der Möglichkeit ihrer Unrichtigkeit und handelt bedingt vorsätzlich (vgl. BGHZ 63, 382, 388; Senat, Urt. v. 19. Dezember 1980, V ZR 185/79, NJW 1981, 864, 865) [BGH 19.12.1980 - V ZR 185/79].
d)Soweit die Revision die Auffassung des Landgerichts bekämpft, die unrichtigen Angaben des Zeugen C. seien für den Kaufentschluà der Kläger kausal geworden, bleibt sie ebenfalls erfolglos.
Falsch ist schon ihr Ausgangspunkt, beweispflichtig für die Ursächlichkeit seien die Kläger. Nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist, wer vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt, darlegungs- und beweispflichtig dafür, daà der Schaden auch bei pflichtgemäÃem Verhalten eingetreten wäre, der Geschädigte also den Hinweis unbeachtet gelassen und auch bei wahrheitsgemäÃen Tatsachenangaben den Vertrag so wie geschehen geschlossen hätte (vgl. BGH, Urt. v. 28. November 1983, II ZR 72/83, WM 1984, 221, 222; Senat, Urt. v. 30. Oktober 1987, V ZR 144/86, WM 1988, 48, 50; Urt. v. 20. September 1996, V ZR 173/95, Umdruck S. 8, unveröffentlicht; BGHZ 111, 75, 81 f;  124, 151, 159 f). Diesen Beweis hat die Beklagte nicht geführt.
aa)Die Ursächlichkeit wäre zu verneinen, wenn die Kläger den - zutreffende Angaben enthaltenden - Prospekt über das Kaufobjekt ausgehändigt erhalten hätten. Dies ist nach der von dem Berufungsgericht geteilten Beweiswürdigung des Landgerichts nicht der Fall. Selbst wenn insoweit Zweifel verbleiben sollten, so hat die Beklagte jedenfalls nicht den Beweis des Gegenteils erbracht. Dies macht auch die Revision nicht geltend.
bb)Die Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und Vertragsschluà wird auch nicht dadurch beseitigt, daà die notarielle Urkunde vom 10. Februar 1989, in der die Kläger das Angebot zum Abschluà eines Treuhandvertrages und von Geschäftsbesorgungsverträgen abgegeben haben, folgenden Hinweis enthält: "Auch wurde darauf hingewiesen, daà nach überschlagener Rechnung die monatlichen Mieteinnahmen, nach Fertigstellung der Wohnung, die erforderlichen Finanzierungsaufwendungen bei Weitem nicht decken." Allerdings kann dieser deutlichen Warnung vor den Risiken des Geschäfts nicht deswegen die Erheblichkeit für die EntschlieÃung der Kläger abgesprochen werden, weil diese - wie das Landgericht gemeint hat - als einfache Menschen kaum so flexibel gewesen seien, den einmal gefaÃten Kaufentschluà angesichts des Hinweises noch einmal umzustoÃen. Diese Auffassung, die sich zudem nicht auf konkrete Feststellungen zur Persönlichkeit der Kläger stützt, verkennt, daà die rechtsgeschäftlich maÃgeblichen Erklärungen erst vor dem Notar abgegeben werden und daà die dem Notar auferlegte Belehrungspflicht (§ 17 BeurkG) gerade dazu dient, die Grundlagen für eine den eigenen Interessen Rechnung tragende Entscheidung zu schaffen, mögliche Irrtümer auszuräumen und Fehleinschätzungen zu vermeiden.
Der notarielle Hinweis ist allein jedoch nicht geeignet, die Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und Abgabe der zum Kauf führenden Erklärungen der Kläger zu beseitigen. Er hätte allerdings bei ihnen Zweifel wecken können, ob die Angaben des Zeugen C. sachlich richtig waren. Er stand diesen Angaben jedoch nicht generell entgegen, da er nur eine Beziehung zwischen Mieteinnahmen und Finanzierungsaufwand herstellte und auf eine deutliche Unterdeckung aufmerksam machte. Der Steuervorteil, den abzuschätzen der Notar keine Grundlagen hatte, bleibt hingegen auÃer Betracht. Nach den Angaben des Zeugen C. konnten die Kläger weiterhin der Annahme sein, "unter dem Strich" bleibe jedenfalls keine Kostenbelastung. Das war zwar bei sorgfältiger Ãberlegung nicht sehr wahrscheinlich; daà die Kläger hiervon jedoch weiterhin ausgingen, ist nicht ausgeschlossen. Soweit die Revision anmerkt, den Klägern sei es gerade auf eine Deckung der Zinsen durch die Mieteinnahmen gegangen, ist dies dem dazu angeführten Sachvortrag nicht zu entnehmen.
2.Zu Recht - wenn auch ohne Auswirkung auf das Endergebnis - merkt die Revision hingegen an, daà die Vorinstanzen sich nicht mit der Frage beschäftigt haben, ob den Klägern durch die schuldhafte Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist.
a)Die Kläger begehren die Rückgängigmachung des Vertrages unter dem Gesichtspunkt der Haftung wegen Verschuldens bei VertragsschluÃ. Sie machen damit einen Schadensersatzanspruch geltend mit der Rechtsfolge der Naturalrestitution (§ 249 BGB). Voraussetzung dafür ist das Vorliegen eines Vermögensschadens.
aa)Das Landgericht hat angenommen, die Kläger hätten angesichts ihres geringen Einkommens kein Interesse gehabt, sich zusätzliche Kosten aufzulasten. Ob damit bereits ein Vermögensschaden dargelegt ist, erscheint zweifelhaft. Zunächst einmal wird durch diese Feststellung belegt, daà die Kläger bei Kenntnis des wahren Sachverhalts von dem Vertragsschluà abgesehen hätten, daà also die Eingehung des Vertrages auf die unrichtigen Angaben des Zeugen Cetin zurückzuführen ist. Daraus folgt nicht mehr, als daà die Kläger den Vertrag unter pflichtwidriger Einwirkung auf ihre EntschlieÃungsfreiheit eingegangen sind, was unter Umständen eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gerechtfertigt hätte (§ 123 BGB), was aber noch nicht besagt, daà den Klägern auch ein Vermögensschaden entstanden ist, der die Rechtsfolgen eines Schadensersatzanspruchs auslöst.
bb)Der Bundesgerichtshof geht allerdings - ebenso wie schon das Reichsgericht (RGZ 79, 194, 197) - in ständiger Rechtsprechung davon aus, daà der durch Irreführung oder mangelnde Aufklärung zum Abschluà eines Vertrages bestimmte Vertragspartner neben einer möglichen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung auch die Rückgängigmachung des Vertrages unter den Voraussetzungen der culpa in contrahendo oder einer deliksrechtlichen Anspruchsnorm verlangen kann. Einen Vorrang des Anfechtungsrechts vor einer auf Schadensersatz gerichteten Haftung verneint er. Das gilt auch dann, wenn im Einzelfall eine Anfechtung nicht in Betracht kommt, weil die Frist versäumt ist (§ 124 BGB) oder weil es an der Arglist fehlt (s. nur BGH, Urt. v. 31. Januar 1962, VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1197 [BGH 31.01.1962 - VIII ZR 120/60]; Urt. v. 28. Februar 1968, VIII ZR 210/65, NJW 1968, 986; Urt. v. 23. April 1969, IV ZR 780/68, NJW 1969, 1625 [BGH 23.04.1969 - IV ZR 780/68]; Senat, Urt. v. 27. Februar 1974, V ZR 85/72, NJW 1974, 849 [BGH 27.02.1974 - V ZR 85/72]; Urt. v. 11. Mai 1979, V ZR 75/78, NJW 1979, 1983). Diese Rechtsprechung ist in der Literatur zum Teil auf Kritik gestoÃen. Es ist eingewandt worden, sie bedeute eine Aushöhlung des Anfechtungsrechts, da die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs - anders als die Anfechtung - weder von der Einhaltung kurzer Fristen, noch vom Vorliegen einer vorsätzlichen Pflichtverletzung abhänge (Medicus, JuS 1965, 209; Liebs, AcP 174, 26; MünchKomm-BGB/Kramer, 3. Aufl., § 123 Rdn. 30 m.w.N.; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., vor § 275 Rdn. 199 m.w.N.). Der Bundesgerichtshof hat seine Auffassung zum einen damit begründet, daà Anfechtung und Schadensersatzanspruch unterschiedliche Rechtsfolgen hätten. Während die Anfechtung "dinglich" wirke (gemeint ist nicht die - im Einzelfall fragwürdige - Erstreckung auf das Erfüllungsgeschäft, sondern die unmittelbare Nichtigkeit des Vertrages nach § 142 BGB), habe der Schadensersatzanspruch nur die Verpflichtung zur Rückgängigmachung zur Folge (BGH, Urt. v. 31. Januar 1962, VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1197, 1198) [BGH 31.01.1962 - VIII ZR 120/60]. Diesem Argument wird man entgegenhalten können, daà die Unterschiede eher konstruktiver Natur sind und die mit der Nichtigkeit verbundene Drittwirkung bei einer schuldrechtlichen Rückabwicklung über die Vorschrift des § 404 BGB erreicht wird (vgl. Medicus, JuS 1965, 209, 212). Zum anderen hat er aber auch auf die unterschiedlichen Voraussetzungen hingewiesen: Die Anfechtung schützt die freie Selbstbestimmung auf rechtsgeschäftlichem Gebiet gegen unerlaubte Mittel der Willensbeeinflussung, und zwar unabhängig vom Eintritt eines Schadens; die Rückgängigmachung nach c.i.c.-Grundsätzen oder aufgrund deliktsrechtlicher Normen verlangt auf der Tatbestandsseite den Eintritt eines Schadens (vgl. Senat, Urt. v. 11. Mai 1979, V ZR 75/78, NJW 1979, 1983, 1984; ebenso Schubert, AcP 168, 470, 504 ff, 505). Will man diese Unterschiede nicht verwischen und zudem die für Schadensersatzansprüche anerkannten Grundsätze aufgeben, so wird man an der Voraussetzung festhalten müssen, daà die Rückgängigmachung des Vertrages von einem durch die im Verhandlungsstadium begangene schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung entstandenen Vermögensschaden abhängt.
b)aa)Ob ein Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich nach der sog. Differenzhypothese, also nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne jenes Ereignis ergeben hätte (vgl. Senat, Urt. v. 5. Dezember 1980, V ZR 160/78, NJW 1981, 976; BGHZ (GSZ) 98, 212, 217, jeweils m.w.N.). Auf den konkreten Fall bezogen bedeutet dies, daà die Vermögenslage der Kläger zu vergleichen ist, und zwar die Gesamtvermögenslage (vgl. nur BGHZ 86, 128, 130 ff; Lange, Schadensersatz, 2. Aufl., § 1 I), wie sie sich nach Abschluà der auf den Erwerb der Eigentumswohnung gerichteten Verträge darstellt, mit der Vermögenslage, wie sie sich ohne diese Verträge entwickelt hätte. Zu einem Schaden kommt man infolgedessen dann, wenn bei diesem Vergleich ein rechnerisches Minus verbleibt, wenn also der Vertragsschluà für die Kläger wirtschaftlich nachteilig gewesen ist. Das ist grundsätzlich dann der Fall, wenn die erworbene Eigentumswohnung den Kaufpreis nicht wert ist oder wenn trotz Werthaltigkeit des Kaufgegenstandes die mit dem Vertrag verbundenen Verpflichtungen und sonstigen Nachteile durch die Vorteile nicht ausgeglichen werden. Bei dieser Gegenüberstellung sind die Rechnungsposten allerdings, gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes, wertend zu bestimmen (vgl. BGHZ (GSZ) 98, 212, 217 m.w.N.). Die Differenzhypothese hat sich einer normativen Kontrolle zu unterziehen, die sich einerseits an der jeweiligen Haftungsgrundlage, konkret also an dem sie ausfüllenden haftungsbegründenden Ereignis, und andererseits an der darauf beruhenden Vermögensminderung orientiert (vgl. BGHZ 99, 182, 196) [BGH 10.12.1986 - VIII ZR 349/85] und die dabei auch die Verkehrsanschauung berücksichtigt (vgl. BGHZ (GSZ) 98, 212, 213 ff, 223; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., vor § 249 Rdn. 45 Lange, Schadensersatz, 2. Aufl., § 1 III 2).
bb)Es erscheint zweifelhaft, ob diese an sich anerkannten Grundsätze bei der Prüfung von Schadensersatzansprüchen mit dem Ziel der Vertragsrückabwicklung in der Vergangenheit stets angewendet worden sind. Neben Entscheidungen, in denen dies offensichtlich geschehen ist (vgl. Senat, Urt. v. 18. Dezember 1981, V ZR 207/80, WM 1982, 428, 429; BGH, Urt. v. 27. September 1988, XI ZR 4/88, WM 1988, 1685, 1688; Urt. v. 19. Dezember 1989, XI ZR 29/89, WM 1989, 681, 683 f; Urt. v. 13. November 1990, XI ZR 268/89, NJW 1991, 694, 695; BGHZ 115, 213, 221; s. auch OLG Stuttgart, WM 1987, 1260, 1262; OLG Köln, WM 1987, 1292, 1293), finden sich auch solche Urteile, in denen die Frage jedenfalls nicht zum Gegenstand der Erörterung gemacht worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 31. Januar 1962, VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1197 [BGH 31.01.1962 - VIII ZR 120/60]; Urt. v. 28. Februar 1968, VIII ZR 210/65, NJW 1968, 986; BGHZ 69, 53 [BGH 25.05.1977 - VIII ZR 186/75]; Senat, Urt. v. 11. Mai 1979, V ZR 75/78, NJW 1979, 1983; BGH, Urt. v. 30. April 1986, VIII ZR 112/85, ZIP 1986, 984; Urt. v. 9. Oktober 1989, II ZR 257/88, NJW-RR 1990, 229), mag auch im Einzelfall ein Vermögensschaden vorgelegen haben (etwa in den Fällen BGH, Urt. v. 31. Januar 1962, VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1197 [BGH 31.01.1962 - VIII ZR 120/60]; Urt. v. 28. Februar 1968, VIII ZR 210/65, NJW 1968, 986; vgl. auch Senat, Urt. v. 18. Dezember 1981, V ZR 207/80, WM 1982, 428; BGH, Urt. v. 16. Januar 1985, VIII ZR 317/83, WM 1985, 463). Ob angesichts dieses vielschichtigen Befundes zum Teil eine Rückabwicklung des Vertrages nach c.i.c.-Grundsätzen für möglich gehalten wird, auch ohne daà der durch Fehlinformationen veranlaÃte Vertragsschluà wirtschaftlich nachteilig gewesen ist und damit zu einem Vermögensschaden geführt hat, läÃt sich nicht sicher feststellen. Eine Begründung dafür fehlt jedenfalls. Der Senat hielte eine Verpflichtung zur Rückgängigmachung eines Vertrages unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluà ohne die nach allgemein anerkannten Grundsätzen getroffene Feststellung eines Vermögensschadens nicht für zulässig. Eine solche Lösung kann insbesondere auch nicht der Entscheidung des Reichsgerichts entnommen werden, auf der die dargestellte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes fuÃt (RGZ 97, 194, 197).
cc)Im konkreten Fall erlaubt der durch die Bezugnahme des Berufungsgerichts auf die Schriftsätze der Parteien unterbreitete Sachvortrag die Feststellung, daà den Klägern ein Vermögensschaden entstanden ist. Dazu lassen sich zwei Ãberlegungen anstellen.
Ist - was zwischen den Parteien streitig ist - der Kaufgegenstand den Kaufpreis wert, so kann ein Vermögensschaden schon darin liegen, daà der von dem schuldhaften Pflichtverstoà Betroffene in seinen konkreten Vermögensdispositionen beeinträchtigt ist. Der Schadensersatzanspruch dient dazu, den konkreten Nachteil des Geschädigten auszugleichen; der Schadensbegriff ist mithin im Ansatz subjektbezogen (vgl. Lange, a.a.O. § 1 III 2; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., vor § 249 Rdn. 20 ff). Wird jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluà eines Vertrages gebracht, den er sonst nicht geschlossen hätte, kann er auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, daà die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (vgl. Hagen, Die Drittschadensliquidation im Wandel der Rechtsdogmatik, S. 165; Lange, a.a.O. § 1 III 2; Staudinger/Medicus, BGB, 12. Aufl., § 249 Rdn. 9; in dieser Richtung z.B. BGH, Urt. v. 12. Oktober 1993, X ZR 65/92, NJW 1994, 663, 664). Insoweit besteht eine Vergleichbarkeit zur strafrechtlichen Bewertung solcher Konstellationen im Rahmen des Betrugstatbestandes (vgl. nur BGHSt 16, 321, 325 ff). Die Bejahung eines Vermögensschadens unter diesem Aspekt setzt allerdings voraus, daà die durch den unerwünschten Vertrag erlangte Leistung nicht nur aus rein subjektiv willkürlicher Sicht als Schaden angesehen wird, sondern daà auch die Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände den Vertragsschluà als unvernünftig, den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig ansieht.
Ein solcher Schaden kommt im konkreten Fall in Betracht, da für die Kläger angesichts ihrer beschränkten finanziellen Verhältnisse ein Immobilienerwerb, selbst wenn er - objektiv besehen - wirtschaftlich vernünftig gewesen sein sollte, subjektiv nur dann sinnvoll war, wenn sich dadurch keine nachhaltige Beeinträchtigung der sonstigen Lebensführung ergab. Ob der Sachvortrag der Parteien ausreicht, um unter diesem Gesichtspunkt einen Vermögensschaden zu bejahen, bedarf jedoch nicht der Entscheidung.
Ein Schaden ergibt sich nämlich schon aufgrund einer Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile des eingegangenen Vertrages. Da Mieteinnahmen und Steuerersparnis die Unkosten der Kläger - auch nach den von der Beklagten angestellten Berechnungen - nicht decken, führt die Gegenüberstellung nur dann nicht zu einem Vermögensschaden, wenn die nicht kompensierten Aufwendungen der Kläger durch eine Wertsteigerung der Eigentumswohnung aufgewogen werden und wenn ggf. dieser Vorteil - bei wertender Betrachtung (vgl. nur Senat, BGHZ 77, 151, 153 ff [BGH 16.05.1980 - V ZR 91/79]; BGHZ 91, 206, 210) - auf Seiten der Kläger, und damit zugunsten der Beklagten, zu berücksichtigen ist. Dem Sachvortrag der hierfür darlegungs- und ggf. beweispflichtigen Beklagten (vgl. nur BGHZ 94, 195, 217 [BGH 24.04.1985 - VIII ZR 95/84] m.w.N.) kann nicht entnommen werden, daà eine die Unkosten ausgleichende Wertsteigerung in die Differenzberechnung einzustellen ist. Von einem Vermögensschaden der Kläger ist daher auszugehen.
III.Der Schadensersatzanspruch wird nicht durch ein mitwirkendes Verschuldens der Kläger berührt (§ 254 Abs. 1 BGB).
Allerdings weist die Revision zu Recht darauf hin, daà die Kläger angesichts des deutlichen Hinweises auf eine mögliche Deckungslücke in dem Notarvertrag schuldhaft gegen eigene Belange verstoÃen haben, indem sie diesem Hinweis nicht die nötige Beachtung geschenkt haben. Dies kann die Beklagte den Klägern jedoch nicht entgegenhalten. Bei einem Schadensersatzanspruch wegen Erteilung einer unrichtigen Auskunft kann sich der Schädiger nämlich in aller Regel nicht mit dem Einwand entlasten, der Geschädigte habe sich auf die Richtigkeit seiner Angaben nicht verlassen dürfen. Dies widerspräche dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der in § 254 BGB lediglich eine besondere Ausprägung erhalten hat (vgl. BGH, Urt. v. 7. Januar 1965, VII ZR 28/63, WM 1965, 287, 288; Urt. v. 6. April 1978, III ZR 43/76, WM 1978, 946, 948; Urt. v. 1. Dezember 1987, X ZR 36/86, NJW-RR 1988, 855, 856). Dies gilt vor allem dann, wenn - wie hier - die Beklagte (bedingt) vorsätzlich gehandelt hat, während den Klägern nur ein fahrlässiger Verstoà gegen eigene Belange zur Last fällt (vgl. BGHZ 98, 148, 158) [BGH 08.07.1986 - VI ZR 47/85].
4.Nicht zu beanstanden ist, daà die Kläger den Anspruch auf die Befreiung von den Verbindlichkeiten aus dem zur Finanzierung des Erwerbs eingegangenen Kreditvertrag gerichtet haben. Der Senat kann die dahingehende Verurteilung jedoch nur dem Grunde nach bestätigen. Das Berufungsgericht hat nämlich nicht bedacht, daà die Kläger so zu stellen sind, als hätten sie den Vertrag nicht geschlossen. Das bedeutet u.a., daà die ihnen zugeflossenen Mieteinnahmen ebenso zu berücksichtigen sind wie die Steuervorteile, soweit diese ihnen trotz Rückabwicklung verbleiben. Wegen dieser Einzelheiten der Rückabwicklung ist daher der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Soweit das angefochtene Urteil die Feststellung einer weitergehenden Schadensersatzpflicht enthält, spielen diese Rückabwicklungsmodalitäten keine Rolle. Die Revision unterliegt daher insoweit der Zurückweisung.