zurück zur Übersicht

Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 22.12.1995, Az.: V ZR 334/94

Tatbestand

Die Klägerin war Eigentümerin eines Grundstücks in B.-K. Ihr Ehemann und Rechtsvorgänger hatte im Jahre 1936 einen Teil dieses Grundstücks einem Ehepaar entgeltlich zum Gebrauch überlassen und den Nutzern gestattet, dort zum Betrieb eines Ladengeschäfts ein Gebäude zu errichten. In der Folgezeit haben die Nutzer mehrfach gewechselt. Dabei wurde jeweils ein neuer Nutzungsvertrag geschlossen. Das Gebäude wurde vom ausscheidenden an den neuen Nutzer veräußert.

Im Jahre 1987 wurde das Gebäude den Beklagten auf der Grundlage der Verordnung über die staatliche Gewerberaumlenkung zugewiesen. Die Klägerin schloß daraufhin mit den Beklagten am 4. Januar 1988 einen als Pachtvertrag bezeichneten Vertrag über den Grundstücksteil zu einem monatlichen Entgelt von 100 Mark/DDR. Der Vertrag berechtigte die Beklagten, das Ladengeschäft "zu verkaufen" oder "weiter zu verpachten". Mit den Vorgängern schlossen die Beklagten am 22. Januar 1988 einen Kaufvertrag, durch den sie "einen Ersatzanspruch für das Gebäude... in Höhe von 6.923, -- M" gegen die Klägerin mittels Abtretung erwarben.

Mit Schreiben vom 18. Juni 1992 kündigte die Klägerin das Vertragsverhältnis der Parteien bis zum 4. Januar 1993, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Sie verlangt Herausgabe des Grundstücks nebst Ladenlokal, und zwar - nachdem sie das Grundstück während des Rechtsstreits veräußert hat - an die im Grundbuch eingetragenen Erwerber.

Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, es könne dahingestellt bleiben, ob das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien durch Kündigung beendet worden sei. Jedenfalls stehe den Beklagten gegenüber dem geltend gemachten Herausgabeanspruch nach Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 1 d EGBGB ein Recht zum Besitz zu.

Im Ergebnis hält dies der rechtlichen Prüfung stand.

II. 1. Ein Anspruch auf Herausgabe des von den Beklagten betriebenen Ladenlokals steht der Klägerin nicht zu.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, daß das im Jahre 1936 errichtete Gebäude nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 S. 1 BGB) geworden ist, sondern als Scheinbestandteil im Sinne von § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB im Eigentum der damaligen Nutzer stand. Dies wird von der Revision nicht bekämpft; es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken. Nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB gehören solche Sachen nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich in erster Linie nach dem Willen des Erbauers, sofern dieser mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einklang zu bringen ist (Senatsurt. v. 5. März 1958, V ZR 246/56, LM BGB § 95 Nr. 5; BGHZ 92, 70, 73) [BGH 04.07.1984 - VIII ZR 270/83]. Verbindet ein Mieter, Pächter oder in ähnlicher Weise schuldrechtlich Berechtigter Sachen mit dem Grund und Boden, so spricht nach feststehender Rechtsprechung regelmäßig eine Vermutung dafür, daß dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Vertragsverhältnisses und damit zu einem vorübergehenden Zweck geschieht (Senat, BGHZ 8, 1, 5 [BGH 31.10.1952 - V ZR 36/51]; Urt. v. 27. Mai 1959, V ZR 173/57, LM BGB § 95 Nr. 6). Diese Vermutung wird nicht schon bei einer massiven Bauart des Bauwerks oder bei langer Dauer des Vertrages entkräftet (Senat, aaO.; ebenso BGHZ 92, 70, 74) [BGH 04.07.1984 - VIII ZR 270/83]. Hierfür ist vielmehr erforderlich, daß der Erbauer bei der Errichtung des Baus den Willen hat, das Bauwerk bei Beendigung des Vertragsverhältnisses in das Eigentum seines Vertragspartners übergehen zu lassen

(BGHZ 8, 1, 6 [BGH 31.10.1952 - V ZR 36/51];  92, 70, 74) [BGH 04.07.1984 - VIII ZR 270/83]. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht angenommen, daß das Gebäude unter Berücksichtigung der konkreten Fallumstände nur zu einem vorübergehenden Zweck, nämlich für die Dauer der vertraglichen Nutzung, mit dem Grundstück verbunden worden ist. Dies hält sich im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung.

b) Damit steht der Klägerin weder ein dinglicher (§ 985 BGB) noch ein vertraglicher Herausgabeanspruch (§ 556 Abs. 1 BGB oder §§ 556 Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB) zu.

Ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB scheitert daran, daß die Klägerin nicht Eigentümerin des Gebäudes geworden ist. Die Trennung von Eigentum am Grund und Boden und am Gebäude ist weder mit Einführung des Zivilgesetzbuchs der DDR im Jahre 1976 (vgl. § 2 Abs. 2 S. 2 EGZGB) noch mit Wiedereinführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Beitrittsgebiet im Jahre 1990 aufgegeben worden (vgl. Art. 231 § 5 Abs. 1 S. 1, Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB). Da ein rechtsgeschäftlicher Erwerb zugunsten der Klägerin nicht in Rede steht, kann ihr somit das Eigentum an dem Gebäude nicht zustehen.

Ein vertraglicher Herausgabeanspruch besteht - unabhängig davon, ob das zugrundeliegende Vertragsverhältnis als Miete oder als Pacht zu qualifizieren ist - deswegen nicht, weil das Gebäude nicht Gegenstand der vertraglich gewährten Nutzung ist. Zur Nutzung überlassen ist vielmehr allein der Grundstücksteil, auf dem das Gebäude errichtet wurde. Nach der vom Berufungsgericht vorgenommenen Vertragsauslegung haben die Beklagten das Gebäude nämlich von den Vorbesitzern gekauft, leiten also ihre Rechtsposition bezüglich des Ladenlokals von diesem Erwerbsgeschäft ab. Sie stützen sie nicht auf ein von der Klägerin abgeleitetes Besitzrecht. Diese tatrichterliche Auslegung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht zu beanstanden. Sie berücksichtigt die von den Parteien vorgetragenen Umstände und läßt Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze nicht erkennen.

2. Dem auf § 985 BGB gestützten Herausgabeanspruch bezüglich des Grundstücks steht ein Recht der Beklagten zum Besitz entgegen. Dies ergibt sich - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - allerdings nicht aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 1 d EGBGB.

a) Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist zu einem Zeitpunkt ergangen, in dem das Sachenrechtsmoratorium unter den in Art. 233 § 2 a Abs. 1 EGBGB geregelten Voraussetzungen ein Recht zum Besitz gewährte. Nach Absatz 1 Satz 2 dieser Vorschrift ist ein darauf gestütztes Recht jedoch mit Inkrafttreten des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes am 1. Oktober 1994 erloschen. Auch die Voraussetzungen, unter denen nach Absatz 1 S. 3 ein Recht zum Besitz gegebenenfalls fortbesteht (§§ 3 Abs. 3, 4, 121 SachenRBerG), liegen nicht vor.

b) Darüber hinausgehend besteht allerdings in allen Fällen, in denen eine Sachenrechtsbereinigung stattzufinden hat, ein Recht zum Besitz bis zur Durchführung der Bereinigung. Dieses Recht ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes, das die in der DDR erworbenen Nutzungsrechte oder aufgrund faktischer Gegebenheiten anerkannten Nutzungsberechtigungen aufrecht zu erhalten und in nunmehr geltende Rechtsnormen zu übertragen sucht (vgl. Vossius, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, Einl. Rdn. 68). Der vorliegende Sachverhalt fällt jedoch nicht in den Regelungsbereich des Gesetzes. Anknüpfungspunkt für eine Sachenrechtsbereinigung ist hier der Erwerb des Geschäftsgebäudes durch die Beklagten. Das Sachenrechtsbereinigungsgesetz unterstellt diesen Erwerbsvorgang - unabhängig davon, ob er im konkreten Fall wirksam oder, wie die Revision meint, unwirksam war - nicht seinem Schutz. Ein Erwerb von gewerblich genutzten Gebäuden wird von § 7 SachenRBerG erfaßt. Eines der in Absatz 2 dieser Vorschrift enthaltenen Regelbeispiele greift jedoch nicht ein. Danach finden Investitionen durch Genossenschaften, Vereinigungen, Betriebe, landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften oder staatliche Stellen Berücksichtigung. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Aufwendungen privater Gewerbetreibender sind nach Absatz 2 Nr. 6 nur von Bedeutung, wenn sie dem Bau auf vormals volkseigenen Grundstücken gedient haben. Im übrigen wird der Erwerb von Gebäuden durch natürliche Personen nur geschützt, wenn es sich um Eigenheime handelt (§§ 4 Nr. 1, 5 SachenRBerG). Aus dem Gesamtzusammenhang der Normen ergibt sich, daß der Erwerb durch die Beklagten auch nicht unter den allgemeinen Tatbestand des Absatzes 1 subsumiert werden kann. Das Ziel des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes besteht darin, die vorgefundenen Rechtsstrukturen des Bodenrechts der DDR an die marktwirtschaftlichen Gegebenheiten des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzupassen (vgl. Czub, in: Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, Einführung Rdn. 33 ff). Diese Strukturen zeichneten sich dadurch aus, daß die Bodennutzung im Regelfall nicht privatrechtlich, sondern öffentlich-rechtlich ausgestaltet war. Nicht das Eigentum am Grundstück oder privatrechtlich eingeräumte Befugnisse waren Voraussetzung für die Nutzung. An deren Stelle traten vielmehr Nutzungsformen, die sich aufgrund staatlicher Verleihung oder Duldung herausbildeten (vgl. Eickmann, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, Einleitung Rdn. 57 ff). Um die (Wieder-) Einordnung dieser spezifischen Rechtsverhältnisse in das Zivilrechtssystem geht es bei der Sachenrechtsbereinigung (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 12/5992, S. 53). Eine solche Konstellation besteht hier nicht. Die Beklagten nutzen das Gebäude aufgrund eines Kaufvertrages mit den früheren Nutzern. Die Inanspruchnahme des Grundstücks hat ebenfalls eine schuldrechtliche Grundlage. Eine solche Nutzung, dies folgt auch aus § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SachenRBerG, wird vom Gesetz nicht erfaßt (vgl. Eickmann, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, § 2 Rdn. 13; Czub in: Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, Einführung Rdn. 84, § 2 Rdn. 39 ff, 60 f).

c) Die Entscheidung über den geltend gemachten Herausgabeanspruch bezüglich des Grundstücks erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO). Die Beklagten können sich nämlich auf ein Besitzrecht aufgrund der Regelungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes berufen.

Nach § 49 Abs. 1 SchuldRAnpG besteht bei einem von § 43 SchuldRAnpG erfaßten Miet- oder Pachtvertrag ein Kündigungsschutz bis zum 31. Dezember 2000. Daraus folgt ein zumindest bis zu diesem Zeitpunkt befristetes vertragliches Besitzrecht.

aa) Eine unmittelbare Anwendung des § 43 SchuldRAnpG kommt allerdings nicht in Betracht.

Ein Miet-, Pacht- oder sonstiger Nutzungsvertrag genießt den Kündigungsschutz nach dieser Vorschrift nämlich nur, wenn der Nutzer auf dem überlassenen Grundstück vor dem Beitritt mit Billigung staatlicher Stellen ein Wohn- oder gewerblichen Zwecken dienendes Bauwerk errichtet oder ein solches Bauwerk vom vorherigen Nutzer aufgrund vertraglicher Vereinbarung übernommen hat. Die Voraussetzungen des hier in Betracht kommenden Erwerbstatbestandes liegen indes nicht vor. Zwar ist eine kaufvertraglich vereinbarte Übernahme des Ladenlokals durch die Beklagten anzunehmen. Doch fehlt es an dem Merkmal der Bebauung mit Billigung staatlicher Stellen, das nach dem Kontext der Vorschrift nicht nur für den Fall gilt, daß der aktuelle Nutzer das Gebäude selbst errichtet hat, sondern auch dann, wenn er das schon fertige Gebäude vom Vorbesitzer erworben hat. Das folgt aus dem Verweis auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchuldRAnpG, welche Vorschrift generell nur Miet-, Pacht- oder sonstige Nutzungsverträge dem Schutz des Schuldrechtsanpassungsgesetzes unterstellt, wenn aufgrund eines solchen Vertrages mit Billigung staatlicher Stellen ein Bauwerk zu Wohn- oder gewerblichen Zwecken erstellt worden ist. Mit "Billigung staatlicher Stellen" sind jedoch - wie sich schon aus § 10 Abs. 1 SachenRBerG ergibt - nur staatliche Stellen der DDR gemeint. Nur deren Verhalten bot Anlaß, Regelungen zum Schutze des Nutzers zu treffen, der in diesen Fällen regelmäßig auf die der staatlichen Lenkung unterworfene langfristige Nutzungsmöglichkeit vertraut hat (vgl. auch Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 12/7135, abgedruckt in: Text und Dokumentationsband Schuldrechtsänderungsgesetz, 1994, S. 103). Ist - wie hier - das Gebäude in früherer Zeit, ohne Beteiligung staatlicher Stellen der DDR, errichtet worden, greift somit das Schuldrechtsanpassungsgesetz seinem Wortlaut nach nicht ein.

bb) Das Gesetz ist jedoch lückenhaft. Es erfaßt nicht alle Fälle, in denen nach dem gesetzgeberischen Plan ein Nutzerschutz geboten ist. Zugunsten der Beklagten ist diese Lücke im vorliegenden Fall durch eine analoge Anwendung des § 43 SchuldRAnPG zu schließen.

Die Vorstellung des Gesetzgebers bestand darin, die nach dem Recht der DDR begründeten Nutzungsverhältnisse der verschiedensten Art nicht nur in Rechtsgestaltungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu überführen, sondern dabei auch dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Verträge privatautonom nur beschränkt gestaltet werden konnten und durch öffentlich-rechtliche Eingriffe überlagert wurden. Dies hatte Auswirkungen sowohl auf den Grundstückseigentümer wie auf den Nutzer. So waren die Entgelte zumeist durch Preisvorschriften gesetzlich festgelegt und erlaubten keine an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientierte Kalkulation. Andererseits sahen viele Nutzungsverträge, gerade im gewerblichen Bereich, eine kurzfristige Kündigung vor. Diese war jedoch in der Praxis kaum von Bedeutung, weil für den Grundstückseigentümer ein Kontrahierungszwang bestand, soweit eine öffentlich-rechtliche Zuweisung erfolgt war, und weil staatliche Stellen an einer Beendigung des Vertragsverhältnisses meist kein Interesse hatten. So konnten Nutzer bauliche Investitionen vornehmen, ohne befürchten zu müssen, kurzfristig die Nutzungsmöglichkeit zu verlieren. Mit der Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuchs entfiel dieser auf den Besonderheiten der DDR-Wirklichkeit beruhende Nutzerschutz. An dessen Stelle sollten die durch eine typisierte Interessenabwägung gekennzeichneten Regelungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes treten (vgl. zu allem die Begründung des Regierungsentwurfs, aaO. S. 93 ff, 132).

Dieser Schutzgedanke trifft auch auf den vorliegenden Fall zu. Die Beklagten haben durch den Ankauf des Gebäudes im Vertrauen auf eine längerfristige Nutzungsmöglichkeit investiert. Dieses Vertrauen beruhte auf den besonderen Rechtsstrukturen in der DDR. Zwar ergab es sich hier nicht - wie von § 43 SchuldRAnpG an sich vorausgesetzt - daraus, daß die Beklagten ein Gebäude angekauft haben, das mit Billigung staatlicher Stellen der DDR errichtet worden wäre. Doch gründet es sich auf eine ähnliche, ebenfalls öffentlich-rechtlich gestaltete Konstellation, die es trotz fehlenden privatrechtlichen Schutzes als ausgeschlossen erscheinen ließ, daß ihnen die Nutzung durch jederzeitige Kündigung der Klägerin genommen werden könnte. Dies beruht auf der öffentlich-rechtlichen Überlagerung des privatrechtlichen Nutzungsverhältnisses durch die Zuweisung nach der Verordnung über die staatliche Gewerberaumlenkung vom 6. Februar 1986 (GBl I Nr. 16, S. 249). Diese Zuweisung bot die Gewähr dafür, daß den durch den Erwerb getätigten Investitionen eine langfristige Nutzung gegenüberstand. Das darauf beruhende Vertrauen erscheint nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht weniger schutzwürdig als das eines Erwerbers von Gebäuden, die mit Billigung staatlicher Stellen der DDR auf fremdem Grund und Boden errichtet worden sind. In beiden Fällen wurde der Schutz des Nutzers, der in einer marktwirtschaftlichen Rechtsordnung mit den Mitteln des Privatrechts auszugestalten ist, durch öffentlich-rechtliche, planwirtschaftliche Mechanismen erreicht. Sind diese Mechanismen entfallen, so bedarf es des Schutzes durch § 43 SchuldRAnpG, der dieser Situation in einem spezifischen, doch der Verallgemeinerung fähigen Tatbestand Rechnung trägt.

Dem steht auch nicht entgegen, daß der Grundgedanke des Schuldrechtsanpassungsgesetzes auf einen weiteren Aspekt verweist. Zu den Besonderheiten der Rechtsordnung der DDR zählte nämlich ferner, daß einem Nutzer, der auf vertraglicher Basis auf fremdem Grund und Boden Gebäude errichtet oder solche Gebäude erworben hat, ein privatrechtlicher Schutz auch insoweit versagt war, als das Gebäude regelmäßig nach § 295 Abs. 1 ZGB als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks in das Eigentum des Bodeneigentümers fiel. Eine dingliche Rechtsposition konnte ihm, da es an einer generellen, dem § 95 Abs. 1 BGB entsprechenden Vorschrift fehlte, nicht verschafft werden (vgl. dazu Begründung des Regierungsentwurfs, aaO. S. 132). Diese Besonderheit trifft hier nicht zu. Wie bereits dargestellt, ist das auf fremdem Grund und Boden errichtete Ladenlokal als Scheinbestandteil im Sinne von § 95 Abs. 1 BGB im Eigentum des Nutzers verblieben und separat weiterveräußert worden. Unabhängig davon, ob die Beklagten im konkreten Fall das Eigentum wirksam erworben haben oder ob dem - wie die Revision meint - Formvorschriften entgegenstanden, bestand zu einem Erwerb jedenfalls die rechtliche Möglichkeit. Einer Investition durch die Errichtung eines Bauwerks oder durch dessen Ankauf stand daher als Gegenwert die dingliche Berechtigung gegenüber.

Dies läßt jedoch die Schutzwürdigkeit der Beklagten nicht entfallen. Die dingliche Berechtigung erschöpft sich im Falle der Verpflichtung zur Herausgabe des Grundstücks nämlich in der Möglichkeit, das Gebäude abzureißen, im Regelfall also darin, den Gegenwert ganz überwiegend zu zerstören. Damit verbleibt dem Nutzer kein Äquivalent. Einem Herausgabeverlangen, bezogen auf das Grundstück, kann ein Hinweis auf die dingliche Berechtigung an dem Gebäude ohnehin nicht entgegengesetzt werden.

Nach allem steht den Beklagten schon aufgrund der staatlich gebilligten Nutzung des Grundstücks der Klägerin der in § 49 Abs. 1 SchuldRAnpG normierte Kündigungsschutz zur Seite. Es bedarf daher keiner weiteren Aufklärung des Sachverhalts darüber, ob die Beklagten im Zeitraum von Januar 1988 bis Oktober 1990 das Gebäude im Einvernehmen mit der Klägerin in einer Weise umgebaut und modernisiert haben, daß darin einem Neubau gleichkommende bauliche Investitionen gesehen werden können, die die unmittelbare Anwendung der §§ 43 ff SchuldRAnpG rechtfertigen. Nicht geprüft zu werden braucht ferner, ob dieser Sachverhalt ggf. den Einwand rechtsmißbräuchlichen Verhaltens der Klägerin begründet.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.