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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 06.07.2011, Az.: VIII ZR 317/10

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landgerichts München I - 14. Zivilkammer - vom 24. November 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagte ist Mieterin einer Einzimmerwohnung der Kläger in M. . Mit Schreiben vom 29. April 2008 kündigten die Kläger das Mietverhältnis zum 31. Januar 2009 mit der Begründung, dass die Wohnung für die Klägerin zu 2 benötigt werde, die seit Ende Februar 2008 ein Studienjahr in Neuseeland absolviere und danach ihr Studium in M. fortsetzen und einen eigenen Hausstand begründen wolle; in das ehemalige Kinderzimmer der elterlichen Wohnung könne sie nicht mehr zurück, weil es inzwischen von ihrer Schwester genutzt werde. 1 Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht hat sie unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Beklagte in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 ff.).

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Die Räumungsklage sei unbegründet, weil die von den Klägern mit Schreiben vom 29. April 2008 ausgesprochene Kündigung aus formellen Gründen unwirksam sei. Die Kläger hätten die Gründe für die Kündigung nicht ausreichend dargestellt. Es fehle insbesondere an konkreten Angaben zur derzeitigen Wohnsituation der Eigenbedarfsperson. Im Kündigungsschreiben sei lediglich angegeben, dass sie im Anwesen K. wohne, also in einem von zwei benachbarten Gebäuden. Mit dem Hinweis auf das Kinderzimmer sei die Wohnsituation nicht beschrieben, weil die Klägerin zu 2 dort gar 2 nicht mehr gewohnt habe. Nach ihren eigenen Angaben im Prozess habe die Klägerin zu 2 vor ihrem Auslandsaufenthalt einen Teil der Zimmer einer zu sanierenden Drei-Zimmer-Wohnung in dem zum Wohnhaus ihrer Eltern benachbarten Gebäude bewohnt und damit sogar teilweise bereits einen eigenen Hausstand begründet. Diese die Verteidigungsmöglichkeiten der Beklagten beeinflussenden Umstände hätten im Kündigungsschreiben dargelegt werden müssen. Das Interesse des wegen Eigenbedarf kündigenden Vermieters liege gerade in der angestrebten Verbesserung seiner bisherigen Wohnsituation, deren Schilderung daher für die Wirksamkeit einer Kündigung unerlässlich sei.

Darauf, ob die Beklagte Kenntnis von der bisherigen Wohnsituation der Klägerin zu 2 gehabt habe, komme es nicht an, denn die Kündigungsgründe müssten selbst dann nochmals im Kündigungsschreiben selbst wiederholt werden, wenn sie dem Mieter bereits zuvor mündlich mitgeteilt oder in einem Vorprozess geltend gemacht worden seien; dies gelte entsprechend, wenn der Mieter die Gründe aus eigenem Wissen kenne.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Kläger auf Räumung und Herausgabe der Wohnung der Beklagten nicht verneint werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die von den Klägern erklärte Kündigung nicht aus formellen Gründen unwirksam. Das Berufungsgericht überspannt die Anforderungen, die gemäß § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB an die Angabe der Gründe für das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses zu stellen sind. 6 Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Zweck des Begründungserfordernisses in § 573 Abs. 3 BGB darin besteht, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (vgl. BT-Drucks. 6/1549, S. 6 f. zu § 564a Abs. 1 Satz 1 BGB aF). Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist daher grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend (Senatsurteile vom 17. März 2010 - VIII ZR 70/09, NZM 2010, 400 Rn. 8, sowie vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, NJW 2007, 2845 Rn. 23).

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird das Kündigungsschreiben der Kläger diesen Anforderungen gerecht. Denn darin ist ausgeführt, dass die zum damaligen Zeitpunkt im Ausland studierende Klägerin zu 2 Anfang des Jahres 2009 zur Fortsetzung ihres Studiums nach M. zurückkehren und in einem eigenen Hausstand leben wolle. Damit ist das berechtigte Interesse der Kläger an der Beendigung des Mietverhältnisses über die von der Beklagten bewohnte Einzimmerwohnung ausreichend dargelegt. Angaben zu der - früheren - Wohnsituation der Klägerin zu 2 bedurfte es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht. Ihr Interesse an der Wohnung der Beklagten ergibt sich daraus, dass sie von einem längeren Auslandsaufenthalt nach M. zurückkehrt und deshalb nunmehr eine Wohnung in M. benötigt. Die Wohnsituation der Klägerin zu 2 vor dem Auslandsaufenthalt ist für diesen nachvollziehbar dargelegten Erlangungswunsch offensichtlich ohne Bedeutung. 8 Im Übrigen kann dem Berufungsgericht auch nicht darin gefolgt werden, dass Umstände, die dem Mieter bereits zuvor mitgeteilt wurden oder ihm sonst bekannt sind, nochmals ausdrücklich im Kündigungsschreiben wiedergegeben werden müssen. Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Vermieter grundsätzlich auf Kündigungsgründe Bezug nehmen, die in einem früheren, dem Mieter zugegangenen Schreiben dargelegt sind; eine Wiederholung in der Kündigung selbst ist nicht erforderlich (Senatsurteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 74/10, NZM 2011, 275 Rn. 14). Entsprechendes gilt für den Fall, dass dem Mieter bestimmte für die Beurteilung einer Eigenbedarfskündigung bedeutsame Umstände - etwa die bisherige Wohnsituation der Eigenbedarfsperson - bereits bekannt sind. Derartige Angaben brauchen im Kündigungsschreiben nicht wiederholt zu werden; dies wäre eine sinnlose und durch berechtigte Interessen des Mieters nicht zu rechtfertigende Förmelei.

III.

Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen zum Kündi- 10 gungsgrund getroffen hat; die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer Vorinstanzen:

AG München, Entscheidung vom 07.07.2009 - 411 C 4159/09 -

LG München I, Entscheidung vom 24.11.2010 - 14 S 15600/09 -