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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 19.12.1968, Az.: VII ZR 83/66

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Antragsgegnerin werden die Urteile des 5. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 23. März 1966 (5 U 66 und 67/65) und die Urteile der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts in Hamburg vom 29. März 1965 (21 OH 3 und 4/64) aufgehoben.

Die Anträge, die Schiedssprüche des Schiedsgerichts des W. der H. e.V. vom 18. Juni und vom 28. Mai 1964 für vollstreckbar zu erklären, werden zurückgewiesen.

Die Schiedssprüche werden aufgehoben.

Die Antragstellerin hat die Kosten beider Verfahren zu tragen.

Hinweis: Verbundenes Verfahren

VerbundverfahrenBGH - 19.12.1968 - AZ: VII ZR 84/66

Tatbestand

Die in Hamburg ansässige Antragstellerin kaufte von der Antragsgegnerin, einer italienischen Firma mit Sitz in Palermo, seit März 1961 wiederholt süße Mandeln; bis Juni 1963 wurden insgesamt 73 solche Käufe abgeschlossen. U.a. kaufte die Antragstellerin laut Kontrakten Nr. 4986 und 4988 vom 27. Februar 1963, die am 26. Juli 1963 geändert wurden, insgesamt 30 t sowie laut Kontrakten Nr. 4987 vom 27. Februar 1963 5 t und Nr. 5007 vom 11. März 1963 3 t süße Mandeln. Über alle Verträge legte die Antragstellerin der Antragsgegnerin Bestätigungen vor, welche die Antragsgegnerin unterschrieb. In diesen Bestätigungen heißt es u.a.:"Special Conditions: All further conditions according to the terms of die D. F. T. Association (Warenverein der H. e.V.). Any disputes are finally to be settled by arbitration of the said Association."

Die Antragstellerin ist Mitglied des Warenvereins.

Nach § 43 der Geschäftsbedingungen des Warenvereins gilt für Schiedsgerichtsverfahren die vom Verein erlassene Schiedsgerichtsordnung. Gemäß § 2 dieser Ordnung besteht das Schiedsgericht aus dem Obmann und zwei weiteren Schiedsrichtern; jede Partei ernennt einen Schiedsrichter; wenn der Beklagte der Aufforderung des Klägers, binnen bestimmter Frist einen Schiedsrichter zu benennen, nicht nachkommt, so bestimmt der Vorsitzende des Vereins auf Antrag des Klägers einen Zwangsschiedsrichter für den Beklagten; die Schiedsrichter wählen den Obmann; werden sie nicht einig, so bestimmt der Vereinsvorsitzende den Obmann. Abs. 4 des § 2 lautet:"Die Schiedsrichter und der Obmann müssen Inhaber, persönlich haftende Gesellschafter, Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer oder Prokuristen von Firmen sein, die dem Verein als Mitglieder angehören."

Nach § 3 der Schiedsgerichtsordnung gehört dem Schiedsgericht als Schriftführer ein Syndikus des Vereins mit beratender Stimme an.

Der Vorsitzende des Vereins ernannte auf Antrag der Antragstellerin für die Antragsgegnerin einen Zwangsschiedsrichter. Mit zwei Schiedsklagen machte die Antragstellerin bei dem Schiedsgericht Ansprüche auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der genannten 4 Verträge geltend. Mit der ersten Klage beanspruchte sie 2.822,99 US-Dollar aus den Kontrakten Nr. 4987 und 5007, mit der zweiten 11.204,44 US-Dollar aus den Kontrakten Nr. 4986 und 4988. Die Antragsgegnerin kam der Aufforderung des Schiedsgerichts, sich auf die ihr zugestellten Klagen binnen 3 Wochen nach Zugang zu äußern, nicht nach. Das Schiedsgericht beraumte Termin zur mündlichen Verhandlung an. Die Antragsgegnerin wurde hierzu entsprechend der Schiedsgerichtsordnung geladen. Sie ließ sich aber im Termin nicht vertreten.

Das Schiedsgericht gab auf Grund des als zugestanden angesehenen Vorbringens der Antragstellerin und der von ihr vorgelegten Urkunden durch zwei Schiedssprüche vom 28. Mai und 18. Juni 1964 den Schiedsklagen im wesentlichen statt.

Die Antragstellerin hat beim Landgericht beantragt, die Schiedssprüche für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung dieser Anträge und Aufhebung der Schiedssprüche beantragt.

Sie meint, wirksame Schiedsverträge seien gemäß dem nach ihrer Ansicht anzuwendenden italienischen Recht nicht zustandegekommen. Auch wenn deutsches Recht zugrundegelegt werde, müßten die Schiedssprüche aufgehoben werden, weil § 2 Abs. 4 der Schiedsgerichtsordnung gegen das Gebot der überparteilichen Rechtspflege und den Grundsatz der Parität verstoße.

Das Landgericht hat durch Urteile die Schiedssprüche für vollstreckbar erklärt. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichteten Berufungen der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat gegen beide Urteile des Oberlandesgerichts Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof hat die Revisionsverfahren zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Antragsgegnerin verfolgt ihr Begehren weiter, die Anträge auf Vollstreckbarerklärung zurückzuweisen und die Schiedssprüche aufzuheben. Die Antragstellern beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.Die Antragsgegnerin meint, die Schiedssprüche müßten aufgehoben werden, weil ihnen keine gültigen Schiedsverträge zugrunde lägen (vgl. §§ 1041 Abs. 1 Nr. 1, 1042 Abs. 2 ZPO).

Das Berufungsgericht beurteilt die Frage, ob die Schiedsverträge wirksam sind, nach deutschem Recht. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

Auch beim Schiedsvertrag entscheidet in erster Reihe der Wille der Parteien darüber, welchem Recht er untersteht (BGHZ 40, 320, 322) [BGH 28.11.1963 - VII ZR 112/62]. Im allgemeinen kann man davon ausgehen, daß nach ihrem Willen für den Schiedsvertrag dasselbe Recht gelten soll wie für den Hauptvertrag (BGH a.a.O. S. 323).

Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, daß die Parteien durch schlüssiges Verhalten ("stillschweigend") vereinbart haben, für ihre Rechtsbeziehungen einschließlich des Schiedsvertrags solle deutsches Recht gelten.

Es führt aus, eine stillschweigende Vereinbarung, das deutsche Recht solle anwendbar sein, ergebe sich noch nicht aus der Tatsache, daß die Parteien ein Schiedsgericht mit Sitz in Hamburg für zuständig erklärt hätten. Sie hätten aber von März 1961 bis zum Zeitpunkt des Abschlusses der hier streitigen Verträge insgesamt 67 gleichartige Verträge abgeschlossen; die Antragsgegnerin habe jeweils den Schlußschein mit der Klausel "Special Conditions" unterschrieben. Wenn ihr bei Beginn der Geschäftsverbindung der Inhalt der Warenvereinsbedingungen unbekannt gewesen sein möge, so habe sie sich doch in den seitdem vergangenen zwei Jahren über den Inhalt unterrichten können. In dieser Zeit habe sie die Schlußscheine jeweils widerspruchslos unterschrieben. Sie könne deshalb nicht mehr geltend machen, ihr habe der Wille gefehlt, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu vereinbaren.

Die Revision hält diese Ausführungen für widersprüchlich; wenn, wie auch das Oberlandesgericht annehme, die Vereinbarung eines in Hamburg ansässigen Schiedsgerichts für die von den Parteien getroffene Rechtswahl nicht maßgebend sei, so könne auch die mehrfach wiederholte Vereinbarung der belanglosen Klausel über das anzuwendende Recht nichts aussagen.

Die Rüge greift nicht durch.

Einmal kann die Vereinbarung eines ständigen Schiedsgerichts durchaus als Hinweis darauf gewertet werden, daß das am Sitz dieses Schiedsgerichts geltende Recht anwendbar sein soll (BGH WM 1964, 1023 und VersR 1967, 156; RG Warneyer 1919 Nr. 149; OLG Hamburg AWD 1958, 249; Lorenz, AcP 157, 265, 271; Palandt BGB, 28. Auflage, Anm. 2 a vor Art. 12 EG).

Zum anderen ist zu beachten, daß die Parteien nicht nur die Zuständigkeit des Schiedsgerichts des Warenvereins, sondern dessen gesamte Geschäftsbedingungen vereinbart haben. Das weist deutlich darauf hin, daß sie sich den Bestimmungen des deutschen Rechts unterwerfen wollten (OLG Hamburg SA 69 Nr. 26; Lewald, Das deutsche internationale Privatrecht S. 210). Denn sie mußten sich darüber klar sein, daß die Geschäftsbedingungen einer deutschen Vereinigung auf dem deutschen Recht aufbauen. Die Geschäftsbedingungen des Warenvereins (vgl. §§ 1, 18) verweisen denn auch ausdrücklich auf Bestimmungen des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Daß die Parteien zwei Jahre lang allen ihren Verträgen die Geschäftsbedingungen des Warenvereins zugrunde gelegt haben, durfte bei dieser Sachlage durchaus als Anzeichen für den Willen, die Rechtsbeziehungen dem deutschen Recht zu unterstellen, verwertet werden.

Das gilt auch von der Schiedsabrede. Es ist nicht ersichtlich, daß für diese, abweichend von der Regelung der Rechtsbeziehungen im übrigen, nach dem Parteiwillen italienisches Recht gelten sollte.

Das Berufungsgericht erklärt es ohne Rechtsfehler für unerheblich, ob die Antragsgegnerin etwa der Meinung gewesen ist, die Schiedsklausel sei nach italienischem Recht im Hinblick auf Art. 1341 Abs. 2 Codice Civile unwirksam (diese Ansicht entspricht nicht dem heutigen Stand der italienischen Rechtsprechung; vgl. Maggioni NJW 1960, 177, 179; Pfister AWD 1965, 221). Maßgebend ist, daß sie nach außen stets ihr Einverständnis mit der Schiedsklausel bekundet hat.

Es ist ferner nichts gegen die Ansicht des Berufungsgerichts einzuwenden, deutsches Recht solle auch für die Frage gelten, ob der Schiedsvertrag wirksam zustande gekommen sei. Es ist zwar denkbar, daß das Zustandekommen und die Rechtsfolgen des Vertrags nicht nach demselben Recht zu beurteilen sind (vgl. BGHZ 43, 21, 23 [BGH 09.12.1964 - VIII ZR 304/62]; BGH WM 1968, 689 f). Im allgemeinen wird der Wille der Parteien dahin gehen, alle ihre Rechtsbeziehungen einheitlich einer Rechtsordnung zu unterwerfen. Daran kann im vorliegenden Fall kaum gezweifelt werden, nachdem die Parteien in längerer Geschäftsverbindung allen ihren Verträgen Geschäftsbedingungen eines deutschen Vereins zu Grunde gelegt haben. Ferner spricht § 1 der Geschäftsbedingungen, der auf § 147 BGB verweist, dafür, daß auch für das Zustandekommen des Vertrags deutsches Recht maßgebend sein sollte. Eine auch insoweit für Haupt- und Schiedsvertrag übereinstimmende Regelung durfte vom Berufungsgericht als gewollt angesehen werden.

II.Hauptstreitpunkt ist, ob die Schiedssprüche deshalb aufzuheben sind, weil ein Schiedsgericht entschieden hat, das ausschließlich aus Mitgliedern des Warenvereins besteht, dem nur die Antragstellerin, aber nicht die Antragsgegnerin angehört.

1.)Auch diese Frage ist nach deutschem Recht zu beurteilen.

Das ergibt sich, soweit aus dieser Besetzung die Ungültigkeit des Schiedsvertrags zu folgern wäre (§ 1041 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 ZPO), aus dem unter I Ausgeführten. Soweit wegen der Besetzung in Frage steht, ob der Schiedsspruch sonst auf einem unzulässigen Verfahren beruht (§ 1041 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2), kann ebenfalls hier nur deutsches Recht entscheiden; der nach der Schiedsgerichtsordnung des Warenvereins, die auf die deutsche Zivilprozeßordnung verweist, ergangene Schiedsspruch untersteht deutschem Verfahrensrecht. Schließlich wäre deutsches Recht auch maßgebend dafür, ob die Anerkennung des Schiedsspruchs nach § 1041 Abs. 1 Nr. 2 gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde (vgl. BGHZ 27, 249, 256) [BGH 12.05.1958 - VII ZR 436/56].

2.)Das Berufungsgericht befaßt sich ausführlich mit der Kritik, die an der "Verbandsschiedsgerichtsbarkeit" geübt worden ist. Seine Auffassung, daß die Verbandsschiedsgerichtsbarkeit als solche nicht schlechthin unzulässig sei, ist richtig. Eine andere Meinung wird, soweit ersichtlich, von keiner Seite vertreten. Eine generelle Unzulässigkeit der Verbandsschiedsgerichtsbarkeit ist auch nicht, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, aus § 91 Abs. 1 Satz 1 GWB und § 28 BörsG herzuleiten.

3.)Die Frage kann nur sein, ob hier die in § 2 der Schiedsgerichtsordnung des Warenvereins geregelte Besetzung des Schiedsgerichts zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen muß. Bedenken bestehen insbesondere gegen die Regelung in § 2 Abs. 4. Sie bedeutet, daß das Schiedsgericht sich nur aus Mitgliedern des Warenvereins oder ihnen gleichzustellenden Personen zusammensetzen kann, und zwar auch dann, wenn ein Vereinsmitglied gegen ein Nichtmitglied prozessiert.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe (NJW 1957, 1036) hat die Vereinbarung der Zuständigkeit eines Verbandsschiedsgerichts für unwirksam erklärt, das über einen Streit zwischen einem Verbandsmitglied und einem Nichtmitglied entscheiden sollte und als dessen Beisitzer nur Verbandsmitglieder vorgesehen waren. Diese Auffassung ist im Schrifttum mehrfach gebilligt worden (Baumbach, ZPO 29. Aufl. § 1025 Anm. 5 D; Habscheid NJW 1962, 5; Kornblum, Probleme der schiedsrichterlichen Unabhängigkeit S. 252; Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, 9. Aufl. § 166 III 2 c). Sie stimmt überein mit dem Standpunkt des schweizerischen Bundesgerichts (u.a. BGE 80 I 336 = NJW 1955, 519 [BVerwG 24.09.1954 - IV C 31/54]; AWD 1958, 184).

4.)Das Berufungsgericht führt rechtsfehlerfrei aus, daß aus der Besetzung des Schiedsgerichts nicht die Unwirksamkeit des Schiedsvertrags gemäß § 1025 Abs. 2 ZPO herzuleiten ist.

Nach dieser Vorschrift ist der Schiedsvertrag unwirksam, wenn eine Partei ihre wirtschaftliche oder soziale Überlegenheit dazu ausgenutzt hat, den anderen Teil zu seinem Abschluß oder zur Annahme von Bestimmungen zu nötigen, die ihr im Verfahren, insbesondere hinsichtlich der Ernennung oder Ablehnung der Schiedsrichter, ein Übergewicht über den anderen Teil einräumen. Ein Übergewicht hinsichtlich der Ernennung zum Vorteil des Verbandsmitglieds kann in der Regelung der Schiedsgerichtsordnung gefunden werden (vgl. unten 6). Dar genügt aber nicht zur Anwendung des § 1025 Abs. 2 ZPO. Das Berufungsgericht stellt fest, weder eine soziale noch eine wirtschaftliche Überlegenheit lägen vor noch Anhaltspunkte dafür, daß die Antragsgegnerin dazu genötigt worden sei, mit einer Firma abzuschließen, die darauf bestand, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts des Warenvereins zu vereinbaren. Diese von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen binden das Revisionsgericht.

5.)Die Art der Besetzung eines Schiedsgerichts kann aber, auch ohne daß die Voraussetzungen des § 1025 Abs. 2 ZPO erfüllt sind, einen Aufhebungsgrund ergeben.

Da ein Schiedsgericht Rechtsprechung ausübt, muß eine ausreichende Gewähr dafür gegeben sein, daß es unabhängig und unparteilich ist. So ist anerkannt, daß auch im Schiedsgerichtsverfahren niemand Richter in eigener Sache sein darf und daß ein Verstoß gegen diesen Grundsatz die Aufhebung des Schiedsspruchs rechtfertigt (Heimann-Trosien, Ehrengabe für Heusinger Seite 257 f; Kornblum a.a.O. Seite 10 ff). Das Berufungsgericht prüft denn auch, ob das Schiedsgericht des Warenvereins als überparteilich angesehen werden kann. Es bejaht das.

6.)Der Senat kann dem Berufungsgericht hierin nicht folgen.

Eine nicht dem Verein angehörende Person kann es nur mit Befremden und Mißtrauen aufnehmen, daß bei ihrem Streit mit einem Warenvereinsmitglied nur Mitglieder dieses Vereins als Schiedsrichter bestellt werden können. Diese Regelung ist jedenfalls geeignet, bei dem Nichtmitglied den Eindruck hervorzurufen, daß es gegenüber dem Mitglied benachteiligt wird. Verstärkt wird dieser Eindruck noch dadurch, daß der Zwangsschiedsrichter und gegebenenfalls der Obmann vom Vereinsvorsitzenden bestimmt werden. Besonders fällt ins Gewicht, daß der Warenverein eine Vereinigung des Hamburgischen Einfuhrhandels mit bestimmten Waren ist und somit in erster Linie dessen Interessen dient. Die Nichtmitglieder, die in einen Streit mit Vereinsangehörigen verwickelt werden, sind häufig, wie auch im vorliegenden Fall, ausländische Exporteure. Ein Interessengegensatz zum Hamburgischen Importhandel liegt damit auf der Hand, ähnlich wie er auch bei Streitigkeiten inländischer Abkäufer mit Importeuren auftritt. Das Nichtmitglied wird in solchen Fällen nicht ohne Grund befürchten, daß die Schiedsrichter den Streitfall nicht unbefangen, sondern vom Standpunkt des deutschen und insbesondere des Hamburger Importeurs aus betrachten (nach der Mitgliederliste sind die Mitgliedsfirmen ganz überwiegend in Hamburg und nur wenige in anderen deutschen Städten ansässig).

Die Gesichtspunkte, die das Oberlandesgericht und die Antragsgegnerin demgegenüber zu Gunsten der Unparteilichkeit anführen, sind nicht geeignet, das gegen die Tätigkeit ausschließlich vereinsangehöriger Schiedsrichter bestehende Mißtrauen zu beseitigen:

a)Nach den Berufungsurteil soll die Regelung sicherstellen, daß Fachleute den Rechtsfall entscheiden. Fachkundige Schiedsrichter wären jedoch sicher auch außerhalb des Mitgliederkreises des Warenvereins zu finden. Es gibt denn auch vergleichbare ständige Schiedsgerichte in Hamburg und Bremen, bei denen die Schiedsrichter keineswegs Mitglieder des betreffenden Verbandes sein müssen (vgl. Schottelius, Die kaufmännische Schiedsgerichtsbarkeit, Übersicht am Ende des Buches).

b)Dem Warenverein gehören nicht nur Importeure (Händler), sondern auch - in geringerer Zahl - Makler und Agenten an. Es kann aber nichts Entscheidendes zu Gunsten der Unparteilichkeit daraus hergeleitet werden, daß z.B. in einem Streit zwischen Importeur (Mitglied) und Exporteur (Nichtmitglied) als Schiedsrichter ein Makler oder Agent berufen werden kann. Wenn auch das Nichtmitglied einen solchen als Schiedsrichter ernennen kann, so kann es doch nicht verhindern, daß als Obmann ein Importeur gewählt oder vom Vereinsvorsitzenden bestellt wird.

c)Das Oberlandesgericht sieht in dem Umstand, daß im vorliegenden Fall der Zwangsschiedsrichter aus der Maklerabteilung des Vereins ausgewählt worden ist, ein Zeichen dafür, daß die Organisation des Warenvereins eine überparteiliche Schiedsgerichtsbarkeit gewährleistet. Das überzeugt nicht, weil die im vorliegenden Fall getroffene Auswahl zufällig sein kann und eine solche Handhabung jedenfalls durch die Schiedsgerichtsordnung nicht vorgeschrieben ist.

d)Das Oberlandesgericht legt Gewicht darauf, daß beim Warenverein, anders als in dem vom Oberlandesgericht Karlsruhe (a.a.O.) entschiedenen Fall, eine große Zahl von Schiedsrichtern zur Auswahl zur Verfügung steht, weil der Warenverein mehr als 250 Mitgliedsfirmen hat.

Das vermag die obige Beurteilung nicht zu ändern. Gewiß kann die größere Zahl der möglichen Schiedsrichter auch eine größere Chance bieten, einen Schiedsrichter zu finden, der trotz seiner Vereinsmitgliedschaft unparteilich urteilt. Überhaupt kann unterstellt werden, daß es unter den Vereinsmitgliedern genügend Leute gibt, die sich als Schiedsrichter um eine unparteiliche Beurteilung bemühen werden. Aber dieser Umstand räumt die Besorgnis, daß die Vereinszugehörigkeit die Schiedsrichter doch beeinflussen könnte, nicht völlig aus, und vermag vor allem das Mißtrauen gegen eine Regelung, die jedes Nichtmitglied vom Schiedsrichteramt ausschließt, nicht zu beseitigen. Hinzu kommt, daß es für das Nichtmitglied, besonders wenn es Ausländer ist, schwer ist, festzustellen, wer von den Mitgliedern die Gewähr für eine unparteiliche Beurteilung bieten könnte.

e)Die beratende Mitwirkung eines Syndikus ändert nichts daran, daß die Entscheidung von Schiedsrichtern gefällt wird, gegen deren Unparteilichkeit Bedenken bestehen müssen.

7.)Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Regelung in § 2 der Schiedsgerichtordnung geeignet ist, für das Nichtmitglied die Besorgnis zu begründen, daß die als Schiedsrichter tätigen Vereinsmitglieder und damit das ganze Schiedsgericht befangen sind.

Die Besorgnis der Befangenheit eines Schiedsrichters schafft nach der Zivilprozeßordnung allerdings keinen Grund, den Schiedsspruch aufzuheben, sondern gibt nur den Parteien das Recht, während des Verfahrens den Schiedsrichter abzulehnen (§§ 1032, 43 ZPO). In einem Fall, wie er hier vorliegt, geht es aber nicht an, das Nichtmitglied auf ein Ablehnungsrecht zu verweisen. Beim Ablehnungsrecht ist gedacht an einzelne Schiedsrichter, die aus Gründen, die gerade in ihrer Person liegen, als befangen erscheinen. Hier trifft wie ausgeführt die Besorgnis der Befangenheit auf jeden denkbaren Schiedsrichter zu und wird nicht allein durch deren Vereinszugehörigkeit, sondern noch mehr dadurch begründet, daß die Zugehörigkeit stets notwendige Voraussetzung für das Schiedsrichteramt ist. Würde man deshalb Fälle der vorliegenden Art nach § 1032 ZPO behandeln, so müßte das dazu führen, daß der ausländische Exporteur sämtliche als Schiedsrichter überhaupt vorgesehenen Personen ablehnen dürfte und damit das Schiedsgericht ganz ausschalten könnte. Auf diese Weise würde im Ergebnis dieselbe Wirkung erzielt wie bei Geltendmachung eines Aufhebungsgrunds; ein Unterschied bestünde hinsichtlich des Zeitpunkts der Geltendmachung, weil das Ablehnungsrecht jedenfalls nach Niederlegung des Schiedsspruchs nicht mehr ausgeübt werden kann (BGHZ 24, 1,5) [BGH 27.02.1957 - V ZR 134/55].

Die Ablehnung der Schiedsricher ist nach allem nicht der geeignete und sinnvolle Weg, den Bedenken gegen die Unparteilichkeit Rechnung zu tragen. Das kann vielmehr nur geschehen, wenn aus der Besetzung des Schiedsgerichts ein Aufhebungsgrund hergeleitet werden kann.

8.)Das ist in der Tat berechtigt. Die Abrede, daß ein nach § 2 der Schiedsgerichtsordnung besetztes Schiedsgericht den vorliegenden Streit zu entscheiden hat, bedeutet unter den hier gegebenen Umständen, daß nur Schiedsrichter Recht sprechen sollen, die als befangen gelten müssen. Eine derartige Abrede ist nicht wirksam.

a)Die Nichtigkeit ergibt sich aus § 134 BGB. Dem steht nicht entgegen, daß eine Abrede mit dem gekennzeichneten Inhalt nicht ausdrücklich durch eine bestimmte gesetzliche Vorschrift verboten ist. Es genügt, daß sie eindeutig gegen das auch für Schiedsgerichte geltende und im Gesetz (§§ 1025 Abs. 2, 1032 ZPO) zum Ausdruck gekommene Gebot überparteilicher Rechtspflege verstößt (Kornblum a.a.O. Seite 231 f). Der oben erwähnte Grundsatz, daß Richten in eigener Sache die Aufhebungsklage gegen einen Schiedsspruch rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ausdrücklich im Gesetz ausgesprochen (nach §§ 41 Nr. 1, 42, 1032 Abs. 1 ZPO würde hier nur ein Ablehnungsgrund vorliegen), er wird aber heute wohl kaum mehr angezweifelt (vgl. die Nachweise bei Kornblum a.a.O. Seite 10 ff).

Die Nichtigkeit einer gegen diesen Grundsatz verstoßenden Abrede wird vielfach aus § 138 BGB hergeleitet.

Es ist aber nicht notwendig und auch nicht sachgerecht, Abreden, die mit einer überparteilichen Rechtspflege unvereinbar sind, nach dieser Vorschrift zu beurteilen. Ihre Anwendung würde die Feststellung erfordern, daß die Parteien auch subjektiv gegen die guten Sitten verstoßen hätten. Darauf kann es nicht ankommen, wenn es um das dem allgemeinen Interesse dienende Gebot überparteilicher Rechtspflege geht. Was ihm widerstreitet, ist wie der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz zu behandeln; für die Nichtigkeit genügt dann der objektive Verstoß (BGHZ 37, 363, 366) [BGH 12.07.1962 - VII ZR 28/61].

Die Nichtigkeit ließe sich auch mit entsprechender Anwendung des § 306 BGB begründen. Die Abrede, ein nur aus befangenen Personen bestehendes Schiedsgericht solle Recht sprechen, also eine Tätigkeit ausüben, die Unparteilichkeit erfordert, ist in sich widersinnig und einem auf eine unmögliche Leistung gerichteten Vertrag gleichzustellen.

b)Diese Nichtigkeitsgründe betreffen zunächst nur die Abrede über die Besetzung des Schiedsgerichts. Aber aus deren Nichtigkeit folgt hier nach § 139 BGB die Nichtigkeit des ganzen Schiedsvertrags. Anhaltspunkte dafür, daß die Parteien den Schiedsvertrag mit Vereinbarung eines anders besetzten Schiedsgerichts geschlossen haben würden, gibt es nicht. Ob sich die Nichtigkeit des gesamten Schiedsvertrags auch aus entsprechender Anwendung des § 1033 ZPO herleiten ließe (vgl. dazu Kornblum a.a.O. Seite 172), bedarf nicht der Erörterung.

c)Selbst wenn aber der Schiedsvertrag nicht nichtig wäre, würde jedenfalls der Spruch des nur mit befangenen Richtern besetzten Schiedsgerichts auf einem unzulässigen Verfahren beruhen (§ 1041 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 ZPO; Kornblum a.a.O. Seite 259).

Offen bleiben kann, ob die Anerkennung des Schiedsspruchs auch gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde.

III.Nach allem müssen die Urteile des Land- und Oberlandesgerichts sowie die Schiedssprüche aufgehoben und die Anträge auf Vollstreckbarerklärung zurückgewiesen werden (§§ 1042 Abs. 2, 1041 Abs. 1 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.