Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 05.05.1992, Az.: XI ZR 242/91
Tenor
Auf die Revision der Klägerin und die AnschluÃrevision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 1. Oktober 1991 aufgehoben, soweit die Klage abgewiesen und soweit die Beklagte verurteilt worden ist, mehr als 8.690,64 DM nebst 4% Zinsen seit dem 29. Februar 1988 an die Klägerin zu zahlen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die beklagte V.bank gewährte der Klägerin, einer kaufmännischen Angestellten, ein Darlehen für eine inzwischen wertlose Beteiligung an der "Anlagenprogramm Gesellschaft bürgerlichen Rechts" (Anlagen GbR). Die Klägerin bestreitet die Wirksamkeit des Darlehensvertrages und nimmt die Beklagte wegen Verletzung von Aufklärungspflichten auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Anlagen GbR diente ihrem Initiator B. zur Akquisition kreditfinanzierter Anlagegelder. B. hatte zu diesem Zweck das "Null-Einsatz-Vorsorge-Programm" entwickelt, das er als zusätzliche Altersversorgung anbieten lieÃ. Das Programm sah die Aufnahme eines Kredits durch den Kunden und Einlage des Kreditbetrages in die Anlagen GbR vor. Getilgt werden sollte der Kredit mit Hilfe einer anzusparenden Kapitallebensversicherung, die der Kunde auf zwölf Jahre abzuschlieÃen und an die kreditgebende Bank abzutreten hatte. Die anfallenden Kreditzinsen und Versicherungsbeiträge sollten aus Erlösen bezahlt werden, die aus der Anlage der Darlehensvaluta vor allem in Zerobonds sowie aus der Spekulation mit Aktienindexoptionen an US-amerikanischen Börsen erzielt werden sollten. Nach Fälligkeit der Lebensversicherung und Tilgung des Darlehens sollte nach einem Werbeprospekt jedem Kunden in Form des Gesellschaftsanteils und des Lebensversicherungsbonus ohne Aufwand eigener Mittel Eigen-kapital in Höhe von ca. 140% des eingesetzten Darlehens zur Verfügung stehen.
In Vorbereitung der Akquisition vereinbarte B. im Februar 1986 mit der Beklagten die Vermittlung von Kreditkunden nach Vorprüfung der Kreditfähigkeit gegen Zahlung einer Provision in Höhe von 1% des Darlehensbetrages. Die durch eine Kapitallebensversicherung zu tilgenden Pestkredite sollten von der Beklagten zu 8,5% Zinsen bei 98% Auszahlung vergeben und die Valuta auf einem bei ihr eingerichteten Konto gutgeschrieben werden, über das B. allein verfügen konnte. Die anfallenden Kreditzinsen sollten von diesem Konto vierteljährlich abgebucht werden, während die Bezahlung der Lebensversicherungsprämien durch B. direkt mit der Versicherung geregelt werden sollte. Sämtlicher Schriftverkehr zu den Kreditverträgen sollte mit der Anlagen GbR geführt werden.
Im März 1986 nahm die Klägerin bei der Beklagten ein von ihrem Ehemann verbürgtes Darlehen über 50.000 DM zu den vorgenannten Bedingungen auf, trat mit einem Einlagebetrag von 49.000 DM (98% von 50.000 DM) abzüglich 2% Agio der Anlagen GbR bei und schloà unter Abtretung ihrer Ansprüche an die Beklagte eine Kapitallebensversicherung über 40.000 DM ab. Die vereinbarungsgemäà auf dem Konto "B. + Partner" gutgeschriebene Darlehensvaluta wurde alsbald von B. veruntreut
Da die Anlagen GbR weder die anfallenden Kreditzinsen noch die Lebensversicherungsbeiträge zahlte, kündigte die Beklagte das Darlehen mit Schreiben vom 10. Juli 1986 und verlangte Rückzahlung zuzüglich aufgelaufener Zinsen bis zum 30. Juli 1986. Zur Ablösung des geforderten Betrages zahlte die Klägerin im Februar und. März 1988 insgesamt 66.848,73 DM an die Beklagte.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Erstattung der geleisteten Zahlungen zuzüglich Zinsen. Neben einem Schadensersatzanspruch macht sie geltend, der Darlehensvertrag sei wegen VerstoÃes gegen § 134 BGB i.V. mit § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO nichtig, da sie für das "Null-Einsatz-Vorsorge-Programm" unter Aufnahme eines Darlehens auÃerhalb der Geschäftsräume der Beklagten geworben worden sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr nur in Höhe von 12.106,50 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte begehrt im Wege der AnschluÃrevision, das Berufungsurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit sie zur Zahlung von mehr als 8.690,64 DM zuzüglich 4% Zinsen seit dem 29. Februar 1988 verurteilt worden ist.
Entscheidungsgründe
Die Revision und die AnschluÃrevision haben Erfolg; sie führen im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
A.Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Begründet sei die Klage gemäà § 812 BGB nur in Höhe von 12.106,50 DM nebst Zinsen. Die Beklagte habe bei der Abrechnung des Darlehens überhöhte Zinsen in Ansatz gebracht. Nach dessen Fälligstellung zum 30. Juli 1986 habe die Beklagte nur Verzugszinsen in Höhe von 4% beanspruchen können.
Der Vertrag über das abgelöste Darlehen sei wirksam, selbst wenn er verbotenerweise im Reisegewerbe vermittelt worden sein sollte. Ein Verstoà gegen §§ 55, 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO führe nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zur Nichtigkeit, wenn das Darlehen der Finanzierung des Beitritts zu einer Abschreibungsgesellschaft diene und der Darlehensnehmer damit in erster Linie steuerliche Vergünstigungen erstrebe. Entsprechendes müsse mangels Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des betreffenden Personenkreises gelten, wenn mit dem Darlehen, wie hier, die Beteiligung an der Spekulation mit Indexoptionen finanziert werden solle. Der Darlehensvertrag sei auch nicht wegen eines MiÃverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung sittenwidrig. Die Gesamtbelastung der Klägerin durch Kreditzinsen und Lebensversicherungsprämien dürfe nicht an den marktüblichen Belastungen eines Ratenkredits gemessen werden, da das Darlehen kein Verbraucherkredit sei.
Ein Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungspflichtverletzung stehe der Klägerin nicht zu. Auf die Verletzung einer Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über die wirtschaftlichen Risiken des Anlageprogramms komme es nicht an, weil sich diese nicht verwirklicht hätten. Realisiert habe sich die Gefahr einer Veruntreuung des Einlagebetrages durch B. Dafür hafte die Beklagte nicht, da sie für das "Null-Einsatz-Vorsorge-Programm" nicht als Anlagenvermittlerin oder -beraterin, sondern ausschlieÃlich als Darlehensgeberin aufgetreten sei, als solche keine Pflicht zur Warnung der Kunden gehabt habe und B. bei Empfangnahme der Darlehensvaluta nicht ihr Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfe gewesen sei.
B.Diese Beurteilung hält der rechtlichen Ãberprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
I. Revision der Klägerin
1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht offengelassen, ob der Darlehensvertrag verbotenerweise im Reisegewerbe vermittelt worden ist.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt ein Verstoà gegen § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO bei vor Inkrafttreten des Haustürwiderrufsgesetzes am 1. Mai 1986 abgeschlossenen Darlehensverträgen zur Nichtigkeit (BGHZ 71, 358, 360 ff. [BGH 22.05.1978 - III ZR 153/76]; Senatsurteilevom 22. Januar 1991 - XI ZR 111/90, WM 1991, 313 undvom 26. November 1991 - XI ZR 115/90, WM 1992, 8, 9). Anders hat der III. Zivilsenat nur bei Darlehen entschieden, mit denen der Beitritt des Darlehensnehmers zu einem steuersparenden Kapitalanlagemodell finanziert werden sollte (BGHZ 93, 264, 267 ff.) [BGH 17.01.1985 - III ZR 135/83]. Der Versuch des Berufungsgerichts, diese Ausnahme auf Darlehen zur Spekulation mit Indexoptionen auszudehnen, ist abzulehnen. Die Begründung, mit der der III. Zivilsenat bestimmten Kapitalanlegern den zivilrechtlichen Schutz des S 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO verwehrt hat, paÃt hier nicht.
Die Schutzbedürftigkeit von Personen, die zur Beteiligung an Optionsgeschäften Darlehen aufnehmen, kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht generell verneint werden. Anders als bei Anlegern, die Steuervorteile erstreben, kann bei solchen Personen nicht davon ausgegangen werden, daà sie über ein höheres Einkommen verfügen und in der Regel wirtschaftlich und rechtsgeschäftlich nicht unerfahren sind. Zur Beteiligung an risikoreichen Optionsgeschäften werden von gewerblichen Anlagevermittlern durchaus auch wirtschaftlich wenig erfahrene Durchschnittsverdiener wie die Klägerin, eine kaufmännische Angestellte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von etwa 1.600 DM, veranlaÃt. Auch mit Rücksicht darauf hat der Bundesgerichtshof für Optionsvermittler weitreichende vorvertragliche Aufklärungspflichten für gegeben erachtet (vgl. BGHZ 80, 80, 81 f. [BGH 16.02.1981 - II ZR 179/80]; 105, 108, 110 ff. [BGH 11.07.1988 - II ZR 355/87]; BGH, Urteil vom 6. Juni 1991 - 111 ZR 116/90, WM 1991, 1410 f.; Senatsurteilevom 27. November 1990 - XI ZR 115/89, WM 1991, 127, 128 undvom 17. März 1992 - XI ZR 204/91, WM 1992, 770, 771).
Ãberdies ging es der Klägerin bei der Darlehensaufnahme, wie die Revision mit Recht hervorhebt, vorrangig nicht um eine Beteiligung an Optionsgeschäften, sondern um die Teilnahme an dem "Null-Einsatz-Vorsorge-Programm". Dieses als zusätzliche Altersversorgung angepriesene Programm erschien, weil der Einsatz eigener Mittel nicht gefordert und das hohe Risiko verschleiert wurde, insbesondere für finanziell minderbemittelte, wirtschaftlich wenig erfahrene Kunden attraktiv. Gerade solche Kunden will § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO vor einer Beeinträchtigung ihrer EntschlieÃungsfreiheit durch Ãbereilung, Irreführung oder zudringliches Verhalten reisegewerbetreibender Darlehensvermittler bewahren (vgl. BGHZ 71, 358, 361 [BGH 22.05.1978 - III ZR 153/76]; 93, 264, 269) [BGH 17.01.1985 - III ZR 135/83].
Die Nichtigkeit gemäà §§ 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO, 134 BGB beschränkt sich nicht auf den Vertrag mit dem Vermittler, sondern ergreift auch den vermittelten Darlehensvertrag, selbst wenn er erst nach weiteren Verhandlungen abgeschlossen wird, bei denen nicht mehr gegen § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO verstoÃen wurde (BGHZ 71, 358, 362 f.) [BGH 22.05.1978 - III ZR 153/76]. MaÃgebend ist, daà der Darlehensvertragsschluà auf die Tätigkeit des Vermittlers zurückgeht(Senatsurteil vom 26. November 1991 - XI ZR 115/90, WM 1992, 8, 9).
b) Für die Entscheidung über die Nichtigkeit des Darlehensvertrages nach §§ 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO, 134 BGB kommt es somit auf die vom Berufungsgericht offengelassene Frage an, ob der Darlehensvertrag im Reisegewerbe vermittelt worden ist. Insoweit bedarf es tatrichterlicher Feststellungen insbesondere dazu, ob die Klägerin auÃerhalb der Geschäftsräume des Zeugen B. und der Beklagten ohne vorhergehende Bestellung von einem Vermittler für eine Beteiligung an dem Vorsorge-Programm unter Aufnahme eines Darlehens bei der Beklagten geworben worden ist.
2. Die Nichtigkeit des Darlehensvertrages gemäà § 138 Abs. 1 BGB hat das Berufungsgericht dagegen zu Recht verneint. Ein auffälliges MiÃverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung liegt angesichts des festgestellten effektiven Jahreszinses von 9,07% im März 1986 nicht vor. Anders als die Revision meint, ist insoweit nicht die Gesamtbelastung der Klägerin durch Kreditzinsen und Lebensversicherungsprämien zu berücksichtigen. Auf diese Belastung hat der Senat bisher unter bestimmten weiteren Voraussetzungen nur bei Krediten abgestellt, mit denen der persönliche Konsum von Gütern oder Dienstleistungen finanziert oder Vorkredite, die diesem Zweck dienten, abgelöst werden sollten (BGHZ 111, 117, 120) [BGH 03.04.1990 - XI ZR 261/89]. Um ein solches mit einem marktüblichen Ratenkredit vergleichbares Darlehen, handelt es sich hier nicht. Eine undifferenzierte Ausdehnung der Senatsrechtsprechung auf Kredite zur Finanzierung von Beteiligungen an Altersvorsorgemodellen, wie sie die Revision befürwortet, ist abzulehnen. Jedenfalls dann, wenn die Beteiligung an einem solchen ohne Mitwirkung der kreditgebenden Bank entwickelten Modell - wie hier - den Abschluà gerade eines Festkredit- und eines Kapitallebensversicherungsvertrages voraussetzt, ist ein solcher Kredit aus der Sicht des Kreditnehmers, auf die es insoweit entscheidend ankommt {Senatsurteile BGHZ 111, 117, 121 [BGH 03.04.1990 - XI ZR 261/89] undvom 4. Dezember 1990 - XI ZR 340/89, WM 1991, 179, 180), mit einem Ratenkredit nicht vergleichbar und darf deshalb im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB daran nicht gemessen werden.
3. Mit Rechtsfehlern behaftet sind demgegenüber die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Aufklärungspflichten durch die Beklagte verneint hat.
a) Zu Recht wendet sich die Revision gegen die Ansicht, auf die Verletzung einer solchen Pflicht in bezug auf die wirtschaftlichen Risiken des Anlageprojekts komme es nicht an, da sich diese nicht verwirklicht hätten. Liegt eine Aufklärungspflichtverletzung vor, so ist aufgrund der Kausalitätsvermutung, die dem Aufklärungsberechtigten zugute kommt (st.Rspr.; vgl. BGHZ 61, 118, 122 [BGH 05.07.1973 - VII ZR 12/73]; Senatsurteilevom 27. November 1990 - XI ZR 115/89, WM 1991, 127, 130 undvom 17. März 1992 - XI ZR 204/91, WM 1992, 770, 773), davon auszugehen, daà sich die Klägerin an dem Anlagemodell nicht beteiligt und deshalb keinen Schaden erlitten hätte.
Dieser Schaden liegt, anders als das Berufungsgericht offenbar annehmen möchte, nicht auÃerhalb des Schutzbereichs der angesprochenen Pflicht. Wer einen Anlageinteressenten über die wirtschaftlichen Risiken eines Modells umfassend und nicht lediglich hinsichtlich eines bestimmten Einzelpunkts aufzuklären hat, haftet grundsätzlich für alle mit einer nachteiligen Anlageentscheidung verbundenen Schäden(Senatsurteil vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, WM 1992, 133, 135 m.w.Nachw., für BGHZ bestimmt;Senatsurteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91, Urteilsumdruck S. 13, zur Veröffentlichung bestimmt), auch solche aus Untreuehandlungen des Modellinitiators. Das gilt schon deshalb, weil der Schaden nicht erst mit der Veruntreuung der Darlehensvaluta, sondern bereits mit Abschluà des Darlehensvertrages zur Beteiligung am "Null-Einsatz-Vorsorge-Programm" eingetreten ist (vgl. Senatsurteilevom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1049 und vom 6. Februar 1990 - XI ZE 184/88, WM 1990, 462, 464 [BGH 06.02.1990 - XI ZR 184/88]; BGH, Urteil vom 16. Januar 1991 - VIII ZR 14/90, WM 1991, 695, 698).
b) Die Verneinung einer Haftung der Beklagten mit der Begründung, die Beklagte sei der Klägerin gegenüber ausschlieÃlich als Darlehensgeberin und nicht als Anlagevermittlerin oder -beraterin aufgetreten, hält der Ãberprüfung ebenfalls nicht stand. Das Berufungsgericht hat insoweit, wie die Revision mit Recht rügt, wesentliche Umstände des Falles nicht berücksichtigt oder deren Bedeutung verkannt. Es hat deshalb rechtsfehlerhaft nicht in Erwägung gezogen, ob hier die Grundsätze zum Einwendungsdurchgriff beim finanzierten Kauf und anderen drittfinanzierten Geschäften mit gleichartiger Interessenlage eingreifen.
aa) Beim finanzierten Kauf kann der Käufer und Darlehensnehmer nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Darlehensgeber trotz rechtlicher Selbständigkeit des Darlehensvertrages nach Treu und Glauben Einwendungen aus dem Kaufvertrag entgegensetzen, wenn Kaufund Darlehensvertrag eine wirtschaftliche Einheit bilden und die Risiken des finanzierten Kaufs sonst nicht angemessen verteilt wären (BGHZ 83, 301, 303 f. [BGH 25.03.1982 - III ZR 198/80] m.w.Nachw.). Eine solche Einheit bilden Kauf- und Darlehensvertrag, wenn beide Geschäfte über ein Zweck-Mittel-Verhältnis hinaus derart miteinander verbunden sind, daà keines ohne das andere geschlossen worden wäre oder jeder der Verträge seinen Sinn erst durch den anderen erhält. Diese Feststellung setzt voraus, daà objektiv bestimmte Umstände (Verbindungselemente) vorliegen und dadurch subjektiv beim Darlehensnehmer - für den Darlehensgeber erkennbar - der Eindruck, erweckt wird, Verkäufer und Darlehensgeber stünden ihm gemeinsam als Vertragspartner gegenüber (BGHZ 83, 301, 304 [BGH 25.03.1982 - III ZR 198/80]; 91, 9, 11 f. [BGH 29.03.1984 - III ZR 24/83]; 91, 338, 341 [BGH 14.06.1984 - III ZR 110/83]; BGH, Urteil vom 15. Januar 1987 - III ZR 222/85, WM 1987, 365, 366;Senatsurteil vom 15. Mai 1990 - XI ZR 205/88, WM 1990, 1234). Entsprechendes gilt, gleichartige Interessenlage vorausgesetzt, bei kreditfinanzierten Mitarbeitervertragen, Arbeitnehmerbeteiligungen oder Kapitalanlagen (vgl. BGHZ 72, 92, 99 ff. [BGH 08.06.1978 - III ZR 136/76]; BGH, Urteil vom 17. Mai 1979 - III ZR 118/77, WM 1979, 1035, 1037 f.; BGH, Urteil vom 12. Juli 1979 - III ZR 18/78, WM 1979, 1054 f.; BGH, Urteil vom 20. März 1980 - III ZR 172/78, WM 1980, 620, 621 f.).
bb) Objektive Umstände für eine wirtschaftliche Einheit des Vertrages über den Beitritt der Klägerin zur Anlagen GbR und des Darlehens der Beklagten liegen nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien vor. Das Darlehen war integraler Bestandteil des "Null-Einsatz-Vorsorge-Programms" der Anlagen GbR. Dessen Besonderheit bestand gerade darin, daà durch Aufnahme eines Darlehens, Einlage der Valuta in die Anlagen GbR und Spekulation mit Zerobonds und Aktienoptionen ohne Aufwand eigener Mittel Eigenkapital gebildet werden sollte. Die Klägerin hat sich das Darlehen der Beklagten nicht "auf eigene Faust" beschafft, sondern durch Inanspruchnahme der von B., dem Initiator der Anlagen GbR, gewiesenen Kreditmöglichkeit. Der Kreditgewährung zugrunde lag zudem ein Rahmenvertrag zwischen B. und der Beklagten, der die Darlehenskonditionen festlegte, die Vorprüfung der Kreditfähigkeit der Interessenten durch B. regelte und ferner vorsah, daà der Schriftverkehr zu den Kreditverträgen nicht mit den Darlehensnehmern, sondern der Anlagen, GbR geführt werden sollte. Ãberdies war die Darlehenssumme nach dem Darlehensvertrag nicht an die Klägerin, sondern unmittelbar auf das Konto "B. + Partner" zu überweisen. Dadurch wurde die Klägerin von jeder freien Verfügung über das Darlehen ausgeschlossen.
cc) Zu den weiter erforderlichen subjektiven Voraussetzungen für eine Einheit der in Rede stehenden beiden Verträge fehlen ausreichende Feststellungen des Berufungsgerichts. Eine abschlieÃende Beurteilung der Frage, ob bei der Klägerin subjektiv der Eindruck erweckt worden ist, die Beklagte und die Anlagen GbR bzw. deren Initiator B. stünden ihr als eine einheitliche Vertragspartnerin gegenüber, ist dem erkennenden Senat nicht möglich. Zwar sind die oben angeführten objektiven Verbindungselemente ohne weiteres geeignet, der Klägerin einen solchen Eindruck zu vermitteln. Nach dem Vorbringen der Beklagten ist jedoch nicht auszuschlieÃen, daà sie der Klägerin durch mündliche, individuelle Hinweise vor Abschluà des Darlehensvertrages klargemacht hat, der Kredit werde völlig unabhängig von dem Vertrag mit der Anlagen GbR gewährt und sei deshalb ohne jede Rücksicht auf den Erfolg oder MiÃerfolg des "Null-Einsatz-Vorsorge-Programms" zurückzuzahlen. Sollte die Beklagte durch unmiÃverständliche individuelle Hinweise, an die angesichts der hier in besonderem MaÃe für eine wirtschaftliche Einheit der Verträge sprechenden Verbindungselemente strenge Anforderungen zu stellen sind, Klarheit über die völlige Selbständigkeit des Darlehensvertrages sowie darüber geschaffen haben, daà das Risiko einer Beteiligung an dem von ihr nicht geprüften "Null-Einsatz-Vorsorge-Programm" ausschlieÃlich bei der Klägerin liege, würde es nicht nur an einer wirtschaftlichen Einheit der Verträge fehlen (vgl. BGHZ 83, 301, 307) [BGH 25.03.1982 - III ZR 198/80], sondern auch an der Schutzbedürftigkeit der Klägerin.
c) Mit Recht bekämpft die Revision weiter die Hilfserwägung des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte selbst dann nicht wegen eines Aufklärungs- oder Beratungsverschuldens auf Schadensersatz, wenn sie eine Beteiligung an dem von B. entwickelten Programm auf entsprechende Anfragen von Interessenten befürwortet hätte. Das Berufungsgericht hat auÃer acht gelassen, daà die anfragenden Interessenten eine solche Empfehlung nach den gesamten Umständen und Treu und Glauben nur dahin verstehen konnten, die Beklagte habe das "Null-Einsatz-Vorsorge-Programm" mit banküblichem kritischen Sachverstand geprüft und für in Ordnung befunden. Daà eine Bank eine Anlage nicht ohne eine solche Prüfung befürwortet, wird vom Geschäftsverkehr, der Banken regelmäÃig besonderes Vertrauen entgegenbringt, ohne weiteres vorausgesetzt (vgl. BGHZ 100, 117, 122) [BGH 04.03.1987 - IVa ZR 122/85]. Erweckt eine Bank Interessenten gegenüber den Eindruck, ein Anlageprogramm mit positivem Ergebnis geprüft zu haben, so hat sie die Interessenten über alle bei ordnungsgemäÃer banküblicher Ãberprüfung erkennbaren Programmrisiken und Bedenken gegen die Bonität oder Seriosität des Initiators aufzuklären (vgl.Senatsurteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91, Urteilsumdruck S. 10, 13 f., zur Veröffentlichung bestimmt).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten nicht mit der Begründung verneint werden, die Anfragen der Anleger seien unverbindlich gewesen und hätten nicht zu einem haftungsbegründenden Auskünfte- oder Beratungsvertrag geführt. Selbst wenn dies zuträfe, kämen jedenfalls Schadensersatzansprüche der anfragenden Anleger aus einem Verschulden der Beklagten bei den Kreditverhandlungen in Betracht. Zwar ist eine kreditgebende Bank nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer über die Risiken der von ihm beabsichtigten Verwendung des Darlehens aufzuklären. Eine solche Pflicht kann sich jedoch aus den besonderen Umständen des Einzelfalles ergeben, etwa wenn eine Bank in bezug auf die speziellen Risiken der Anlage über einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer verfügt oder über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht (Senatsurteilevom 17. Dezember 1991 - XI ZR 8/91, WM 1992, 216, 217 undvom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 902). Letzteres wäre hier geschehen, wenn die Beklagte eine kreditfinanzierte Beteiligung an dem "Null-Einsatz-Vorsorge-Programm" befürwortet hätte.
Unter dem Gesichtspunkt eines konkreten Wissensvorsprungs traf die Beklagte dagegen keine Aufklärungspflicht. Entgegen der Ansicht der Revision war sie insbesondere nicht verpflichtet, über Risiken aufzuklären, die sich daraus ergaben, daà B. über die gutgeschriebene Darlehensvaluta ohne Kontrolle frei verfügen konnte. Nach den insoweit fehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts waren der Beklagten die mangelnde Bonität und Seriosität des B. nicht bekannt. Ob sie durch Erkundigungen insoweit etwas hätte in Erfahrung bringen können, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Der Gesichtspunkt des Wissensvorsprungs verpflichtet eine Bank nur, vorhandenes, von ihr als wesentlich erkanntes Wissen zu offenbaren, nicht aber, sich einen Wissensvorsprung erst zu verschaffen(Senatsbeschluà vom 28. Januar 1992 - XI ZR 301/90, WM 1992, 602, 603;Senatsurteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 904).
4. Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus positiver Vertragsverletzung oder aus § 831 BGB im Zusammenhang mit den Untreuehandlungen des B. hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Die von der Revision ohne konkrete Rüge zur Ãberprüfung gestellte Auffassung des Berufungsgerichts, B. sei weder Erfüllungs- noch Verrichtungsgehilfe der Beklagten gewesen, ist insoweit zutreffend.
5. Nicht zu beanstanden ist unter der Voraussetzung der Wirksamkeit des Darlehensvertrages, fehlender Einwendungen und Schadensersatzansprüche der Klägerin weiter, daà das Berufungsgericht das Disagio bei der von ihm vorgenommenen Abrechnung des Darlehens nicht berücksichtigt hat. Eine anteilige Erstattung des Disagios von 2% kann die Klägerin nicht beanspruchen, da es sich dabei ausweislich des Darlehensvertrages nicht um ein laufzeitabhängiges Entgelt, sondern um Kapitalbeschaffungskosten der Beklagten handelt (vgl. BGHZ 111, 287, 293) [BGH 29.05.1990 - XI ZR 231/89]. Allein die Hälfte des Disagios hatte die Beklagte als Vermittlungsprovision an B. zu überweisen.
II. AnschluÃrevision der Beklagten
Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nach Fälligstellung des Darlehens zum 30. Juli 1986 nur Verzugszinsen in Höhe von 4% beanspruchen können, ist mit der neuesten - nach Verkündung des angefochtenen Urteils ergangenen - Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht vereinbar. Danach kann eine Bank bei vor dem 1. Januar 1991 abgeschlossenen Verbraucherkreditverträgen als Verzugsschadensersatz, wenn - wie hier - hinreichende Angaben zur Berechnung ihrer durchschnittlichen Wiederanlagezinsen fehlen, Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank verlangen (Senatsurteile BGHZ 115, 268, 273 f. [BGH 08.10.1991 - XI ZR 259/90] undvom 18. Februar 1992 - XI ZR 134/91, WM 1992, 566, 567). Unter der Voraussetzung der noch zu klärenden Wirksamkeit des Darlehensvertrages und fehlender Einwendungen sind der Abrechnung des Darlehens daher höhere als die im Berufungsurteil berücksichtigten Verzugszinsen zugrundezulegen.