Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 26.05.1982, Az.: VIII ZR 123/81
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 13. Februar 1981 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin hatte für die Beklagte zu 1) (im folgenden: Beklagte), deren persönlich haftender Gesellschafter der Beklagte zu 2) ist, eine im Handbetrieb zu bedienende Anlage zur Galvanisierung von Kunststoffartikeln errichtet und die Beklagte mit den hierzu erforderlichen Chemikalien beliefert. Im Jahre 1973 trat die Beklagte wegen der Errichtung einer automatischen anstelle der manuellen Anlage an die Klägerin heran. Da der von der Klägerin für eine automatische Anlage geforderte Preis von rd. 850. 000 DM für die Beklagte zu hoch war, empfahl die Klägerin, die mit ihr zusammenarbeitende Firma Wu. mit der Errichtung der automatischen Anlage zu betrauen. Die Firma Wu., die einige Teile der Anlage sowie die Angaben über das Gesamtverfahren von der Klägerin bezog, stellte die Anlage für rd. 400. 000 DM her. Die Anlage und der Verfahrensablauf wurden vom 5. bis 7. Dezember 1973 erprobt. In einem am 7. Dezember 1973 aufgestellten, von der Klägerin und der Beklagten unterzeichneten Protokoll wurde festgestellt, daß "Vorbehandlung und galvanische Bäder zu keiner Beanstandung führten" und daß die Anlage der Beklagten "zur Produktionsfreigabe übergeben" werde. In der folgenden Zeit traten in der Produktion, die nach Angaben der Klägerin und mit deren Erzeugnissen betrieben wurde, laufend Störungen auf. Die Klägerin bemühte sich mehrfach erfolglos um eine Behebung der Störungen. Die Produktion lief erst ab 13. Februar 1975 störungsfrei.
Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung des Kaufpreises für gelieferte Chemikalien und für eine Reparatur der Anlage sowie auf Zahlung von Frachtkosten und vorgerichtlicher Mahn- und Auskunftsgebühren im Gesamtbetrage von 49.443,21 DM nebst Zinsen in Anspruch. Die Beklagte beanstandete einzelne Posten dieses Betrages. Sie machte insbesondere geltend, daß der Preis des für das Galvanisierungsverfahren benötigten Aktivators "Universal" um 1000 % überhöht gewesen sei, woraus sich ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 17.177,80 DM ergebe. Ferner stünden ihr Schadensersatzansprüche in Höhe von 108. 545 DM zu, weil die nach Angaben der Klägerin errichtete Anlage Mängel gehabt habe und weil die von der Klägerin gelieferten Chemikalien für dieses Verfahren noch nicht erprobt gewesen seien, so daß es zu mangelhaften Produktionsergebnissen und Arbeitsausfällen gekommen sei, wodurch ein Schaden in der genannten Höhe entstanden sei. Die Beklagten erhoben weiter Schadensersatzansprüche wegen des Auslaufens eines Vernickelungsbades und wegen eines Ventilschadens in Höhe von 19.047,60 DM sowie wegen einer angeblich mangelhaften Verchromung einer Warenlieferung in Höhe von 1.992,45 DM. Die Beklagten rechneten gegen die Klageforderung mit ihren angeblichen Gegenansprüchen auf und beantragten Klageabweisung; wegen des den Klageanspruch nach ihrer Ansicht übersteigenden Betrages erhoben sie Widerklage mit dem Antrag, die Klägerin zur Zahlung von 114.041,37 DM nebst Zinsen zu verurteilen.
Das Landgericht gab mit Teilurteil der Klage in Höhe von 2.509,61 DM nebst Zinsen statt und wies sie in Höhe von 35.515,35 DM ab. Die Widerklage wies es ebenfalls ab. Beide Parteien legten Berufung ein. Auf die Berufung der Klägerin änderte das Kammergericht das Urteil des Landgerichts ab und verurteilte die Beklagten zur Zahlung von 35.046,54 DM nebst Zinsen. Die Berufung der Beklagten wies es zurück.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstreben die Beklagten die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 114.041,37 DM nebst Zinsen auf die Widerklage.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I.1.Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die Klägerin der Beklagten für den Aktivator einen Literpreis von zunächst 60,- DM und später von 124,50 DM berechnet habe und daß nach einer Aktennotiz der Klägerin vom 19. September 1972 - "Wirtschaftlichkeits-Rechnung für Noviganth Aktivator Universal" - ein Literpreis von 6,- DM als "zu billig" erscheine und vorgeschlagen werde, den Literpreis auf 6,30 DM "zu fixieren".
2.Das Berufungsgericht ist der Meinung, es lasse sich gleichwohl nicht feststellen, daß der für den Aktivator geforderte Preis "in einem auffälligen Mißverhältnis zu der Leistung der Klägerin im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB" gestanden sei. Denn die Entwicklungskosten für den Aktivator seien selbst dann zu berücksichtigen, wenn die Klägerin gerade bei diesem Aktivator keine Entwicklungskosten gehabt habe. Zudem seien die Gemeinkosten und die Kosten des Kundendienstes in Betracht zu ziehen. Schließlich sei bei der Preisbemessung für den Aktivator zu beachten, daß die Klägerin nicht nur Lieferantin von Chemikalien, sondern "Verfahrensgeberin" gewesen sei und bei der Inbetriebsetzung der Anlage mitgewirkt habe.
Gegen diese Ausführungen des Berufungsgerichts bestehen durchgreifende Bedenken.
a)Ist der Preis für den Aktivator, was nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall ist, zunächst um 1000 % und später um einen noch größeren Prozentsatz höher gewesen, als in der "Wirtschaftlichfkeits-Rechnung" der Klägerin für angemessen erachtet wurde, so kann aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht verneint werden. Abgesehen davon, daß nach Sachlage eine Berücksichtigung der vom Berufungsgericht in Erwägung gezogenen "Kalkulationselemente" in der o.g. "Wirtschaftlichkeits-Rechnung" der Klägerin anzunehmen ist, kann ein derart erheblicher Unterschied zwischen dem Wert von Leistung und Gegenleistung nicht mit allgemeinen Erwägungen ausgeräumt werden. Um in einem solchen Fall ein auffälliges Mißverhältnis zu verneinen, bedarf es vielmehr einer ins einzelne gehenden und stichhaltigen Erklärung für den erheblichen Unterschied. Eine derartige Erklärung wird in dem Urteil des Berufungsgerichts nicht gegeben.
b)Das Berufungsgericht hat allerdings darin recht, daß die subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 a.F. BGB nicht vorliegen. Insbesondere scheidet entgegen der Ansicht der Revision die Annahme einer Unerfahrenheit der Beklagten aus, weil es dazu auf den Mangel an Erfahrung und Kenntnis geschäftlicher Dinge überhaupt ankommt und weil es nicht ausreicht, daß die Beklagte lediglich auf einem bestimmten Gebiet - über die Zusammensetzung der von der Klägerin gelieferten Chemikalien und über den dafür gerechtfertigten Preis - keine Erfahrungen und Kenntnisse hatte (BGH, Urt. v. 21. Mai 1957 - VIII ZR 226/56 = LM BGB § 138 (B a) Nr. 2 = NJW 1957, 1274 [BGH 21.05.1957 - VIII ZR 226/56] und v. 24. Januar 1978 - VIII ZR 16/78 = LM BGB § 138 (B b) Nr. 43 = NJW 1979, 758 = WM 1979, 491 [BGH 24.01.1978 - VIII ZR 16/78]).
c)Indessen kann möglicherweise § 138 Abs. 1 BGB anwendbar sein. Es ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, daß nicht jeder Preis, der zu der Leistung des anderen Vertragsteils in einem Mißverhältnis steht und damit überhöht und unbillig erscheint, unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB zu beanstanden ist; doch das Hinzutreten weiterer Umstände kann die Sittenwidrigkeit eines Preisverlangens herbeiführen (BGH, Urt. v. 16. Juni 1971 - KZR 11/70 = LM BGB § 138 (C c) Nr. 4). Das gilt z.B. dann, wenn der eine Vertragsteil die wirtschaftlich schwächere Lage des anderen Teils zu sehr zu seinem Vorteil ausnutzt oder sich leichtfertig der Erkenntnis verschließt, daß sich der andere Vertragsteil nur aufgrund seiner wirtschaftlich schwächeren Lage auf die ihn benachteiligenden Bedingungen einläßt (BGH, Urt. v. 5. März 1951 - IV ZR 107/50 = NJW 1951, 397, v. 21. Mai 1957 - VIII ZR 226/56 = NJW 1957, 1274 und v. 29. Juni 1979 - III ZR 156/77 = NJW 1979, 2089 = WM 1979, 966). Da das Berufungsgericht das nicht erörtert hat, bedarf es insoweit einer Überprüfung insbesondere daraufhin, ob die Klägerin die schwächere Lage der Beklagten, die auf die Kenntnisse und Erfahrungen der Klägerin angewiesen war, dazu ausnutzte, um für den Aktivator einen weit überhöhten Preis zu verlangen.
d)Da die Sache mithin zurückverwiesen werden muß, wird die Klägerin in der erneuten Verhandlung Gelegenheit haben, ihre Einwände gegen die Annahme eines um 1000 % und mehr überhöhten Preises des Aktivators erneut geltend zu machen und wird es der Beklagten möglich sein, ihren Anspruch im einzelnen zu substantiieren.
3.Sollte in der erneuten Verhandlung das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, daß die Preisforderung der Klägerin nicht gegen § 138 BGB verstößt, so kann die Annahme des Berufungsgerichts, die Parteien seien stillschweigend übereingekommen, daß der von der Klägerin allgemein verlangte Preis gelten solle, nicht beanstandet werden. Scheitert das Preisverlangen der Klägerin nicht an § 138 Abs. 1 BGB, so besteht nämlich kein Bedenken dagegen, daß die Klägerin mangels ausdrücklicher anderweitiger Vereinbarung den von ihr allgemein verlangten Preis der Beklagten in Rechnung stellte und daß die Beklagte diesen Preis stillschweigend akzeptierte.
II.1.Das Berufungsgericht ist zu Recht der Meinung, daß die vertraglichen Beziehungen der Parteien sich nicht in der Lieferung von Chemikalien der Klägerin für die Galvanisierungsanlage der Beklagten erschöpften. Denn die Klägerin hat auch bei Errichtung der Anlage mitgewirkt, in dem sie einzelne Teile dieser Anlage der Firma Wu. lieferte, dieser die erforderlichen Angaben über das Verfahren machte und schließlich die Anlage erprobte und zur Produktion freigab. Das Berufungsgericht hat daraus den zutreffenden Schluß gezogen, daß die Klägerin als Verfahrensgeberin die Verpflichtung übernommen hatte, die Firma Wu. und die Beklagte zu beraten, die von der Firma Wundrak errichtete Anlage auf ihre Eignung zu prüfen, das Funktionieren des Verfahrens unter den gegebenen Verhältnissen zu überwachen sowie Störungen in dem Betrieb der Anlage zu beheben. Das hatte die selbstverständliche Verpflichtung zum Inhalt, daß die erteilten Ratschläge und Weisungen objektiv geeignet sein mußten, der Beklagten eine mit den von der Klägerin gelieferten Chemikalien funktionierende Anlage zu verschaffen.
2.Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht jedoch darin, daß die Klägerin keine Garantie für das Funktionieren der Anlage mit den von ihr gelieferten Chemikalien übernommen habe.
a)Dem Berufungsgericht ist zwar darin beizupflichten, daß die vertragsmäßige Übernahme einer "Garantie" verschiedene Bedeutungen haben kann (BGH, Urteil vom 20. September 1973 - VII ZR 207/72 = NJW 1973, 1511 = WM 1973, 1322). Die Garantie kann der Zusicherung einer Eigenschaft gleichzusetzen sein. Sie kann bedeuten, daß das Werk die zugesicherten Eigenschaften unbedingt habe, so daß bei deren Fehlen auch ohne Verschulden auf Schadensersatz gehaftet wird (vgl. § 635 BGB). Sie kann schließlich die Übernahme der Gewähr für ein über die Vertragsmäßigkeit hinausgehenden, noch von anderen Faktoren abhängigen Erfolg darstellen.
b)Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts haben die Beklagten vorgetragen, bei den Vorbesprechungen über die Errichtung der automatischen Anlage durch die Firma Wu. habe die Klägerin durch ihren Mitarbeiter Hu. erklären lassen, diese Anlage "stelle ein einwandfreies Funktionieren der Kunststoffgalvanisierung nach dem Scheringverfahren sicher, die Klägerin garantiere für ein einwandfreies Funktionieren der Anlage".
c)Das Berufungsgericht hat die von den Beklagten behauptete Äußerung als wahr unterstellt, aber gemeint, diese könne lediglich als "allgemeine Anpreisung" angesehen werden.
Mit dieser Würdigung hat das Berufungsgericht die Bedeutung der von den Beklagten behaupteten Äußerung eines Mitarbeiters der Klägerin verkannt. Das Verständnis des Berufungsgerichts ist weder mit der Interessenlage der Parteien noch mit den monatelangen - von Dezember 1973 bis Februar 1975 dauernden - Bemühungen der Klägerin um ein Funktionieren der Galvanisierungsanlage vereinbar.
aa)Die Klägerin hatte ein Interesse daran, die Beklagte auch nach Errichtung einer automatischen Anlage als Kundin zu behalten. Der Klägerin war vor allem bekannt, daß die Beklagte, die jahrelang mit einer von der Klägerin erstellten manuellen Anlage und mit den von der Klägerin gelieferten Chemikalien Kunststoffartikel anstandslos galvanisiert hatte, daran interessiert war, daß eine automatische Anlage ebenso reibungslos funktionierte wie die manuelle Anlage. Da die automatische Anlage fast 400.000,- DM kostete, die Beklagte die Arbeitsweise dieser Anlage nicht beurteilen konnte und das Verfahren nicht kannte, aber aufgrund der bisherigen Zusammenarbeit der Klägerin Vertrauen entgegenbrachte, legte sie Wert darauf, daß die Klägerin für das reibungslose Funktionieren dieser Anlage einzustehen versprach. Dafür, daß die Klägerin das erkannte und die Zusage ebenfalls im Sinne einer selbständigen Garantie verstand, sprechen deren zahlreichen, monatelangen und soweit ersichtlich unentgeltlichen Bemühungen, ein reibungsloses Funktionieren der Anlage zu erreichen.
bb)Es muß daher geprüft werden, ob der Mitarbeiter Hu. der Klägerin sich in dem von den Beklagten behaupteten Sinne geäußert hatte und ob Hu. zu dieser Äußerung für die Klägerin befugt war oder ob diese Äußerung aufgrund einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht der Klägerin zuzurechnen war.
d)Ist das der Fall, so hat die Klägerin für den der Beklagten erwachsenen Schaden einzustehen. Indessen bleibt es der Klägerin unbenommen, darzulegen, daß ein Garantiefall nicht vorliegt.
3.Auch dann, wenn eine wirksame Garantieerklärung der Klägerin nicht vorläge, könnte diese möglicherweise für den der Beklagten durch das Nichtfunktionieren des Galvanisierungsverfahrens erwachsenen Schaden haften.
a)Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Klägerin verneint, weil nicht festzustellen sei, daß der Schaden auf fehlerhafte Anweisungen der Klägerin hinsichtlich des Nickelbades oder hinsichtlich des sonstigen Verfahrens zurückzuführen sei.
b)Das Berufungsgericht hat indessen aus dem Gutachten des Sachverständigen Trapp möglicherweise unzutreffende Schlüsse gezogen.
aa)Bei einer positiven Vertragsverletzung, wie sie hier gegebenenfalls in Betracht kommt (vgl. BGHZ 47, 312, 317), findet eine dem § 282 BGB entsprechende Umkehr der Beweislast statt, wenn die Schadensursache aus dem Gefahrenkreis des Schuldners hervorgegangen ist (BGHZ 23, 288, 290; 28, 251, 254; 48, 310, 312). Den Gläubiger - hier die Beklagte - trifft also die Beweislast dafür, daß der Schaden auf einer aus dem Gefahrenkreis des Schuldners stammenden Ursache beruht (BGH, Urteile vom 31. Mai 1978 - VIII ZR 263/76 = NJW 1978, 2197 = WM 1978, 957 und vom 1. Juli 1980 - VI ZR 112/79 = NJW 1980, 2186). Steht dies fest, so muß der Schuldner - hier die Klägerin - beweisen, daß er die objektive Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
bb)Das Berufungsgericht war an die Beurteilung des Sachverständigen Tr. nicht gebunden; dessen Gutachten unterlag vielmehr seiner freien Würdigung (BGH, Urteil vom 7. März 1951 - II ZR 67/50 = LM ZPO § 286 (B) Nr. 2), eine etwa abweichende Auffassung des Berufungsgerichts mußte allerdings begründet werden und durfte nicht durch einen Mangel an Sachkunde beeinflußt sein (BGH, Urteil vom 5. April 1961 - IV ZR 216/60 = LM ZPO § 286 (B) Nr. 14). Das Berufungsgericht ist dem Sachverständigengutachten Tr. weitgehend gefolgt. Es hat jedoch infolge einer Verkennung der Beweislast nicht die gesamten Ausführungen des Sachverständigen Tr. in seine Würdigung einbezogen und sich mit einem Teil der gutachtlichen Ausführungen nicht auseinandergesetzt.
cc)Der Sachverständige Tr. hat konkrete Fehler des von der Klägerin der Beklagten vorgeschlagenen Verfahrens nicht aufzeigen können, weil er im Hinblick auf die in der Zwischenzeit veränderten Umstände, insbesondere die Unmöglichkeit der Überprüfung, welche Chemikalien seinerzeit bei dem Galvanisierungsverfahren verwandt worden waren, von einer "nachempfundenen Erprobung" absah. Aus seinem schriftlichen Gutachten wie insbesondere aus der mündlichen Erläuterung desselben ist jedoch zu entnehmen, daß er eine objektive aus dem Gefahrenkreis der Klägerin stammende Pflichtverletzung bejaht. Denn er ist ersichtlich der Auffassung, daß die Klägerin die bei der Anwendung ihres Verfahrens in der Galvanisierungsanlage der Beklagten auftretenden Probleme jedenfalls nicht von vornherein meisterte, daß sie das Verfahren damals noch nicht im Griff hatte, daß sie sich vielmehr zur "Fehlerfreiheit" "hinzutasten" versuchte und "vor Ort mit Produkten hingekommen (ist), die noch nicht erprobt waren". Dann aber liegt die Annahme nahe, daß sie Ratschläge und Weisungen erteilt sowie Chemikalien zur Verwendung empfohlen und verkauft hat, deren objektive Eignung für das Funktionieren der Galvanisierungsanlage zweifelhaft war. Die Ursächlichkeit der hierin liegenden Pflichtverletzung für die von der Beklagten behaupteten Schäden läge dann auf der Hand. Darüberhinaus liegt es nahe, anzunehmen, daß die Klägerin den Entlastungsbeweis nicht erbracht hat. Sollte das Berufungsgericht das dem Gutachten Tr. nicht entnehmen können, so wäre eine Ergänzung dieses Gutachtens oder die Einholung eines weiteren Gutachtens geboten, weil es hier um schwierige chemische Vorgänge geht, die von einem Nichtchemiker in der Regel auch dann nicht beurteilt werden können, wenn er versucht hatte, sich die erforderliche Sachkunde anzueignen. Auch insoweit bedarf es also gegebenfalls weiterer Feststellungen.
4.Dagegen hat das Berufungsgericht die angeblichen Gegenansprüche der Beklagten wegen des Auslaufens eines Mattvernickelungsbades und wegen eines Ventilschadens in Höhe von 19.047,60 DM und wegen einer angeblich mangelhaften Verchromung einer Warenlieferung in Höhe von 1.992,45 DM mangels eines ausreichend substantiierten Vortrags der Beklagten zu Recht nicht berücksichtigt.
5.Daß die Verkaufs- und Lieferbedingungen der Klägerin Vertragsinhalt geworden waren, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. In jedem Fall stünde der Aufrechnung mit etwaigen Gegenansprüchen der Beklagten der Aufrechnungsausschluß in Nr. 8 dieser Bedingungen nicht entgegen, weil diese Bestimmung sich nach Nr. 1 der Bedingungen auf "Verkaufsgeschäfte" bezieht, es hier aber nicht um Ansprüche aus einem "Verkaufsgeschäft", sondern um Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung gegen die Klägerin als "Verfahrensgeberin" geht (vgl. BGHZ 47, 312, 318).
6.Etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin wären auch nicht gemäß § 477 BGB verjährt. Diese Vorschrift ist nämlich dann nicht anzuwenden, wenn es sich um einen mit einem Mangel der Kaufsache nicht zusammenhängenden Anspruch handelt (BGHZ 47, 312, 319).
III.Auf die Revision der Beklagten war mithin das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens war ebenfalls dem Berufungsgericht zu übertragen, weil sie von Erfolg oder Mißerfolg der Klage bzw. Widerklage abhängt.