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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 23.04.2008, Az.: XII ZR 195/06

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 14. November 2006 insoweit aufgehoben, als es in Ziffer 2 des Entscheidungssatzes feststellt, der Beklagte befinde sich seit 1. April 2000 mit der Verpflichtung zur Zurückübertragung der ihm überlassenen Milch-Referenzmenge in Verzug; in diesem Umfang wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Zweibrücken zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Revision.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen den Beklagten Ansprüche aus der Übertragung einer flächenlosen Milch-Referenzmenge geltend.

Mit Vertrag vom 23. September 1998 übertrug der Kläger, der die Milchproduktion aufgegeben hatte, dem Beklagten, der Milcherzeuger ist, eine flächenlose Milch-Referenzmenge (Milchquote) in Höhe von 73.717 kg mit einem Fettgehalt von 3,81 %. Die Parteien haben hierzu ein Vertragsformular verwendet, das von der Ehefrau des Klägers, der Zeugin A. ausgefüllt wurde. § 2 Abs. 2 des Formulars sieht als Alternativen die Übertragung der Referenzmengen auf Dauer oder auf Zeit vor. Angekreuzt und ausgefüllt ist die erste Alternative, so dass es im Vertrag heißt: 'Die Menge wird dem Erwerber auf Dauer ab dem 1.10.98 ... überlassen.' Die zweite Alternative 'für den Zeitraum vom _ bis einschließlich zum _' ist weder angekreuzt noch ausgefüllt. In § 3 haben die Parteien ein jährliches Entgelt von 13.269 DM vereinbart, was einem Preis von 0,18 DM pro Kilo entspricht (73.717 x 0,18). Außerdem heißt es dort handschriftlich, dass die Zahlung für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 1. April 1999 sofort erfolgen solle und für die Zeit vom 1. Mai 1999 bis 1. April 2000 monatlich in Höhe von 1.105,75 DM.

Die zuständige Landwirtschaftskammer stellte auf Antrag des Klägers mit Bescheinigung vom 8. Januar 1999 gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 a MGV fest, dass die Vereinbarung der Parteien zulässig sei. Weiter heißt es im Bescheid, dass die genannte Referenzmenge mit Wirkung vom 1. Oktober 1998 auf Dauer auf den Beklagten übergehe. Der genannte Bescheid ist bestandskräftig.

Der Kläger macht geltend, er habe die Referenzmenge dem Beklagten nicht verkauft, sondern lediglich verpachtet. Dieser sei somit zur Rückübertragung verpflichtet. Das Landgericht hatte seine Klage auf Nutzungsentschädigung über den 1. April 2000 hinaus, auf Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen fehlender Rückübertragung der Referenzmenge und auf Feststellung, dass der Beklagte mit der Rückübertragung seit 1. April 2000 in Verzug sei, als unbegründet abgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers hatte das Oberlandesgericht mit Urteil vom 15. Januar 2002 den Beklagten verurteilt, zusammen mit dem Kläger bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Rückübertragung der Referenzmenge zu stellen, und an den Kläger für die Zeit vom 1. April 2000 bis 30. Juni 2001 eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 8.485,53 € (= 16.596,25 DM) nebst Zinsen zu bezahlen. Weiter hatte es festgestellt, dass der Beklagte ab 1. Juli 2001 bis zur Rückübertragung der Referenzmenge monatlich 565,36 € an den Kläger zu zahlen habe, und dass der Beklagte mit der Rückübertragung der Referenzmenge ab 1. April 2000 in Verzug sei.

Dieses Urteil hat der Senat, nachdem er die Revision des Beklagten angenommen hatte, mit Entscheidung vom 2. März 2005 aufgehoben, weil es keinen Tatbestand enthielt, und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hat mit Urteil vom 14. November 2006 den Beklagten verurteilt, zusammen mit dem Kläger bei der zuständigen Behörde einen gleich lautenden Antrag auf Rückübertragung der streitgegenständlichen Referenzmenge zu stellen. Es hat weiter festgestellt, dass der Beklagte seit dem 1. April 2000 mit der Verpflichtung zur Rückübertragung der Referenzmenge in Verzug sei und dass der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger allen entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen, der aus der nicht fristgerechten Erfüllung der Verpflichtung zur Rückübertragung der Referenzmenge resultiere. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen und die Berufung des Klägers im Übrigen zurückgewiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der dieser die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat nur in geringem Umfang Erfolg.

I.

Das Oberlandesgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Parteien bei der Vertragsunterzeichnung am 23. September 1998 darüber einig gewesen seien, dass der Kläger dem Beklagten die Referenzmenge lediglich bis zum 31. März 2000 verpachte, nicht aber verkaufe und sie somit dem Beklagten nicht auf Dauer überlasse. Eindeutig für Pacht und gegen Kauf spreche vor allem die Höhe des vereinbarten und gezahlten Entgelts. Es sei zwischen den Parteien unstreitig und überdies gerichtsbekannt, dass sich seinerzeit der Pachtzins pro Kilo Referenzmenge für ein Jahr auf ca. 16 bis 20 Pfennig belaufen habe, während der Kaufpreis pro Kilogramm etwa 1,50 bis 1,60 DM betragen habe. Dass die Parteien einen Pachtvertrag hätten schließen wollen, folge weiter aus den in jeder Hinsicht nachvollziehbaren und überzeugenden Angaben des Klägers anlässlich seiner ausführlichen Anhörung. Die Zeugin A. habe die Angaben des Klägers in allen wesentlichen Punkten glaubhaft bestätigt. An ihrer Glaubwürdigkeit habe das Berufungsgericht keine Zweifel. Vielmehr sei es davon überzeugt, dass der Kläger dem Beklagten die Milchreferenzmenge nur für die Dauer von zwei Jahren verpachtet habe. Angesichts dieses eindeutigen Beweisergebnisses komme eine Parteivernehmung des Beklagten gemäß § 448 ZPO nicht in Betracht. Da der Kläger eine Rückübertragung der Milchreferenzmenge an sich nicht ohne Mitwirkung des Beklagten erreichen könne, dieser aufgrund des Pachtvertrages hierzu jedoch verpflichtet sei, habe der Beklagte den Kläger bei der Durchsetzung seiner Rechte gegenüber den zuständigen öffentlichen Stellen zu unterstützen. Mit dieser Pflicht befinde sich der Beklagte seit Ende des Pachtverhältnisses am 31. März 2000 in Verzug. Der Beklagte habe demgemäß dem Kläger den durch den Verzug entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen. Der Kläger sei so zu stellen, als hätte der Beklagte spätestens auf die Aufforderung vom 8. März 2000 die vom Kläger gepachtete Milch-Referenzmenge mit Wirkung zum 1. April 2000 an den Kläger zurück übertragen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Bescheid der zuständigen Landwirtschaftskammer, wonach die streitgegenständliche Referenzmenge auf Dauer auf den Beklagten übergegangen sei, bestandskräftig geworden sei, denn dieser öffentlichrechtlichen Bescheinigung sei keine privatrechtlich gestaltende Wirkung beizulegen. Die Rückübertragung der Referenzmenge sei auch bei Beendigung des Pachtvertrages am 1. April 2000 möglich gewesen, obwohl der Kläger keine Milch erzeugte und dies auch nicht beabsichtigte. Eine vom Berufungsgericht eingeholte Auskunft des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau habe ergeben, dass auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein Verpächter, der kein Milcherzeuger sei, die zurückerhaltene Referenzmenge über die Milchquotenbörse verkaufen könne. Diese dem Kläger zustehende Möglichkeit habe der Beklagte hier schuldhaft dadurch vereitelt, dass er sich zu Unrecht und vorwerfbar auf den Standpunkt gestellt habe, er habe 1998 die Milchquote endgültig durch Kauf übernommen, weshalb er auch die Zustimmung zur Rückübertragung verweigere. Der Schaden bestehe in der Differenz des Preises, den der Kläger bei rechtzeitiger Mitwirkung des Beklagten an der Rückübertragung zum 1. April 2000 bei der damals als nächstes anstehenden Milchbörse erzielt hätte und demjenigen (evtl. niedrigeren) Preis, den er erreiche, sobald der Beklagte seine Mitwirkungsverpflichtung erfülle und der Kläger danach seine Referenzmenge an der Milchbörse verkaufe. Weiter schulde der Beklagte auch Verzugszinsen.

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Prüfung im Wesentlichen stand.

II.

1. Die Revision ist allerdings begründet, soweit sich der Beklagte gegen die auf Antrag des Klägers getroffene Feststellung des Berufungsgerichts wendet, er sei seit dem 1. April 2000, 0.00 Uhr, mit der Verpflichtung zur Rückübertragung der mit Vereinbarung vom 23. September 1998 überlassenen Milch-Referenzmenge in Verzug. Vielmehr ist die Klage insoweit unzulässig. Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO kann - abgesehen von der Echtheit einer Urkunde - nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Der Verzug des Schuldners ist jedoch kein Rechtsverhältnis (Senatsurteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97 - NJW 2000, 2280). Auf die Revision des Beklagten ist daher das Berufungsurteil insoweit aufzuheben und in diesem Umfang die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.

2. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht hätte die Vereinbarung der Parteien vom 23. September 1998 nicht dahingehend auslegen dürfen, dass der Kläger das Milchkontingent dem Beklagten nur pachtweise bis zum Ablauf des Milchwirtschaftsjahres am 31. März 2000, also befristet und nicht auf Dauer, übertragen habe.

Das Berufungsgericht ist ausgehend vom Wortlaut des Vertrags und unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers sowie der Bekundungen der Zeugin A. zu der Überzeugung gelangt, zwischen den Parteien sei ein befristeter Pachtvertrag über die Milch-Referenzmenge zustande gekommen. Revisionsrechtlich relevante Fehler sind dem Berufungsgericht dabei nicht unterlaufen. Insbesondere war es entgegen der Rüge der Revision nicht verpflichtet, den Beklagten als Partei zu vernehmen oder anzuhören (§§ 448, 141 ZPO, § 6 Abs. 1 EMRK). Zwar kann bei entscheidungserheblichen Gesprächen unter vier Augen zwischen dem Zeugen einer Partei und der anderen Partei persönlich ohne Vorhandensein anderer Beweismittel der Grundsatz der Waffengleichheit gebieten, beide Gesprächspartner zu vernehmen oder zumindest gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören (EGMR NJW 1995, 1413; BGH Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - NJW 1999, 363). Ein solcher Fall liegt jedoch hier nicht vor. Vielmehr handelt es sich um ein Gespräch zwischen den Parteien, das von einem Zeugen, der allerdings einer Partei nahe steht, bekundet werden kann. Bei der Vernehmung der Zeugin war der Beklagte anwesend und hätte die aus seiner Sicht gebotenen Fragen und Vorhalte an die Zeugin stellen können (vgl. BVerfG Beschluss vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 2588/06 -). Hinzu kommt, dass das Berufungsgericht seine Überzeugung nicht allein aus der Aussage der Zeugin und der Anhörung des Klägers gewonnen, sondern entscheidend auch auf den Vertragstext und die Höhe des vereinbarten Entgelts abgestellt hat. Damit war es nicht verpflichtet, auch noch den Beklagten anzuhören (vgl. BGH Beschluss vom 25. September 2003 - III ZR 384/02 - NJW 2003, 3636).

3. Der Beklagte war daher gemäß § 581 Abs. 1, § 556 Abs. 1 BGB a.F. verpflichtet, die Referenzmenge dem Kläger bei Beendigung des Pachtverhältnisses am 31. März 2000 zurückzugewähren. Da er dies trotz Aufforderung nicht getan hat, sondern sich darauf berufen hat, er habe die Referenzmenge durch Kauf erworben, haftet er dem Kläger nach § 286 Abs. 1 BGB a.F. auf Schadensersatz.

Im Gegensatz zur Auffassung der Revision ändert der bestandskräftige Bescheid vom 8. Januar 1999 hieran nichts. Zwar ist das Landwirtschaftsamt dabei davon ausgegangen, dass der Beklagte die Referenzmenge auf Dauer erwerbe. Wie sich jedoch aus § 9 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 a MGV ergibt, wird mit dem Bescheid der Zweck verfolgt, die (öffentlichrechtliche) Zulässigkeit der Vereinbarung zwischen den Parteien festzustellen. Hingegen regelt er nicht die vertraglichen Beziehungen, sondern gibt die Vereinbarung der Parteien - hier allerdings unzutreffend - lediglich wieder.

Der Senat hat allerdings im Urteil vom 27. Oktober 2004 - XII ZR 165/01 - RdL 2005, 82 angenommen, dass einem Verpächter eine flächenlose Milch-Referenzmenge nach Beendigung des Pachtverhältnisses nicht zurück übertragen werden kann, wenn er - wie hier - kein Milcherzeuger ist, sondern die Referenzmenge an der Milchquotenbörse veräußern will. Der Senat hat dieses Ergebnis aus Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 und dem dazu ergangenen Urteil des EuGH vom 20. Juni 2002, Thomsen (C 401/99 Slg. 2002, I 5775 Rdn. 41 ff.) abgeleitet. Danach ist die genannte Vorschrift dahingehend auszulegen, dass bei Beendigung eines landwirtschaftlichen Pachtvertrags die vollständige oder teilweise Rückübertragung der Referenzmenge auf den Verpächter nur dann möglich ist, wenn dieser selbst aktiver Milcherzeuger i.S. von Art. 9 Buchst. c VO (EWG) Nr. 3950/92 ist oder wenn er im Zeitpunkt der Übertragung nachweisen kann, dass er konkrete Vorbereitungen trifft, in kürzester Zeit die Tätigkeit eines Milcherzeugers auszuüben oder wenn er im selben Zeitpunkt die Referenzmenge auf einen Dritten überträgt, der aktiver Milcherzeuger ist.

Zwischenzeitlich hat jedoch der Europäische Gerichtshof auf Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 18. Mai 2006 - 3 C 32/05 - RdL 2006, 246) entschieden, dass Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 dahin auszulegen ist, dass bei Beendigung landwirtschaftlicher Pachtverhältnisse über einen Milcherzeugungsbetrieb daran gebundene Referenzmengen an den Verpächter zurückfallen können, auch soweit dieser nicht Erzeuger ist oder zu werden beabsichtigt, sie aber in kürzester Frist über eine staatliche Verkaufsstelle (Milchbörse) an einen Dritten überträgt, der diese Eigenschaft besitzt (EuGH Urteil vom 7. Juni 2007, Otten, C - 278/06, Slg. 2007, I-4513). Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Der Kläger wollte die Referenzmenge an der Milchbörse verkaufen. Dabei kann auch davon ausgegangen werden, dass er dies in kürzester Frist, also zum nächst möglichen Termin beabsichtigte. Der Beklagte war daher nicht aus Gründen des Europäischen Gemeinschaftsrechts gehindert, die Referenzmenge am Ende der Pachtzeit auf den Kläger zurück zu übertragen. Es besteht daher auch kein Anlass, die deutschen Durchführungsbestimmungen (§ 12 Abs. 2 ZAbgVO; jetzt § 48 Abs. 2 und 3 i.V.m. § 9 MilchQuotV) einschränkend auszulegen.

4. Unter diesen Voraussetzungen ist das Berufungsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass der Beklagte vertraglich verpflichtet ist, daran mitzuwirken, dass der Kläger eine amtliche Bescheinigung über den Rückfall der Referenzmenge erhält (vgl. jetzt § 52 MilchQuotV).

Hahne Fuchs Ahlt Vezina Dose Vorinstanzen:

LG Zweibrücken, Entscheidung vom 23.04.2001 - 1 O 501/00 -

OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 14.11.2006 - 8 U 43/01 -