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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 16.05.2013, Az.: IX ZR 204/11

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Parteien und unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Rechtsmittel wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 29. November 2011 teilweise aufgehoben und das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 10. Mai 2010 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 359.197,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 19. März 2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Klägerin zu 80 vom Hundert und die Beklagte zu 20 vom Hundert, die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz die Klägerin zu 73 vom Hundert und die Beklagte zu 27 vom Hundert, die Kosten des Revisionsverfahrens die Klägerin zu 43 vom Hundert und die Beklagte zu 57 vom Hundert.

Die Klägerin trägt die Kosten des Streithelfers in erster Instanz zu 80 vom Hundert, in zweiter Instanz zu 73 vom Hundert und im Re-

visionsverfahren zu 43 vom Hundert. Im Übrigen trägt der Streithelfer seine Kosten selbst.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin erhebt gegen das beklagte Auktionshaus Ansprüche im Zusammenhang mit der Versteigerung einer Kunst- und Antiquitätensammlung.

Bei der Zwangsräumung eines Hausgrundstücks, das früher im Eigentum des Ehemannes der Klägerin gestanden hatte, von der V. (fortan: V. ) ersteigert worden war und von der Klägerin mitbewohnt wurde, nahm der Gerichtsvollzieher im Jahr 2005 eine in den Räumlichkeiten vorgefundene Kunst- und Antiquitätensammlung in Gewahrsam, die er anschließend für mehrere Gläubiger des Ehemannes der Klägerin und für die V. wegen der Räumungskosten pfändete. Auf Antrag der Klägerin und weiterer Beteiligter ordnete das Landgericht im Beschwerdeverfahren am 13. April 2006 gemäß § 825 Abs. 2 ZPO die Versteigerung der Sammlung durch das beklagte Auktionshaus an. Der Gerichtsvollzieher erteilte daraufhin der Beklagten den Versteigerungsauftrag. Der Versteigerungstermin wurde auf den 20. September 2006 festgesetzt.

Am 7. September 2006 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann, dem Gerichtsvollzieher und der Beklagten aufzugeben, die Zwangsvollstreckung einzustellen, sobald der Erlös zur Befriedigung der Gläubiger und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung einen Betrag in Höhe von 825.000 € er-1 reicht hat. Der Antrag blieb beim Vollstreckungsgericht und beim Beschwerdegericht ohne Erfolg. Im Rechtsbeschwerdeverfahren setzte der Bundesgerichtshof zunächst am 19. September 2006 die Zwangsversteigerung vorläufig aus, soweit sie in Bezug auf weitere Gegenstände fortgesetzt werden solle, nachdem auf vorhergehende Gebote Zuschläge in Höhe von insgesamt 835.000 € erteilt worden seien. Diesen Betrag erhöhte der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss über die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung vom 14. November 2006 auf 1.000.000 €. Mit Beschluss vom 20. Dezember 2006 (VII ZB 88/06, BGHZ 170, 243) hob der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Beschwerdegerichts überwiegend auf und verwies die Sache insoweit zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurück. Zu einer Sachentscheidung kam es nicht mehr, weil die Beteiligten das Verfahren später in der Hauptsache für erledigt erklärten.

Am 20. September 2006 versteigerte die Beklagte Gegenstände zu einem Zuschlagspreis von insgesamt 1.340.687 € ohne Vorbehalt und weitere Gegenstände zu einem Zuschlagspreis von insgesamt 1.108.420 € unter dem Vorbehalt einer Genehmigung durch den Gerichtsvollzieher oder durch das Vollstreckungsgericht. Die unter Vorbehalt versteigerten Gegenstände wurden später über den Gerichtsvollzieher der Klägerin zurückgegeben. Den Erlös aus den vorbehaltlos versteigerten Gegenständen rechnete die Beklagte gegenüber dem Gerichtsvollzieher ab und zahlte an diesen insgesamt 472.577,39 €. Da die Vollstreckung von zwei Gläubigern des Ehemannes der Klägerin auf Vollstreckungsgegenklagen der Klägerin für unzulässig erklärt wurde und weitere Gläubiger des Ehemannes die Pfandfreigabe erklärten, kehrte der Gerichtsvollzieher nach Befriedigung der V. wegen der Räumungskosten und Aufhebung der Pfändung den Übererlös an die Klägerin aus. Ein beim Vollstreckungsgericht gestellter Antrag der Klägerin und ihres Ehemannes, die Beklag-4 te zu verpflichten, weitere 711.094,41 € an den Gerichtsvollzieher auszuzahlen, blieb ohne Erfolg, weil das Amtsgericht und das Beschwerdegericht die Auffassung vertraten, die Klägerin könne ihre Ansprüche unmittelbar gegen die Beklagte geltend machen. Der Ehemann der Klägerin trat etwaige Ansprüche gegen die Beklagte an die Klägerin ab.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 1.340.085,10 € nebst Zinsen und zur Benennung der Adressdaten bestimmter Ersteigerer zu verurteilen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie nur noch den Zahlungsantrag in Höhe von 1.316.953,10 € nebst Zinsen weiterverfolgt und hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung an das Land beantragt hat, hat nur in Höhe von 169.672,13 € Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht für beide Parteien zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von weiteren 458.656,55 €, die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

Die Revisionen haben jeweils teilweise Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat im zuerkannten Umfang einen Anspruch der Klägerin nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB (Eingriffskondiktion) angenommen. Die Beklagte habe den bei ihr verbliebenen Teil des Versteigerungserlöses auf Kosten der Klägerin erlangt, auch wenn nicht diese, sondern ihr Ehe-5 mann Eigentümer der versteigerten Gegenstände gewesen sein sollte. Denn die Klägerin sei nach der Beendigung der Zwangsvollstreckung empfangszuständig für den Übererlös aus der Versteigerung gewesen, weil die versteigerten Sachen jedenfalls auch aus ihrem Gewahrsam stammten und ihr Ehemann als Mitberechtigter mit der Auskehrung des Erlöses an die Klägerin einverstanden gewesen sei. Die Versteigerung durch die Beklagte sei rechtmäßig gewesen, auch soweit Zuschläge über den Betrag von 835.000 € und 1.000.000 € hinaus erteilt worden seien, denn eine Einstellung der Versteigerung nach § 818 ZPO sei nie erfolgt, und die vorläufigen Anordnungen des Bundesgerichtshofs seien durch die späteren Erledigungserklärungen gegenstandslos geworden. Von dem erzielten Erlös dürfe die Beklagte jedoch nur dasjenige behalten, was ihr nach der vertraglichen Vereinbarung mit dem Gerichtsvollzieher zustehe. Im Übrigen fehle es auch im Verhältnis zur Klägerin an einem rechtlichen Grund. Dies sei bezüglich eines Betrags von 169.672,13 € der Fall, der sich aus Katalogkosten (102.867,96 €), der Umsatzsteuer auf die unter Vorbehalt versteigerten Gegenstände (73.385,05 €) und aus den Zinsen auf den geleisteten Vorschuss (6.416,67 €) abzüglich eines Abrechnungsfehlers der Beklagten bei den Katalogkosten zusammensetze. Mit Recht habe die Beklagte hingegen einen Betrag von 458.656,55 € (15 v.H. Abgeld und 33 v.H. Aufgeld auf die Zuschlagssumme von 1.108.420 € abzüglich 16 v.H. Umsatzsteuer) als Schadensersatz wegen der gescheiterten Vorbehaltsversteigerungen sowie weitere Beträge für verschiedene Kosten einbehalten.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe wegen ungerechtfertigter Bereicherung in der Form der Eingriffskondiktion, trifft allerdings dem Grunde nach zu.

a) Ohne Erfolg rügt die Revision der Beklagten, die Klägerin könne wegen des Vorrangs der Leistungskondiktion nicht unmittelbar die Beklagte in Anspruch nehmen.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Empfänger einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung nur vom Leistenden mit einer Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB) belangt werden. Ein Anspruch wegen Bereicherung in sonstiger Weise (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB) kann nur dann entstehen, wenn der Bereicherungsgegenstand dem Empfänger überhaupt nicht, also von niemandem geleistet worden ist (Grundsatz des Vorrangs der Leistungskondiktion, vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 1963 - VII ZR 285/61, BGHZ 40, 272, 278; vom 21. Oktober 2004 - III ZR 38/04, NJW 2005, 60 mwN; vom 21. Juni 2012 - III ZR 291/11, VersR 2012, 1307 Rn. 28). Unter einer Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ist die bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen. Dabei kommt es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbestimmung, also darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben.

bb) Den jetzt von der Klägerin beanspruchten Versteigerungserlös hat die Beklagte nicht durch eine Leistung des Gerichtsvollziehers erlangt. Jener hat der Beklagten im Rahmen eines öffentlichrechtlichen Auftragsverhältnisses die Kunst- und Antiquitätensammlung zur Durchführung einer privatrechtlichen Versteigerung überlassen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2006 - VII ZB 88/06, BGHZ 170, 243 Rn. 17). Inhalt des Auftrags war, dass der erzielte Erlös nach Abzug der vereinbarten Vergütung und der entstandenen Auslagen an den Gerichtsvollzieher abzuführen war. Mit der Überlassung der zu versteigernden Gegenstände sollte deshalb nicht das Vermögen der Beklagten vermehrt werden. Eine Mehrung ihres Vermögens trat nur mittelbar insoweit ein, als die Vergütung der Beklagten und die Erstattung ihrer Auslagen betroffen war. In diesem Umfang wurde der Beklagten aber mit dem Versteigerungsauftrag nur die Befugnis eingeräumt, die von ihr zu beanspruchenden Beträge dem Erlös aus der Versteigerung der gepfändeten Gegenstände zu entnehmen. Hätte der Gerichtsvollzieher die Versteigerung selbst vorgenommen, hätte es sich bei der Entnahme der entstandenen Kosten aus dem Erlös (§ 15 Abs. 1 GvKostG) nicht um eine Leistung, sondern um einen Eingriff im Sinne des Bereicherungsrechts gehandelt. Nichts anderes kann gelten, wenn die Versteigerung einem Dritten übertragen und diesem die Entnahme der Kosten aus dem Erlös überlassen wird.

cc) Die Beklagte hat den von der Klägerin beanspruchten Teil des Versteigerungserlöses auch nicht durch Leistung der Ersteigerer erlangt. Die Versteigerungen erfolgten, wie in Nummer 1 der Versteigerungsbedingungen bestimmt, auf Rechnung des Einlieferers. Die Zahlungen der Ersteigerer sollten deshalb, abgesehen von dem außer Streit stehenden Aufgeld, nicht das Vermögen der Beklagten mehren. Erlangt hat die Beklagte den in Rede stehenden 12 Teil des Erlöses erst dadurch, dass sie ihn für sich einbehielt und nicht an den Gerichtsvollzieher abführte.

b) Die Beklagte hat, soweit sie vom Versteigerungserlös mehr einbehalten hat, als ihr für die Durchführung der Versteigerung zustand, in eine Rechtsposition eingegriffen, die nach der Rechtsordnung der Klägerin zugewiesen war oder ihrem Ehemann, der seine Ansprüche an die Klägerin abgetreten hat.

aa) Rechtlicher Anknüpfungspunkt für einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB ist die Verletzung einer Rechtsposition, die nach der Rechtsordnung dem Berechtigten zu dessen ausschließlicher Verfügung und Verwertung zugewiesen ist. Der erlangte Vermögensvorteil muss dem Zuweisungsgehalt der verletzten Rechtsposition widersprechen. Der Zuweisungsgehalt der geschützten Rechtsposition entspricht einem Verbotsanspruch des Rechtsinhabers, in dessen Macht es steht, die Nutzung des Rechtsguts einem sonst ausgeschlossenen Dritten zur wirtschaftlichen Verwertung zu überlassen. Der Eingriffskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB unterliegt danach jeder vermögensrechtliche Vorteil, den der Erwerber nur unter Verletzung einer geschützten Rechtsposition und der alleinigen Verwertungsbefugnis des Rechtsinhabers erlangen konnte (BGH, Urteil vom 9. März 1989 - I ZR 189/86, BGHZ 107, 117, 121; vom 18. Januar 2012 - I ZR 187/10, BGHZ 192, 204 Rn. 40; vom 10. Januar 2013 - VII ZR 259/11, NJW 2013, 781 Rn. 23).

bb) Verwertet der Gerichtsvollzieher, wie es dem gesetzlichen Regelfall entspricht, die gepfändeten Sachen selbst durch öffentliche Versteigerung (§ 14, §§ 816 ff ZPO), setzt sich das Eigentum des Vollstreckungsschuldners (gegebenenfalls auch das Eigentum eines Dritten) nach der Ablieferung der Sache an den Ersteigerer und Bezahlung des Meistgebots an den Gerichtsvoll-14 zieher kraft dinglicher Surrogation an dem Erlös fort (RGZ 156, 395, 399; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 819 Rn. 1 mwN). Eingriffe in diese Rechtsposition, etwa durch den Einbehalt von Vollstreckungskosten oder durch die Ablieferung des Erlöses an den Vollstreckungsgläubiger, unterliegen, wenn sie ohne rechtlichen Grund erfolgen, der Kondiktion des bisherigen Eigentümers nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 1960 - III ZR 22/59, BGHZ 32, 240, 244; vom 25. März 1976 - VII ZR 32/75, NJW 1976, 1090 f; vom 31. März 1977 - VII ZR 336/75, BGHZ 68, 276, 278; vom 25. Februar 1987 - VIII ZR 47/86, BGHZ 100, 95, 99 f; Ellger, Bereicherung durch Eingriff, 2002, S. 504 f).

cc) Im Ergebnis kann nichts anderes gelten, wenn eine gepfändete Sache auf Anordnung des Vollstreckungsgerichts nach § 825 Abs. 2 ZPO durch eine andere Person als den Gerichtsvollzieher versteigert wird. Der Vollstreckungsschuldner verliert sein Eigentum an der gepfändeten Sache nicht bereits mit der Übergabe der Sache an den privaten Versteigerer; dieser wird vom Gerichtsvollzieher lediglich ermächtigt, über die Sache zu verfügen (für einen auch im Streitfall gegebenen Kommissionsvertrag vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 1959 - VIII ZR 175/58, WM 1959, 1004, 1006; MünchKomm-HGB/Häuser, 2. Aufl., § 383 Rn. 65; Krüger in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 383 Rn. 47; Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 383 Rn. 22). Der bei der Versteigerung erzielte Erlös fällt jedenfalls mit der Aushändigung an den Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Verteilung bis zur Ablieferung an die Vollstreckungsgläubiger als Surrogat der gepfändeten Sache in das Eigentum des Vollstreckungsschuldners. Fraglich ist nur, ob dies schon gilt, solange sich der Erlös noch in Händen des privaten Versteigerers befindet. Dagegen könnte sprechen, dass sich die Versteigerung im Falle des § 825 Abs. 2 ZPO nach privatrechtlichen 17 Grundsätzen vollzieht (BGH, Urteil vom 2. Juli 1992 - IX ZR 274/91, BGHZ 119, 75, 78 f; Beschluss vom 20. Dezember 2006 - VII ZB 88/06, BGHZ 170, 243 Rn. 17) und bei der Verkaufskommission regelmäßig zunächst der Kommissionär Eigentum am Erlös erwirbt (vgl. MünchKomm-HGB/Häuser, aaO Rn. 67, 73; Baumbach/Hopt, aaO Rn. 24 f). Andererseits handelt der beauftragte Dritte aufgrund eines öffentlichrechtlichen Auftrags (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2006, aaO) im Rahmen der Zwangsvollstreckung und kann vom Gerichtsvollzieher damit beauftragt werden, den Erlös selbst an die Berechtigten zu verteilen. Dies könnte die Annahme einer sofortigen dinglichen Surrogation nahe legen, wie sie für den Fall einer öffentlichen Versteigerung allgemein angenommen wird. Die Frage bedarf im Streitfall aber keiner Entscheidung. Selbst wenn die Klägerin noch nicht kraft dinglicher Surrogation analog § 1247 Satz 2 BGB Eigentümerin des Versteigerungserlöses geworden sein sollte, als die Beklagte ihn von den Ersteigerern in Empfang nahm, trat der Erlös doch schon jetzt an die Stelle ihres bisherigen Eigentums an den gepfändeten Sachen. Soweit er die im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigenden Gläubigerrechte und die berechtigten Kosten der Zwangsvollstreckung überstieg, war er der Klägerin zur Verfügung und Verwertung zugewiesen (im Ergebnis ebenso Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 825 Rn. 11; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 825 Rn. 25).

2. Zum Umfang der Eingriffskondiktion ist die Entscheidung des Berufungsgerichts hingegen nicht frei von Rechtsfehlern.

Der Versteigerungserlös ist dem Vermögen der Klägerin nur insoweit zugewiesen, als ihn nicht die Beklagte beanspruchen kann. Dies richtet sich nach den Vereinbarungen, welche die Beklagte mit ihrem Auftraggeber, dem Land , vertreten durch den rechtmäßig handelnden Gerichtsvollzieher, getroffen 18 hat. Maßgeblich sind insbesondere die Auftragsbedingungen der Beklagten, die aufgrund des entsprechenden Hinweises auf dem vom Gerichtsvollzieher unterzeichneten Auftragsschreiben selbst dann wirksam einbezogen wurden, wenn das Auftragsformular, wie die Klägerin behauptet, per Telefax ohne die auf der Rückseite abgedruckten Auftragsbedingungen an den Gerichtsvollzieher übermittelt wurde (§ 305 Abs. 2, § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB).

a) Danach kann die Beklagte wegen der nur teilweisen Durchführung des ursprünglich unbeschränkt erteilten Versteigerungsauftrags keinen Schadensersatz, aber als Provision das vereinbarte Abgeld in Höhe von 15 v.H. auf die nicht zur Ausführung gekommenen Versteigerungen, mithin 116.263 € beanspruchen.

aa) Mit Recht rügt die Revision der Klägerin, dass das Berufungsgericht die Beklagte nach § 280 Abs. 1, § 249 BGB für berechtigt erachtet hat, einen Betrag von 458.656,55 € als Schadensersatz einzubehalten. Die von der Klägerin beantragte und ohnehin nur vorläufige Anordnung des Bundesgerichtshofs im Verfahren nach § 818 ZPO stellt keine schuldhafte Pflichtverletzung des Landes dar, das - handelnd durch seinen Gerichtsvollzieher - den Versteigerungsauftrag erteilte und deshalb Vertragspartner der Beklagten ist. Sollte der Gerichtsvollzieher, durch die gerichtliche Anordnung veranlasst, den Versteigerungsauftrag nachträglich beschränkt haben, was die Klägerin allerdings in Abrede stellt, läge darin ebenfalls keine Pflichtverletzung. Denn der Gerichtsvollzieher war jederzeit berechtigt, den Versteigerungsauftrag ganz oder teilweise zu widerrufen. Nach Nr. 1 der Auftragsbedingungen versteigerte die Beklagte die Gegenstände als Kommissionär im eigenen Namen auf Rechnung des Einlieferers. Ob der danach bestehende - öffentlichrechtliche - Kommissionsvertrag (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Aufl., Einführung vor § 433 20 Rn. 12; Palandt/Sprau, aaO § 675 Rn. 31) als Werkvertrag oder als Dienstvertrag über Dienste höherer Art im Sinne von § 627 Abs. 1 BGB, jeweils mit Geschäftsbesorgungscharakter (§ 675 Abs. 1 BGB), einzuordnen ist (vgl. Münch-Komm-HGB/Häuser, 2. Aufl., § 383 Rn. 28 f; RGZ 110, 119, 123), kann dahinstehen. In beiden Fällen bestand ein Recht des Einlieferers, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne wichtigen Grund zu kündigen (§ 649 Satz 1, § 627 Abs. 1 BGB). Die Ausübung dieses Kündigungsrechts stellt keine Pflichtverletzung im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB dar.

bb) Eine Verpflichtung des Kommittenten, dem Kommissionär den durch eine berechtigte Kündigung des Vertrags entstandenen Schaden zu ersetzen, ergibt sich auch nicht aus den entsprechenden Bestimmungen des Dienst- und Werkvertragsrechts. Nach § 628 Abs. 1 BGB hat der Dienstverpflichtete lediglich einen Anspruch auf den seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung. Einen Anspruch auf Schadensersatz hat unter den Voraussetzungen des § 628 Abs. 2 BGB nur der Kündigende, nicht der Kündigungsempfänger. Der Bestimmung in § 649 Satz 2 BGB, wonach der Besteller im Falle der Kündigung verpflichtet bleibt, die vereinbarte Vergütung zu bezahlen, geht beim Kommissionsvertrag die spezielle Regelung in § 396 HGB vor (vgl. MünchKomm-HGB/Häuser, aaO § 396 Rn. 22; Krüger in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 396 Rn. 4).

cc) Die Beklagte kann den geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz auch nicht auf ihre Auftragsbedingungen stützen. Die Bestimmung in Nr. 1 Satz 3 in Verbindung mit Nr. 12 der Bedingungen, wonach der Einlieferer bis zur Abrechnung an den Auftrag gebunden und bei Zurückziehung des Auftrags zum Schadensersatz, mindestens zur Zahlung einer Schadenspauschale verpflichtet ist, ist unwirksam. Dies ergibt eine Inhaltskontrolle nach der Rege-22 lung in § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, die auf den Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Land und der Beklagten zu Gunsten des Landes anwendbar ist, auch wenn es sich um einen öffentlichrechtlichen Vertrag handelte (§ 62 Satz 2 VwVfG). Die Begründung einer unbeschränkten Verpflichtung zum Schadensersatz im Falle der Entziehung des Auftrags benachteiligt den Einlieferer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil sie mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von denen abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

Das Recht des Bestellers eines Werks und des Berechtigten aus einem Vertrag über Dienste höherer Art, sich jederzeit vom Vertrag lösen zu können, dient einem wesentlichen Schutzbedürfnis der Partei und geht über eine reine Zweckmäßigkeitsregelung hinaus. Es ist deshalb anerkannt, dass das Kündigungsrecht nach § 627 Abs. 1 BGB nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2009 - III ZR 93/09, NJW 2010, 150 Rn. 19; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 114/09, NJW 2010, 1520 Rn. 25 ff, jeweils mwN). Dies gilt auch für das Recht, einen Versteigerungsvertrag zu kündigen, denn ein solcher Vertrag bedarf in besonderem Maße gegenseitigen Vertrauens. Unwirksam sind nicht nur Regelungen, die das Kündigungsrecht schlechthin ausschließen, sondern auch solche, die es faktisch entwerten, indem sie an eine Kündigung derart nachteilige Rechtsfolgen knüpfen, dass der Vertragspartner vernünftigerweise von dem ihm formal zustehenden Kündigungsrecht keinen Gebrauch machen wird (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2009, aaO Rn. 23; zu § 723 Abs. 3 BGB vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2006 - II ZR 295/04, WM 2006, 776 Rn. 11; vom 7. April 2008 - II ZR 3/06, WM 2008, 1023 Rn. 13). Dies ist hier im Blick auf die das Kündigungsrecht unzumutbar erschwerende Schadensersatzpflicht der Fall.

dd) Die Beklagte hat jedoch nach § 396 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz HGB Anspruch auf die vereinbarte Provision bezüglich der eingelieferten und unter Vorbehalt versteigerten, letztlich aber über den Gerichtsvollzieher der Klägerin zurückgegebenen Gegenstände. Insoweit ist die Ausführung des bereits abgeschlossenen Geschäfts nur aus einem in der Person des Kommittenten liegenden Grunde unterblieben. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn der die Ausführung hindernde Grund der Risikosphäre des Kommittenten zuzurechnen ist; auf eine Pflichtverletzung oder ein Vertretenmüssen des Kommittenten kommt es nicht an. Im Streitfall unterblieb die Ausführung der Versteigerungen, die wegen der auf Antrag der Klägerin im Verfahren nach § 818 ZPO ergangenen vorläufigen Anordnung nur unter Vorbehalt erfolgten, weil innerhalb der Vorbehaltsfrist bis zum 30. November 2006 weder der Gerichtsvollzieher noch das Vollstreckungsgericht die Versteigerung genehmigten. Diese Umstände fallen nicht in den Risikobereich der Beklagten, sondern in denjenigen des Landes und damit des Kommittenten. Als vom Kommittenten geschuldete Provision war das so genannte Abgeld in Höhe von 15 v.H. des Zuschlagspreises vereinbart. Die Zuschlagssumme für die unter Vorbehalt erfolgten Versteigerungen belief sich auf insgesamt 1.108.420 €. Daraus errechnet sich eine Provision in Höhe von 166.263 €. Sie ist nicht um die gesetzliche Umsatzsteuer, die gemäß Nr. 11 Satz 2 der Auftragsbedingungen in diesem Betrag enthalten ist, zu kürzen. Denn die nach § 396 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz HGB bei unterbliebener Ausführung des Geschäfts geschuldete Provision stellt keinen Schadensersatz dar, sondern ist das Entgelt für die auch in diesem Fall vom Kommissionär erbrachten Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, insbesondere für den Abschluss des Geschäfts. In der Person des Kommissionärs fällt deshalb auf die Provision Umsatzsteuer an.

b) Darüber hinaus ist die Beklagte berechtigt, die aufgewendeten Kosten für den Versteigerungskatalog in Höhe von 102.867,96 € einzubehalten. Die abweichende Ansicht des Berufungsgerichts greift die Revision der Beklagten mit Erfolg an.

Das Berufungsgericht hat zwar festgestellt, dass nach der ursprünglichen Absprache zwischen der Beklagten und dem Gerichtsvollzieher abweichend von den Auftragsbedingungen (Nr. 11) keine Katalogkosten erhoben werden sollten. Nachdem die Versteigerung wegen der vom Bundesgerichtshof erlassenen einstweiligen Anordnung nicht vollständig durchgeführt wurde, stellte die Beklagte in ihre Abrechnung Katalogkosten in Höhe von 113.002,44 € ein mit der Begründung, der vereinbarte Verzicht auf die Katalogkosten habe die Grundlage gehabt, dass alle Gegenstände regulär versteigert werden konnten. Darin ist das Verlangen nach einer Anpassung des Vertrags wegen einer Veränderung der Geschäftsgrundlage zu sehen (§ 313 Abs. 1 BGB). Der Gerichtsvollzieher wies dieses Verlangen nicht zurück, sondern rechnete die Katalogkosten später mit 102.867,96 € ab. In diesem Verhalten kann nur das Einverständnis mit einer entsprechenden Vertragsanpassung gesehen werden, denn der Gerichtsvollzieher wusste, dass die Beklagte zugesagt hatte, keine Katalogkosten abzurechnen. Das Vollstreckungsgericht hatte sich in seiner Anordnung nach § 825 Abs. 2 ZPO hierauf bezogen, in einem ergänzenden Versteigerungsauftrag vom 15. August 2006 war eine entsprechende Bemerkung ausdrücklich eingefügt, und die Beklagte räumte in ihrem Abrechnungsschreiben ein, dass nach der ursprünglichen Vereinbarung keine Katalogkosten berechnet werden sollten. Bestätigt wurde die Einigung über die Anpassung des Vertrags dadurch, dass die Beklagte dem Gerichtsvollzieher im Hinblick auf die Differenz in der Berechnung der Katalogkosten einen weiteren Teil des Versteigerungser-26 löses auszahlte. Entgegen der Ansicht der Klägerin bedurfte eine solche Vertragsanpassung nicht ihrer Zustimmung, sondern konnte von der Beklagten mit ihrem Vertragspartner, dem Land , handelnd durch den Gerichtsvollzieher, wirksam vereinbart werden. Die Wirksamkeit dieser Vereinbarung hängt nicht davon ab, ob die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Anpassung des Vertrags nach § 313 Abs. 1 BGB tatsächlich vorlagen. Vieles spricht allerdings dafür, dass mit der nur teilweisen Ausführung der in Auftrag gegebenen Versteigerung die vorausgesetzte schwerwiegende Veränderung der dem Vertrag zugrunde gelegten Umstände eingetreten ist, weil die Beklagte - wie ausgeführt - hinsichtlich des nicht zur Ausführung gekommenen Teils der Versteigerung zwar Provision in Form des Abgelds von 15 v.H., nicht aber das Aufgeld in Höhe von 30 v.H. auf die Zuschlagssumme als Schadensersatz beanspruchen kann.

c) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte sei nicht zum Einbehalt von Zwischenzinsen in Höhe von 6.416,67 € berechtigt. Hiergegen wendet sich die Revision der Beklagten ohne Erfolg. Dem Einbehalt liegt zugrunde, dass die Beklagte am 14. August 2006, mithin mehr als einen Monat vor dem Versteigerungstermin vom 20. September 2006, eine A-conto-Zahlung über 300.000 € leistete. Das Berufungsgericht stellt hierzu fest, die Beklagte habe sich zur Zahlung des Vorschusses verpflichtet gehabt. Dies wird von der Revision der Beklagten nicht angegriffen. Entsprach die Zahlung vertraglicher Vereinbarung, erfolgte sie mit Rechtsgrund und begründete keinen gesetzlichen Anspruch auf die Herausgabe von Nutzungen nach § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB. Eine vertragliche Regelung über eine Verzinsung des Vorschusses hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Die Beklagte hat eine dahingehende Vereinbarung auch nicht substantiiert behauptet. Die Vorlage des mehrseitigen Abrechnungsschreibens, in dem an einer Stelle 28 von einem 'Betrag der vereinbarungsgemäß verzinsten aconto-Zahlung' die Rede ist, ohne konkreten schriftsätzlichen Vortrag genügt hierfür nicht.

IV.

Das Berufungsurteil kann danach nicht in vollem Umfang Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil sie nach den getroffenen Feststellungen zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der vom Berufungsgericht der Klägerin zugesprochene Betrag von 169.672,13 € ist auf die Revision der Klägerin um die Differenz zwischen dem als Schadensersatz einbehaltenen Betrag von 458.656,55 € und dem berechtigten Provisionsanspruch der Beklagten in Höhe von 166.263 € zu erhöhen und auf die Revision der Beklagten um die Katalogkosten von 102.867,96 € herabzusetzen. Es ergibt sich ein von der Beklagten an die Klägerin zu zahlender Betrag von 359.197,72 €.

Dieser Betrag ist, wie vom Berufungsgericht erkannt und von den Revisionen nicht angegriffen, wegen Verzugs der Beklagten ab dem 19. März 2009 mit dem gesetzlichen Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (§ 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB).

Kayser Gehrlein Vill Fischer Grupp Vorinstanzen:

LG Stuttgart, Entscheidung vom 10.05.2010 - 21 O 148/09 -

OLG Stuttgart, Entscheidung vom 29.11.2011 - 12 U 85/10 - 30