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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 11.01.1966, Az.: VI ZR 175/64

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. Juni 1964 aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 17. September 1963 dahin abgeändert, daß die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Warenhausunternehmen, das in zahlreichen deutschen Städten Warenhäuser unter den Namen "H.", "M." und "D." betreibt.

Der Erstbeklagte gibt einen Informationsdienst für Presse, Verlage, Rundfunk und Werbung unter dem Titel "aus unseren Kreisen-lid" heraus. Ferner ist er Herausgeber der Zeitschrift "DM - Die Deutsche Mark - Zeitschrift mit dem Warentest", sowie Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Zweitbeklagten, in deren Verlag die Zeitschrift "DM" erscheint. Im Heft der Zeitschrift "DM" vom 25. Juli 1961 wurde in einem Strumpftest über Strümpfe aus einem Kaufhaus der Klägerin berichtet. Die "Waschechtheit" der Perlon-Strümpfe wurde mit "mäßig bis gering", ihre "Wasserechtheit" mit "gut bis noch befriedigend" bezeichnet. Bei dem in Heft 2 vom Januar 1962 veröffentlichten Anzugtest wurde die Verarbeitung eines in einem Kaufhaus der Klägerin gekauften Anzugs mit "gewissenhaft, gut" bezeichnet. Der Anzug erhielt in der Bewertungstabelle die Note "befriedigend", während Anzüge, die bei Mitbewerbern der Klägerin gekauft worden waren, die Bewertung."gut" erhielten.

Am 6. Februar 1962 richtete die Klägerin daraufhin an die Redaktion der Zeitschrift "DM" folgendes Schreiben:"Sie haben wiederholt unsere Firma anläßlich der Besprechung von Waren erwähnt, die bei uns gekauft wurden. Ihre Ausführungen in Heft 2/62 vom 16.1.1962 veranlassen uns zu folgenden Feststellungen:1. Sie geben vor, dem Verbraucher durch Aufklärung über die Eigenschaften und die Qualität von Waren sowie die Bedingungen ihres Vertriebs eine Marktübersicht zu verschaffen, die ihre Leser selbst nicht erlangen können. Wir haben den Eindruck, daß die Art, wie Sie sich dieser Aufgabe entledigen, zum Gegenteil führt. Ihre Leser werden verwirrt, wenn sie an Ihre Angaben glauben, die oft falsch, verallgemeinernd und wenig sachkundig sind. 2. Diese Verwirrung wird nicht unwesentlich dadurch gefördert, daß Sie von dem DM-Test-Institut reden.Unter einem Institut wird herkömmlicherweise eine Forschungsstätte (in diesem Fall ein Warenprüflabor) verstanden, die nach wissenschaftlichen Grundsätzen arbeitet und in personeller und sachlicher Hinsicht dementsprechend eingerichtet ist. Wir müssen bezweifeln, daß diese Voraussetzungen bei dem DM - Test - Institut gegeben sind, anders können wir uns einige Test-Ergebnisse nicht erklären. Diese Zweifel ließen sich indes beseitigen, wenn Sie uns Gelegenheit geben würden, dieses DM - Test - Institut zu berichtigen und mit den maßgeblichen Technikern und Wissenschaftlern zu sprechen. 3. Auf den sachlichen Inhalt des Anzug-Tests wollen wir nicht eingehen. Dies wäre ein Thema, das eine ausführliche Erörterung erfordert, da zu viele Ansatzpunkte zu sachlicher Kritik in den Test-Ergebnissen stecken. Uns interessiert zunächst nur das Grundsätzliche über das Zustandekommen solcher Ergebnisse, Die Erfahrungen, die wir bisher gewonnen haben, veranlassen uns, Ihnen die Erwähnung unserer Firma ohne vorherige Fühlungnahme mit uns zu untersagen.Diese Fühlungnahme mit unseren Unternehmen wäre ausschließlich mit unserem für das Gebiet Verkauf zuständigen Vorstandsmitglied, Herrn Gerhard P., herzustellen.Sie hätte sich auf die Bekanntgabe des Artikels, der einem Test unterzogen werden soll, sowie auf den sachlichen Umfang und die für den Test gewählte Methode zu erstrecken. Dieser von uns geforderte rechtzeitige Kontakt soll verhindern, daß unrichtige Angaben über unser Unternehmenooder die von uns geführten Waren veröffentlicht werden. Sollten Sie eine Besprechung über die Art und Weise dieser Fühlungnahme für zweckmäßig halten, so stehen wir Ihnen hier in Düsseldorf nach telefonischer Vereinbarung eines Termins gerne zur Verfügung.Falls Sie mit unserem Vorschlag nicht einverstanden sind, würden wir die zur Wahrung unserer Rechte erforderlichen Schritte ergreifen müssen.Wir sehen Ihrer unverzüglichen Stellungnahme mit Interesse entgegen."

Am 14. Februar 1962 erschien in dem vom Erstbeklagten herausgegebenen Informationsdienst "aus unseren Kreisen - lid" eine Erörterung über die Pressefreiheit, in der u.a. folgendes ausgeführt wurde:"Die Freiheit der Meinung ist in der Bundesrepublik in keiner akuten Gefahr; es wäre töricht, das zu behaupten. Auch wenn es gelegentlich den Anschein hat, als würden sich Minister, Industrielle oder sonst potente Leute gerne - koste es, was es wolle - die Meinung anderer Unterfall machen, so ist es doch im allgemeinen recht ruhig auf diesem Gebiete.Das liegt aber wirklich nicht nur daran, daß die Mächtigen hierzulande lammfromm sind: Eher ist der Grund in einer anderen Richtung zu suchen. Von der Freiheit der Meinung wird in der Bundesrepublik relativ wenig Gebrauch gemacht. Also braucht man auch nicht viel dagegen zu unternehmen. Daran liegt es....Wie zart die Pflanze Meinungsfreiheit bei uns ist, beweisen einige Vorgänge der letzten Zeit. Diese Vorgänge sind in erster Linie bezeichnend für eine vollkommen falsche Einstellung dessen, was Journalisten sich eigentlich gefallen lassen dürfen. Voltaire hat gesagt: "Ich stimme in keinem Wort mit dem überein, was Du sagst, aber ich werde Dein Recht, es zu sagen, verteidigen bis zum Tod".Voltaire war Franzose und außerdem selber Schreiber, also befangen. Unsere Gegenwart mit diesem Satz in Vergleich zu setzen, bedeutet, auf dem glitschigen, halbgefrorenen Boden zu schliddern, den unsere öffentliche Meinung darstellt:(es folgen Beispiele)...Was die Einstellung derjenigen, die sich für mächtig halten, den Sachwaltern der freien Meinungsäußerung gegenüber angeht, so wirft ein Brief der Helmut H. GmbH in Düsseldorf an die Stuttgarter Verbraucherzeitschrift "DM - Die Deutsche Mark" ein schönes Licht mit großen Schatten: Die Firma schreibt: "Die Erfahrungen, die wir bisher gewonnen haben, veranlassen uns, Ihnen die Erwähnung unserer Firma oder eines unserer (H., M., D.) - Häuser ohne vorherige Fühlungnahme mit uns zu untersagen." Es ist recht eindrucksvoll, zu sehen, wie sehr sich eine solch große Firma mit einem großen Werbeetat im Verlauf der letzten zehn Jahre daran gewöhnt hat, daß Zeitungen und Zeitschriften im Hinblick auf Inserate kuschen. Sonst wäre ein solcher Brief undenkbar. Die Meinungsfreiheit, von der Journalisten gerne sprechen, ist in den Werbeabteilungen der Kaufhäuser, der Zigarrettenfabriken und der industriellen Großunternehmen schon begraben worden, als sie nach 1945 kaum zu atmen begonnen hatte.Entgegen allen Beteuerungen auf Journalisten-Kongressen und Verleger-Tagungen kann in der Bundesrepublik zur Zeit nicht von einer Freiheit der Meinung gesprochen werden. Wer sich nicht frei fühlt, ist nicht frei, und wer die Probe auf Exempel machen will, der schreibe den ersten Artikel gegen die Auswahl der Filme im Kino am Platze - und nicht gegen das Fernsehen, das sowieso keine Anzeigen vergibt, sondern selber kassiert."

Das Landgericht Düsseldorf untersagte darauf dem Erstbeklagten auf Antrag der Klägerin durch eine einstweilige Verfügung, im Hinblick auf das Schreiben der Klägerin vom 6. Februar 1962 zu behaupten:"Es ist recht eindrucksvoll, zu sehen, wie sehr sich eine solche große Firma mit einem großen Werbeetat im Verlauf der letzten 10 Jahre daran gewöhnt hat, daß Zeitungen und Zeitschriften im Hinblick auf Inserate kuschen. Sonst wäre ein solcher Brief undenkbar. Die Meinungsfreiheit, von der Journalisten gerne sprechen, ist in den Werbeabteilungen der Kaufhäuser, der Zigarettenfabriken und der industriellen Großunternehmen schon begraben worden, als sie nach 1945 kaum zu atmen begonnen hatte."

Der Erstbeklagte gab den Wortlaut der vom Oberlandesgericht bestätigten einstweiligen Verfügung im Informationsdienst "aus unseren Kreisen-lid" wieder.

In der Nummer vom 26. Februar 1962 befaßte sich die Zeitschrift "DM" mit dem Brief der Klägerin. Auf der mit "Tagebuch" überschriebenen Seite heißt es:"Das Thema Test steht im Mittelpunkt. Bei uns in der Redaktion und bei Produzenten und Händlern. Der Anzug-Test in Nummer zwei, bei dem wir einen ...-Anzug schlecht beurteilen mußten, schlug Wellen. Textilblätter schreiben: Das letzte Wort ist da noch nicht gesprochen. Unserem Testredakteur Z. wird am Telefon gedroht: Sie werden nicht mit einem blauen Auge davonkommen. "Uns interessiert zunächst nur das Grundsätzliche über das Zustandekommen solcher (Test-) Ergebnisse. Die Erfahrungen, die wir bisher gewonnen haben, veranlassen uns. Ihnen die Erwähung unserer Firma oder eines unserer (H., M., D.) Häuser ohne vorherige Fühlungnahme mit uns zu untersagen. Diese Fühlungnahme mit unserem Unternehmen wäre ausschließlich mit unserem für das Gebiet Verkauf zuständigen Vorstandsmitglied, Herrn Gerhard P., herzustellen. Sie hätte sich auf die Bekanntgabe des Artikels, der einem Test unterzogen werden soll, sowie auf den sachlichen Umfang und die für den Test gewählte Methode zu erstrecken, ... falls Sie mit unserem Vorschlag nicht einverstanden sind, würden wir die zur Wahrung unserer Rechte erforderlichen Schritte ergreifen müssen. Wir sehen Ihrer unverzüglichen Stellungnahme mit Interesse entgegen. Hochachtungsvoll Helmut H. - GmbH - " und zwei dicke Unterschriften. Sun, zur Sache - viel haben wir dazu nicht zu sagen. H. hat einen vornehmeren Briefkopf als wir, teures Siebdruckverfahren, die H. Leute sind bestimmt feine und mächtige Geschäftsleute, aber auf so einen Brief antworten wir nicht."

In der Nummer vom 24. April 1962 berichtete die Zeitschrift "DM" zur Lage und führte aus:"Das Justizministerium hat dem Bundestag erklärt: was die DM macht ist erlaubt. Vergleichende Warenuntersuchungen verstoßen nicht gegen die geltenden Gesetze. Die Düsseldorfer Landesrichter ... gaben sich selber recht. Auch nach mündlicher Verhandlung verbieten sie, zu sagen: "... Es ist recht eindrucksvoll, zu sehen, wie sehr sich eine solch große Firma mit einem großen Werbeetat im Verlaufe der letzten zehn Jahre daran gewöhnt hat, daß Zeitungen und Zeitschriften im Hinblick auf Inserate kuschen."Die große Firma heißt H.. Sie hatte der Deutschen Mark schriftlich verbieten wollen, ihren Namen und den ihrer Zweigkaufhäuser H., M. und D. ungefragt zu nennen.Das Bundesministerium beweist: die Gesetze sind in Ordnung. Die Düsseldorfer Richter zeigen nach unserer Meinung: ihr Gefühl und ihre Auslegung der Gesetze sind nicht in Ordnung.Wir sind nicht der Meinung, daß H. und Genossen nicht in Ordnung sind. Die Welt ändert sich und das Bild, das man sich von ihr zu machen hat, auch. H. und die Düsseldorfer Richter müssen umlernen.Selbstverständlich darf DM Namen nennen - auch den von H.. Selbstverständlich darf DM Waren vergleichen. H. hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Wir auch. Warum man sich eigentlich darüber streitet?"

Die Klägerin hat vorgetragen, die öffentliche Meinung reagiere sehr empfindlich, wenn es um die Pressefreiheit gehe. Die Leserschaft werde aus den Veröffentlichungen der Beklagten entnehmen, die Klägerin versuche, auf die Testveröffentlichungen einen unsachlichen Einfluß zu nehmen und entsprechend langjähriger erfolgreicher Gewohnheit auch die Meinungsfreiheit der "DM" durch Vergabe von Anzeigen zu kaufen. Die Beklagten hätten zu der schweren Herabsetzung des Rufes der H.-Kaufhäuser, die boykottartige Folgen auslösen könne, keinen ausreichenden Anlaß gehabt. Es sei den Beklagten auch nicht um die Wahrung berechtigter Interessen gegangen, sondern darum, eine Auseinandersetzung "hochzuspielen", um so Sensation zu machen. Die Klägerin, die in den Veröffentlichungen einen rechtswidrigen und schuldhaften Angriff auf ihre gewerbliche Betätigung sieht, hat um ein Unterlassungsurteil und die Feststellung gebeten, daß die Beklagten ihr gegenüber schadenersatzpflichtig sind. Um die Höhe des Schadens bemessen zu können, hat sie ferner eine Auskunft der Beklagten darüber gefordert, in welchem Umfang die angegriffenen Veröffentlichungen verbreitet worden sind.

Die Beklagten haben geltend gemacht, sie hätten im Rahmen einer Auseinandersetzung über die Meinungsfreiheit zu dem Brief der Klägerin vom 6. Februar 1962 Stellung genommen, der von ihnen als Einschüchterungsversuch und als ein Angriff auf ihren Geschäftsbetrieb und auf die Freiheit der Berichterstattung der Presse aufgefaßt worden sei. Der Brief der Klägerin enthalte, ohne daß er auf die veröffentlichten Warenteste sachlich eingehe, das bedenkliche Ansinnen, die "DM" solle sich vor weiteren Veröffentlichungen mit dem für Verkauf und Werbung zuständigen Vorstandsmitglied der Klägerin in Verbindung setzen. Für den Fall, daß sich die "DM" auf eine Vorzensur nicht einlasse, spreche das Schreiben unter Androhung gerichtlicher Schritte das Verbot aus, noch einmal die Firma der Klägerin in Veröffentlichungen zu erwähnen. Eine öffentliche Stellungnahme zu dieser Angelegenheit, die grundsätzliche Bedeutung habe, sei durch das Recht der freien Meinungsäußerung gerechtfertigt gewesen. Der Vorwurf, die Klägerin habe die "DM" durch Hinweis auf ihr Werbepotential "kaufen" wollen, sei in den Veröffentlichungen nicht enthalten und diesen auch nicht zu entnehmen. Es fehle jeder Anhaltspunkt dafür, daß der Klägerin aus den Veröffentlichungen, die das Thema der freien Meinungsäußerung betroffen hätten, ein Schaden entstanden sei. Es bestehe auch keine Wiederholungsgefahr.

Das Landgericht hat antragsgemäß folgendes Urteil erlassen:

I.Die Beklagten werden verurteilt,

1)es bei Vermeidung einer vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Geldstrafe bis zu unbegrenzter Höhe oder Haftstrafe bis zu sechs Monaten zu unterlassen, in Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, wie z.B., in der von ihnen verlegten bzw. herausgegebenen Zeitschrift "DM - Die Deutsche Mark", im Hinblick auf das an die Redaktion ihrer Zeitschrift gerichtete Schreiben der Klägerin vom 6. Februar 1962 in Bezug auf die Klägerin zu behaupten:"Es ist recht eindrucksvoll zu sehen, wie sehr sich eine solch große Firma mit einem großen Werbe-Etat im Verlaufe der letzten zehn Jahre daran gewöhnt hat, daß Zeitungen und Zeitschriften im Hinblick auf Inserate kuschen.Die große Firma, heißt H.. Sie hatte der Deutschen Mark schriftlich verbieten wollen, ihren Namen und den ihrer Zweigkaufhäuser H., M. und D. ungefragt zu nennen."

2)der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem umfange sie Handlungen der unter Ziffer I 1) bezeichneten Art begangen haben, und zwar aufgeteilt nach Empfängern mit Angabe deren Wohn- bzw. Geschäftssitzes, wobei jedoch nicht die Namen, sondern nur die Anzahl der Empfänger an den jeweiligen Orten genannt zu werden brauchen.

II.Es wird festgestellt, daß die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer I 1) bezeichneten Handlungen der Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird.

III.Der Beklagte zu 1) wird verurteilt,

1)es bei Vermeidung einer vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Geldstrafe bis zu unbegrenzter Höhe oder Haftstrafe bis zu sechs Monaten zu unterlassen, in Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, wie z.B. in dem von ihm herausgegebenen Informationsdienst "aus unseren Kreisen-lid" im Hinblick auf das an die Redaktion der Zeitschrift "DM-Die Deutsche Mark" gerichtete Schreiben der Klägerin vom 6. Februar 1962 in Bezug auf die Klägerin zu behaupten:"Die Firma schreibt: Die Erfahrungen, die wir bisher gewonnen haben, veranlassen uns, Ihnen die Erwähnung unserer Firma oder eines unserer (H.-M.-D.) - Häuser ohne vorherige Fühlungnahme mit uns zu untersagen. Es ist recht eindrucksvoll zu sehen, wie sehr sich eine solch große Firma mit einem großen Werbe-Etat im Verlaufe der letzten zehn Jahre daran gewöhnt hat, daß Zeitungen und Zeitschriften im Hinblick auf Inserate kuschen, sonst wäre ein solcher Brief undenkbar. Die Meinungsfreiheit von der Journalisten gerne sprechen, ist in den Werbeabteilungen der Kaufhäuser, der Zigarettenfabriken und der industriellen Großunternehmen schon begraben worden, als sie nach 1945 kaum zu atmen begonnen hatte.",

2)der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfange er Handlungen der unter Ziffer III, 1) bezeichneten Art begangen hat, und zwar aufgeteilt nach Empfängern mit Angabe deren Wohn- bzw. Geschäftssitzes, wobei jedoch nicht die Namen, sondern nur die Anzahl der Empfänger an den jeweiligen Orten genannt zu werden brauchen.

IV.Es wird festgestellt, daß der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer III. 1) bezeichneten Handlungen des Beklagten zu 1) entstanden ist und noch entstehen wird.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil zu Ziffer I. 2) und III. 2) dahin abgeändert, daß Auskunft zu erteilen ist, in welchem Umfang sie Handlungen der bezeichneten Art begangen haben, und zwar unter Angabe der genauen Zahl der Exemplare der von ihnen verbreiteten Mitteilungen. Im übrigen hat das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Mit der Revision verfolgen die Beklagten das Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

I.Das Berufungsgericht legt zunächst dar, daß in den beanstandeten Veröffentlichungen nicht eine unwahre Tatsachenbehauptung über die Klägerin und ihre geschäftliche Betätigung aufgestellt worden ist. Dabei weist das Berufungsgericht darauf hin, daß keine positiven Tatsachen über eine angebliche Drohung der Klägerin mit dem Entzug von Anzeigen mitgeteilt worden sind und daß auch die Leserschaft aus dem ganzen Zusammenhang nicht den Eindruck gewinnen werde, die Klägerin habe, um ein "Verbot" der Testveröffentlichungen durchzusetzen, der Beklagten gedroht, diese werde bei einer Überschreitung des Verbots von der Klägerin keine Anzeigenaufträge für die "DM", mehr erhalten. Vielmehr hätten die Beklagten über den persönlichen Eindruck berichtet, worauf die in dem Schreiben der Klägerin vom 6. Februar 1962 zutage getretene Grundhaltung gegenüber der Fresse zurückzuführen sei. In diesem Sinne werde die Veröffentlichung auch von den Lesern verstanden worden sein.

Da diese Beurteilung keine Rechtsfehler erkennen läßt, scheidet § 824 BGB als Grundlage der Klage aus.

II.Nach der Auffassung des Berufungsgerichts liegt jedoch ein rechtwidriger und schuldhafter Eingriff in die gewerbliche Betätigung der Klägerin vor, so daß diese gemäß § 823 Abs. 1 BGB Schadensersatz verlangen könne und angesichts der Wiederholungsgefahr einen Anspruch auf ein gerichtliches Unterlassungsgebot habe (§ 1004 BGB).

Dieser Beurteilung tritt die Revision mit Recht entgegen.

Zwar ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, daß die Beklagten die Haltung der Klägerin in abfälliger Weise kritisiert haben und daß eine derartige Kritik der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin nachteilig sein kann. Doch vermag der Senat dem Berufungsgericht in der Beurteilung, ob die kritischen Bemerkungen einen rechtswidrigen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin darstellen, nicht zu folgen. Bei dieser Beurteilung kommt es darauf an, das Recht der Beklagten auf eine freie Äußerung ihrer Meinung einerseits und das Interesse der Klägerin an einer von Störungen freien gewerblichen Betätigung andererseits unter Würdigung der konkreten Umstände abzuwägen. Bei dieser Abwägung hat das Berufungsgericht dem Recht der Beklagten, ihre Meinung in einer die Öffentlichkeit interessierenden Angelegenheit zu äußern und dabei ihren subjektiven Standpunkt zu vertreten, nicht die Beachtung geschenkt, die ihr rechtlich zukommt (vgl. BVerfGE 7, 198 [208, 220]).

Im einzelnen ist folgendes zu bemerken:

Die Auseinandersetzung fällt in eine Zeit, in der es noch ein heftig umkämpftes Thema war, ob eine Zeitschrift überhaupt vergleichende private Warentests veröffentlichen durfte. Gerade deshalb bezeichnet es das Berufungsgericht mit Recht als verständlich, daß sich die Klägerin gegen die Veröffentlichungen der "DM", die sich mit ihren Waren befaßten, heftig zur Wehr setzte und ähnliche, sie berührende Testveröffentlichungen zu verhindern oder doch einzuschränken suchte. Andererseits ist aber auch das Interesee der Beklagten zu beachten, das mit der Herausgabe der "DM" erschlossene Tätigkeitsgebiet einer spezifischen Pressearbeit nicht zu verlieren und für die Anerkennung ihres grundsätzlichen Standpunktes in der Öffentlichkeit zu werben. Bei der Erörterung dieses kritischen Fragenkomplexes war auf beiden Seiten eine gewisse Empfindlichkeit und eine dieser Empfindlichkeit entsprechende scharfe Reaktion gegenüber Angriffen und Stellungnahmen aus dem anderen "Lager" vorauszusetzen. Mit dem Berufungsgericht kann angenommen werden, daß das Schreiben der Klägerin vom 6. Februar 1962, wenn man den damaligen Stand der grundsätzlichen Auseinandersetzung berücksichtigt, für einen verständigen Beurteiler objektiv noch keinen ausreichenden Anlaß zu den kritischen und abfälligen Bemerkungen über die Einstellung der Klägerin zur Presse bot. Den Beklagten muß aber, wenn sie beim Kampf um die Durchsetzung ihres Standpunktes Werturteile abgaben, eine gewisse Einseitigkeit in der Schau der Dinge zugute gehalten werden. Das gilt umsomehr, als sich die Beklagten durch das in scharfem Ton gehaltene Schreiben der Klägerin vom 6. Februar 1962 angegriffen fühlen und die Besorgnis hegen konnten, durch die ultimative Forderung, der Klägerin und die Androhung der "erforderlichen Schritte" werde ihre Pressearbeit in einer einschneidenden und für ihr Unternehmen gefährlichen Weise behindert. Die Maßstäbe für das, was zu sagen erlaubt ist, haben der Verteidigungssituation eines Betroffenen Rechnung zu tragen (BVerfGE 12, 113). Da mit dem Schreiben der Klägerin Fragen berührt wurden, die für die Veröffentlichung von privaten Warentests grundsätzlichen Charakter hatten und von allgemeinem Interesse waren, muß es die Klägerin dulden, daß die Angelegenheit in einer Betrachtung über die Freiheit der Meinungsäußerung in Deutschland in der Presse zur Sprache gebracht wurde und daß dabei die Beklagten die Ansicht äußerten, das Werbepotential großer Firmen (nicht nur der Klägerin) habe vielfach eine Abhängigkeit der Presse von diesen Firmen und eine dieser Abhängigkeit entsprechende Einstellung der Firmen zur Presse zur Folge. Die Klägerin wurde durch diese Bemerkung nur insoweit betroffen, als die Meinung vertreten wurde, der Ton ihres Schreibens sei eben aus dieser allgemeinen und typischen Einstellung solcher Binnen mit einem großen Werbe-Etat zur Presse zu erklären. Gegenüber anderen Bereichen menschlichen Wirkens ist die gewerbliche Betätigung nicht in der Art vor Störungen privilegiert geschützt, daß die Äußerung einer solchen Ansicht in einem Artikel über die Meinungsfreiheit unzulässig ist. Zwar mag die krasse Formulierung der Äußerung an der Grenze des noch Zulässigen liegen. Sie bedeutet aber noch nicht einen rechtswidrigen Eingriff in die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin. Auseinandersetzungen mit wirtschaftspolitischem Gehalt, in denen die Interessierten um die Erhaltung oder Erreichung gewisser Positionen kämpfen, werden - ähnlich wie allgemein politische Auseinandersetzungen durchweg mit einiger Schärfe und Härte ausgetragen. Aus der drastischen und polemischen Fassung der Kritik läßt sich unter den hier vorliegenden Umständen noch nicht ableiten, daß die Beklagten das Recht der freien Meinungsäußerung zum Nachteil der Klägerin mißbraucht und die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GGüberschritten haben.

Da eine rechtswidrige Beeinträchtigung der gewerblichen Betätigung der Klägerin in keiner der beanstandeten Veröffentlichungen zu erblicken ist, mußte die Klage in vollem Umfang abgewiesen werden.