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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 03.12.1968, Az.: VI ZR 211/66

Tenor

Auf die Revision der Kläger Wird das Urteil des 6. Zivilsenats (Hilfssenats) des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. Mai 1966 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsinstanz, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Kläger, Bergmannseheleute, erteilten am 1. April 1963 dem Beklagten über dessen "Verkäufer", den Zeugen H., Auftrag zur Lieferung von 200 Wurstverkaufsautomaten zu je 250,- DM. Die Geräte sollten zum Automatenverkauf von Dauerwürstchen in fremden Gaststätten durch die Kläger dienen. Späterhin wurde einverständlich die Zahl der zu liefernden Geräte auf die Hälfte herabgesetzt. Den Kaufpreis brachten die Kläger über ein Darlehen der P. Kundenkreditbank in L. auf, woraus ihnen für die zunächst vorgesehene Laufzeit eine Gesamtbelastung von 27.183,25 DM erwuchs. Sie hatten davon bei Klagerhebung 1.200,- DM zurückgezahlt und überdies Sicherungskosten in Höhe von 213,50 DM aufgewandt.

Am 1. Juni 1963 schloß der Kläger zu 1) in Gegenwart des Beklagten mit dem Verkäufer H. folgende Vereinbarung:Leo H.Ne./S.Rol.str. ...Vereinbarung!Zwischen Herrn Karl Ri. E. u. Herrn Leo H. Ne. wird heute folgende Vereinbarung getroffen.Herr H. übernimmt die Aufstellung meiner Geräte, wie aus der Vollmacht vom 1.6.63 von Herrn Ri. bestätigt wurde. Die erste Lieferung der Würste für dieses Geschäft (100 Karton = 2000,- DM) worden von Herrn H. gezahlt. Herr Ri. kann in Raten von mtl. DM 200,- diesen Betrag an H. zurückerstattens sobald die Geräte aufgestellt sind. Kassierung u. Auffüllung wird von Herrn Ri. selbst gemacht. Ne., den 1.6.1963Leo H.Karl Ri.Diese Vereinbarung wurde am 3. Juni 1963 wie folgt ergänzt:Zusatzvertrag:Herr Leo H. Ne./S. Rol.strasse ..., verpflichtet sich für Herrn Karl Ri., E. Ü.straße ... die von ihm gekauften 200 Wurstverkaufsautomaten auf Plätze zu bringen und aufzuhängen. Sobald eine Rendite der Finanzierungskosten nicht vorhanden ist, muß Herr H. das Gerät auf einen anderen Platz bringen.3.6.63Leo H.erhalten Ri.mit Stempel

Gleichzeitig bevollmächtigte der Kläger zu 1) H., seine Interessen wahrzunehmen, auf schnellstem Wege sein Geschäft aufzubauen, die Geräte von der Herstellerfirma abzuholen und sie für ihn aufzuhängen.

25 Geräte wurden in der zweiten Septemberhälfte 1963 an die Kläger geliefert, der Rest Anfang Oktober 1963. Die gelieferten Geräte waren im Auftrag des Beklagten von den Zeugen D. hergestellt, während am 1. April 1963 die Lieferung von Geräten mit der Herstellermarke ST. unter Vorführung eines Mustergerätes vereinbart worden war. Ein konstruktiver Unterschied der Geräte bestand darin, daß die ST.-Geräte seitlich zu öffnen waren und einen besonderen Verschluß der Münzkassette vorsahen, während die gelieferten Geräte von oben nach unten zu öffnen waren, wodurch gleichzeitig das Innere des Münzraums zugänglich wurde.

Mit Schreiben vom 26. Oktober 1963 an den Beklagten stellten die Kläger die Geräte zur Verfügung und verlangten Ersatz der bisherigen Aufwendungen. Sie begründeten dies damit, daß H. - wie dem Beklagten schon früher brieflich mitgeteilt - mit der Anbringung der Geräte auch weiterhin säumig sei. Ferner rügten sie jetzt die Verschiedenheit der gelieferten von den ursprünglich ausbedungenen Geräten.

Späterhin erklärten die Kläger nach erfolgloser Fristsetzung hinsichtlich der nach ihrer Auffassung vom Beklagten geschuldeten Anbringung der Geräte durch Anwaltsschreiben erneut den Rücktritt.

Die Kläger sind der Auffassung, daß der Beklagte vertragswidrig andere, weniger geeignete Geräte geliefert habe. Auch sei er der von ihm übernommenen Verpflichtung zur Anbringung dieser Geräte in Gaststätten nicht nachgekommen. Schließlich sei der Kaufvertrag von ihnen erfolgreich wegen arglistiger Täuschung angefochten. Der Beklagte habe nämlich arglistig verschwiegen, daß er nach Erteilung eines Alleinvertriebsrechte an einen Abnehmer zur Lieferung der ausbedungenen Geräte gar nicht mehr befugt sei.

Die Kläger haben in erster LinieFreistellung von ihrer Darlehensschuld und Erstattung ihrer Aufwendungen in Höhe von 1.413,50 DM,

hilfsweiseZahlung von 24.000,- DM nebst Zinsen begehrt.

Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Er hat behauptet, die Lieferung von D.-Geräten sei nachträglich zwischen den Parteien vereinbart worden. Die Übernahme einer Verpflichtung zur Anbringung der Geräte hat er bestritten. Er hat ferner Verjährung eingewandt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger war erfolglos. Mit der Revision verfolgen sie ihr früheres Klagbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht geht entgegen der Behauptung der Kläger davon aus, daß sich die Vertragspflicht des Beklagten in der Lieferung der Automaten gem. § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB erschöpft habe. Es hält nicht für erwiesen, daß der Beklagte die Anbringung der Geräte durch den Zeugen H. als zusätzliche eigene Pflicht übernommen habe oder doch für die Anbringung vertraglich habe einstehen müssen. Dies folgert das Berufungsgericht aus den insoweit eindeutigen Wortlaut der schriftlichen Vereinbarungen mit H. vom 1. und 3. Juni 1963 und aus dem Umstand, daß der Beklagte, da damals anwesend, keinen Anlaß hatte, sich durch H. vertreten zu lassen, ferner daraus, daß die Kläger in ihren Schreiben an den Beklagten von 24. September und 26. Oktober 1963 Anbringung der Automaten nicht unmittelbar durch den Beklagten gefordert hätten. Dann fährt das Berufungsurteil fort: Infolgedessen seien auch die Kläger im zweiten Rechtszug auf ihren Vor trag, der Beklagte habe erklärt, die Geräte müßten je Stück jetzt 285,- DM kosten, weil er durch den Zusatzvertrag mit H. für die Anbringung der Geräte verantwortlich sei, "nicht ausdrücklich zurückgekommen". Selbst wenn der Beklagte aber eine solche Zusage erteilt haben sollte, könnten die Kläger ihn hieran nicht festhalten, weil sie "unstreitig" nicht 285,- DM sondern nur 250,- DM je Gerät gezahlt hätten. Damit hätten sie das Angebot des Beklagten, gegen Zahlung eines höheren Kaufpreises für die Anbringung der Geräte zu sorgen, abgelehnte Daher komme es auf die Beweisantritte für dieses Angebot des Beklagten nicht an.

Insofern rügt die Revision Verletzung des § 286 ZPO. Sie weist darauf hin, daß die Kläger auf Seite 5/6 der schriftlichen Berufungsbegründung unter Vorlage von Bankbenachrichtigungen dargelegt haben, sie hätten "unstreitig" über die Leistung der Kundenkreditbank an den Beklagten (24.000,- DM) hinaus noch Wechsel im Betrag von 4.500,- DM hingegeben, also in der Tat 285,- DM je Gerät entrichtet.

Diese Rüge greift durch und zwingt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.

Da das angefochtene Urteil in seinem Tatbestand zur Ergänzung des Farteivorbringens auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug nimmt, insoweit aber von den Klägern eben nur die Berufungsbegründung vorlag, verbietet sich ein Verständnis jener Stolle in den Gründen dahin, der Vertreter der Kläger habe vor den Oberlandesgericht entgegen der allgemeinen Übung auf eine ergänzende Bezugnahme auf die Berufungsbegründung verzichtet und nur denjenigen Vortrag gebracht, von dem das Berufungsgericht in seinen Entscheidungsgründen ausgeht. Diese Deutung wäre auch mit der Wendung nicht vereinbar, daß die Kläger auf diese Behauptung im zweiten Rechtszug nicht mehr ausdrücklich zurückgekommen seien. Angesichts dieses Widerspruchs muß davon ausgegangen werden, daß das Berufungsgericht in bezug auf eine Mehrzahlung in Form von Akzepten im Betrag von 4.800,- DM den Sachvortrag der Kläger übersehen hat. Da diesem Vortrag von den Klägern indizielle Bedeutung beigemessen wird für die Richtigkeit ihrer früheren Behauptung, daß diese Mehr Zahlung als Entgelt für eine Aufstellungsgarantie des Beklagten vereinbart gewesen sei, hätte das Berufungsgericht bei vollständiger Würdigung des Berufungsvorbringens jedenfalls ohne aufklärende Frage auch nicht davon ausgehen dürfen, daß die Kläger nunmehr auf jene zweite, für ihren Anspruch unmittelbar schlüssige Behauptung verzichten wollten.

Der Verfahrensmangel nötigt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, da die sachliche Entscheidung von ihm beeinflußt sein kann. Hat der Beklagte entgegen dem an sich vom Berufungsgericht zutreffend gewürdigten Wortlaut der schriftlichen Vereinbarung der Kläger mit H. sich selbst zur Anbringung der Geräte verpflichtet, diese Vertragspflicht aber nicht erfüllt, dann kommen Rückforderungs- und Schadensersatzansprüche der Kläger, von denen letztere auch in Form eines Befreiungsanspruches denkbar sind, in Frage; inwieweit ihnen die ausdrückliche Erklärung des Rücktritts entgegensteht, ist derzeit nicht zu prüfen.

Das Berufungsgericht wird nunmehr über die von den Klägern behauptete mündliche Übernahme einer Aufstellungspflicht durch den Beklagten vollständig zu befinden, insbesondere die darauf zielenden Beweisantritte der Kläger zu erschöpfen haben, wobei auch eine Neuvernehmung des Zeugen W. zu diesem Punkt in Frage kommt. Eine Stellungnahme des Beklagten zu der von den Klägern unter Beweis gestellten zusätzlichen Akzepthingabe wird in diesem Zusammenhang gleichfalls zu veranlassen sein. Sollten die weiteren Erhebungen zu der Feststellung führen, daß die Aufstellung der Geräte zwischen den Parteien zwar zur Sprache gekommen, die mündliche Übernahme einer eigenen Leistungs- oder Garantieverpflichtung durch den Beklagten aber nicht erweislich ist, dann kann weiterhin eine Prüfung geboten sein, ob nicht die Kläger dem Beklagten gegenüber eine zügige Anbringung der Geräte durch H. erkennbar in einer Weise zur Grundlage ihres Kaufentschlusses gemacht haben, daß der Beklagte sie nach Fehlschlagen dieser Erwartung billigerweise nicht mehr an ihrer Abnahmeverpflichtung festhalten durfte; es mag auch von Bedeutung sein, inwieweit der im Gegensatz zu den Klägern mit solchen Geschäften vertraute Beklagte nach früheren Erfahrungen zu der Erwartung berechtigt War, Ho. werde imstande sein wenigstens die 100 Geräte, auf welche der Beklagte selbst den Auftrag vorsichtigerweise reduziert hatte, in angemessener Zeit und in für die Kläger tragbarer Entfernung anzubringen.

Die demnach dem Berufungsgericht obliegende weitere Sachaufklärung kann möglicherweise zu der Feststellung führen, daß die Vertragsbeziehungen der Parteien einen anderen als den im angefochtenen Urteil vorausgesetzten Inhalt hatten; der Senat sieht deshalb davon ab, jetzt schon zu den weiteren Revisionsrügen Stellung zu nehmen, welche sich gegen die sachlich-rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts wenden; denn es muß derzeit damit gerechnet werden, daß ihnen infolge einer anderweiten Feststellung des Vertragsinhalts die Grundlage entzogen wird.

Die neuerliche Entscheidung des Berufungsgerichts wird auch über die Tragung der Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.