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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 22.04.2008, Az.: XI ZB 20/07

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 5. Juli 2007 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis zu 300 €.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klägerin, eine in K. ansässige Bank, hat den Beklagten vor dem Landgericht K. auf Zahlung, hilfsweise auf Feststellung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat den Zahlungsantrag abgewiesen, dem Feststellungsantrag stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits zu 56% der Klägerin sowie zu 44% dem Beklagten auferlegt. Die Klägerin ist von in H. ansässigen Rechtsanwälten vertreten worden, die sie mangels eigener Rechtsabteilung ständig mit der Bearbeitung sämtlicher Rechtsangelegenheiten beauftragt. Sie hat zum Kostenausgleich u.a. Reisekosten und Abwesenheitsgelder ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 407,86 € angemeldet.

Das Landgericht hat die Berücksichtigung dieser Kosten abgelehnt. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

II.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Beauftragung auswärtiger Rechtsanwälte sei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung i.S. des § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO nicht erforderlich gewesen. Eine vernünftige, kostenbewusste Partei, die am eigenen Sitz klagen wolle, beauftrage einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt. Dieser könne das Prozessgericht leicht erreichen und jederzeit problemlos persönlichen Kontakt zu seiner Partei halten. Diese Gesichtspunkte hätten das gleiche Gewicht wie ein besonderes Vertrauensverhältnis, das aus einer ständigen Zusammenarbeit einer Partei mit einem auswärtigen Rechtsanwalt erwachsen sei.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.

a) Die Reisekosten und Abwesenheitsgelder des Prozessbevollmächtigten der Klägerin sind nicht erstattungsfähig, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts, der zwar beim Prozessgericht auftreten kann, dort aber nicht zugelassen ist, ist zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung grundsätzlich nicht notwendig, wenn die Partei - wie hier - in ihrem eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird (BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 und vom 22. Februar 2007 - VII ZB 93/06, NJW-RR 2007, 1071, 1072 Tz. 10; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 91 Rdn. 139; MünchKomm/Giebel, ZPO 3. Aufl. § 91 Rdn. 54 f.; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO 28. Aufl. § 91 Rdn. 22; Karczewski MDR 2005, 481, 484 f.).

Die Rechtsbeschwerde macht demgegenüber geltend, die Klägerin lasse sich ständig in allen Rechtsangelegenheiten von ihren in H. ansässigen Prozessbevollmächtigten beraten und vertreten, und meint, die Verneinung der Erstattungsfähigkeit der dadurch verursachten Kosten unterlaufe den Grundsatz der freien Rechtsanwaltswahl, dem durch den Wegfall des Lokalisationsprinzips und der Singularzulassung der Berufungsanwälte Geltung verschafft worden sei. Dieser Einwand greift nicht durch. Das Interesse, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens vertreten zu lassen, erlaubt es einer Partei nicht, ohne kostenrechtliche Nachteile einen auswärtigen Rechtsanwalt mit ihrer gerichtlichen Vertretung unabhängig davon zu beauftragen, wie weit dessen Kanzlei von ihrem Wohn- oder Geschäftssitz und dem Gerichtsort entfernt ist. Erstattungsfähig sind grundsätzlich nur die Kosten eines Prozessbevollmächtigten, die aus einem - im vorliegenden Fall nicht gegebenen - Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts- oder Wohnsitz einer Partei andererseits entstehen (BGH, Beschlüsse vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03, NJW-RR 2004, 858, 859 und vom 22. Februar 2007 - VII ZB 93/06, NJW-RR 2007, 1071, 1072 Tz. 11). Die Bedeutung, die das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant für die Regelung der Singularzulassung von Rechtsanwälten bei den Oberlandesgerichten hatte (vgl. BVerfGE 103, 1, 16), rechtfertigt ebenso wenig eine andere Beurteilung wie der Umstand, dass eine Partei sich gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO vor dem Landgericht durch jeden bei einem Amtsgericht oder Landgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen kann (BGH, Beschluss vom 22. Februar 2007 - VII ZB 93/06, NJW-RR 2007, 1071, 1072 Tz. 12).

b) Besondere Gegebenheiten, die die Einschaltung ihrer auswärtigen Prozessbevollmächtigten erforderlich machten, etwa die Erforderlichkeit einer Spezialisierung auf einem Rechtsgebiet, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Allein ihre ständige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den beauftragten Rechtsanwälten, ihren Hausanwälten, reicht nicht aus, deren kostenträchtige Mandatierung als notwendig erscheinen zu lassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 f. und vom 22. Februar 2007 - VII ZB 93/06, NJW-RR 2007, 1071, 1072 Tz. 13).

3. Die Rechtsbeschwerde war demnach als unbegründet zurückzuweisen.

Nobbe Müller Joeres Mayen Grüneberg Vorinstanzen:

LG Kiel, Entscheidung vom 13.03.2007 - 2 O 455/04 -

OLG Schleswig, Entscheidung vom 05.07.2007 - 9 W 51/07 -