Bundesgerichtshof
Entscheidung vom 01.07.1997, Az.: XI ZR 267/96
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerzichts in Schleswig vom 2. Oktober 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die teilweise Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung, die die Kläger im Rahmen einer vorzeitigen Ablösung von zwei Darlehen an die beklagte Hypothekenbank gezahlt haben.
Die Kläger hatten im Januar 1986 bei der Beklagten zwei durch Grundschulden gesicherte Tilgungsdarlehen über 190.000 DM und über 85.000 DM aufgenommen. Mit Wirkung vom 1. Januar 1991 hatten sie für eine Festschreibungszeit bis zum 31. Dezember 2000 einen jährlichen Zinssatz von 9,35% vereinbart. Für das Darlehen über 85.000 DM war zusätzlich ein Verwaltungskostenbeitrag von jährlich 0,5% des ursprünglichen Darlehensbetrages zu entrichten.
Im Sommer 1993 wollten die Kläger wegen ihrer bevorstehenden Scheidung das beliehene Hausgrundstück verkaufen und deshalb die Darlehen und Grundschulden vorzeitig ablösen. Die Beklagte erklärte sich hiermit nur bei Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 18,38% der jeweiligen Darlehensrestforderungen, die zum 1. Oktober 1993
175.663,26 DM bzw. 78.586,08 DM betrugen, einverstanden, wobei sie ihrer Berechnung eine am Kapitalmarkt für festverzinsliche Wertpapiere erzielbare Rendite von 6,15% zugrunde legte. Mit Schreiben vom 1. Oktober 1993 willigten die Kläger in die Zahlung des von der Beklagten verlangten Betrages von insgesamt 46.731,03 DM unter dem Vorbehalt einer Nachprüfung der Entschädigungshöhe ein. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1993 machte die Beklagte die Erteilung der Löschungsbewilligung von der vorbehaltlosen Zahlung abhängig. Daraufhin beglichen die Kläger den von der Beklagten geforderten Betrag.
Mit der Klage haben die Kläger die teilweise Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 17.254 DM verlangt. Das Landgericht, dessen Urteil in WM 1996, 577 veröffentlicht worden ist, hat der Klage in Höhe von 7.767,60 DM nebst Zinsen stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht, dessen Urteil in WM 1997, 522 abgedruckt ist, die Klage insgesamt abgewiesen; die Anschlußberufung der Kläger, mit der sie unter Zugrundelegung eines Wiederanlagezinssatzes von 7,34% die Zahlung weiterer 5.633 DM begehrt haben, ist zurückgewiesen worden. Mit der - zuge-lassenen - Revision verfolgen die Kläger ihr im Berufungsrechtszug verfolgtes Zahlungsverlangen weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.Das Berufungsgericht hat einen Rückzahlungsanspruch der Kläger verneint. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Den Klägern stehe ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 BGB nicht zu, da die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Zwischen den Parteien sei insoweit im Hinblick auf die vorzeitige Ablösung der beiden Darlehen eine Aufhebungsvereinbarung zustande gekommen, die auch eine Einigung über die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung enthalte; das entsprechende Angebot der Beklagten vom 18. Oktober 1993 hätten die Kläger durch die Zahlung der geforderten Beträge konkludent angenommen, ohne einen erneuten Vorbehalt erklärt zu haben.
Gegen die Wirksamkeit dieser Vereinbarung könnten die Kläger nicht einwenden, daß ihnen ein Recht zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung der Darlehensverträge oder ein Anspruch gegen die Beklagte auf Vertragsbeendigung gegen Ersatz des Erfüllungsschadens zugestanden habe. Die Frage einer vorzeitigen Vertragsbeendigung und des dafür zu entrichtenden Preises sei vielmehr der freien Vereinbarung der Parteien überlassen gewesen.
Die Aufhebungsvereinbarung sei auch nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, da die Vorfälligkeitsentschädigung ihrer Höhe nach nicht sittenwidrig sei. Der durch die vorzeitige Darlehensablösung bei der Beklagten eingetretene Schaden belaufe sich unter Zugrundelegung eines Wiederanlagezinssatzes für Hypothekendarlehen im Oktober 1993 von 7,34% und einer der Beklagten zustehenden Netto-Zinsmarge in Höhe von 0,5% auf (abgezinst) 40.984,02 DM; ferner habe die Beklagte noch einen Anspruch von 0,8% des abzulösenden Darlehenskapitals zum Ausgleich des Verwaltungsmehraufwandes und eines Zinsausfallrisikos für die Zeit zwischen Eingang des Ablösebetrages und Wiederanlage. Die tatsächlich verlangte Entschädigung übersteige diesen Betrag um lediglich 8,6% und rechtfertige deshalb den Vorwurf der Sittenwidrigkeit jedenfalls nicht in subjektiver Hinsicht.
II.Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1.Dem Berufungsgericht ist allerdings darin zu folgen, daß die beiden Darlehensverträge nicht durch eine einseitige Erklärung der Kläger vorzeitig beendet werden konnten. Mit der Festzinsbindung hatten die Parteien das Recht zur ordentlichen Kündigung bis zum 31. Dezember 2000 wirksam abbedungen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Regelung des § 247 Abs. 1 BGB a.F., da das aus dieser Vorschrift folgende Kündigungsrecht in Ziff. 4.2 der beiden Darlehensurkunden wirksam ausgeschlossen worden ist. Die Darlehen gehörten nämlich nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zu einer Deckungsmasse für Schuldverschreibungen (§ 247 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.).
Da der Grund für den Wunsch nach einer vorzeitigen Darlehensablösung in der Person der Kläger lag, hatten sie auch kein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. Denn die (weitere) Verwendbarkeit des Darlehens fällt allein in den Risikobereich des Darlehensnehmers (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 1989 - III ZR 143/88 = WM 1990, 8, 9; Senatsurteil vom 12. März 1991
- XI ZR 190/90 = WM 1991, 760, 761). Daher scheidet auch eine Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage aus (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 1985 - III ZR 184/84 = WM 1986, 156, 158).
2.Unzutreffend ist dagegen die Ansicht des Berufungsgerichts, die Kläger seien nicht berechtigt gewesen, von der Beklagten die Einwilligung in die vorzeitige Ablösung der beiden Darlehen gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen.