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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 08.01.1959, Az.: VIII ZR 62/58

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 18. März 1958 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger schloß mit der Beklagten einen Mietvertrag über einen Laden, dessen Räumung er im gegenwärtigen Rechtsstreit verlangt. Der Vertrag wurde von den Parteien - nach vorangegangenen Verhandlungen - am 9. Juni und 24. Juli 1953 unterzeichnet. Nach § 4 des Vertrages war die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Mietvorauszahlung in Höhe von 40.000,- DM zu zahlen, deren Betrag später um 5.000,- DM erhöht ist. Die Zahlung sollte, drei Tage nach Obergabe des Ladens, dessen Fertigstellung zunächst für den 15. September, später für den 1. Dezember 1953 vorgesehen war, und nach Eintragung einer Sicherungshypothek in Höhe der Mietvorauszahlung erfolgen. Der Kläger war nach dem Vertrage verpflichtet, diese Hypothek "an bereitester Stelle" eintragen zu lassen.

Die Parteien streiten darüber, was unter "bereitester Stelle" zu verstehen ist.

Als der Vertrag abgeschlossen wurde, war der Kläger, der sich darin als Eigentümer des Grundstücks bezeichnet hat, noch nicht als solcher im Grundbuch eingetragen. Er hatte das Grundstück aber schon auf Grund notariellen Vortrages vom 27. April 1953 gekauft. Nach diesem mußte er die Grundstücksbelastungen in Höhe von 92.000,- DM übernehmen, dem Verkäufer eine Restkaufgeldhypothek in Höhe von 96.000,- DM bestellen und für ihn (zur Sicherung einer übernommenen Leibrente in Höhe von monatlich 1.500,- DM) eine Reallast eintragen lassen. Es war ihm jedoch die Eintragung von Hypotheken oder Grundschulden zu Gunsten von Bankinstituten und Versicherungsunternehmen bis zur Höhe von 400.000,- DM mit dem Range vor dem Restkaufgeld und der Reallast vorbehalten. Die Auflassung war gleichzeitig mit der Beurkundung des Kaufvertrages erfolgt. Ins Grundbuch eingetragen wurde der Kläger am 15. September 1953. Gleichzeitig wurden die Restkaufgeldhypothek und die Reallast eingetragen. Die Übernommenen Vorbelastungen in Höhe von 92.000,- DM wurden gelöscht. In Ausnutzung des Rangvorbehalts ließ der Kläger Bankhypotheken in Höhe von 365.000,- DM eintragen Hinter diesen Bankhypotheken, dem Restkaufgeld und der Reallast wurde für die Beklagte am 8. Dezember 1953 eine Sicherungshypothek in Höhe von 45.000,- DM eingetragen. Der Laden wurde ihr Anfang Dezember 1953 übergeben. Es ist streitig, ob er rechtzeitig zum 1. Dezember 1953 fertiggestellt worden ist.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 1953 hat sich die Beklagte mit der Begründung geweigert, die Mietvorauszahlung zu leisten, der Kläger habe weder den Laden am 1. Dezember 1953 in fertigem Zustande zur Verfügung gestellt, noch sei er seiner Verpflichtung, für sie eine Sicherungshypothek "an rangbereitester Stelle" eintragen zu lassen, nachgekommen. Darunter versteht die Beklagte eine Hypothek mit dem Range nur hinter den bei Abschluß des Mietvertrages bereits eingetragenen Belastungen, d.h. nach ihrer Auffassung mit dem Range vor den Erwerbskosten des Klägers und auch vor den zur Finanzierung des Baues aufgenommenen Bankhypotheken.

Nach einer ergebnislosen Verhandlung am 9. Dezember 1953 setzte der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 10. Dezember 1953, zugegangen dem Anwalt der Beklagten um 10 Uhr 45 Min., eine Frist zur Zahlung der 45.000,- DM bis abends 18 Uhr mit dem Bemerken, daß er nach deren Ablauf die Annahme der Leistung ablehne. Die Beklagte zahlte nicht. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 11. Dezember 1953 ihr gegenüber den Rücktritt vom Vertrage und forderte sie auf, den Laden bis zum 16. Dezember 1953 zu räumen.

Im Februar 1954 hat er Räumungsklage eingereicht. Er vertritt die Auffassung, mit "an bereitester Stelle" könne hier nach dem Wortlaut des Vertrages, nach den Vorverhandlungen und nach dem Verhalten der Beklagten bei und nach Vertragsabschluß nur eine Hypothek gemeint gewesen sein, wie er sie auf Grund seines Vertrages mit dem Voreigentümer und unter Berücksichtigung der Finanzierung des Baues durch auf Grund des Rangvorbehaltes einzutragende Bankhypotheken habe zur Verfugung stellen können.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers war zunächst erfolglos. Auf seine Revision ist jedoch das Urteil des Berufungsgerichts durch Urteil des erkennenden Senates vom 13. November 1956 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden. Dieses hat nunmehr die Beklagte zur Räumung verurteilt. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, erstrebt die Beklagte Wiederherstellung des ersten Berufungsurteils, hilfsweise hat sie den bereits im Berufungsverfahren gestellten Antrag wiederholt, ihr noch eine angemessene Räumungsfrist zu gewähren.

Entscheidungsgründe

I.Das Berufungsgericht kommt bei seiner Vertragsauslegung abschließend zu dem Ergebnis, auch die Beklagte habe die Vertragsklausel "an bereitester Stelle" ebenso wie der Kläger so verstanden, daß sowohl die für die Aufbaufinanzierung erforderlichen Baugeldhypotheken als auch die Rechte des Voreigentümers (Leibrente und Restkaufgeld) ihrer Sicherungshypothek im Range vorgehen sollten.

Das Berufungsgericht erwägt zunächst, im Regelfalle sei zwar unter "bereitester Stelle" die im Zeitpunkt der Vereinbarung bei Berücksichtigung der bisherigen Belastungen und nach den gesetzlichen Vorschriften als nächste in Frage kommende Rangstelle zu verstehen, im Einzelfalle könne dieser Klausel aber unter Zugrundelegung des Vertragsinhaltes und der offenbar gewordenen Umstände eine andere Bedeutung zukommen. Solche besonderen Umstände, die hier eine andere Auslegung geboten erscheinen lassen, stellt es fest.

Es geht davon aus, die Hypothek habe erst im Zusammenhange mit der Fälligkeit der Mietvorauszahlung, d.h. kurz nach Übergabe des Ladens, eingetragen werden sollen, und kommt zu dem Ergebnis, es sei im Vertrage gemeint, an "dann" (bei Eintragung) "bereitester Stelle". Das könne, so führt es aus, hier nur so verstanden werden, daß die inzwischen notwendig gewordenen und eingegangenen Baudarlehensverpflichtungen, die erfahrungsgemäß nur mit dem besten Range hypothekarisch gesichert werden könnten, und daß weiter auch die grundbuchlich zu sichernden Rechte des Voreigentümers der Sicherungshypothek der Beklagten vorgingen. Auf Grund der Beweisaufnahme und des Verhaltens der Beklagten nach Vertragsabschluß, insbesondere unter Berücksichtigung des Schriftwechsels, stellt es fest, auch diese habe die streitige Klausel in diesem Sinne verstehen müssen und auch tatsächlich so verstanden. Dabei verwertet es, daß nach den Aussagen der Zeugen, insbesondere des Zeugen W., bei den Vorverhandlungen sowohl über die Finanzierung (mit Bankgeldern) als auch über die Rechte des Voreigentümers (Leibrente und Restkaufgeld) gesprochen worden sei. Es stellt weiter ausdrücklich fest, dem Zeugen L. müsse von vornherein bewußt gewesen sein, die Beklagte habe eine Sicherungshypothek nur nach erheblichen Vorbelastungen erlangen können, sowie, daß diese auch zu der Zeit, als die Verhandlungen über die Erhöhung der Mietvorauszahlung (um 5.000,- DM) schwebten, damit gerechnet haben müßte, daß inzwischen (seit Vertragsabschluß) Belastungen im Grundbuch (für die für den Aufbau in Anspruch genommenen Bankkredite) eingetragen worden seien. Es führt aus, das gesamte Verhalten der Beklagten vor und nach Vertragsabschluß sei nur verständlich, wenn sie die Klausel "an bereitester Stelle" ebenso wie der Kläger verstanden habe, andernfalls würde sie sich durch vorherige Grundbucheinsicht und sonst um den Hang der Hypothek näher gekümmert haben.

II.Die Ausführungen des Berufungsgerichte, welche sich weitgehend auf tatsächlichem Gebiete bewegen und auch, weil sie die Auslegung eines Individualvertrages zum Gegenstand haben, einer Nachprüfung im Revisionsrechtszuge nur beschränkt zugänglich sind, enthalten keinen Rechtsirrtum zum Nachteil der Beklagten. Sie halten auch gegenüber den auf § 286 ZPO gestützten Verfahrensrügen der Revision einer Nachprüfung stand. Diese rügt zwar auch eine Verletzung der §§ 135, 157, 242, 320, 326 BGB. Ihre Ausführungen insoweit kommen aber weitgehend auf eine im Revisionsverfahren nicht zulässige anderweite Würdigung des dem Berufungsgericht unterbreiteten Sachverhaltes und eine ebenfalls hier nicht mögliche andere Auslegung eines Individualvertrages hinaus.

1.Die Revision rügt, abgesehen von dem Schreiben der Beklagten vom 8. Oktober 1953 habe das Berufungsgericht zu keinem der Schreiben aus dem umfangreichen Schriftwechsel der Parteien Stellung genommen und erwähnt dabei die Schreiben der Beklagten vom 20. August 1953, 16. Oktober 1953, 2. und 12. November 1953.

Die Rüge ist nicht begründet. Es liegt kein Anhalt dafür vor, daß das Berufungsgericht die erwähnten oder ein sonstiges Schreiben übersehen und deshalb nicht gewürdigt haben könnte. Die angeführten Schreiben sind im Tatbestand des Berufungsurteils ausnahmslos aufgeführt, teilweise sogar (Schreiben vom 20. August und 12. November 1953) wörtlich mitgeteilt. Das Berufungsgericht hat in seinen Entscheidungsgründen auch den gesamten Schriftwechsel der Parteien gewürdigt und ihm u.a. entnommen, daß darin die Sicherungshypothek und ihr Rang keine Erwähnung gefunden haben.

2.Es ist auch nicht richtig, daß das Berufungsgericht, wie die Revision rügt, aus dem Verhalten der Beklagten bei der Besprechung am 10. Oktober 1953 einen "Trugschluß" gezogen hat. Es hat nicht allein aus der Tatsache, daß die Beklagte nunmehr Kenntnis davon gehabt habe, die Hypothek sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetragen gewesen, gefolgert, für den Begriff "bereiteste Stelle" sei erst die bei der künftigen Bezahlung bereiteste Stelle maßgebend. Das ist für das Berufungsgericht nur eines mehrerer Beweisanzeichen. Die Revision irrt auch, wenn sie meint, das Berufungsgericht habe damit dem Kläger als Hypothekenbesteller das Recht zugebilligt, sein Grundstück "beliebig" zu belasten. Alsdann würde allerdings seine Verpflichtung, die Hypothek an bereitester Stelle zu bestellen, völlig entwertet sein und auch die Vereinbarung selbst jeden Sinn verloren haben. Das hat das Berufungsgericht jedoch nicht verkannt. Daß die Baufinanzierungskosten in jedem Falle im Range vorgehen sollten, hatte bereits das erste Berufungsurteil festgestellt, so daß der Streit praktisch nur noch darum ging, ob auch die Erwerbskosten des Klägers noch im Range vorgehen durften. Das Berufungsgericht hat jetzt beides bejaht. Damit ist aber der Rang der Rechte, die vorgehen durften und vorgehen sollten, genau umgrenzt. Diese Begrenzung hat der Kläger eingehalten. Er ist auch seiner Verpflichtung nachgekommen, die von ihm bei Kaufabschluß übernommenen Vorbelastungen (in Höhe von 92.000,- DM) löschen zu lassen.

3.Der festgestellte Sachverhalt bot auch keinen Anhalt für die Annahme, der Kläger habe verpflichtet sein sollen, den Rang der für die Beklagte einzutragenden Sicherungshypothek durch einen Rangvorbehalt (Vormerkung) zu ihren Gunsten zu sichern. Nach seinem Vertrage mit dem Voreigentümer war ihm nur gestattet, Hypotheken und Grundschulden zu Gunsten von Bankinstituten oder Versicherungsunternehmen im Range vor dem Restkaufgeld und der Reallast eintragen zu lassen. Dafür war aber auch noch Voraussetzung, daß es sich um zur Finanzierung des Baues aufgenommene Belastungen handelte. Was diese Baugelder anbelangt, so hat das Berufungsgericht festgestellt, daß sie nur mit dem besten Range gesichert werden können. Ein Rang vor ihnen kam damit für die Sicherungshypothek nicht in Betracht. Hinsichtlich der Belastungen für den Voreigentümer (Restkaufgeld und Leibrente = Reallast) ist festgestellt, daß die Beklagte auch diese als vorgehend in Kauf genommen hat.

4.Danach ist das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen, daß der Kläger nicht verpflichtet war, der Beklagten einen Hang vor den Belastungen für den früheren Grundstückseigentümer und den Bauhypotheken "offenzuhalten", was nach Lage der Sache in der Tat unmöglich gewesen wäre.

Dafür ist auch dem Schreiben der Beklagten vom 8. Oktober 1953 nichts zu ihren Gunsten zu entnehmen, wie die Revision meint. Ihre Rüge, es könne doch, wenn sie in diesem Schreiben zur Erleichterung der Finanzierung schon ihre Mietvorauszahlung (um 5.000,- DM) erhöht habe, nicht auch noch angenommen werden, sie habe außerdem in eine weitere Verschlechterung ihres Ranges im Grundbuch eingewilligt, geht ins Leere. Diese Folgerung hat das Berufungsgericht aus dem genannten Schriftstück nicht gezogen. Es hat es nur dahin gewertet, die Beklagte sei sich über die Erfordernisse einer Baufinanzierung (gemeint durch Aufnahme von Fremdgeldern) im klaren gewesen, und hat die Tatsache, daß weder in diesem noch in anderen Schreiben der Rang der Sicherungshypothek erwähnt ist, als ein Beweisanzeichen dafür angesehen, die Beklagte sei sich bewußt gewesen, Baufinanzierungshypotheken gingen ihrer Sicherungshypothek vor. Diese Würdigung lag im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens. Eine weitere Verschlechterung des Ranges der Sicherungshypothek der Beklagten kam nicht in Betracht; denn es blieb dabei, daß ihr außer den dinglich zu sichernden Erwerbskosten - mit Ausnahme der vom Kläger übernommenen, aber zu löschenden und auch gelöschten Vorbelastungen - nur Baugeldhypotheken vorgehen sollten.

5.Auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe bei seiner Auslegung, der Sicherungshypothek sollten nach dem Willen der Parteien nicht nur die Belastungen für die Aufbaufinanzierung, sondern auch die Erwerbskosten vorgehen, sonst nicht alle Umstände gewürdigt, greift nicht durch.

a)Davon, daß sich der Kläger im Mietvertrag schon als Eigentümer bezeichnet hat, obwohl er noch nicht als solcher im Grundbuch eingetragen war, geht das Berufungsgericht aus. Der festgestellte Sachverhalt ergibt aber auch, daß die Beklagte im Laufe des August 1953 von der Nichteintragung des Klägers Kenntnis erhalten hat, sowie daß dieser - genau den Bedingungen seines Vertrages mit seinem Rechtsvorgänger entsprechend - am 15. September 1953 im Grundbuch eingetragen worden ist. Daraus, daß der Kläger zunächst nicht eingetragen war, hat die Beklagte jedenfalls damals keine weiteren Folgerungen gezogen. Es ist auch nicht erkennbar, daß sie durch die verspätete Eintragung irgendwie schlechter gestellt ist und inwiefern diese Tatsache sonst vom Berufungsgericht gegen den Kläger hätte gewertet werden sollen; denn das Berufungsgericht hat festgestellt, der Zeuge L., der für die Beklagte die Verhandlungen geführt hat, sei schon vor Abschluß des Vertrages über die Rechte des Voreigentümers (Reallast und Restkaufgeld) unterrichtet worden.

b)Es liegt auch nichts dafür vor, daß das Berufungsgericht bei seiner Würdigung des Sachverhaltes und bei der Auslegung der streitigen Vertragsklausel übersehen und deshalb unberücksichtigt gelassen haben könnte, daß es sich um ein Trümmergrundstück gehandelt hat. Ein Erfahrungssatz, bei solchen Grundstücken könnten hohe Vorbelastungen und ein hoher Restkaufpreis nicht in Betracht kommen, besteht nicht. Daß Trümmergrundstücke in guter Geschäftslage in Großstädten als Bauplätze einen hohen Wert haben, ist dem Senat bekannt. Auch hier hat es sich - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - um ein wertvolles Grundstück gehandelt.

c)Es liegt auch kein Anhalt dafür vor, inwiefern der Zeuge L. in seiner Annahme, beim Kläger handele es sich um einen soliden Geschäftsmann, im Rahmen des hier getroffenen Mietvorauszahlungsabkommens getäuscht worden ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte das erhalten, was sie nach dem Vertrag erhalten sollte, nämlich ein Ladenlokal und eine Sicherungshypothek nach den Erwerbskosten des Klägers und nach den zur Finanzierung erforderlichen Bankhypotheken. Wie bereits an anderer Stelle hervorgehoben, ist der Kläger insbesondere seiner Zusage, die Vorbelastungen in Höhe von 92.000,- DM löschen zu lassen, nachgekommen. Der Bau hat sich zwar um etwas über 2 1/2 Monate verzögert (vom 15. September bis Anfang Dezember 1953). Das ist aber nichts Außergewöhnliches; auch haben sich die Parteien darüber verständigt. Daß das Grundstück vorübergehend unter Zwangsverwaltung gestanden hat, kann die Beklagte dem Kläger nicht zum Vorwurf machen; denn ihm haben immerhin die ihm von ihr zugesagten 45.000,- DM Mietvorauszahlung, mit denen er fest gerechnet hatte, gefehlt.

6.Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb es, wie die Revision meint, "unlogisch" sein soll, die Vertragsklausel "bereiteste Stelle" hier dahin zu verstehen, hinter den erforderlichen Bankbaugeldhypotheken und hinter den der Beklagten vor Vertragsabschluß bekanntgegebenen Rechten des Voreigentümers. Damit, daß sich dieser damit einverstanden erklären würde, - außer Baufinanzierungshypotheken auch noch Sicherungshypotheken für Mietvorauszahlungen den Vorrang einzuräumen, kann kein Mieter rechnen. Das gleiche gilt für Banken und Versicherungsgesellschaften, die Baugelder gewähren, weil solche Gelder, wie das Berufungsgericht feststellt, erfahrungsgemäß nur mit dem besten Rang hypothekarisch gesichert werden.

7.Ebensowenig ist der Vorwurf begründet, das Berufungsgericht habe die Möglichkeit, ein Ruinengrundstück ohne Kaufgeldhypothek und ohne Reallast durch Barzahlung zu kaufen, und eine Vertragspflicht zur Bestellung einer Hypothek an bereitester Stelle durch einen Rangvorbehalt zu sichern, gar nicht gesehen.

Es stellt fest, der Zeuge L. habe von den Rechten des Voreigentümers vor Vertragsabschluß Kenntnis erhalten. Damit war ihm bekannt, daß der Kläger das Grundstück gerade nicht bar bezahlt hatte. Im übrigen geht das Berufungsgericht erkennbar davon aus, daß die Eintragung eines Rangvorbehaltes für die Sicherungshypothek der Beklagten nicht Vertragsinhalt geworden ist. Dadurch wäre es dem Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unmöglich gemacht, von Banken oder Versicherungen Baugelder zu bekommen, weil diese die ersten Stellen beanspruchten.

Ob eine andere Auslegung geboten gewesen sein könnte, wenn die Beklagte die Mietvorauszahlung schon vor der Fertigstellung des Ladens hätte leisten müssen, wie es in vielen Fällen vereinbart wird, eine Vereinbarung, die dem Mieter ein erhebliches Risiko aufbürdet, kann dahingestellt bleiben; denn die Beklagte war erst drei Tage nach Obergabe des Ladens zur Zahlung verpflichtet, so daß sie auf jeden Fall, wie der Senat in seinem früheren Urteil vom 13. November 1956 auf Seite 18 ausgeführt hat, weitgehend gesichert, allerdings nicht ohne jedes Interesse an einer weiteren Sicherung durch die Hypothek war.

III.War aber die Klausel "bereiteste Stelle" im § 4 des Mietvertrages so auszulegen, wie sie das Berufungsgericht ausgelegt hat, dann ist die Beklagte nach seinen weiteren Feststellungen auch mit der Zahlung der vereinbarten Mietvorauszahlung in Verzug gekommen; denn die für sie eingetragene Sicherungshypothek hatte unstreitig den danach in Betracht kommenden Rang, auch liegen sonstige Gründe, die ihren Verzug ausschließen könnten, nicht vor.

1.Zur Frage, ob der Beklagten etwa wegen nicht rechtzeitiger Fertigstellung des Ladens zum 1. Dezember 1953 ein Leistungsverweigerungsrecht hätte zugebilligt werden können, hat das Berufungsgericht ausgeführt, insoweit komme es lediglich auf den Zustand der Räume am 9./10. Dezember 1953 an. Zu dieser Zeit wären aber auch dann, wenn man ihren Vortrag über den Stand der Arbeiten nach dem 1. Dezember 1953 als richtig unterstelle, nur noch Geringfügigkeiten zu ergänzen gewesen. Diese schlössen ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 Abs. 2 BGB aus, zumal die Beklagte den Laden auch noch habe einrichten müssen. Dabei hebt das Berufungsgericht ausdrücklich hervor, es sei nicht ersichtlich, daß sich die Geschäftseröffnung etwa infolge der nicht rechtzeitigen gänzlichen Fertigstellung verzögert habe.

Diese weitgehend auf tatsächlichem Gebiete liegenden Ausführungen enthalten keinen Rechtsirrtum zum Nachteil der Beklagten. Die Revision hat insoweit auch Angriffe im einzelnen nicht erhoben.

2.a)Das Berufungsgericht führt aus, ein nach § 285 BGB den Verzug der Beklagten ausschließender Umstand könne nicht festgestellt werden, und zwar weder hinsichtlich der Frage der nicht rechtzeitigen Fertigstellung der Räume als auch in der Frage des richtigen Ranges der Sicherungshypothek. Dazu legt es dar, seiner Überzeugung nach habe ein Rechtsirrtum überhaupt nicht vorgelegen; im übrigen befreie ein solcher Irrtum aber auch nur dann vor den Verzugsfolgen, wenn der Schuldner ohne Fahrlässigkeit mit einer abweichenden Beurteilung durch die Gerichte nicht habe zu rechnen brauchen. Mit einer anderen Beurteilung beider Streitpunkte habe hier die Beklagte aber in jedem Falle rechnen müssen.

b)Auch diese Ausführungen enthalten keinen Rechtsirrtum zum Nachteil der Beklagten. Es kam hier wesentlich auf eine Auslegung und Würdigung der Parteivereinbarungen und des Parteiverhaltens an. Es war das Risiko der Beklagten, wenn sie ihre Auslegung als die allein mögliche angesehen hat.

Der Revision ist auch nicht darin zu folgen, ein Verschulden der Beklagten sei schon deshalb auszuschließen, weil sowohl das Landgericht als auch das erste Berufungsurteil ihren rechtlichen Standpunkt hinsichtlich des Begriffs "bereiteste Stelle" geteilt hätten. Wie vom Berufungsgericht zutreffend angenommen ist, handelt es sich nicht um die Beurteilung einer reinen Rechtsfrage, bei deren Beurteilung der Beklagten ein unverschuldeter Rechtsirrtum (vgl. BGH Urt. v. 9. Februar 1951 - I ZR 55/50 -, LM BGB § 285 Nr. 1) unterlaufen sein könnte. Das erste Berufungsurteil ist aufgehoben, weil das Berufungsgericht im Rahmen des Vorbringens der Parteien nicht alle Möglichkeiten erschöpft habe, um klarzustellen, ob die beiderseitigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen unter Berücksichtigung des sonstigen Verhaltens der Parteien vor, bei und nach Vertragsabschluß dahin ausgelegt werden müßten, daß - außer den Baugeldhypotheken - auch die Erwerbskosten des Klägers der Sicherungshypothek der Beklagten noch im Range vorgehen sollten. Nachdem das Berufungsgericht auf Grund der erneuten Verhandlung zu der Feststellung gekommen ist, auch die Beklagte habe die Vertragsklausel "an bereitester Stelle" früher ebenso wie der Kläger verstanden, kann die Beklagte nicht geltend machen, sie habe nach ihrem Einzuge ohne Verschulden einen anderen Standpunkt eingenommen. Denn das Ergebnis des zweiten Berufungsurteils beruht überwiegend nicht auf Gesichtspunkten, die es außerhalb der Vertragsverhandlungen der Parteien herangezogen hat, sondern entscheidend auf der Würdigung von Umständen, die im Kenntnisbereich der Parteien selbst zur Zeit des Vertragsschlusses lagen.

3.Nicht rechtsirrig sind auch die Ausführungen des Berufungsgerichts, das Schreiben des Anwaltes des Klägers habe auf jeden Fall eine angemessene Frist zur Nachholung der Leistung der Mietvorauszahlung in Lauf gesetzt. Dazu legt es dar, es liege nichts dafür vor, daß der Kläger die gesetzte Frist absichtlich so kurz bemessen habe, um auf jeden Fall einen Rücktrittsgrund herbeizuführen, und geht davon aus, die angemessene Frist sei unter allen Umständen im Augenblick der Zustellung der Klagschrift (am 1. März 1954), die es als Rücktrittserklärung würdigt, abgelaufen gewesen.

Auch insoweit hat die Revision Angriffe im einzelnen nicht erhoben.

IV.Darauf, ob der Kläger sein Räumungsbegehren auf sonstige Rechtsgründe stützen könnte, kommt es nicht mehr an, weil, wie der Senat im einzelnen in seinem früheren Revisionsurteil ausgeführt hat, der Rücktritt des Klägers vom Mietvertrag bei Verzug der Beklagten mit der Leistung der hier vereinbarten "Mietvorauszahlung" gerechtfertigt ist. Verzug insoweit hat das Berufungsgericht aber wie zu II und III dargelegt ist, ebenso rechtsirrtumsfrei wie den Ablauf einer angemessenen Nachfrist festgestellt. Die Beklagte muß deshalb den Laden an den Kläger herausgeben, weil der Mietvertrag durch den Rücktritt des Klägers aufgelöst ist.

V.Die Revision der Beklagten ist hiernach mit Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht kein Anlaß, dem bereits im Berufungsverfahren gestellten und im Revisionsrechtszuge wiederholten Antrage der Beklagten, ihr eine Räumungsfrist zu gewähren, stattzugeben, weil die Beklagte seit langem mit dem Rechtskräftigwerden ihrer Verurteilung zur Räumung rechnen mußte und sich darauf hätte vorbereiten können.