Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 14.06.2012, Az.: VII ZB 48/10
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Zivilkammer 65 des Landgerichts Berlin vom 15. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Entscheidungsgründe
I.
Der Beteiligte, Rechtsanwalt R., wurde durch Beschluss vom 21. Dezember 2004 zum Zwangsverwalter über Wohnungseigentumseinheiten der Wohnungseigentumsanlage F. bestellt. In dieser Eigenschaft erwirkte er gegen den Antragsgegner als Mieter einiger Räume im Dachgeschoss einen seit 2006 rechtskräftigen Titel, mit dem der Antragsgegner unter anderem dazu verurteilt wurde, die Räume zu räumen und an den damaligen Kläger R. herauszugeben. Im Zwangsversteigerungsverfahren wurde dem Antragsteller durch Beschluss vom 28. Januar 2009 das Eigentum an der Wohnungseigentumseinheit zugeschlagen. Die Zwangsverwaltung wurde durch Beschluss vom 20. Mai 2009 aufgehoben. Daraufhin hat der Antragsteller die Umschreibung des Räumungstitels auf ihn als Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters R. ge-1 mäß § 727 ZPO beantragt. Das Amtsgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein auf Umschreibung des Räumungstitels gerichtetes Anliegen weiter.
II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2, § 575 ZPO statthafte und zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht hat die Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel gemäß § 727 ZPO abgelehnt, weil der Ersteher des der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundeigentums nicht Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters sei. Deshalb könne und müsse er die Räumung und Herausgabe des von ihm ersteigerten Grundeigentums durch den gekündigten Mieter selbst dann im vereinfachten Klauselerteilungsverfahren nach § 93 Abs. 1 ZVG betreiben, wenn der Zwangsverwalter - wie hier - bereits einen Räumungstitel gegen den Mieter erstritten habe.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Vollstreckungsklausel nach § 727 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. Der Antragsteller ist nicht Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters R. im Sinne dieser Vorschrift.
a) Rechtsnachfolger des Gläubigers im Sinne des § 727 ZPO ist derjenige, der an Stelle des im Titel genannten Gläubigers den nach dem Titel zu vollstreckenden Anspruch selbst oder jedenfalls die Berechtigung erworben hat, den Anspruch geltend zu machen (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 2
- VII ZB 89/10, BGHZ 190, 172 Rn. 16 m.w.N.). Beides trifft für den Antragsteller hinsichtlich des für den Zwangsverwalter R. titulierten Räumungs- und Herausgabeanspruches nicht zu.
aa) Gemäß § 152 Abs. 1 ZVG hat der Verwalter das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das der Beschlagnahme unterliegende Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestande zu erhalten und ordnungsgemäß zu benutzen. Er tritt gemäß § 152 Abs. 2 ZVG in bereits bestehende, das beschlagnahmte Objekt betreffende Mietverhältnisse ein und ist berechtigt, alle Rechte des Eigentümers aus diesen Vertragsverhältnissen selbständig geltend zu machen, wozu auch die Kündigung (BGH, Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 330/03, NJW-RR 2005, 1029, 1030 m.w.N.) und der sich hieraus gemäß § 546 BGB ergebende Anspruch auf Rückgabe der Mietsache gehören. Die dem Verwalter nach § 152 Abs. 1 ZVG obliegende ordnungsgemäße Nutzung und Verwaltung des Grundstücks schließt die Befugnis ein, auch solche Ansprüche zu verfolgen, die sich aus einer rechtsgrundlosen Benutzung der der Zwangsverwaltung unterliegenden Sache sowie der Verletzung von Besitzrechten ergeben. Denn die Durchsetzung dieser Rechte dient dazu, eine Schmälerung der nach § 155 ZVG zu verteilenden Nutzungen abzuwenden (BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - IX ZR 119/04, NJW-RR 2007, 265; Urteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 16/00, NJW-RR 2003, 1308; Urteil vom 14. Mai 1992 - IX ZR 241/91, NJW 1992, 2487). Dementsprechend ist der Verwalter nach der Beendigung des Mietverhältnisses im Rahmen einer zweckentsprechenden Verwaltung dazu berufen, die Rechte des Eigentümers auf Räumung und Herausgabe des Mietobjekts wahrzunehmen, zu deren - auch gerichtlichen - Durchsetzung er befugt ist (Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 152 Rn. 5.4).
Darin zeigt sich, dass der Zwangsverwalter seine Befugnisse aus der Rechtsposition des Eigentümers ableitet, dessen Rechte und Pflichten er in den 7 Grenzen wahrnehmen kann und muss, die ihm durch die Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Verwaltung des beschlagnahmten Grundeigentums gesetzt sind (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1954 - VI ZR 257/52, LM, Nr. 2 zu § 265 ZPO). Er handelt von Amts wegen im eigenen Namen und aus eigenem Recht, ohne selbst Eigentümer zu werden oder Eigentumsrechte zu erwerben (Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 152 Rn. 3.2). Mit der Aufhebung der Zwangsverwaltung erlöschen die Wirkungen der Beschlagnahme und die hieran geknüpften Befugnisse des Verwalters (BGH, Urteil vom 27. Januar 1954 - VI ZR 257/52, aaO).
bb) Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass der Ersteher eines Grundstücks, das nach vorangegangener Zwangsverwaltung zwangsversteigert worden ist, nicht Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters ist und deshalb nach Beendigung der Zwangsverwaltung nicht als Partei in einem vom Zwangsverwalter gegen einen Grundstücksmieter geführten Rechtsstreit über die Bezahlung von Mietzinsforderungen eintreten kann (BGH, Urteil vom 27. Januar 1954 - VI ZR 257/52, aaO; bestätigt in BGH, Urteil vom 7. April 1978 - V ZR 154/75, BGHZ 71, 216, 219). Die hierzu entwickelten Grundsätze, die der Bundesgerichtshof entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch auf solche Mietzinsforderungen angewendet hat, die bereits während der Dauer der Zwangsverwaltung fällig geworden waren, gelten in gleicher Weise für die Beantwortung der Frage, ob der Ersteher des zwangsversteigerten Grundeigentums Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters im Sinne des § 727 ZPO ist und die Umschreibung eines von diesem gegen Mieter des Versteigerungsobjekts erwirkten Räumungstitels verlangen kann.
(1) Mit dem Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren erwirbt der Ersteher gemäß § 90 Abs. 1 ZVG originär und nicht vom Schuldner abgeleitet Eigentum am Zwangsversteigerungsobjekt. Er ist nicht Rechtsnachfolger des ursprünglichen Eigentümers, weil durch den konstitutiv wirkenden Hoheitsakt 9 des Zuschlags Eigentum nicht übertragen, sondern in der Person des Erstehers neu begründet wird (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1959 - VII ZR 68/58, WM 1960, 25, 26; Urteil vom 15. Mai 1986 - IX ZR 2/85, NJW-RR 1986, 1115; Urteil vom 29. Juni 2004 - IX ZR 258/02, BGHZ 159, 397). Dann aber kann es erst Recht keinem Zweifel unterliegen, dass der Ersteher hinsichtlich der sich aus dem Eigentum ergebenden Rechte auch nicht Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters ist, der selbst keine Eigentumsrechte innehat und lediglich dazu berufen ist, diejenigen des Schuldners von Amts wegen wahrzunehmen. Für die von der Rechtsbeschwerde unter Hinweis auf Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 90 Rn. 2.1 und § 161 Rn. 6.10, befürwortete Anwendung des § 727 ZPO ist deshalb kein Raum.
(2) Aus dem Umstand, dass der titulierte Herausgabeanspruch materiellrechtlich aus § 546 BGB und damit aus dem durch Kündigung beendeten Mietverhältnis zwischen dem Antragsgegner und dem vormaligen Eigentümer hergeleitet werden kann, ergibt sich nichts anderes. Der Antragsteller ist auch insoweit nicht Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters, der den vertraglichen Rückgabeanspruch des vormaligen Eigentümers und Vermieters im eigenen Namen gerichtlich hat titulieren lassen.
Allerdings schreibt § 57 ZVG durch Bezugnahme auf die Vorschrift des § 566 BGB vor, dass der Ersteher in bestehende Mietverhältnisse eintritt, soweit das der Beschlagnahme unterliegende Grundstück dem Mieter überlassen ist. Die ihm hierdurch zufallenden Rechte umfassen den vertraglichen Rückgabeanspruch des Vermieters auch dann, wenn das Mietverhältnis - wie hier - bereits vor der Erteilung des Zuschlags wirksam gekündigt worden war (BGH, Urteil vom 28. Juni 1978 - VIII ZR 139/77, NJW 1978, 2148 - zu § 557 Abs. 1 BGB a.F.). 11 Daraus folgt indes nicht, dass der Ersteher durch Rechtsnachfolge in die Rechtsposition eintritt, die der Zwangsverwalter in Ausübung seines Amtes durch Geltendmachung des Anspruchs aus § 546 BGB gegenüber den Mietern gerichtlich erstritten hat. Das Gegenteil ist der Fall. Denn ebenso wie der Verwalter nach Beendigung der Zwangsverwaltung keinen Rechtsstreit mehr über die künftigen Mieteinkünfte führen darf (BGH, Urteil vom 27. Januar 1954 - VI ZR 257/52, aaO), ist er ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr befugt, die Herausgabe des nicht mehr von der Beschlagnahme umfassten Mietobjekts zu betreiben. Dann aber hält er auch keine Rechtsposition mehr inne, in die der Ersteher durch den Erwerb des Eigentums eingerückt sein könnte (i.E. ebenso: OLG Celle, Beschluss vom 6. September 2010 - 4 W 137/10, bei juris).
In Erwägung dessen braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob der Ersteher überhaupt an die Stelle des im Titel als Gläubiger ausgewiesenen Verwalters treten kann, indem er den nach dem Titel zu vollstreckenden Anspruch selbst oder jedenfalls die Berechtigung erwirbt, den Anspruch geltend zu machen. Daran ist schon deshalb zu zweifeln, weil der Verwalter keine eigenen Rechte ausübt, sondern lediglich dazu berufen ist, diejenigen des Eigentümers wahrzunehmen, wobei er, wie sich aus § 155 ZVG ergibt, neben den Interessen des Eigentümers auch diejenigen der Realgläubiger zu berücksichtigen hat. Vor diesem Hintergrund könnten, ohne dass der Senat hierzu endgültig Stellung nehmen muss, auch unabhängig von den mit der Beendigung der Zwangsverwaltung einhergehenden Folgen Bedenken bestehen, den Ersteher des Grundeigentums im Wege der Rechtsnachfolge in die Rechtsposition eines mit derlei Aufgaben betrauten Amtsverwalters einrücken zu lassen.
b) Ein praktisches Bedürfnis, dem Antragsteller gemäß § 727 ZPO eine Umschreibung des auf den Verwalter lautenden Räumungstitels zu ermöglichen, besteht nicht. Ihm ist durch § 93 Abs. 1 Satz 1 ZVG die Möglichkeit eröff-13 net, die Räumung und Herausgabe der vom Antragsgegner innegehaltenen Räume im Wege der Zwangsvollstreckung zu betreiben. Die Besorgnis, gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2, § 57 ZVG an der Räumungsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss gehindert zu sein, besteht nicht, weil in Ansehung der Ergebnisse der auf Räumung und Herausgabe gerichteten Gerichtsverfahren davon auszugehen ist, dass dem Antragsgegner nach wirksamer Kündigung der Mietverträge kein Recht zum Besitz an den herauszugebenden Räumen mehr zusteht. Insoweit ist auch von Bedeutung, dass es im Verfahren gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2 ZVG nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht ausreicht, dass der Mieter sich auf ein Recht zum Besitz beruft. Vielmehr müssen - von ihm im Einzelnen darzulegende - Anhaltspunkte gegeben sein, die sein Besitzrecht zumindest nahe legen (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2008 - V ZB 108/07, DGVZ 2008, 170; Beschluss vom 27. Februar 2004 - IXa ZB 269/03, Rpfleger 2004, 368). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsgegner solche Anhaltspunkte wird darlegen können.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Kniffka Safari Chabestari Eick Halfmeier Leupertz Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 19.11.2009 - 213 C 290/05 -
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