Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 04.10.2007, Az.: X ZR 156/05
Tenor
Das Ablehnungsgesuch wird zurückgewiesen.Entscheidungsgründe
I. Die Beklagte ist Inhaberin des ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Spritzgießen gasgefüllter Kunststoffhohlkörper betreffenden deutschen Patents 39 13 109 (Streitpatents). Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent auf die Klage der Klägerin für nichtig erklärt. Im Berufungsverfahren hat der Senat Prof. Dr.-Ing. S. , den Inhaber des Lehrstuhls für Kunststofftechnik der Universität , zum gerichtlichen Sach- verständigen bestellt. Der Sachverständige hat am 4. Mai 2007 sein schriftliches Gutachten vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2007 hat die Klägerin beantragt, den gerichtlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.
II. Das Ablehnungsgesuch ist unbegründet.
Ein Sachverständiger kann nach § 406 ZPO, der auch im Patentnichtigkeitsverfahren anwendbar ist, abgelehnt werden, wenn hinreichende objektive Gründe vorliegen, die in den Augen einer vernünftigen Partei geeignet sind, Zweifel an seiner Unparteilichkeit zu wecken (Sen.Beschl. v. 4.12.2001 - X ZR 199/00, GRUR 2002, 369 - Sachverständigenablehnung; st. Rspr.). Dafür kommt es nicht darauf an, ob der gerichtlich beauftragte Sachverständige parteiisch ist oder ob das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hegt. Maßgeblich ist vielmehr, ob für die das Ablehnungsgesuch anbringende Partei der Anschein nicht vollständiger Unvoreingenommenheit besteht. Dies kann unter anderem in Betracht kommen, wenn der Sachverständige in einem aktuellen Mandatsverhältnis zu den Prozessbevollmächtigten des Prozessgegners oder in näherer Beziehungen zu einer der Parteien steht oder stand (BGH GRUR 2002, 369 - Sachverständigenablehnung; Beschl. v. 13.1.1987 - X ZR 29/86, GRUR 1987, 350 - Werkzeughalterung). Dem von der Klägerin vorgebrachten Sachverhalt sind derartige objektive, vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus beachtliche Gründe nicht zu entnehmen.
Die Klägerin hat das Gesuch damit begründet, dass ihr am 19. Juni 2007 zur Kenntnis gelangt sei, dass der gerichtliche Sachverständige in seiner früheren Eigenschaft als Inhaber der Professur für Kunststoff-Werkstofftechnik der und Mitglied der Leitung des Instituts für Kunststoffverarbeitung (IKV) dieser Hochschule von der Beklagten in Forschung und Lehre mit wesentlichen Beiträgen unterstützt worden sei. 2004 habe die Beklagte dem IKV eine Zweikomponenten-Injektions- spritzmaschine von erheblichem Wert übergeben. Mitarbeiter sowie der frühere Geschäftsführer der Beklagten, der auch am IKV promoviert worden sei, hätten als Referenten bzw. Moderatoren an von dem Sachverständigen geleiteten wissenschaftlichen Veranstaltungen teilgenommen. Ferner seien die Beklagte und der gerichtliche Sachverständige, der auch in seiner jetzigen Position an Maschinen der Beklagten forsche, über gemeinsame Forschungsprojekte miteinander verbunden (gewesen).
Der gerichtliche Sachverständige hat demgegenüber erklärt, dass er als Kunststofftechniker Verfahren und Maschinenkonzepte aus dem Bereich der Kunststoffverarbeitung erforsche und sich daher selbstverständlich mit der Technik der Beklagten (wie auch der Klägerin) befasse. Es sei unzutreffend, dass er von der Beklagten mehrfach unterstützt worden sei und eine langjährige intensive Geschäftsbeziehung bestehe. Die Gerätschaften der Beklagten an der seien ausschließlich durch seinen dortigen Vorgänger be- schafft und zum größten Teil käuflich erworben worden. Auch die Dissertation des früheren Geschäftsführers der Beklagten sei nicht von ihm betreut worden.
Hiernach ist eine berufliche Beziehung des Sachverständigen zu der Beklagten, die Anlass zur Besorgnis der Befangenheit geben könnte, nicht glaubhaft gemacht. Der Umstand, dass sich der Sachverständige mit Maschinen der Beklagten (wie nach seiner Erklärung auch der Klägerin) befasst, reicht hierfür nicht aus, da dies zum Arbeitsfeld des gerichtlichen Sachverständigen gehört und wesentlich für seine gerade auch für das Nichtigkeitsverfahren relevante Kompetenz auf dem betreffenden Fachgebiet ist. Nach der der Beurteilung zugrunde zu legenden Erklärung des Sachverständigen sind auch im Übrigendie beruflichen Kontakte des Sachverständigen zur Beklagten, deren gesetzlichen Vertretern und Mitarbeitern nicht über dasjenige hinausgegangen, was im Rahmen eines üblichen Austausches zwischen Wissenschaft und Praxis liegt und in den Augen einer vernünftigen Partei keinen Anlass geben kann, die Unbefangenheit des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen.
Melullis Scharen Mühlens Meier-Beck Gröning Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 02.08.2005 - 4 Ni 25/03 -