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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 22.03.1967, Az.: VIII ZR 10/65

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. November 1964 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Der Kläger befaßt sich mit dem Groß- und Einzelhandel von Geldspielgeräten und stellt solche Geräte auch in Gaststätten auf. Er vereinbarte mit dem Beklagten, als dieser Ende 1961 eine Gastwirtschaft in G.-B. eröffnete, mündlich die Aufstellung von zwei Geräten in dessen Lokal. Der Spielerlös sollte zwischen den Parteien hälftig geteilt werden. Die Geräte wurden aufgestellt. Der Spielerlös betrug im Jahre 1962 durchschnittlich 200-300 DM monatlich.

Im Dezember 1962 schaffte sich der Beklagte eigene Spielgeräte an und forderte den Kläger auf, bis zum 31. Januar 1963 die von diesem aufgestellten Geräte zu entfernen. Der Kläger kam dieser Aufforderung unter Vorbehalt seiner Rechte nach.

Der Kläger hat behauptet, er habe bei der Aufstellung der Geräte mit dem Beklagten verabredet, daß diese für die Dauer von drei Jahren, nämlich den Zeitraum der behördlichen Zulassung der damals neu angeschafften Geräte, in der Gastwirtschaft des Beklagten verbleiben sollten. Durch die Verletzung dieser Vereinbarung sei dem Kläger ein Schaden von mindestens 100 DM monatlich entstanden.

Der Kläger hat zunächst 500 DM (entgangener Gewinn in der Zeit von Februar bis einschließlich Juni 1963) bei dem Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer eingeklagt (Akten 7 C 315/63). Das Amtsgericht hat seiner Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger 100 DM monatlich für die Monate Juli 1963 bis Mai 1964 insgesamt also 1.100 DM, nebst Zinsen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat durch das angefochtene, in JMBl HRW 1965, 29 = ZMR 1965, 143 abgedruckte Urteil die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Mit der Revision, die das Berufungsgericht zugelassen hat, verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während der Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

1.Das Berufungsgericht hat den zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag rechtlich als Raummiete gemäß § 580 BGB angesehen und deshalb die Vorschrift des § 566 BGB für anwendbar gehalten. Es gelangt demgemäß zu dem Ergebnis, daß der Vertrag auch dann, wenn die von dem Kläger behauptete mündliche Vereinbarung getroffen worden sein sollte, als für unbestimmte Zeit geschlossen galt und jedenfalls zum 30. Juni 1963 gekündigt werden konnte.

2.Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision mit Recht.

a)Die Rechtsnatur eines Vertrages über die Aufstellung von Automaten in einer Gastwirtschaft ist umstritten. Ebenso wie das Berufungsgericht hat auch das Oberlandesgericht Frankfurt (NJW 1964, 256), wenn auch nur in einer beiläufigen Bemerkung, angenommen, daß es sich um einen Mietvertrag handele, was das Landgericht Koblenz (MDR 1961, 231) ausdrücklich ablehnt. Das Oberlandesgericht Hamm (NJW 1964, 2021) und das Landgericht Stuttgart (NJW 1963, 1927) betonen, daß es sich um ein partiarisches Rechtsverhältnis handele, auf das nach Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm bei Kündigung zur Unzeit die Vorschrift des § 723 Abs. 2 BGB anzuwenden ist, während das Landgericht Stuttgart hervorhebt, daß weder ein Gesellschaftsverhältnis noch ein gesellschaftsähnliches Verhältnis in Frage stehe. Das Oberlandesgericht Köln (JMBl NRW 1962, 269) verneint einen partiarischen Vertrag und meint, es liege ein gemischter Vertrag vor, der neben mietrechtlichen Bestandteilen solche gesellschaftsrechtlicher Art aufweise. Roquette (Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht 1965, 195 und: Das Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches, 1966 § 535 Nr. 166, 167) schließlich erblickt in dem Automatenaufstellvertrag einen reinen Gestattungsvertrag.

b)Der erkennende Senat braucht die Frage nach der Rechtsnatur des Automatenaufstellvertrages nicht abschliessend zu entscheiden. Es kommt vielmehr in dem vorliegenden Rechtsstreit allein darauf an, ob auf den Vertrag die Vorschriften über die Raummiete und damit auch § 566 BGB anwendbar sind. Der erkennende Senat vermag der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, das diese Frage bejaht, nicht zu folgen.

aa)Allerdings bezieht sich der Vertrag auf eine Fläche in einem Gebäude, sei es einen Teil des Fußbodens oder einer Wand, auf dem oder an der der Automat aufgestellt oder angebracht werden sollte. Im Gegensatz zu der Ansicht des Berufungsgerichts ist aber die Zurverfügungstellung der von dem Automaten beanspruchten Fläche nicht das entscheidende und den Vertragstyp charakterisierende Merkmal eines Automatenaufstellvertrages, sondern der Wesensinhalt eines solchen Vertrages ist, wie Roquette (a.a.O. 196 und Nr. 167) zutreffend hervorhebt, die Eingliederung des Automaten in den gewerblichen Betrieb (hier die Gastwirtschaft), der in dem Räume ausgeübt wird, in dem der Automat aufgestellt wird. Kommt der gewerbliche Betrieb zum Erliegen, so ist die zur Verfügung gestellte Fläche für den Automatenaufsteller ohne jedes Interesse, denn ein Gewinn aus Spiel- oder Musikautomaten laßt sich nur erzielen, wenn in dem Raum, in dem das Gerät aufgestellt ist, Publikum verkehrt, das von dem Angebot, den Automaten zu benutzen, Gebrauch machen kann. Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien sind also anders verteilt als in einem Mietvertrag, in dem es lediglich um die Gewährung des Gebrauchs der vermieteten Sache während der Mietzeit geht (§ 533 BGB). Der Automatenaufsteller will durch die Eingliederung des Automaten in den gewerblichen Betrieb dessen, der die Aufstellfläche zur Verfügung stellt, mit dem Automaten Gewinn erzielen, und sein Vertragspartner hat ein Interesse daran, daß sich die Kunden seines Gewerbebetriebes der Automaten bedienen, well sein Entgelt nur in der Beteiligung an den Einspielergebnissen des Automaten besteht. Das wesentliche und ihn charakterisierende Merkmal eines solchen Automatenaufstellvertrages ist also nicht die Gewährung des Gebrauchs der Aufstellfläche für den Automaten, sondern dessen Einbettung in den gewerblichen Betrieb eines anderen zum gemeinsamen Nutzen beider Vertragspartner.

bb)Die hier vertretene Ansicht steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Reichsgerichts, das in Verträgen, bei denen der entscheidende Inhalt nicht in der Zurverfügungstellung eines Raumes, sondern in der Eingliederung in den Betrieb des anderen Vertragspartners bestand, grundsätzlich keine Raummiete erblickt hat, Roquette (a.a.O. 196 und Nr. 165 Anm. 35) verweist in diesem Zusammenhang allein auf das Urteil RGZ 108, 369. In diesem Urteil hatte das Reichsgericht ausgesprochen, daß bei der Überlassung von Bahnhofsräumen zum Betriebe einer Wechselstube der Gestattung der Ausübung des Geschäftsbetriebs, und nicht der Raumüberlassung, die entscheidende Bedeutung beigemessen werden müsse. Der diesem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt hatte die Besonderheit, daß das Rechtsverhältnis einen öffentlich-rechtlichen Einschlag hatte, der in der Entscheidung nicht berücksichtigt war (vgl. dazu Bauer NJW 1950, 331). Das Reichsgericht hat jedoch kurze Zeit nach dieser Entscheidung den in ihr entwickelten Gedankengang auf einen ausschließlich dem privaten Recht angehörenden Vertrag angewandt, nämlich die entgeltliche Überlassung eines Raumes in einer Hotelhalle zum Zwecke des Verkaufs von buchhändlerischen Erzeugnissen (Gruchot 68, 310 Nr. 14). In dieser Entscheidung ist ausdrücklich hervorgehoben, daß der Vertrag die Überlassung des Gebrauchs von Räumen nicht zum wesentlichen Inhalt habe. Ebenso hat das OLG Hamburg (OLG 45, 168) es abgelehnt, auf einen Vertrag, durch den dem Beklagten gestattet war, in der Vergnügungsdiele des Klägers einen Schnellimbiß zu betreiben, die Vorschriften über die Raummiete anzuwenden, und in der Begründung seiner Entscheidung ebenfalls auf die Eingliederung des Schnellimbisses in den Betrieb der Vergnügungsdiele abgehoben.

cc)Allerdings ist nicht zu verkennen, daß den Automatenaufstellverträgen ebenso wie den übrigen von Roquette (a.a.O.) unter dem Begriff "Gestattungsvertrag" zusammengefaßten Verträgen, mietvertragliche Elemente innewohnen. Wenn es sich auch, wie dargelegt wurde, nicht um den Vertragstypus einer Raummiete handelt, so bleibt dennoch zu prüfen, ob angesichts der Natur dieser Verträge die Vorschriften über die Raummiete, insbesondere § 566 BGB, auf sie mindestens entsprechend angewandt werden müssen. Der Beklagte hat in seiner Berufungserwiderung vom 4. Juli 1964 Seite 1 ff die Auffassung vertreten, daß der Sinn des Gesetzes die Anwendung der Vorschrift des § 566 BGB auf den hier in Frage stehenden Automatenaufstellvertrag zwingend gebiete. Der erkennende Senat vermag ihm hierin nicht zu folgen. Die Schriftform für Mietverträge über Grundstücke und Räume steht im engen Zusammenhange mit dem in § 571 BGB verankerten Grundsatz "Kauf bricht nicht Miete". Die Vorschrift des § 566 BGB soll in erster Linie den Erwerber des Grundstücks schützen (vgl. BGHZ 40, 255, 261 [BGH 13.11.1963 - V ZR 8/62]; Staudinger BGB 11. Aufl, § 566 Nr. 1). Wird von diesem Sinngehalt des § 566 BGB ausgegangen, so zeigt sich, daß diese Vorschrift für Automatenaufstellverträge nicht paßt. Einen Automatenaufstellvertrag schließt der Rauminhaber nicht in seiner Eigenschaft als Grundstücksvermieter, sondern als Inhaber des Betriebs, in dem die Automaten aufgestellt werden sollen. Daraus folgt, daß der Grundstückserwerber in Automatenaufstellverträgen nicht kraft Gesetzes einzutreten braucht. Ein Automatenaufstellvertrag bindet vielmehr nur die Vertragsschließenden selbst, nicht aber den Grundstückserwerber als Dritten, sofern ihm nicht von dem Veräußerer vertraglich diese Verpflichtung ausdrücklich auferlegt wird. Gibt aber der gesetzgeberische Gedanke, der zur Schaffung des § 566 BGB führte, keinen Anlaß, den Automatenaufstellvertrag, auch wenn er auf längere Zeit als ein Jahr abgeschlossen wird, dem Formzwang des § 566 BGB zu unterstellen, so bleibt nur noch zu prüfen, ob trotzdem diese Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck auf derartige Verträge angewendet werden muß.

Diese Frage ist zu verneinen. Bei Automatenaufstellverträgen handelt es sich im allgemeinen um Verträge unter Gewerbetreibenden, die in ihrem Geschäftsbetriebe alltäglich und üblich sind. Derartige Verträge sind nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich formfrei. Es läßt sich deshalb nicht rechtfertigen, die Formvorschrift des § 566 BGB auf sie anzuwenden. Automatenaufstellverträge gelten daher auch dann nicht als für unbestimmte Zeit geschlossen, wenn die vereinbarte Aufstellungszeit ein Jahr übersteigt; vielmehr ist ein für einen darüber hinausgehenden Zeitraum abgeschlossener Aufstellvertrag auch dann voll wirksam, wenn er nur mündlich abgeschlossen wurde.

Um Zweifel auszuschalten, sei hervorgehoben, daß die vorstehenden rechtlichen Erwägungen sich nur auf solche Automatenaufstellverträge beziehen, die dadurch ihr charakteristisches Gesicht erhalten, daß die aufgestellten Geräte in den Gewerbebetrieb eines anderen eingegliedert werden. Beschaftt sich dagegen ein Autoraatenaufsteller einen Kaum, in dem er eine Automatenspielhalle einrichtet, ohne daß darin ein anderes Gewerbe betrieben wird, so handelt es sich allerdings um einen Raummietvertrag, auf den auch die Vorschrift des § 566 BGB anwendbar ist. Diese Fallgestaltung ist hier jedoch nicht gegeben.

3.Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt es daher auf die unter Beweis gestellten Behauptungen des Klägers an, daß die Parteien eine dreijährige Vertragsdauer mündlich vereinbart hätten und daß sich der Beklagte abredewidrig vorzeitig von seinen vertraglichen Bindungen einseitig gelöst habe. Diese Behauptungen hat das Berufungsgericht zu Unrecht als unerheblich angesehen und somit den angetretenen Beweis rechtsirrtümlich nicht erhoben.

Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers muß mithin das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben werden. Die Sache bedarf weiterer tatsächlicher Aufklärung und ist deshalb zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Diesem ist auch die Entscheidung über die Kosten der Revision übertragen worden, weil sie von der Endentscheidung in der Sache selbst abhängt.