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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 16.12.1953, Az.: VI ZR 160/52

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Hamm vom 24. Juli 1952 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Revision werden den Klägern auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Kläger sind die Erben des am 3. November 1953 im Verlauf des Revisionsverfahrens verstorbenen Gutsbesitzers Walter G.-L. (im folgenden Erblasser genannt).

Der Beklagte war von März bis Oktober 1946 Amtsbürgermeister von P. im Landkreis U.. In seinem Beisein wurde etwa Mitte Juni 1946 durch zwei Polizeibeamte auf dem im Bereich des Amtes R. gelegenen Hofe des Erblassers eine Durchsuchung durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass der Erblasser sich im Besitz eines Personenkraftwagens Opel-Kadett und mehrerer Reifen befand. Der Beklagte, der den Wunsch hatte, einen Personenkraftwagen für sich persönlich zu erwerben, erwirkte die Beschlagnahme dieses Fahrzeugs durch das Strassenverkehrsamt des Landkreises U.. Der Wagen des Erblassers und drei Reifen mit Schläuchen wurden durch Verfügung des Landkreises U., Strassenverkehrsamt, vom 22. Juni 1946 gemäss §15 RLG beschlagnahmt und der Amtsverwaltung P. zu Eigentum zugewiesen. Die Beorderung ist an den Erblasser gerichtet und von dem damaligen Oberkreisdirektor M. unterschrieben. Sie wurde der Ehefrau des damals abwesenden Erblassers, der Klägerin zu 1, übergeben. Eine Abschrift der Verfügung wurde dem Amtsbürgermeister in P. (dem Beklagten) zur Kenntnisnahme übersandt. Der Beklagte liess den Pkw durch eine Reparaturwerkstatt abholen und auf eigene Kosten fahrbereit machen. Er zahlte auch aus eigenen Mitteln die Verwaltungsgebühr von 25 RM und an die Klägerin zu 1 den Taxpreis von 580 RM.

Der Beklagte benutzte den Wagen, der auf seinen Namen zugelassen wurde, zunächst für amtliche und private Zwecke und behielt ihn auch nach seinem Ausscheiden aus dem Amt im Besitz. Später veräusserte er das Fahrzeug.

Der Erblasser hat die Beorderungsverfügung für nichtig gehalten und behauptet, der Beklagte habe sich unter Ausnutzung seines Amtes als Amtsbürgermeister eigenmächtig und widerrechtlich den Pkw verschafft. Die Durchsuchung auf seinem, des Erblassers Hof sei nur ein Vorwand gewesen, um nach dem Wagen zu forschen. Schon einige Zeit vorher habe der Beklagte sich bei dem Melker T. nach dem Fahrzeug erkundigt. Bei der Durchsuchung sei man sofort auf das Versteck des Wagens und der Reifen losgegangen und habe diese für beschlagnahmt erklärt. Der Beklagte habe schon am nächsten Tage den Wagen abschleppen lassen; die Beorderung durch das Strassenverkehrsamt sei erst einige Tage später erfolgt. Der Beklagte habe von vornherein die Absicht gehabt, den Wagen für seine privaten Zwecke zu erwerben. Der Wagen sei auch von dem Beklagten für seine und seines Sohnes Autovermietung verwandt worden, obwohl er dem Amte P. zugewiesen worden sei.

Mit der Klage hat der Erbalsser von dem Beklagten 1.314,72 DM Schadensersatz verlangt und zur Begründung der Höhe des Schadens vorgetragen, der gezahlte Taxpreis entspreche nicht dem Wert des Wagens. Dieser sei mit 1.200 DM zu veranschlagen. Da die Unterbewertung der Reifen 172,72 DM betrage, belaufe sich sein Schaden abzüglich der vom Beklagten bereits bezahlten 580 RM = 58 DM auf 1.314,72 DM.

Der Beklagte hat um Klageabweisung gebeten. Er hat bestritten, den Wagen durch unlautere Mittel erworben zu haben und vorgetragen, die Beschlagnahme sei nur zu dem Zwecke erfolgt, ihm als Amtsbürgermeister einen Wagen zu beschaffen. Das Gebäude der Amtsverwaltung sei eine stunde von seiner Wohnung entfernt gewesen, sein Amtsbereich habe 17 Gemeinden umfasst. Der einzige vorhandene Dienstwagen habe ihm nicht immer zur Verfugung gestellt werden können. Der Wagen des Erblassers sei zwar dem Amt P. zu Eigentum zugewiesen worden, doch habe bei allen Beteiligten von vornherein Einigkeit darüber bestanden, dass er ihm, dem Beklagten, zu alleinigem Eigentum habe übertragen werden sollen. Das ergebe sich schon daraus, dass er als Amtsbürgermeister von der Beorderung benachrichtigt und aufgefordert worden sei, die Verwaltungsgebühr zu zahlen. Während seiner Amtstätigkeit habe er den Wagen für Dienstfahrten benutzt. Das Mietdroschkengewerbe habe er erst etwa zwei Monate nach seinem Ausscheiden aus dem Amte begonnen.

Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger, die nach dem Tode des Erblassers in den Rechtsstreit eingetreten sind, das Klagebegehren weiter, während der Beklagte Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I.1)Das Berufungsgericht hat Ansprüche aus §§989, 990 BGB aus doppeltem Grunde verneint, einmal, weil das Eigentum des Erblassers durch die Beorderung des Strassenverkehrsamt Unna, also durch einen Staatshoheitsakt untergegangen sei, zum anderen, weil dem Beklagten eine Bösgläubigkeit im Sinne des §989 BGB nicht nachgewiesen werden könne. Hierzu hat es folgendes ausgeführt:

Dass der Beklagte den Pkw ausser für dienstliche auch für seine privaten Zwecke habe verwenden wollen und verwandt habe und dass er von Anfang an bestrebt gewesen sei, privates Eigentum an dem Wagen zu erwerben, mache den Verwaltungsakt nicht nichtig. Zwar könne nach Zweck und Inhalt des Reichsleistungsgesetzes eine derartige Inanspruchnahme zur Verfügung nur durch geführt werden, wenn sie im öffentlichen Interesse erforderlich sei. Nichtigkeit sei nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs aber nur dann anzunehmen, wenn der Verwaltungsakt dem Bereich hoheitlicher Tätigkeit unzweifelhaft fremd sei und deshalb einen gesetzlich überhaupt nicht zu rechtfertigenden Akt reiner Willkür darstelle. Willkür könne aber nicht angenommen werden, wenn die Maßnahme sich nur in irgendeiner Hinsich durch sachliche Erwägungen rechtfertigen lasse (BGHZ 2, 366). Eine Beorderung zugunsten einer Amtsverwaltung bzw. eines Amtsbürgermeisters, dessen Amtsbezirk 17 Gemeinden umfasse, könne aber nicht als reine Willkür angesehen werden. Selbst wenn die Behauptung des Erblassers, dass trotz des Wortlauts der Beorderung diese vorwiegend für die privaten Zwecke des Beklagten erfolgt sei, zutreffe, so könne hieraus höchstens eine Fehlerhaftigkeit, aber nicht die Nichtigkeit des Verwaltungsakts gefolgert werden. Eine solche Fehlerhaftigkeit könne nicht vor den ordentlichen Gerichten, sondern müsse mit Mitteln des Verwaltungsrechts vor den Verwaltungsgerichten geltend gemacht werden. Solange das nicht geschehen sei, sei der Verwaltungsakt wirksam.

Allein durch die wirksame Beorderung vom 22. Juni 1946 sei das Eigentum des Erblassers an dem Kraftfahrzeug untergegangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (MDR 1952, 353) gehe das Eigentum kraft öffentlichen Rechts originär ohne Rücksicht auf eine Besitzübertragung in dem Augenblick Über, in dem die Inanspruchnahme zur Verfügung dem Besitzer mitgeteilt werde. Der Senat sei dieser Rechtsprechung trotz erheblicher Bedenken aus Gründen der Wahrung der Rechtseinheit gefolgt. Nach seiner Ansicht könne es nicht der Sinn und der Wille des Reichsleistungsgesetzes sein, allein durch Mitteilung der Beorderung den Eigentumsübergang herbeizuführen.

Nach Ansicht des Senats gehe das Eigentum des Betroffenen nur dann unter, wenn zu der Beorderung die Besitzübertragung hinzutrete.

Aber selbst wenn man der Ansicht des BGH nicht folge, so würde der Schadensersatzanspruch des Erblassers unbegründet sein, denn dem Beklagten könne eine Bösgläubigkeit im Sinne des §989 BGB nicht nachgewiesen werden. Es dürfe nicht ausser acht gelassen werden, dass die Beorderung dem Beklagten zugeleitet worden sei. Dass in ihr die Amtsverwaltung P. als Begünstigte angeführt sei, vermöge allein eine Bösgläubigkeit nicht zu begründen. Der Beklagte sei in rechtlichen Dingen ein Laie; er sei von Anfang an nur an einem persönlichen Erwerb interessiert gewesen und habe in dieser Beorderung die Erfüllung seiner Wünsche gesehen. Er habe seine Stellung als Amtsbürgermeister nicht von seinen privaten Angelegenheiten trennen können. Gegen seine Bösgläubigkeit spreche insbesondere auch, dass das Strassenverkehrsamt, von dem die Beorderung ausgesprochen worden sei, den Wagen alsbald auf den Beklagten zugelassen habe.

2.Die Angriffe der Revision richten sich in erster Linie gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beorderungsverfügung des Strassenverkehrsamts U. sei wirksam gewesen. Die Revision ist der Ansicht, diese Beorderung sei aus mehreren Gründen nichtig.

a)Sie meint zunächst, die Nichtigkeit ergebe sich schon daraus, dass der Oberkreisdirektor zum Erlass dieser Verfügung absolut unzuständig gewesen sei. Nach der Bekanntmachung über die Bedarfsstellen vom 11. Januar 1944 zu §15 Abs. 1 Nr. 2 RLG sei die untere Verwaltungsbehörde zur Inanspruchnahme nur dann zuständig gewesen, wenn ihr das Fahrzeug durch die Wehrersatzinspektion zugewiesen worden sei. Fach dem ersatzlosen Fortfall der Wehrersatzinspektion sei die Zuständigkeit der unteren Verwaltungsbehörde erloschen und nicht neu begründet worden.

Der Revision ist zuzugeben, dass nach dem Wegfall der Wehrersatzinspektionen die Oberpräsidenten und Regierungspräsidenten als zuständige Bedarfsstellen anzusehen waren. Das entspricht der in der Rechtsprechung (OGHZ 4, 34 [38]) vertretenen und auch vom Bundesgerichtshof gebilligten Rechtsauffassung (BGHZ 4, 10, [17]). Ob sich eine Zuständigkeit des Oberkreisdirektors aus dem in der Beorderungsverfügung angeführten Erlass des Oberpräsidenten - Strassenverkehrsdirektion - in M. vom 27. Oktober 1945 herleiten lässt, kann dahingestellt bleiben, da auch eine etwa gegebene sachliche Unzuständigkeit des Oberkreisdirektors keine Nichtigkeit der Inanspruchnahme zur Folge haben würde.

Nach allgemeiner Verwaltungsrechtslehre führt nur die Verfügung einer sachlich absolut unzuständigen Stelle die Nichtigkeit des Verwaltungsakts herbei (BGHZ 4, 10 [18]). Das Strassenverkehrsamt des Landkreises gehört zum Bereich der Strassenverkehrsverwaltung, die eine Sonderverwaltung darstellt. Wenn das Strassenverkehrsamt als eine zu dieser Verwaltung gehörende Behörde ein Kraftfahrzeug in Anspruch nahm, so blieb sie damit innerhalb des dem Verwaltungszweige gestellten Aufgabenbereichs, auch wenn nach gesetzlichen Vorschriften die Inanspruchnahme durch eine im Instanzenwege übergeordnete Behörde hätte erfolgen sollen (OGHZ 4, 34 [38, 39]). Eine etwa vorliegende Verletzung der Zuständigkeitsvorschriften würde daher zwar die Anfechtbarkeit, nicht aber die Nichtigkeit der Inanspruchnahme zur Folge haben.

b)Die Revision macht weiter geltend, die Amtsverwaltung P. habe die Zuweisung des Pkw weder beantragt, noch erhalten, sie habe von der Zuweisung keinerlei Kenntnis gehabt. Das Berufungsgericht halte die Richtigkeit dieser Behauptung des Erblassers ersichtlich für erwiesen, treffe jedenfalls keine gegenteilige Feststellung, so dass für die Revisionsinstanz von der Richtigkeit dieser Behauptung auszugehen sei. Die Zuweisung an einen Empfänger, der sie nicht beantragt habe und von ihr niemals erfahren habe, sei rechtlich wirkungslos und nicht geeignet, diesem Eigentum zu verschaffen. Da die Beorderung von Kraftfahrzeugen und ihre Zuteilung an Dritte als einheitlicher Verwaltungsakt anzusehen sei, müsse die Nichtigkeit des die Zuweisung enthaltenden Teil die Nichtigkeit der Beorderung zur Folge haben.

Dem kann nicht gefolgt werden. Ob der Amtsdirektor der Gemeinde P. Kenntnis von dem Zuweisungsantrag hatte, ist für die Frage der Rechtswirksamkeit der Inanspruchnahme ohne Bedeutung. Das Berufungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, dass der Antrag auf Zuweisung des Wagens von dem Beklagten in seiner Eigenschaft als Amtsbürgermeister gestellt worden ist. Das entspricht dem Vorbringen des Erblassers, der selbst behauptet hat, der Beklagte habe den Wagen unter Missbrauch seiner Amtsstellung angefordert. Ob der Beklagte dabei im Rahmen seiner Machtbefugnisse gehandelt hat, kann dahingestellt bleiben, da auch beim Überschreiten seiner Vertretungsmacht die Wirksamkeit der später ausgesprochenen Inanspruchnahme nicht beeinträchtigt würde.

Ebenso kann auf sich beruhen, ob der Amtsdirektor von der Zuweisung des Kraftfahrzeuges an die Amtsverwaltung P. Kenntnis erhalten hat, denn auch dieser Umstand hat für die Frage der Wirksamkeit der Inanspruchnahme keine Bedeutung. §23 RLG schreibt vor, dass die Inanspruchnahme an den Leistungspflichtigen zu richten ist. Leistungspflichtigen im Sinne des §15 BLG ist der Besitzer der in Anspruch genommenen Sache (BGH III ZR 29/50 vom 31. Januar 1952 = L-M Nr. 4 zu §23 RLG). Diesen Anforderungen ist hier Genüge getan, denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Beorderung an den Erblasser gerichtet und in dessen Abwesenheit seiner Ehefrau, der Klägerin zu 1, übergeben worden. Nun ist es zwar üblich, auch den Leistungsempfänger zu benachrichtigen. Eine solche Mitteilung ist aber im Gesetz nicht vorgeschrieben und zum Wirksamwerden der Beorderung nicht erforderlich. Vielmehr wird die Beorderungsverfügung bereits im Augenblick der Mitteilung an den Leistungspflichtigen wirksam. Bei einer Inanspruchnahme zur Verfügung, wie sie hier vorliegt, geht das Eigentum in diesem Zeitpunkt von dem früheren Eigentümer auf den Begünstigten über (BGHZ 4, 10 [16] mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Schrifttum). Da das Eigentum kraft öffentlichen Rechts originär ohne Rücksicht auf Besitzübertragung schon in dem Zeitpunkt übergeht, in dem die Beorderung dem Leistungspflichtigen mitgeteilt wird (BGHZ 4, 10 [16]) kann es entgegen der Auffassung, der Revision für den Eigentumserwerb durch die Amtsverwaltung P. keine Rolle spielen, ob der Amtsdirektor der Gemeinde Kenntnis von der Zuweisung des Wagens erhalten hat.

c)Des weiteren will die Revision eine Nichtigkeit des Verwaltungsakts aus der Feststellung des Berufungsgerichts herleiten, es habe zwischen allen Beteiligten von Anfang an Einigkeit darüber bestanden, dass der Beklagte den Wagen habe erwerben wollen und sollen. Die Revision will hieraus folgern, der beabsichtigte Verwaltungsakt, Zuweisung an den Beklagten, sei nicht erfolgt, der erfolgte Verwaltungsakt aber, nämlich die Zuweisung an das Amt Pelkum, sei nicht gewollt gewesen. Der Verwaltungsakt sei richtig, weil ein von der Behörde nicht gewollter Akt unwirksam und der angeblich gewollte, aber nicht erklärte Verwaltungsakt nicht existent geworden sei.

Auch diese Darlegung ist verfehlt. Allerdings würde ein innerer Widerspruch und eine völlige Unklarheit darüber, was verfügt werden sollte, den Verwaltungsakt nichtig machen (Urteil BGH III ZR 21/51 vom 15. November 1951, insoweit in BGHZ 4, 10 nicht abgedruckt und III ZR 29/50 = L-M Nr. 4 zu §23 RLG). Die Frage, ob eine solche Unklarheit besteht, ist aber nicht nach ausserhalb des Verwaltungsakts liegenden Dingen zu beurteilen, wenn der Inhalt der behördlichen Verfügung selbst die nötige Klarheit besitzt. In der Beorderungsverfügung des Strassenverkehrsamts U. ist die Amtsverwaltung P. als Begünstigte angeführt. Daraus ergibt sich mit genügender Deutlichkeit, dass auf Grund dieser Verfügung nicht der Beklagte, sondern nur die Gemeinde Pelkum Eigentum an dem Pkw erworben hat. Da dieser Eigentumserwerb originär kraft öffentlichen Rechts eintritt, kann ein andersgearteter Wille der Beteiligten nicht von Bedeutung sein.

d)Schliesslich vertritt die Revision den Standpunkt, die Nichtigkeit der Inanspruchnahmeverfügung ergebe sich auch daraus, dass das Strassenverkehrsamt es an jeder Sachprüfung habe fehlen lassen. Das ergebe sich nicht nur aus der Unterlassung jeder Anhörung des Erblassers, sondern auch aus der Unterlassung jeder Anhörung des Amtes P..

Allerdings ist die Nichtigkeit einer Beorderung zu bejahen, wenn die Bedarfsstelle die Beorderungsverfügung erlassen hat, ohne überhaupt eine Prüfung der formellen und materiellen Voraussetzungen derselben vorgenommen zu haben. Es würde sich dann nicht mehr um einen Ermessensmissbrauch, sondern um eine rein willkürliche Maßnahme handeln (BGHZ 4, 10 [31, 31]). Das Unterlassen jeglicher Prüfung in diesem Sinne ist jedoch vom Berufungsgericht nicht festgestellt und vom Erblasser in den Vorinstanzen auch nicht behauptet worden. Mit ihrem neuen tatsächlichen Vorbringen können die Kläger im Revisionsrechtszug nicht gehört werden. Überdies lassen die von der Revision erwähnten Umstände auch nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass die Beorderung ohne sachliche Prüfung erfolgt sei. Bei genügender Kenntnis der gegebenen Verhältnisse ist es durchaus denkbar, den Bedarf einer Gemeinde oder eines Amtsbürgermeisters an der Benutzung eines Kraftfahrzeugs auch ohne nähere Ermittlungen der angegebenen Art zu prüfen. Zudem liegt der Umfang der vor Erlass einer Beorderungsverfügung anzustellenden Ermittlungen im pflichtgemässen Ermessen der Bedarfsstelle. Es mag daher beim Unterlassen einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts vielleicht eine falsche Ermessensentscheidung vorliegen. Keinesfalls konnte darin aber ein ausserhalb aller verwaltungsmässigen Erwägungen liegendes Verhalten gesehen werdende.

e)Die Nichtigkeit der Inanspruchnahmeverfügung kann auch nicht aus anderen Gründen hergeleitet werden. Mit Recht erblickt das Berufungsgericht in ihr keinen Akt der Willkür, der die Nichtigkeit zur Folge haben könnte. Die Nichtigkeit einer Beorderung kann nicht schon beim Fehlen der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Eingriffs z.B. beim Fehlen des öffentlichen Interesses angenommen werden. Vielmehr ist, wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt, einem Verwaltungsakt die Verbindlichkeit und Wirksamkeit nur abzusprechen, wenn es sich um einen, dem Bereiche hoheitlicher Betätigung unzweifelhaft fremden, gesetzlich überhaupt nicht zu rechtfertigenden Akt reiner Willkür handelt (BGHZ 4, 10 [21/24]; vgl. auch Pagendarm, Die Rechtsprechung des BGH zum Reichsleistungsgesetz NJW 1952, 1313). Von einer solchen Willkür kann keine Rede sein, wenn der Verwaltungsakt sich durch sachliche Erwägungen rechtfertigt und diese für den Erlass des Verwaltungsakts zumindest mitbestimmend waren (BGHZ 2, 366 [369]). Dass dies hier der Fall war, folgert das Berufungsgericht aus der Tatsache, dass der Amtsbezirk des Beklagten 17 Landgemeinden umfasste. Ob diese Schlussfolgerung zwingend ist, mag dahinstehen. Jedenfalls kann angesichts der vom Berufungsgericht festgestellten Grösse des vom Beklagten zu betreuenden Amtsbezirks in Verbindung mit der Tatsache, dass der Beklagte den Wagen tatsächlich für dienstliche Zwecke verwendet hat, der den Klägern obliegende Beweis für einen nichtigen Verwaltungsakt nicht als geführt angesehen werden.

Ob an Stelle der ausgesprochenen Inanspruchnahme zur Verfügung eine Inanspruchnahme zur Nutzung ausgereicht hätte, bedarf keiner Prüfung, da ein in dieser Hinsicht begangener Ermessensfehler oder Ermessensmissbrauch des Leiters des Strassenverkehrsamts den Verwaltungsakt höchstens anfechtbar, nicht aber nichtig machen würde.

Entgegen der Auffassung der Revision ist nach alledem die Beorderungsverfügung des Strassenverkehrsamts Unna nach Zuständigkeit, Form und Inhalt als gültiger Verwaltungsakt anzusehen. Das hat zur Folge, dass der Erblasser mit der Mitteilung der Beorderung an seine Ehefrau das Eigentum an dem Wagen verloren hat. Dass nicht der Beklagte, sondern die Gemeinde P. Eigentümerin des Wagens geworden ist, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass das Eigentum des Erblassers auf Grund eines staatlichen Hoheitsaktes erloschen ist.

3.Gleichwohl könnten Ansprüche der Kläger aus §§989, 990 oder 992 BGB in Betracht kommen, wenn feststünde, dass mit dem Ausscheiden des Beklagten aus dem Amt der Zweck der Beorderung entfallen wäre, und wenn angenommen werden könnte, dass jede Inanspruchnahme auf Grund des Reichsleistungsgesetzes mit dem Wegfall des mit ihr verfolgten Zwecks ihr Ende finden würde. Ein dahingehender allgemeiner Rechtssatz kann jedoch nicht anerkannt werden. Das hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs bereits in seinem Urteil III ZR 203/51 vom 21. Mai 1953 ausgesprochen. Der erkennende Senat schliesst sich dieser Auffassung an. Weder aus dem Wortlauf noch aus dem Sinn und Zweck des Reichsleistungsgesetzes lässt sich entnehmen, dass eine Inanspruchnahme zu Eigentum mit dem Wegfall ihres Zweckes ihr Ende finden und das Eigentum selbsttätig an den früheren Eigentümer zurückfallen soll. Wie der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in der angeführten Entscheidung mit Recht ausführt, würde eine solche Regelung auch zu einer unerträglichen Rechtsunsicherheit führen, weil die Frage der Zweckerreichung vielfach nicht eindeutig zu beantworten ist. Ferner würden die aus einer derartigen Regelung sich ergebenden Folgerungen auch nicht immer im Interesse des Betroffenen liegen, insbesondere in Fällen, in denen der frühere Eigentümer der in Anspruch genommenen Sache sich auf den Eigentumsverlust eingestellt und an einem. Rückerwerb gar nicht mehr interessiert ist. In ähnlicher Weise hat der IV. Zivilsenat in seinem Urteil vom 3. Dezember 1953 - IV ZR 86/53 - entschieden, dass eine Inanspruchnahme zur Nutzung nicht von selbst hinfällig werde, dass vielmehr dem Leistungspflichtigen nur ein Anspruch auf Aufhebung der Beschlagnahmeverfügung zustehe, wenn ein Gegenstand zur Behebung eines öffentlichen Notstandes in Anspruch genommen und hinterher der öffentliche Notstand beseitigt worden war.

Da nach alledem das Eigentum des Erblassers an dem Kraftfahrzeug auf Grund staatlichen Hoheitsakts erloschen und auch nicht an ihn zurückgefallen ist, können die Kläger schon aus diesem Grunde keine Ansprüche aus §§989, 990 oder 992 BGB herleiten. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob diese Vorschriften auch deshalb als Anspruchsgrundlage ausscheiden, weil, wie das Berufungsgericht annimmt, dem Beklagten keine Bösgläubigkeit nachgewiesen werden kann.

II.Die Revision will des weiteren Ansprüche daraus herleiten, dass der Beklagte den Wagen schon 8 Tage vor dem Erlass der Beorderungsverfügung habe fortnehmen lassen. Sie meint, die Wegnahme zu diesem Zeitpunkt sei eine rechtswidrige Besitzstörung und Eigentumsverletzung gewesen. Die Revision rügt Verletzung des §286 ZPO, weil das Berufungsgericht den Sachverhalt nicht unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt geprüft und den für die Wegnahme des Wagens vor Erlass der Inanspruchnahmeverfügung angebotenen Beweis nicht erhoben habe.

Diese Rüge ist nicht begründet, denn darauf, ob der Beklagte den Wagen vor oder nach Erlass der Beorderungsverfügung hat abholen lassen, kann es nicht entscheidend ankommen. Würde die Behauptung der Kläger zutreffen, so müssten Schadensersatzansprüche schon daran scheitern, dass es an dem ursächlichen Zusammenhang zwischen dieser Handlung des Beklagten und dem eingetretenen Schaden fehlt. Der Verlust des Eigentums ist eine Folge des staatlichen Hoheitsakts. Ein etwaiges vorzeitiges Abholen des Wagens würde ausser der Besitzentziehung für die wenigen Tage bis zur Zustellung der Beorderungsverfügung keine im Rahmen der Erfahrung liegende Schadenswirkung geäussert oder anders gesagt, den im Eigentumsverlust liegenden Schaden nicht zur adäquaten Folge gehabt haben.

III.Mit der Verneinung der Nichtigkeit der Beorderungsverfügung entfällt auch §816 BGB als Haftungsgrundlage, denn nur, wenn das Eigentum des Erblassers nicht auf Grund eines Verwaltungsaktes, sondern bei der Weiterveräusserung des Wagens durch den Beklagten verloren gegangen wäre, könnten Ansprüche auf Herausgabe des bei der Veräusserung erhaltenen Entgeltes in Betracht kommen.

IV.Ist die Beorderungsverfügung wirksam, so können gleichwohl Schadensersatzansprüche der Kläger aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung begründet sein, wenn der Verwaltungsakt erschlichen, m.a.W. die Behörde durch schuldhaft falsche Angaben zu einem Eingriff in die Rechtssphäre eines anderen bestimmt worden ist (BGH Urteil IV ZR 152/50 vom 11. Oktober 1951, insoweit in NJW 1952, 305 nicht abgedruckt). Das ist insbesondere der Fall, wenn die Behörde über die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Eingriffs nach dem Reichsleistungsgesetz, z.B. über die Notwendigkeit, ein Kraftfahrzeug zu benutzen, getäuscht worden ist. Inanspruchnahme nach dem Reichsleistungsgesetz dürfen nur für öffentliche Aufgaben erfolgen und sind unzulässig, wenn sie ein privates Interesse des Empfängers befriedigen sollen (BGH Urteil IV ZR 91/51 vom 20. Dezember 1951, insoweit in BGHZ 4, 283 nicht abgedruckt), ferner sind selbstverständlich Schadensersatzansprüche gegeben, wenn die Behörde bewusst mit dem Empfänger zusammengearbeitet hat, um ihm in gesetzwidriger Weise zu privaten Zwecken einen Wagen zu verschaffen.

Von dieser Rechtslage ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aber nur unter dem Gesichtspunkt der §§823, 826 BGB geprüft und nicht berücksichtigt, dass gegenüber diesen Vorschriften §839 BGB als lex specialis den Vorrang hat (RGZ 165, 91 [100] Palandt BGB 10. Aufl. 1952 §839 Anm. 1). Würden die Behauptungen der Kläger zutreffen, so würde der Beklagte sich in Ausübung des ihm anvertrauten öffentlichen Amtes einer Amtspflichtverletzung schuldig gemacht haben und zwar auch gegenüber dem Erblasser, denn die Pflicht, sich jeden Amtsmissbrauchs zu enthalten, liegt den Beamten gegenüber jedem ob, der durch den Missbrauch geschädigt werden könnte (Urteil des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 30. April 1953, III ZR 204/52, L-M §839 BGB Fg Leitz 5). Da für den hierdurch entstandenen Schaden nicht der Beklagte, sondern die Körperschaft haften würde, in deren Diensten er stand, ergibt sich, dass die gegen den Beklagten erhobene Klage insoweit nicht schlüssig war und daher schon aus diesem Grunde keinen Erfolg haben konnte. Es bedarf daher keiner Prüfung, ob auch die vom Berufungsgericht angeführten Gründe zur Abweisung der Klage führen.

Um eine Amtspflichtverletzung des Beklagten und nicht um eine ausserhalb seiner amtlichen Obliegenheiten liegende Handlung würde es sich aber auch handeln, wenn man dem Beklagten, unabhängig von der seitens der Kläger behaupteten Täuschung des Strassenverkehrsamtes durch den Beklagten, vorwerfen wollte, dass er für den dem Amte zugewiesenen Kraftwagen selbst den Taxpreis bezahlt, die Zulassung des Wagens auf seinen Namen erwirkt und in sittenwidriger Weise den Wagen an sich gebracht und ihn bei seinem Ausscheiden aus dem Amte mitgenommen habe. Denn insoweit hätte er dem früheren Eigentümer gegenüber, der möglicherweise bei Wegfall eines amtlichen Verwendungszweckes einen Anspruch auf Rückgabe des Wagens gehabt hätte, ebenfalls die Amtspflicht gehabt, sich jeden Amtsmissbrauchs zu enthalten, der dem früheren Eigentümer hätte Schaden zufügen können. Auch so liesse sich also eine Klage unmittelbar gegen den Beklagten nicht begründen.

Da das angefochtene Urteil im Ergebnis zutreffend zur Klageabweisung gelangt, war die Revision der Kläger mit der Kostenfolge des §97 ZPO zurückzuweisen.