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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 20.12.2012, Az.: 3 STR 117/12

Entscheidungsgründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung zur Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt. Von der Auferlegung der Kosten und Auslagen des Verfahrens auf den Angeklagten hat es abgesehen, hat ihn aber zur Tragung der notwendigen Auslagen der Nebenklägerin und seiner eigenen Auslagen verurteilt. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Mit der sofortigen Beschwerde greift er die Auslagenentscheidung des Landgerichts an. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

A.

I. Nach den Feststellungen des Landgerichts sprang der Angeklagte, der sich entschlossen hatte, die Nebenklägerin unter Einsatz massiver Gewalt zum Geschlechtsverkehr zu nötigen, diese in der Nacht vom 17. auf den 18. Juli 2010 auf dem Nachhauseweg von einer Gaststätte von hinten an, so dass sie auf den Bauch zu Boden fiel. Auf ihr sitzend oder liegend gelang es ihm trotz heftiger Gegenwehr der Nebenklägerin unter Einsatz massiver Schläge gegen ihren Kopf, den er auch auf den Boden schlug, ihr den Rock hochzuschieben, den Slip auszuziehen und ihre Beine zu spreizen. Anschließend drang er mit seinem erigierten Glied mehrfach in ihre Scheide und einmal kurzzeitig in ihren Anus ein, bevor er sie nach einem kurzen, missglückten Befreiungsversuch erneut zu Boden warf und mit ihr den Vaginalverkehr bis zum Samenerguss vollzog. Als die Nebenklägerin, die den Angeklagten nicht erkennen konnte, weil ihre Augen wegen der heftigen Schläge gegen den Kopf zugeschwollen waren, sich bewusstlos stellte, ließ er von ihr ab, auch weil er auf dem Weg herannahende Personen hörte.

II. Die Nebenklägerin begab sich unmittelbar nach der Tat zu der in der Nähe liegenden Wohnung ihres Freundes, der umgehend die Polizei informierte; sie wurde noch in der Nacht ärztlich untersucht und es wurden Abstriche aus dem Vaginal- und Analbereich entnommen. In diesen und an der Kleidung der Nebenklägerin wurde DNA-Material sichergestellt, dessen Untersuchung zwar einen bestimmten Spurenverursacher, aber keine Hinweise auf einen polizeilich bekannten Täter ergab. Nachdem weitere Ermittlungen eine örtliche Verwurzelung des Täters nahegelegt hatten, ordnete der Ermittlungsrichter beim Amtsgericht Osnabrück auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom 13. September 2010 hinsichtlich sämtlicher zwischen dem 1. Januar 1970 und dem 31. Dezember 1992 geborener männlicher Personen in der Samtgemeinde D. die freiwillige Abgabe von Körperzellen zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters an. An dem Reihengentest, bei dem von 2.406 Männern nach der gesetzlich vorgeschriebenen Belehrung über die Freiwilligkeit und den Umfang der Nutzung der DNA Speichelproben genommen wurden, nahmen auch der Vater des Angeklagten und zwei seiner Onkel teil; er selbst war davon aufgrund seines geringen Alters nicht betroffen. Bei der Untersuchung und dem Vergleich der DNA-Proben aus dem Reihengentest mit dem DNA-Muster der Tatspuren stellte die beauftragte Sachverständige bei zwei anonymisierten Proben aufgrund des Vorkommens eines sehr seltenen Allels eine hohe Übereinstimmung zwischen diesen und der des mutmaßlichen Täters fest. Sie teilte diesen Befund dem ermittelnden Polizeibeamten mit und wies darauf hin, dass diese beiden Probengeber zwar nicht als Täter in Betracht kämen, aber Verwandte des Spurenlegers sein könnten. Deshalb erbat sie die Überprüfung, ob weitere Verwandte an dem Reihengentest teilgenommen hätten, um - zu diesem Zeitpunkt stand noch die Untersuchung von etwa 800 Speichelproben aus - deren Untersuchung gegebenenfalls vorzuziehen. Die beiden Proben wurden daraufhin bei der Polizeidienststelle entanonymisiert und es wurde festgestellt, dass sie von untereinander Verwandten - dem Vater des Angeklagten und seinem Onkel A. - stammten. Die in anonymer Form durchgeführte Untersuchung der Probe des weiteren Onkels M. des Angeklagten hatte ergeben, dass dieser ebenfalls nicht als Verursacher der Tatspur in Betracht kam; das bei den beiden anderen Proben gefundene seltene Allel, das auch die Tatspur aufwies, war bei ihm nicht vorhanden. Ein alsdann von der Polizei durchgeführter Melderegisterabgleich erbrachte das Ergebnis, dass einer der Probengeber einen Sohn - den Angeklagten - hat, der aufgrund seines jugendlichen Alters nicht in das Raster für den Reihengentest gefallen war, der aber gleichwohl die Tat begangen haben könnte. Daraufhin erließ das Amtsgericht Osnabrück - Ermittlungsrichter - auf Antrag der Staatsanwaltschaft am 13. Januar 2011 einen Beschluss auf Entnahme von Körperzellen bei dem Angeklagten und deren Untersuchung zur Bestimmung des DNA-Identifizierungsmusters. Diese Untersuchung ergab eine Übereinstimmung mit der Tatspur.

I. Das unter A. II. geschilderte Verfahrensgeschehen rügt der Beschwerdeführer unter mehreren rechtlichen Gesichtspunkten als verfahrensfehlerhaft.

1. a) Die Verwertung der Ergebnisse der DNA-Untersuchung betreffend den Angeklagten und seine Verwandten stelle einen Verstoß gegen § 261 i.V.m. § 81h Abs. 3, Abs. 4 Nr. 1 StPO und den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes dar, weil diese Erkenntnisse auf rechtswidrige Art und Weise erlangt und deshalb unverwertbar seien. Fehlerhaft sei, dass die Proben des Vaters und des Onkels des Angeklagten, welche die teilweise Übereinstimmung zur Tatspur aufgewiesen hätten, sowie die Aufzeichnungen über deren festgestellte DNA-Identifizierungsmuster nicht unverzüglich vernichtet worden seien, nachdem festgestellt worden war, dass die beiden Probanden nicht als Spurenleger in Betracht kamen. Die Sachverständige habe zudem einen Quervergleich der Proben untereinander durchgeführt, was eine von § 81h StPO nicht erlaubte Untersuchungsmethode darstelle. Weitere Gesetzesverletzungen seien in der Entanonymisierung der Proben und in dem später durchgeführten Abgleich mit der Probe des weiteren Onkels des Angeklagten zu sehen. Der Vater und die beiden Onkel des Angeklagten hätten zudem nicht wirksam in die Entnahme und Untersuchung ihres Zellmaterials eingewilligt, weil sie bei der durchgeführten Belehrung über das Schicksal ihrer DNA-Probe getäuscht worden seien. Schließlich seien durch die Vorgehensweise der Ermittlungsbehörden die analog anwendbaren Vorschriften des § 52 Abs. 1 Nr. 3 und des § 81c Abs. 3 Satz 1 StPO verletzt worden. Die Vielzahl der Verstöße, die auf ein willkürliches Handeln der Ermittlungsorgane hindeute, sowie ihr Gewicht begründeten nicht nur ein Beweiserhebungs-, sondern auch ein Beweisverwertungsverbot.

b) Die Rüge ist unbegründet.

Die von der Revision erhobenen Beanstandungen wegen Rechtsverletzungen bei der Gewinnung der DNA-Identifizierungsmuster des Vaters und der Onkel des Angeklagten im Rahmen des Reihengentests dringen nicht durch. Die Erhebung dieser Beweismittel war rechtmäßig (dazu unten aa)). Allerdings sind diese Beweismittel in einer vom Gesetz nicht gedeckten Weise verwendet worden, um den Tatverdacht gegen den Angeklagten zu begründen. Dies führte zum Erlass des von diesem Fehler bemakelten Beschlusses des Ermittlungsrichters nach § 81a StPO und damit letztlich zur Feststellung der Übereinstimmung des DNA-Identifizierungsmusters des Angeklagten mit dem der Tatspuren. Diese somit rechtswidrig gewonnenen Erkenntnisse (dazu unten bb)) durfte die Strafkammer gleichwohl in die Hauptverhandlung einführen und im Urteil gegen den Angeklagten verwerten (dazu unten cc)).

aa) Die Durchführung des Reihengentests gibt keinen Anlass zu rechtlichen Beanstandungen. Insoweit gilt zudem, dass die Untersuchung der Probe des Onkels M. die hohe Übereinstimmung mit der Tatspur - insbesondere hinsichtlich des bei den beiden anderen Proben festgestellten, seltenen Allels - nicht ergab. Sie vermochte deshalb einen Verdacht bezüglich des Angeklagten nicht zu begründen. Auf den behaupteten Gesetzesverletzungen gegenüber diesem Onkel des Angeklagten kann das Urteil deshalb jedenfalls nicht beruhen.

Danach bleiben nur etwaige Gesetzesverletzungen betreffend die Entnahme und Untersuchung der Speichelprobe des Vaters des Angeklagten und des Onkels A. zu prüfen; insoweit greifen die von der Revision erhobenen Rügen nicht durch. Im Einzelnen:

(1) Es ist nicht zu beanstanden, dass die beiden DNA-Identifizierungsmuster nach dem Abgleich mit der Tatspur nicht sofort gelöscht worden sind. Nach § 81h Abs. 3 Satz 1, § 81g Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. StPO müssen die den Probanden entnommenen Körperzellen unverzüglich vernichtet werden, sobald sie für die Untersuchung nicht mehr erforderlich sind; dies ist ausweislich des schriftlichen Gutachtens der Sachverständigen geschehen. Die aus der Untersuchung gewonnenen Aufzeichnungen über die DNA-Identifizierungsmuster hingegen sind nach § 81h Abs. 3 Satz 2 StPO erst dann unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Aufklärung des Verbrechens nicht mehr erforderlich sind.

Vorliegend ist ein Verstoß gegen die Löschungsverpflichtung nicht gegeben: Im Zeitpunkt der Untersuchung der DNA-Proben der beiden Onkel des Angeklagten war der Reihengentest noch nicht abgeschlossen; es stand noch die Untersuchung von ca. 800 Speichelproben aus. Eine Verpflichtung zur sofortigen Löschung jedes einzelnen - nicht übereinstimmenden - Identifizierungsmusters unmittelbar nach seinem Abgleich mit dem der Tatspur lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen.

Im Übrigen würde auf der unterlassenen Löschung der beiden DNA-Identifizierungsmuster das Urteil nicht beruhen: Nach der Untersuchung lag jedenfalls aus Sicht der Sachverständigen sehr nahe, dass diese Probanden Verwandte des mutmaßlichen Täters sein könnten. Auch wenn die Sachverständige die DNA-Identifizierungsmuster im Anschluss an den Abgleich sofort gelöscht hätte, wäre - wie geschehen - die Verwendung dieser Information (dazu unten bb)) als Anlass für weitere Ermittlungen und ihre Verwertung als verdachtsbegründend möglich gewesen. Aus dem gleichen Grund ist es für die Entscheidung auch ohne Bedeutung, ob die Identifizierungsmuster im Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch vorhanden waren oder ob sie mittlerweile gelöscht worden sind.

(2) Soweit der Beschwerdeführer als fehlerhaft beanstandet, dass die Sachverständige einen gezielten Quervergleich der Proben des Vaters des Angeklagten und seiner Onkel untereinander durchgeführt habe, ist die Rüge bereits unzulässig. Aus dem in der Revisionsbegründung nur auszugsweise zitierten Vermerk von KHK Z. vom 4. Januar 2011 ergibt sich, dass die Sachverständige mitgeteilt hatte, die anonyme Auswertung der Proben des Vaters (90/4) und des Onkels A. (89/4) habe eine hohe Übereinstimmung "mit der Tatspur" ergeben. Ein Hinweis auf einen Vergleich der Proben untereinander lässt sich dem nicht entnehmen. Im weiteren - nicht mitgeteilten - Text des Vermerks ist niedergelegt, dass der Ermittlungsbeamte auf diese fernmündliche Mitteilung die Personenliste der DNA-Reihenuntersuchung durchsah, ihm aufgrund der Namensgleichheit der weitere Onkel des Angeklagten als vermutlicher Verwandter auffiel und er dies der Sachverständigen in einem weiteren Telefonat mitteilte. Sie erklärte, auch diese Probe (91/3) bereits untersucht zu haben; die Person komme als Täter ebenfalls nicht in Betracht.

Damit ist die Verfahrensrüge insoweit nicht in der Form des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhoben: Die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen müssen so vollständig und genau dargelegt werden, dass das Revisionsgericht allein auf Grund dieser Darlegung das Vorhandensein eines Verfahrensmangels feststellen kann, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden; dazu gehört auch, dass dem Beschwerdeführer nachteilige Tatsachen nicht übergangen werden (KK/Kuckein, StPO, 6. Aufl., § 344 Rn. 38 mit zahlreichen Nachweisen). So verhält es sich hier. Der Umstand, dass die Sachverständige die Probe 91/3 bereits untersucht hatte, bevor ihr der Ermittlungsbeamte mitteilte, dass dieser möglicherweise ein Verwandter der Probanden 89/4 und 90/4 sein könne, belegt, dass ein Quervergleich der Proben untereinander gerade nicht stattgefunden haben kann, weil der Sachverständigen unbekannt war, welche Proben sie miteinander hätte abgleichen sollen.

Dieses Verfahrensgeschehen ergibt zugleich, dass ein "gezielter Quervergleich" der Proben des Vaters des Angeklagten und seiner Onkel untereinander durch die Sachverständige nicht vorgenommen worden ist, so dass die Rüge auch in der Sache keinen Erfolg hat.

Gleiches gilt mit Blick auf die in diesem Zusammenhang in der Hauptverhandlung von dem Verteidiger des Angeklagten vertretene Rechtsauffassung, die Sachverständige habe mit ihrer Vorgehensweise gegen eine Verpflichtung zum automatisierten Abgleich der DNA-Identifizierungsmuster verstoßen, weil sie andernfalls die hohe Übereinstimmung zwischen den Mustern des Vaters des Angeklagten und seinem Onkel A. mit der Tatspur nicht habe zur Kenntnis nehmen können. Der Gesetzgeber hat das Verfahren, mit dem die im Rahmen der DNA-Reihenuntersuchung festgestellten DNA-Identifizierungsmuster nach § 81h Abs. 1 Nr. 3 StPO mit dem der Tatspur "automatisiert abgeglichen" werden, nicht definiert, insbesondere nicht vorgeschrieben, dass das Ergebnis des Abgleichs nur mit dem Ergebnis "Treffer" oder "Nichttreffer" angezeigt werden dürfe. Die Gesetzesbegründung, in der es heißt, die festgestellten Muster dürften "mit denen des aufgefundenen Spurenmaterials - auch in automatisierter Weise - abgeglichen werden" (BTDrucks. 16 15/5674, S. 13), spricht vielmehr dafür, dass dadurch lediglich eine Arbeitserleichterung für die beauftragten Sachverständigen und Untersuchungslaboratorien geschaffen werden sollte, die eine effiziente und zeitnahe abgleichende Analyse der im Rahmen der Reihenuntersuchung in erheblicher Zahl anfallenden DNA-Identifizierungsmuster ermöglichen sollte (vgl. zu den insoweit bestehenden technischen Gegebenheiten auch Kuhne, Die Polizei 2011, 19, 20 f.).

(3) Zu Unrecht beanstandet die Revision Gesetzesverletzungen mit Blick auf die Entanonymisierung des DNA-Identifizierungsmusters. Die Körperzellen werden durch die Ermittlungsbehörden nicht in anonymisierter Form erhoben, ihnen liegen vielmehr bezüglich jedes Probanden die vollständigen Daten vor. Die über § 81h Abs. 3 Satz 1 StPO anwendbare Vorschrift des § 81f Abs. 2 Satz 3 StPO regelt nur, dass die Proben an den einzuschaltenden Sachverständigen in teilanonymisierter Form zu versenden sind. Dies ist geschehen. Die Proben des Vaters des Angeklagten und des Onkel A. sind von der Sachverständigen weder entanonymisiert noch ihr in entanonymisierter Form zur Verfügung gestellt worden. Sie hatte weder im Zeitpunkt der Untersuchung dieser Probe noch der des Angeklagten Kenntnis von der Identität der Probanden. Dass der ermittelnde Polizeibeamte auf die Mitteilung der hohen Übereinstimmung der DNA-Identifizierungsmuster mit der Tatspur in der Personenliste der DNA-Reihenuntersuchung die Identität der Probengeber überprüfte und so den Vater und den Onkel des Angeklagten ermittelte, verletzt die Vorschrift des § 81f Abs. 2 Satz 3 StPO damit ersichtlich nicht. Verstöße gegen das in dieser Norm ausgesprochene Gebot der Teilanonymisierung sind zudem in der Regel ohnehin nicht geeignet, die Revision zu begründen, weil die Regelungen des § 81f Abs. 2 StPO außerprozessualen Zwecken dienen, die nicht mit den Mitteln des Prozessrechts geschützt werden müssen (BGH, Beschluss vom 12. November 1998 - 3 StR 421/98, NStZ 1999, 209 L.; SK-Rogall, StPO, Stand: Januar 2006, § 81f Rn. 24 mwN; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 81f Rn. 9).

(4) Rechtlich verfehlt ist weiter die Auffassung der Revision, die Einwilligung des Vaters und des Onkels des Angeklagten (und der anderen Probanden) in die Zellentnahme und deren anschließende Untersuchung sei insgesamt unwirksam gewesen, weil die Belehrung nicht nur objektiv falsch gewesen sei, sondern - wie insbesondere die mehrfachen Gesetzesverletzungen zeigten - sie auch subjektiv getäuscht worden seien. Wie die Revision selbst vorträgt, entsprach die Belehrung der gemäß § 81h Abs. 4 StPO gesetzlich vorgesehenen Form. Sie kann nicht durch spätere Vorgänge, die im Zeitpunkt der Erteilung der Belehrung nicht absehbar waren, nachträglich verfahrensfehlerhaft werden.

Zu Gesetzesverletzungen in Bezug auf die Löschungspflicht, die angewendeten Untersuchungsmethoden und das Gebot der Teilanonymisierung ist es zudem - wie dargelegt - nicht gekommen. Von einer "selbstherrlichen Missachtung" einer richterlichen Anordnung oder einer Täuschungsabsicht der ermittelnden Behörden kann mithin keine Rede sein.

bb) Allerdings ist der Revision zuzugeben, dass das Vorgehen der Sachverständigen und der Ermittlungsbehörden von § 81h Abs. 1 StPO und der Einwilligung des Vaters des Angeklagten und seines Onkels A. insoweit nicht gedeckt war, als von der Sachverständigen infolge des Abgleichs der DNA-Identifizierungsmuster der Teilnehmer des Reihengentests mit dem des mutmaßlichen Täters nicht nur festgestellt und den Ermittlungsbehörden mitgeteilt wurde, dass keiner der Probanden als Verursacher der Tatspur in Betracht kam, sondern auch, dass die teilweise Übereinstimmung der DNA-Identifizierungsmuster von zwei Probanden - dem Vater des Angeklagten und seinem Onkel A. - es als möglich erscheinen lasse, es handele sich bei diesen um Verwandte des mutmaßlichen Täters.

Gemäß § 81h Abs. 1 StPO darf die Ermittlung von Identifizierungsmustern und ihr Abgleich mit dem des Spurenmaterials nur vorgenommen werden, soweit dies zur Feststellung erforderlich ist, ob das Spurenmaterial von den Teilnehmern des Reihengentests stammt. Die nach § 81h Abs. 3 Satz 1 StPO entsprechend geltende Vorschrift des § 81g Abs. 2 Satz 2 StPO verbietet es, darüber hinausgehende Untersuchungen vorzunehmen und weitergehende Feststellungen zu treffen (LR/Krause, StPO, 26. Aufl., § 81h Rn. 29).

Die hier festgestellte mögliche Verwandtschaft zwischen zwei Probanden und dem mutmaßlichen Täter stellt eine für die Frage, ob die DNA-Identifizierungsmuster der Teilnehmer des Reihengentests mit dem der Tatspur übereinstimmen, nicht erforderliche Erkenntnis dar. Diese ist allerdings nicht durch eine darauf gerichtete und damit unzulässige Untersuchung erlangt worden, denn nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts liegt das Auswertungsergebnis der automatisierten Abgleichung der DNA-Identifizierungsmuster erst am Ende des Abgleichungsprozesses in verschiedenen DNA-Systemen vor, so dass es der Sachverständigen faktisch nicht möglich war, das Ergebnis der Identitätsprüfung zur Kenntnis zu nehmen, ohne die auf eine mögliche Verwandtschaft deutende Übereinstimmung der DNA-Muster ebenfalls zu registrieren.

(1) Wie ein solcher "Beinahetreffer" (vgl. dazu Brocke, StraFo 2011, 298 ff.), der im Rahmen einer DNA-Reihenuntersuchung anfällt, rechtlich zu beurteilen ist und wie mit ihm verfahren werden kann, ist in Rechtsprechung und Literatur bislang nicht geklärt. Der Gesetzgeber hat diese Fallkonstellation bei der Schaffung des § 81h StPO angesichts fehlender Regelungen dazu und dem diesbezüglichen Schweigen der Gesetzesbegründung offenbar nicht im Blick gehabt. Soweit sich die Literatur überhaupt mit der Problematik auseinandersetzt, wird vertreten, dass es sich bei der Feststellung des möglichen Verwandtschaftsverhältnisses um ein zufälliges zusätzliches Resultat der gesetzlich vorgesehenen Untersuchungsmethoden und -zwecke handele, um ein "technisch bedingtes Nebenprodukt", das lediglich bei Gelegenheit der Abgleichung und somit in Ausführung des eigentlich angestrebten Ziels der Ermittlungsmaßnahme anfalle; die Beweiserhebung sei insoweit zulässig (Brocke, StraFo 2011, 298, 299).

(2) Zuzugeben ist dieser Auffassung, dass - wie dargelegt - ein Verstoß gegen ein Untersuchungsverbot nicht vorliegt. Aus diesem Grund hätte der Senat auch Bedenken, ein Feststellungsverbot im Sinne eines Kenntnisnahmeverbots anzunehmen, weil dadurch von den zur Untersuchung und Auswertung einzuschaltenden Sachverständigen etwas verlangt würde, was ihnen nach den tatsächlichen Gegebenheiten unmöglich ist.

Gleichwohl verbleibt es bei der nach dem Wortlaut des § 81h Abs. 1 StPO eindeutigen Zweckbindung von Untersuchung und Abgleich der DNA-Proben und dem Verbot überschießender Feststellungen. Dieses führt dazu, dass sich die Weitergabe der zusätzlich gewonnenen Erkenntnisse im Sinne einer möglichen verwandtschaftlichen Beziehung und ihre anschließende Verwendung im Verfahren gegen den Angeklagten als verfahrensfehlerhaft erweist. Denn die darin liegende Verwertung als Verdachtsmoment stellt eine Verwendung personenbezogener Daten zu einem Zweck dar, zu dem sie nicht erhoben worden waren. Hierin liegt ein Eingriff in die Grundrechte des Vaters und des Onkels des Angeklagten aus Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG, der nach ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung einer gesonderten gesetzlichen Grundlage bedarf (vgl. zuletzt BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, BVerfGE 125, 260, 309 ff. mwN).

Diese fehlt. § 160 StPO kommt nicht in Betracht, weil § 81h Abs. 1 StPO eine eindeutige Zweckbindung und damit eine entgegenstehende Verwendungsregelung enthält (§ 160 Abs. 4 StPO). Auch aus den neben den bereichsspezifischen Regelungen der Strafprozessordnung subsidiär anwendbaren Vorschriften des allgemeinen Datenschutzrechts (Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., vor § 474 Rn. 3) ergibt sich eine solche Ermächtigungsgrundlage nicht. § 14 Abs. 2 Nr. 7 BDSG tritt hinter die speziellere, einschränkende Verwendungsregelung in § 81h Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, § 81g Abs. 2 Satz 2 StPO zurück. Nach § 4 BDSG dürfen mangels sonstiger gesetzlicher Grundlage personenbezogene Daten nur mit Einwilligung des Betroffenen verwendet werden. Der Vater und der Onkel des Angeklagten haben eine solche jedoch nicht erklärt. Ihre Einwilligung in den Reihengentest deckte - wie dargelegt - die Verwendung ihrer Daten als Verdachtsmoment gegen den Angeklagten nicht. Eine weitere Einwilligung haben sie nicht erteilt, vielmehr haben sie in der Hauptverhandlung der Verwertung ihrer Daten ausdrücklich widersprochen.

cc) War damit die Verwendung der Daten der Angehörigen des Angeklagten in Form der verdachtsbegründenden Verwertung gegen ihn verfahrensfehlerhaft, ist davon auch der gegen ihn erlassene Beschluss nach § 81a StPO betroffen. Die Gewinnung der daraus folgenden Beweismittel - die Übereinstimmung seines DNA-Identifizierungsmusters mit dem der Tatspuren - erweist sich damit ebenfalls als rechtswidrig. Gleichwohl durfte die Strafkammer diese Beweismittel in die Hauptverhandlung einführen und im Urteil gegen den Angeklagten verwerten.

(1) Dies folgt indes nicht schon daraus, dass der Angeklagte sich auf die gegenüber seinem Vater und seinem Onkel begangenen Rechtsverletzungen nicht berufen könnte, weil seine Interessen von dem Schutzzweck der eng gefassten Verwendungsregelung in § 81h Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, § 81g Abs. 2 Satz 2 StPO nicht erfasst wären. Insoweit gilt vielmehr nichts anderes als bei Verstößen gegen § 52 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 oder § 81c Abs. 3 Satz 1 und 2 2. Halbs. StPO. Auch diese Vorschriften dienen zwar nicht unmittelbar dem Schutz des Beschuldigten vor der Verwendung bestimmter Beweismittel (BGH, Beschluss vom 21. Januar 1958 - GSSt 4/57, BGHSt 11, 213, 215 f.), sondern wollen in erster Linie den mit ihm eng verwandten Zeugen vor der Zwangslage bewahren, dass er durch eine wahrheitsgemäße Aussage oder die an ihm vorgenommene Untersuchung gegebenenfalls dazu beitragen müsste, einen Angehörigen einer Straftat zu überführen (BGH, Urteile vom 8. Mai 1952 - 3 StR 1199/51, BGHSt 2, 351, 354; vom 5. Januar 1968 - 4 StR 425/67, BGHSt 22, 35, 36 f.; vom 3. August 1977 - 2 StR 318/77, BGHSt 27, 231, 232; vom 26. Oktober 1983 - 3 StR 251/83, BGHSt 32, 140, 143). Darüber hinaus bezwecken sie aber auch den Schutz der Familie des Beschuldigten (BGH, Beschluss vom 21. Januar 1958 - GSSt 4/57, BGHSt 11, 213, 216) und dienen damit mittelbar der Wahrnehmung seiner Interessen. Daher ist anerkannt, dass eine Missachtung des Zeugnisverweigerungsrechts aus § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO oder des Untersuchungsverweigerungsrechts nach § 81c Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO, insbesondere auch ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 StPO bzw. § 81c Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 StPO, grundsätzlich zur Unverwertbarkeit der Aussage des Zeugen oder des Untersuchungsergebnisses führt und dies vom Angeklagten mit der Revision gerügt werden kann (Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 52 Rn. 32 und 34 m. zahlr. weiteren Nachweisen, § 81c Rn. 32; LR/Krause, StPO, 26. Aufl., § 81c Rn. 65).

Ähnlich liegt es hier. Indem sich das zunächst gegen Unbekannt geführte Ermittlungsverfahren aufgrund der zweckwidrigen Verwendung der vom Vater und vom Onkel des Angeklagten bei dem Reihengentest gewonnenen DNA-Identifizierungsmuster nunmehr gegen den Angeklagten richtete, war nachträglich eine Situation entstanden, die derjenigen nach einem Verstoß gegen § 81c Abs. 3 Satz 1 und 2 2. Halbs., § 52 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 StPO vergleichbar war. Die in dem Reihengentest gewonnenen DNA-Identifizierungsmuster hätten gegen den Angeklagten (damals Beschuldigten) verdachtsbegründend und als Grundlage für die Anordnung nach § 81a StPO nur verwendet werden dürfen, wenn sein Vater und sein Onkel nach nachgeholter Belehrung (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1958 - GSSt 3/58, BGHSt 12, 235, 242) in diese Nutzung ihrer persönlichen Daten eingewilligt hätten (vgl. § 4 BDSG). Daran fehlt es. Dementsprechend sind nach den dargestellten Maßstäben durch den Gesetzesverstoß auch die rechtlich geschützten Interessen des Angeklagten beeinträchtigt.

(2) Dennoch hat die Rüge des Angeklagten keinen Erfolg; denn der dargestellte Verstoß gegen § 81h Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, § 81g Abs. 2 Satz 2 StPO und die daraus resultierende Rechtswidrigkeit des gegen ihn erwirkten Beschlusses nach § 81a StPO führen hier ausnahmsweise noch nicht dazu, dass das Ergebnis der an dem Zellmaterial des Angeklagten vorgenommenen DNA-Analyse nicht zum Tatnachweis gegen ihn hätte verwendet werden dürfen.

(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes führt nicht jeder Rechtsverstoß bei der strafprozessualen Beweisgewinnung zu einem Verwertungsverbot hinsichtlich der so erlangten Erkenntnisse. Vielmehr ist je nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte und der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (sog. Abwägungslehre). Bedeutsam sind dabei insbesondere die Art und der Schutzzweck des etwaigen Beweiserhebungsverbots sowie das Gewicht des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes, das seinerseits wesentlich von der Bedeutung der im Einzelfall betroffenen Rechtsgüter bestimmt wird. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass die Annahme eines Verwertungsverbots ein wesentliches Prinzip des Strafverfahrensrechts - den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind - einschränkt. Aus diesem Grund stellt ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme dar, die nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist (BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 47, mit zahlreichen weiteren Nachweisen; BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10, NJW 2012, 907 Rn. 117).

(b) Nichts anderes gilt mit Blick darauf, dass - wie dargelegt - nach neuerem verfassungsrechtlichen Verständnis jede weitere Verwendung erhobener Daten als eigenständiger Grundrechtseingriff zu werten ist und einer Rechtsgrundlage bedarf. Diese liegt für die Einführung der Beweismittel in die Hauptverhandlung in der in § 244 Abs. 2 StPO statuierten Pflicht des Gerichts, zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung auf alle im Verfahren gewonnenen Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Die rechtliche Legitimation für die Verwertung der in die Hauptverhandlung eingeführten Daten zur Urteilsfindung - den nochmaligen Eingriff in die genannten Grundrechte - folgt aus § 261 StPO, der dem Tatgericht gebietet, sich seine Überzeugung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung zu bilden, mithin insbesondere die dort erhobenen Beweise zu würdigen (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - 3 StR 332/10, BGHSt 56, 127 Rn. 18 32 mwN; BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10, NJW 2012, 907 Rn. 138 ff.).

Die hinreichend bestimmte Vorschrift des § 261 StPO beschränkt die Verwertung nicht auf rechtmäßig erhobene Beweise; auch in verfahrensfehlerhafter Weise gewonnene Beweismittel können zur Urteilsfindung herangezogen werden, wenn nicht im Einzelfall ein Beweisverwertungsverbot entgegensteht. Ein solches kann sich aus gesetzlichen Vorschriften ergeben. Es kann aber - mit Blick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Rechts auf ein faires Verfahren - auch von Verfassungs wegen geboten sein. Letzteres ist insbesondere nach schwerwiegenden, bewussten oder objektiv willkürlichen Rechtsverstößen, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind, in Betracht zu ziehen (BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10, NJW 2012, 907 Rn. 115 ff.). Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen wird die in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vertretene Abwägungslehre gerecht (BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10, NJW 2012, 907 Rn. 123 f.).

(c) Nach dieser war die Verwertung der erlangten Beweisergebnisse - namentlich des mit dem der Tatspur übereinstimmenden DNA-Identifizierungsmusters des Angeklagten - hier (noch) zulässig. Im Einzelnen:

Der Rechtsverstoß liegt vorliegend in der Verwendung der durch den angeordneten Reihengentest zufällig gewonnenen Erkenntnis, dass zwischen dem mutmaßlichen Täter und dem Vater und dem Onkel des Angeklagten möglicherweise eine verwandtschaftliche Beziehung bestehen könnte. Dieser ist auch von erheblichem Gewicht, denn eine Zweckbindung, wie sie von § 81h Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, § 81g Abs. 2 Satz 2 StPO vorgesehen ist, soll gerade jede sonstige Datenverwendung verhindern.

Dem stehen jedoch folgende Umstände gegenüber: Der Reihengentest, der zu der Erkenntnis führte, war in rechtmäßiger Art und Weise richterlich angeordnet und die Probanden entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ordnungsgemäß belehrt worden. Auch bei der Durchführung der Maßnahme, namentlich bei der Untersuchung der Proben und dem anschließenden Abgleich mit der Tatspur, ist es - entgegen dem Revisionsvorbringen - nicht zu Rechtsverstößen gekommen; die Beweisgewinnung insoweit war rechtmäßig.

Die Sachverständige wollte zudem ausweislich ihrer Stellungnahme zu einem gegen sie gerichteten Befangenheitsgesuch mit ihrer Mitteilung des wahrscheinlichen Verwandtschaftsverhältnisses in erster Linie erreichen, dass ihr die etwaigen Probennummern weiterer Verwandter des Vaters und des Onkels des Angeklagten unter den Teilnehmern des Reihengentests genannt würden, um so den Reihengentest gegebenenfalls schneller abschließen zu können. Damit war die Weitergabe dieser Information an die Ermittlungsbehörden, wenn auch nicht von § 81h StPO vorgesehen, so doch von einem nachvollziehbaren, die Zweckbindung der Datenverwendung nicht missachtenden Motiv getragen.

Entscheidend ist aber, dass der Gesetzgeber Regelungen für den Umgang mit solchen sog. Beinahetreffern nicht getroffen hat. Die Rechtslage war für die Ermittlungsbehörden im Zeitpunkt der weiteren Verwendung ungeklärt. Die Ausgangslage der zufälligen Gewinnung einer überschießenden Erkenntnis im Rahmen des Reihengentests wies eine strukturelle Nähe zu der auf, die Gegenstand anderer strafprozessualen Regelungen über den Umgang mit Zufallserkenntnissen ist. Diese verbieten die Verwertung von Zufallserkenntnissen nicht generell: § 108 Abs. 1 StPO regelt den Umgang mit Zufallsfunden. Die Vorschrift betrifft Gegenstände, die anlässlich einer Durchsuchung aufgefunden wurden und - anders als im vorliegenden Fall - in keiner Beziehung zur Anlasstat stehen, aber auf die Verübung einer anderen Straftat hindeuten. Mit Ausnahme der Abs. 2 und 3, die dem Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patientin und dem der Pressefreiheit dienen, ist die Verwertung der Zufallsfunde gestattet. Nach § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO ist die Verwendung von Daten in einem anderen Strafverfahren als dem Anlassverfahren - auch ohne Einwilligung des Betroffenen - erlaubt, wenn die Voraussetzungen der Anordnung der Ermittlungsmaßnahme auch in dem Verfahren gegen den nunmehr Beschuldigten vorgelegen hätten; auch in diesen Fällen liegen zufällig gewonnene Erkenntnisse vor, die gleichwohl verwertet werden dürfen.

Angesichts dieser Umstände war die Annahme der Ermittlungsbeamten nicht völlig unvertretbar, dass die Erkenntnis der möglichen Verwandtschaft zwischen dem mutmaßlichen Täter und dem Vater und dem Onkel des Angeklagten als Ermittlungsansatz verwertet werden konnte. Jedenfalls stellte sich diese Annahme nicht als eine bewusste oder gar willkürliche Umgehung des Gesetzes oder grundrechtlich geschützter Positionen des - zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannten - Angeklagten oder seiner Verwandten dar.

Nach alledem wiegt der Verfahrensverstoß auch mit Blick auf die Überschreitung der Zweckbindung und den berührten Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG nicht so schwer, dass er hier die Unverwertbarkeit der infolge der unbefugten Datenverwendung erlangten Erkenntnisse zur Folge hätte.

Schließlich steht auch der weitere Verfahrensgang einer Verwertung der erlangten Beweisergebnisse nicht entgegen. Diese wurden zwar unter verfahrensfehlerhafter Verwendung der durch den Reihengentest erlangten Daten des Vaters und des Onkels des Angeklagten erlangt, im Übrigen aber - was auch die Revision nicht in Abrede stellt - für sich betrachtet rechtmäßig erhoben und in prozessordnungsgemäßer Weise zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht.

2. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Verteidigung sei dadurch, dass die Strafkammer die Entscheidung über seinen Widerspruch gegen die Verwertung des DNA-Gutachtens der Sachverständigen sowie ihrer Vernehmung als Sachverständige und als Zeugin sowie des KHK Z. und aller Ermittlungspersonen über die Ergebnisse des "Quervergleichs" zurückgestellt und erst in den Urteilsgründen über die Verwertbarkeit entschieden habe, in einem wesentlichen Punkt beschränkt worden, wodurch § 338 Nr. 8 StPO verletzt worden sei.

Die Rüge ist nicht in zulässiger Weise erhoben, weil die Revision eine konkret-kausale Beziehung zwischen dem behaupteten Verfahrensfehler und einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt nicht dargetan hat (BGH, Beschluss vom 23. September 2003 - 1 StR 341/03, BGHR StPO § 338 Nr. 8, Beschränkung 8 mwN). Es ist nicht vorgetragen, dass das Urteil auf der angeblichen Beschränkung der Verteidigung beruht. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich, insbesondere liegt es fern, dass die Sachentscheidung anders ausgefallen wäre, wenn die Strafkammer schon in der Hauptverhandlung die Verwertbarkeit der Beweismittel bejaht hätte, zumal die Verteidigung - wie ihr Revisionsvorbringen zeigt - ersichtlich nicht daran gehindert war, ihre entgegenstehende Rechtsauffassung mit Nachdruck in der Hauptverhandlung zu vertreten.

3. Schließlich behauptet die Revision in diesem Zusammenhang einen Verstoß gegen § 74 StPO. Der Angeklagte hatte die Sachverständige in der Hauptverhandlung aufgrund der behaupteten Rechtsverletzungen im Umgang mit den DNA-Proben seiner Verwandten wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt; die Strafkammer wies das Befangenheitsgesuch mit der Begründung zurück, die Person des Angeklagten sei der Sachverständigen zu keinem Zeitpunkt bekannt gewesen. Auch im Übrigen lasse ihre Arbeit keine Parteilichkeit erkennen: Soweit die Belehrung beanstandet werde, habe die Sachverständige diese nicht erteilt. Angesichts dessen, dass in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden noch nicht entschieden worden sei, wie mit der Erkenntnis der möglichen Verwandtschaft von Probanden mit dem mutmaßlichen Täter umzugehen sei, bestünden jedenfalls keine Anhaltspunkte für ein willkürliches Verhalten der Sachverständigen.

Auch diese Rüge hat keinen Erfolg. Der Ablehnungsbeschluss der Strafkammer geht von einem zutreffenden rechtlichen Maßstab aus und lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Umgang der Sachverständigen mit den DNA-Proben entsprach den gesetzlichen Vorgaben. Die Mitteilung des Verwandtschaftsverhältnisses stellt allenfalls eine - wie dargelegt - vertretbare Überschreitung des Gutachtenauftrages dar, die die Besorgnis der Befangenheit nicht ohne Hinzutreten weiterer - hier nicht gegebener - Umstände zu begründen vermag (LR/Krause, StPO, 26. Aufl., § 74 Rn. 14).

II. Der Beschwerdeführer rügt darüber hinaus eine Verletzung der Aufklärungspflicht wegen des Unterlassens der Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens. Entgegen den Urteilsausführungen und der Darstellung der Sachverständigen hätten sich bei Abstrichen innerhalb von weniger als fünf Stunden nach der Tat darin Spermien/Spermienköpfe und nicht nur DYS-Systeme finden lassen müssen. Daher hätte sich dem Landgericht aufdrängen müssen, dass es zu keinem Samenerguss in der Scheide gekommen sei; die Kammer hätte dazu einen weiteren Sachverständigen vernehmen müssen.

Zum Beleg zitiert die Revision eine in der Hauptverhandlung verlesene Stellungnahme eines von der Verteidigung beauftragten Privatgutachters zu dem beigefügten schriftlichen DNA-Gutachten der Sachverständigen, das sich indes zu dieser Frage nicht verhält.

Die Rüge ist bereits unzulässig, denn weder ist vorgetragen, dass die Untersuchung der Nebenklägerin, bei der die Abstriche genommen wurden, bereits binnen fünf Stunden nach der Tat durchgeführt wurde, noch ergibt sich dies aus den Urteilsgründen oder dem vorgelegten schriftlichen Gutachten der Sachverständigen.

Zudem bleibt sie auch in der Sache ohne Erfolg, denn das Landgericht musste sich nach Vorlage der Stellungnahme des Privatgutachters zu einer weiteren Beweiserhebung nicht gedrängt sehen. Aus dieser ergibt sich nicht, dass Spermien bzw. Spermienköpfe hätten vorhanden sein müssen und die Aussage der Sachverständigen, männliche DNA könne sich im Körperinneren gegenüber der weiblichen DNA nicht behaupten, unzutreffend sei; sie befasst sich vielmehr - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt - in erster Linie mit den erst ab Ende 2013 von den Mitgliedstaaten umzusetzenden Vorgaben des Rahmenbeschlusses 2009/905/JI des Rates über die Akkreditierung von Anbietern kriminaltechnischer Dienste, die Labortätigkeiten durchführen (ABl L Nr. 322 vom 9. Dezember 2009, S. 14), und steht damit in keinerlei Zusammenhang zum Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung.

Die Verfahrensbeanstandung einer Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO ist - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - ebenfalls unbegründet. Die Strafkammer hat einen Beweisantrag der Verteidigung auf Untersuchung der Blutanhaftungen auf der Bluse der Nebenklägerin zum Beweis dafür, dass sich auf dieser neben den Spuren ihres Freundes und den gefundenen / begutachteten Spuren (mutmaßlich des Angeklagten) noch weitere männliche Spuren befänden, wegen Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Gründen zurückgewiesen. In der Begründung des Beschlusses hat sie unter eingehender Würdigung der bis zu diesem Zeitpunkt erhobenen Beweise dargelegt, warum sie selbst bei Gelingen des Beweises den nur möglichen Schluss, der Angeklagte sei nicht der Täter gewesen, nicht ziehen wolle. Rechtsfehler sind insoweit nicht zu erkennen.

Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge deckt aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts weder zum Schuld- noch zum Strafausspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

Mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die Auslagenentscheidung des Landgerichts beanstandet der Angeklagte, dass ihm die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin auferlegt worden sind. Auch dieses Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

Die notwendigen Auslagen der Nebenklage (§ 472 Abs. 1 StPO) können auch einem verurteilten Jugendlichen aus erzieherischen Gründen auferlegt werden, um zu verdeutlichen, dass der Nebenkläger Opfer der Straftat ist und um eine Abschwächung der Verurteilung durch die Kostenfreistellung zu vermeiden (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 9. November 1962 - 1 Ss 1133/62, NJW 1963, 1168). Dabei kann die Verwerflichkeit des Verhaltens gegenüber dem Nebenkläger wie auch die Frage, ob die Nebenklage gerechtfertigt erscheint, berücksichtigt werden (vgl. Brunner/Dölling, JGG, 12. Aufl., § 74 Rn. 8).

Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, dass die Strafkammer die Überbürdung der Auslagen der Nebenklägerin nicht begründet hat; dies ist, da es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, rechtlich bedenklich. Angesichts der durch massive Gewalt gekennzeichneten Tat zulasten der Nebenklägerin entspricht die ausgesprochene Kostenfolge indes den oben genannten Zwecken der Auslagenentscheidung. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass zu deren Änderung.