zurück zur Übersicht

Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 23.03.1971, Az.: VI ZR 177/69

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 1. Juli 1969 teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung der Kläger wird unter Zurückweisung dieses Rechtsmittels im übrigen und der Anschlußberufung des Beklagten das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 29. Januar 1969 geändert und wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 10.418,17 (zehntausendvierhundertundachtzehn 17/100) DM nebst 8 v.H. Zinsen seit 29. Dezember 1961 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt 2/3 der Kosten des ersten, 2/5 der Kosten des zweiten und 13/20 der Kosten des dritten Rechtszuges; die übrigen Kosten tragen die Kläger.

Tatbestand

Der beklagte Notar beurkundete am 27. September 1956 einen Grundstückskaufvertrag zwischen der Sozialen Baugenossenschaft für die Stadt B. und Umgebung eGmbH (nachstehend: Genossenschaft) als Verkäuferin, vertreten durch ihre Vorstandsmitglieder, die Kläger, und der Ehefrau des damaligen Bürovorstehers des Beklagten als Käuferin. Der Preis für das verkaufte Hausgrundstück, für das die Genossenschaft damals keinen anderen Käufer hatte finden können, betrug 102.000 DM. Über seine Zahlung war vereinbart, daß die Käuferin in Anrechnung auf den Kaufpreis eine Hypothek über 60.000 DM zu übernehmen hatte, der Restkaufpreis sollte in der Weise in bar beglichen werden, daß die Hälfte nach der Umschreibung im Grundbuch, der sodann verbleibende Rest innerhalb eines Jahres nach der Eigentumsänderung in Vierteljahresraten zu zahlen war.

Das Restkaufgeld wurde nicht dinglich gesichert. Nach dem Ausscheiden der Kläger aus dem Vorstand der Genossenschaft wurde das Grundstück am 30. August 1957 an die Käuferin aufgelassen, die am 14. Oktober 1957 als neue Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde. Da sie sich als zahlungsunfähig erwies, erwarb die Genossenschaft durch Vertrag vom 7.Januar 1959 das Grundstück zurück und löste eine von der Käuferin zwischenzeitlich bestellte Grundschuld von 10.000 DM ab. Am 9. Februar 1960 veräußerte die Genossenschaft das Grundstück sodann anderweitig zum Preis von 132.500 DM. In einem Rechtsstreit der Genossenschaft gegen die Kläger sind diese rechtskräftig verurteilt worden, als Gesamtschuldner an die Genossenschaft 15.627,25 DM nebst 8 v.H. Zinsen seit dem 29. Dezember 1961 zu zahlen und einen Teil der Prozeßkosten zu tragen. Die Hauptsumme stellt die Kosten der Genossenschaft für den Versuch der Durchsetzung ihres Erfüllungsanspruchs gegenüber der Käuferin und für den Rückerwerb des Grundstücks sowie für Aufwendungen zur Ablösung der von der Käuferin bestellten Grundschuld dar. In diesem Vorprozeß hatten die Kläger dem Beklagten mit Schriftsatz vom 18. Juli 1962, zugestellt am 1. August 1962, den Streit verkündet. Der Beklagte war dem Rechtsstreit nicht beigetreten.

Die Kläger haben zunächst von dem Beklagten den Urteilsbetrag des Vorprozesses nebst Zinsen als Schadensersatz verlangt; sie behaupten, der Beklagte habe bei der Beurkundung des Vertrages vom 27. September 1956 pflichtwidrig und schuldhaft versäumt, sie zu belehren, daß die Interessen der Genossenschaft gefährdet seien, wenn das Restkaufgeld nicht durch eine Hypothek gesichert werde. Sie selbst hätten eine solche Sicherung wegen der noch bevorstehenden Auflassung nicht für erforderlich gehalten.

Der Beklagte hat die Verjährungseinrede erhoben und vorgetragen, daß die Kläger spätestens 1957 von dem drohenden Schaden und von der Person des angeblich Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hätten; sie hätten gewußt, daß das Restkaufgeld bei der Käuferin nicht habe beigetrieben werden können, daß das Fehlen einer dinglichen Sicherung sich für die Genossenschaft nachteilig auswirken könnte, und daß ihnen deshalb Schadensersatzansprüche drohten. Ein Schadensersatzanspruch sei schon deswegen nicht gegeben gewesen, weil für ihn keine Verpflichtung bestanden habe, die Kläger darüber zu belehren, daß eine wirtschaftliche Gefahr bestehe, wenn der Restkaufgeldanspruch ungesichert bleibe.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 7.813,63 DM nebst 8 v.H. Zinsen seit 29. Dezember 1962 verurteilt, im übrigen die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben die Kläger, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, Berufung eingelegt; sie haben ferner den Klageantrag um 5.879,86 DM nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 1. Januar 1968 sowie um den Antrag auf Feststellung erweitert, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihnen im Fall der Festsetzung auch diejenigen Kosten zu erstatten, welche sie der Genossenschaft aus dem Vorprozeß schulden. Der Beklagte hat mit dem Ziel der vollständigen Klagabweisung Anschlußberufung eingelegt, die das Oberlandesgericht zurückgewiesen hat; es hat auf die Berufung der Kläger unter Änderung und Neufassung des landgerichtlichen Urteils den Beklagten verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 14.338,08 DM nebst 8 v.H. Zinsen aus 10.418,16 DM seit 29. Dezember 1962 und nebst 4 v.H. Zinsen aus 3.919,92 DM seit 25. April 1969 zu zahlen; ferner hat es die beantragte Feststellung im Umfang von zwei Dritteln getroffen, im übrigen die Klage und die Berufung der Kläger zurückgewiesen.

Mit der Revision erstrebt der Beklagte weiterhin Klagabweisung in vollem Umfang.

Entscheidungsgründe

I.Die Revision meint unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats vom 25. Februar 1969 - VI ZR 225/67 - (VersR 1969, 474), daß der Beklagte wegen der ihm vorgeworfenen Amtspflichtverletzung schon deswegen nicht in Anspruch genommen werden könne, weil nach den insoweit unanfechtbar gewordenen Feststellungen des angefochtenen Urteils die Kläger den Schaden mitverursacht haben und weil sie ein von dem Berufungsgericht mit einem Drittel bewertetes mitwirkendes Verschulden trifft. Deshalb sei die Haftung des Beklagten von vornherein ausgeschlossen.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. In dem von der Revision angeführten Urteil hat die Klage des Geschädigten trotz des bejahten Verschuldens des dort beklagten Notars nur deswegen keinen Erfolg gehabt, weil der Geschädigte - eine juristische Person - die Voraussetzungen des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht dargelegt hatte, vielmehr ein hinreichender Anhaltspunkt für die Annahme bestand, daß er Ersatzansprüche gegen eines seiner Organe und gegen einen Sachbearbeiter hatte. Um diese Frage geht es indes in dem hier zu entscheidenden Fall nicht. Die Genossenschaft hat hier rechtskräftig festgestellte Ersatzansprüche gegen die Kläger. Sie konnte deshalb den Beklagten nicht in Anspruch nehmen (BGH a.a.O.; BGHZ 16, 111, 115 [BGH 10.01.1955 - III ZR 153/53]; RG DNotZ, 1939, 191). Die Kläger dagegen haben ersichtlich nicht die Möglichkeit, für den ihnen in Gestalt des Rückgriffs durch die Genossenschaft entstandenen Schaden einen anderen in Anspruch zu nehmen. Die Subsidiarität der Haftung aus § 839 BGB kann der Beklagte ihnen daher nicht entgegenhalten.

II.Das Berufungsgericht hat die Klage aus § 21 Abs. 1 RNotO in Verbindung mit § 30 Abs. 1 der Dienstordnung für Notare unter Berücksichtigung eines die Kläger zu einem Drittel treffenden Mitverschuldens für begründet gehalten. Es hat dem Beklagten zum Vorwurf gemacht, daß er es unterlassen habe, die Kläger über die Gefahr zu belehren, die sich daraus ergab, daß die Genossenschaft nach den getroffenen Vertragsvereinbarungen verpflichtet wurde, der Käuferin das Grundstück ohne dingliche Sicherung des Restkaufgeldes zu übereignen. Zu einer solchen Belehrung habe die Vertragsgestaltung Anlaß gegeben, wobei es nicht auf etwaige Zweifel an der Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit der Käuferin angekommen sei. Bei Grundstückskaufverträgen sei eine rechtliche Verzahnung üblich, die bei der Ausführung des Vertrages zwangsläufig zu einem Austausch der beiderseitigen Leistungen in der Weise führe, daß die eine Leistung von der anderen abhängig gemacht werde. Die ungesicherte Vorleistungspflicht der Genossenschaft habe es der Käuferin ermöglicht, sich vertragswidrig zu verhalten. Der Kaufvertrag sei stark und einseitig zum Nachteil der Genossenschaft von Verträgen gleicher Art abgewichen. Die ungewöhnliche rechtliche Anlage eines Vertragswerks, aus der einseitig für einen Beteiligten eine Gefahr erwachsen könne, sei grundsätzlich ein zwingender Grund zur Belehrung durch den Notar.

Diese Ausführungen lassen einen den Beklagten beschwerenden Rechtsirrtum nicht erkennen. Ein Notar ist in aller Regel gegenüber den Beteiligten verpflichtet, ihnen unter mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten der rechtlichen Gestaltung eines Rechtsgeschäfts diejenige aufzuweisen, welche die geringste Gefahr enthält, daß einer von ihnen bei der Geschäftsdurchführung Schaden erleidet (BGHZ 27, 274, 276 [BGH 19.05.1958 - III ZR 21/57]; Senatsurteil vom 7. Januar 1966 - VI ZR 174/64 - VersR 1966, 361, 362).

Auch wenn es nicht nur wegen einer möglichen Gefährdung des einen Teiles geboten, sondern wenn es nur zweckmäßig ist, zu seinen Gunsten Sicherungen in den Vertrag einzubauen, und wenn es dem anderen Teil ohne weiteres angesonnen werden kann, sich mit einer normalen und üblichen Sicherung einverstanden zu erklären, hat die Rechtsprechung von dem Notar verlangt (und ihm, der an sich unparteiisch sein muß, auch gestattet), auf das Fehlen einer solchen Sicherung hinzuweisen und die Beteiligten zu belehren (Urteile des Bundesgerichtshofes vom 25. Juni 1959 - III ZR 69/58 - VersR 1959, 743, 744; vom 13. Dezember 1966 - VI ZR 59/65 - VersR 1967, 187, 188 und vom 12. Juli 1968 - VI ZR 91/66 - VersR 1968, 1139, 1140; so auch Göttlich, Die Amtsführung der Notare, 2. Aufl., D I 2, Seite 193). Der Käuferin konnte die regelmäßig übliche Sicherung des Restkaufgeldes angesonnen werden; es gibt genügend Vertragsgestaltungsmöglichkeiten, die Zahlung des Restkaufgeldes auch für den Fall sicherzustellen, daß der Erwerber sich dieses gerade durch eine Belastung des veräußerten Grundstücks beschaffen muß.

Die Belehrungspflicht des Beklagten würde nur dann entfallen sein, wenn er mit Sicherheit hätte annehmen können, daß die Kläger die sich für die Genossenschaft ergebenden Gefahren erkannt hatten und dennoch auf dem Abschluß dieses bestimmten Vertrages beharrten (Urteil des Bundesgerichtshofes vom 28. September 1959 - III ZR 89/58 - VersR 1960, 33, 34 mit weiteren Nachweisen). Wenn es in dem angefochtenen Urteil heißt, es sei aus dem Vertrag eindeutig zu ersehen, daß der Restkaufpreisanspruch nicht gesichert werden sollte, so ist damit nicht gemeint, daß die Kläger eine Sicherung nicht gewollt haben, sondern daß die Vertragsurkunde dies eindeutig machte. Das Berufungsgericht hat damit sagen wollen, daß den Klägern das Fehlen einer Sicherung nicht bewußt geworden sei; das ergibt sich aus den weiteren Ausführungen des angefochtenen Urteils, in denen den Klägern ein mitwirkendes Verschulden gerade deswegen vorgeworfen wird, weil sie bei Beobachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätten erkennen müssen, daß das Vermögen der Genossenschaft in offenkundiger Weise gefährdet wurde. Gerade weil ersichtlich die Möglichkeit bestand, daß sich die Kläger dieser Gefahr nicht bewußt waren, mußte sie der Beklagte darauf hinweisen; hätte er dies getan, so würden die Kläger - wie das Berufungsgericht feststellt - entweder den Vertrag nicht abgeschlossen oder auf einer Sicherung des Restkaufgeldes bestanden haben.

Es mag dahinstehen, ob, was die Revision verneint, der Notar ausnahmslos verpflichtet ist, auch Vorstandsmitglieder einer Baugenossenschaft über die Gefahr mangelnder hypothekarischer Sicherung des Restkaufgeldes zu belehren. Hier jedenfalls bestand eine solche Verpflichtung. Als der Beklagte beim Verlesen der Urkunde auf das auffallende Fehlen dieser Sicherung stieß, hätte er sich wegen der besonderen Umstände des Falles vergewissern müssen, ob die Kläger dies auch bemerkt hatten und in Kauf nehmen wollten. Der Vertrag war nämlich von dem bei dem Beklagten als Bürovorsteher tätigen Ehemann der Käuferin entworfen worden; das legte immerhin die Möglichkeit nahe, daß der Vertrag die Interessen der Verkäuferin nicht gänzlich objektiv wahrte und daß den Klägern auch nicht jede Einzelheit schon vor der Verlesung bewußt geworden war. Anlaß zu einer Befragung der Kläger hätte auch der Umstand sein müssen, daß das Fehlen der sonst üblichen Sicherung des Restkaufgeldes eine einseitige Begünstigung der Käuferin bedeuten konnte; der Beklagte hätte sich vergewissern müssen, ob die Kläger diese Begünstigung der Käuferin wirklich wünschten. Wenn der Beklagte unter diesen Umständen zwar auch nicht von der Urkundstätigkeit nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 und 3 RNotO ausgeschlossen war, so mußte er doch in Anbetracht der besonderen Umstände und wegen einer nicht von vornherein auszuschließenden Interessenkollision seines Bürovorstehers dem Sicherungsbedürfnis der Verkäuferin gesteigerte Beachtung zuwenden.

Das Berufungsgericht hat also zu Recht eine Verletzung der Amtspflichten des Beklagten bei der Beurkundung des Kaufvertrages vom 27. September 1956 angenommen.

III.Das Berufungsgericht ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen, daß nicht nur die Genossenschaft, sondern auch die für diese als deren Organe handelnden Kläger zu dem Personenkreis gehörten, denen gegenüber der Beklagte im Sinne des § 21 RNotO (jetzt § 19 BNotO) amtlich zur Sorgfalt verpflichtet war. Ebenso hatte das Landgericht die Frage bejaht, ob dem Beklagten auch gegenüber den Klägern als Vorstandsmitgliedern der Genossenschaft eine Belehrungspflicht oblag, weil sie der Genossenschaft gegenüber haften konnten, wenn diese durch eine Amtspflichtverletzung des Beklagten geschädigt wurde. Dem ist beizutreten.

Gegenüber dem Organ einer juristischen Person, das in deren Namen eine von dem Notar zu beurkundende Erklärung abgibt, hat dieser zwar nicht die besondere Belehrungspflicht, die ihm Dritten gegenüber unter gewissen Voraussetzungen obliegt (vgl.dazu RGZ 154, 276, 288; BGHZ 20, 53, 56) [BGH 09.02.1956 - III ZR 196/54]. Auch der Gesichtspunkt der Betreuungspflicht, der dem Senatsurteil vom 9. Juli 1963 - VI ZR 306/62 - VersR 1963, 1130, 1131 zugrunde liegt, wo der Vertreter erkennbar ein eigenes Interesse verfolgte, scheidet im Streitfall aus. Hier geht es vielmehr um die Frage, ob dem Notar bei der Beurkundung rechtsgeschäftlicher Erklärungen einer juristischen Person Amtspflichten auch gegenüber dem für diese vor ihm auftretenden Organ obliegen, bei deren Verletzung er dem Organ gegenüber schadensersatzpflichtig wird, sofern dieses von der juristischen Person wegen der Mitwirkung an der für diese nachteiligen Beurkundung zum Ersatz herangezogen wird. Der Senat hat die Frage in dem vorbezeichneten Urteil dahingestellt gelassen. Sie wird verneint von Daimer (Die Prüfungs- und Belehrungspflicht des Notars, 2. Aufl., § 33 II 2) und Staudinger/Schäfer (BGB, 10./11. Aufl., § 839 Rdz 519). Andererseits wird im Schrifttum aber auch allgemein die Ansicht vertreten, bei Beurkundungsgeschäften sei der Notar jedenfalls den sog. "Urkundsbeteiligten" im Sinne des im Streitfall noch anzuwendenden § 168 Satz 2 FGG gegenüber zur Sorgfalt verpflichtet (vgl. z.B. Soergel/Glaser, BGB, 10. Aufl., § 839 Rdz 252). Diese Auffassung würde bedeuten, daß Vertreter und Organe ohne jede Einschränkung auch haftungsrechtlich als "Dritte" anzusehen wären, denn Urkundsbeteiligte im Sinne des § 168 Satz 2 FGG sind die vor dem Notar Erschienenen, nicht die Vertretenen; die Beurkundungsvorschriften gehen insoweit von einem formellen Begriff der Beteiligung an der Beurkundung aus (Keidel, FGG, 9. Aufl., § 168 Rdz 13 mit weiteren Nachweisen). Deshalb ist z.B. auch anerkannt, daß der Vertreter diejenige Person ist, an die der Notar die erforderliche Belehrung richten und auf die er sie ausrichten muß (Daimer a.a.O. § 30 I 1).

Nach Ansicht des Senats kann aus der beurkundungsrechtlichen Beteiligtenstellung des Organs bzw. Vertreters allerdings noch nicht zwingend gefolgert werden, daß diese ohne Einschränkung auch haftungsrechtlich, d.h. im Sinne des § 21 RNotO (jetzt § 19 BNotO) als Adressaten der dem Notar obliegenden Betreuungspflichten anzusehen wären. In der Rechtsprechung sind als Dritte bisher ersichtlich solche Personen anerkannt worden, die in ihren vermögensrechtlichen Interessen durch das zu beurkundende Rechtsgeschäft seiner Natur nach verletzt oder wenigstens berührt werden können, wobei der Kreis dieser Personen gerade bei der Urkundstätigkeit des Notars allerdings weit gezogen worden ist (RGZ 154, 276, 288; st.Rspr.). Diese Abgrenzung entspricht dem Wesen der Aufgabe des Notars, bei dieser Tätigkeit alle für ihn erkennbar Beteiligten vor Schaden zu bewahren. Er ist verpflichtet, darauf zu achten, daß Irrtümer vermieden und unerfahrene oder ungewandte Personen nicht benachteiligt werden (vgl. die mit dem bisherigen Rechtszustand übereinstimmende Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 2 des Beurkundungsgesetzes vom 28. August 1969 - BGBl I 1513). Bei Erfüllung dieser Pflicht kann der Notar sinnvoll nur auf den vor ihm Erschienenen, auf seine Kenntnisse und Erfahrung, abstellen. Würde er bei pflichtmäßiger Sorgfalt feststellen müssen, daß der Erschienene die Tragweite der in fremdem Namen abzugebenden Erklärung nicht voll erkennt, so müßte er sich nicht nur davon leiten lassen, welche Nachteile dem Vertretenen daraus zu erwachsen drohen, sondern zugleich auch bedenken, daß der Erschienene sich dem Vertretenen gegenüber schadensersatzpflichtig machen kann. Insbesondere im Falle der gesetzlichen Vertretung - z.B. der elterlichen Gewalt oder der Vormundschaft - hat der Notar auf Bedenken hinsichtlich der Vertretungsmacht auch im Interesse des Vertreters hinzuweisen. Im Falle der Beurkundung der Erklärungen von Organen juristischer Personen kann nichts anderes gelten.

In diesem Zusammenhang ist ferner zu beachten, daß Fälle denkbar sind, in denen die juristische Person nur teilweise Ersatz von ihrem Organ erlangen und deshalb den Notar auf den uneinbringlichen Rest in Anspruch nehmen kann. Bei dem dann in entsprechender Anwendung der §§ 840, 426 BGB (vgl. BGH NJW 1960, 240 = VersR 1960, 75, 79) möglichen Ausgleich zwischen Organ und Notar käme es auf eine Verschuldensabwägung an. Es besteht kein Grund, den hier gegebenen Fall, daß das Organ vollen Ersatz zu leisten vermochte, anders zu lösen.

Die Bejahung der Haftung des Notars gegenüber dem im Rückgriff in Anspruch genommenen Organ vermeidet auch die andernfalls eintretende Zufälligkeit der Notarhaftung, die endgültig eintreten oder nicht eintreten würde je nachdem, ob die juristische Person ihr Organ in Anspruch nehmen kann oder - etwa unter dem Gesichtspunkt gefahrengeneigter Tätigkeit (vgl. BGHZ 16, 111, 116) [BGH 10.01.1955 - III ZR 153/53] - freizustellen oder freigestellt hat.

Soweit die Revision meint, mit der Anerkennung des Amtshaftungsanspruchs des Organs werde in diesen Fällen der Grundsatz der Subsidiarität der Notarhaftung praktisch wieder aufgehoben, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Möglichkeit eines solchen Anspruchs dessen, bei dem der durch die Amtspflichtverletzung unmittelbar Geschädigte sich schadlos zu halten hatte, ist anerkannt (RGZ 91, 96), und eine ausdehnende Anwendung jenes Grundsatzes, der einen "Fremdkörper im Aufbau des allgemeinen Deliktsrechts" darstellt (BGH GSZ 13, 88, 100), ist nicht angebracht.

Hiernach ist eine zumindest entsprechende Anwendung des § 21 RNotO auf das Organ der an der Beurkundung beteiligten juristischen Person geboten. Es wäre überdies ein unbilliges Ergebnis, wenn dem Notar der juristischen Person gegenüber der Subsidiaritätseinwand (vgl. BGH VersR 1969, 474) und gegenüber dem Organ die Verteidigung eingeräumt würde, dieser sei nicht Beteiligter. Dann wäre er von jeder Haftung nur deshalb frei, weil die zu beurkundende Erklärung statt von einer Einzelperson von einer juristischen Person vor ihm abgegeben worden ist. Ein sachlicher Unterschied ist vom Standpunkt der Notartätigkeit aus in diesen Fällen nicht gegeben. Dem Notar werden auch keine zusätzlichen Pflichten auferlegt oder Tätigkeiten abgefordert je nachdem, ob ihm die Partei selbst oder ein Organ gegenübersteht.

Zu Recht ist also das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern den durch die Amtspflichtverletzung entstandenen Schaden zu ersetzen.

Die Schadensabwägung ist von den Klägern hingenommen, von dem Beklagten nicht beanstandet worden; sie läßt im übrigen einen Rechtsirrtum nicht erkennen.

IV.Das Berufungsgericht hat die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede für nicht begründet erachtet. Es ist davon ausgegangen, daß der Beklagte selbst nicht behauptet habe, die Kläger seien vor Erhalt des an sie gerichteten, sie zum Schadensersatz auffordernden Schreibens des Anwalts der Genossenschaft vom 7. Dezember 1961 über die weitere Entwicklung unterrichtet worden. Der Auffassung des Beklagten, die Kläger hätten bereits vom Vertragsschluß an die Umstände gekannt, aus denen sie seine etwaige Haftung herleiten konnten, kann nicht gefolgt werden. Eine Haftung des Beklagten kam erst dann in Betracht, als feststand, zumindest mit einiger Sicherheit in Rechnung zu stellen war, daß der Genossenschaft tatsächlich ein Schaden entstanden war.

1.Zu Recht weist die Revision jedoch darauf hin, daß das Berufungsgericht die Vorschrift des § 215 Abs. 2 BGB nicht beachtet hat, wonach die Unterbrechung der Verjährung als nicht eingetreten gilt, wenn nicht binnen sechs Monaten nach der Beendigung des Rechtsstreits eine Klage auf Befriedigung oder Feststellung des Anspruchs erhoben wird. Das am 9. Juli 1968 im Vorprozeß ergangene Berufungsurteil, das die Kläger zur Zahlung von 15.627,25 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 29. Dezember 1961 verpflichtete, ist am 4. September 1968 von Anwalt zu Anwalt zugestellt worden und erlangte, da Revision nicht eingelegt worden ist, am 4. Oktober 1968 Rechtskraft. Erst mit dem am 23. Mai 1969 bei dem Berufungsgericht des vorliegenden Rechtsstreits eingegangenen Schriftsatz vom 22. Mai 1969 haben die Kläger die Klage um den Betrag von 5.879,86 DM und um den Feststellungsantrag erweitert. Die Sechsmonatsfrist des § 215 Abs. 2 BGB war aber bereits am 8. April 1969 (Osterdienstag) abgelaufen, so daß der Streitverkündung hinsichtlich der Verjährung der am 23. Mai 1969 erweiterten Klageansprüche, die in dem ursprünglichen Klageantrag nicht mit enthalten waren, keine verjährungsunterbrechende Bedeutung mehr zukommt. Im Umfang dieser Ansprüche erweist sich also die Klage wegen Verjährung als unbegründet. Die Kläger können der Verjährungseinrede des Beklagten nicht mit dem Arglisteinwand begegnen; der Beklagte war angesichts des Umstands, daß die Kläger bereits längere Zeit vor Vollendung der Verjährung anwaltschaftlich beraten und vertreten waren, nicht verpflichtet, sie auf etwaige gegen ihn selbst bestehende Schadensersatzansprüche hinzuweisen.

2.Soweit es sich um den ursprünglichen bezifferten und mit dem am 9. Oktober 1968 bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz von demselben Tag auf 15.627,25 DM nebst 8 % Zinsen seit 29. Dezember 1961 erweiterten Klageanspruch handelt, greift die Verjährungseinrede des Beklagten nicht durch, weil die Streitverkündung vor Vollendung der mit Erhalt des Schreibens vom 7. Dezember 1961 begonnenen Verjährung und die Klageerweiterung vor Beginn der Frist des § 215 Abs. 2 BGB vorgenommen worden sind.

Von dem bereits mit der Klage geltend gemachten bezifferten Schadensbetrag von 15.627,25 DM müssen die Kläger wegen des sie treffenden mitwirkenden Verschuldens sich ein Drittel (= 5.209,08 DM) anrechnen lassen, so daß sie von dem Beklagten nur die restlichen zwei Drittel, d.h. 10.418,17 DM, nebst 8 v.H. Zinsen seit 29. Dezember 1961, entsprechend dem im Vorprozeß ergangenen Urteil, ersetzt verlangen können.

Unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils war deshalb das landgerichtliche Urteil zu ändern und entsprechend neu zu fassen, im übrigen waren Berufung, Anschlußberufung und Revision als unbegründet zurückzuweisen.