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Brandenburgisches Oberlandesgericht

Entscheidung vom 27.11.2007, Az.: 5 Wx 29/07

Tenor

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschlussdes Landgerichts Cottbus vom 25. Juni 2007 - 7 T 156/07 - wirdzurückgewiesen. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dasVerfahren der weiteren Beschwerde wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat dieBeteiligte zu 1) zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerdewird auf 3.000,- € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.

Die Beteiligte zu 1) war seit dem 1. Dezember 1976 eingetragene Eigentümerin des im Grundbuch von G… Blatt 252 verzeichneten Grundbesitzes der Flur 8, Flurstücke 31, 32 und 33. Durch notariellen Vertrag vom 26. Januar 2001 zur UR-Nr. 107/2001 der Notarin B… N… in F… veräußerte die Beteiligte zu 1) den Grundbesitz an die Beteiligte zu 2), ihre Tochter, unter Vereinbarung eines dinglichen Wohnungsrechts für das auf dem Flurstück 33 stehende Wohngebäude (Wohnung im Erdgeschoss) zugunsten der Beteiligten zu 1) und ihres Ehemannes. Am 27. November 2001 wurde die Beteiligte zu 2) als neuer Grundstückseigentümer im Grundbuch eingetragen; zugleich erfolgte die Eintragung des dinglichen Wohnungsrechts in Abteilung II lfd. Nr.5 des Grundbuches. Durch notariellen Vertrag vom 5. April 2001 zur UR-Nr.409/2001 der Notarin B… N… in F… übertrug die Beteiligte zu 2) einen hälftigen Miteigentumsanteil am Grundbesitz auf den Beteiligten zu 3), ihren Ehemann. Der Beteiligte zu 3) wurde am 18. November 2002 als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen. Im August 2006 erhob die Beteiligte zu 1) gegen die Beteiligten zu 2) und 3) vor dem Landgericht Cottbus (4 O 182/06) Klage auf Rückübereignung des Grundbesitzes, gestützt auf einen Anspruch aus Widerruf einer Schenkung gemäß §§ 530, 531, 812 ff. BGB. Diese Klage hat das Landgericht Cottbus durch Urteil vom 6. März 2007 als unbegründet abgewiesen. Die Beteiligte zu 1) hat gegen dieses Urteil Berufung beim Brandenburgischen Oberlandesgericht (5 U 53/07) eingelegt.

Unter Hinweis auf diesen Rechtsstreit hat die Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 5. März 2007 bei dem Grundbuchamt die Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks beantragt. Nach Zwischenverfügungen vom 14. und 22. März 2007 hat das Grundbuchamt die Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks mit Beschluss vom 17. April 2007 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks im Grundbuch erfordere entweder die Bewilligung des Berechtigten oder eine dahingehende einstweilige Verfügung des Prozessgerichts, woran es hier fehle. Hiergegen hat die Beteiligte zu 1) am 25. April 2007 Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 28. April 2007 hat das Grundbuchamt der Beschwerde die Abhilfe verweigert und die Sache dem Landgericht Cottbus zur Entscheidung vorgelegt. Das Landgericht Cottbus hat die Beschwerde und das hierauf bezogene Prozesskostenhilfegesuch der Beteiligten zu 1) mit Beschluss vom 25. Juni 2007 zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, dass es zur Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks nach neuerer Rechtsprechung zwar nicht mehr der Bewilligung des Berechtigten oder einer einstweiligen Verfügung des Prozessgerichtes bedürfe; es sei jedoch erforderlich, dass der Rechtsstreit vor dem Prozessgericht um dingliche Rechte am Grundstück und nicht lediglich - wie hier - um bloß schuldrechtliche Ansprüche geführt werde. Gegen diesen ihr am 11. Juli 2007 zugestellten Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1) mit ihrer am Montag, dem 13. August 2007, eingegangenen weiteren Beschwerde vom 10. August 2007 und ihrem zugleich angebrachten Gesuch um Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Die Beteiligte zu 2) verteidigt die angefochtene Entscheidung des Landgerichts.

II.

1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Entscheidung des Landgerichts über die Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks ist gemäß §§ 78, 79 Abs.1, § 80 Abs.1 GBO zulässig, bleibt in der Sache selbst jedoch ohne Erfolg.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt die Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks im Grundbuch im Hinblick auf § 325 ZPO, §§ 22, 29 GBO (analog) auch dann in Betracht, wenn weder eine entsprechende Bewilligung des Berechtigten noch eine dahingehende Anordnung des Prozessgerichts vorliegen; der Nachweis der Rechtshängigkeit - den die Beteiligte zu 1) hier in der Form gemäß § 29 GBO erbracht hat - genügt (s. BayObLG, RPfleger 2003, S.122 = NJW-RR 2003, S.234; RPfleger 2004, S.691 = NJW-RR 2004, S.1461; OLG München, RPfleger 2000, S.106, 107 = NJW-RR 2000, S.384, 385; OLG Schleswig, RPfleger 1994, S.455, 456 = NJW-RR 1994, S.1498 f.; OLG Braunschweig, NJW-RR 2005, S.1099, 1100 f.; Palandt/Bassenge, BGB, 66.Aufl.2007, § 899 Rdn.7; Bauer/von Oefele/Kohler, GBO, 2.Aufl.2006, AT VIII 11 [= S.446] m.w.Nw. in dort. Fn.8; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht, 6.Aufl.2006, Einl. J 30 [= S.241]; a.A. OLG München, NJW 1966, S.1030 = RPfleger 1966, S.306; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13.Aufl.2004, Rdn.1654 - mit beachtlichen Argumenten). Weitere Voraussetzung für die Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks im Grundbuch ist jedoch, dass im Rechtsstreit vor dem Prozessgericht dingliche Rechte am Grundstück streitbefangen sind und es dort nicht lediglich um schuldrechtliche Ansprüche auf Rechtsänderung geht; denn die Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks analog §§ 22, 29 GBO dient der Gewährleistung der Rechtskrafterstreckung nach § 325 ZPO und erfordert dementsprechend auch die „dingliche Streitbefangenheit„ der Sache (s. BayOblG, NJW-RR 2004, S.1461 = RPfleger 2004, S.691; OLG Braunschweig, MDR 1992, S.74, 75; OLG Stuttgart, FGPrax 1996, S.208 = RPfleger 1997, S.15; Palandt/Bassenge, BGB, 66.Aufl.2007, § 899 Rdn.7; Demharter, GBO, 25.Aufl.2005, Anhang § 13 Rdn.34; Schöner/Stöber, aaO., Rdn.1653; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, aaO., Einl. J 30 [= S.241]; anders wohl noch OLG München, NJW 1966, S.1030 f. = RPfleger 1966, S.306 f.). An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Gegenstand des Zivilprozesses zwischen den Beteiligten sind nicht dingliche Rechte am Grundbesitz, sondern bloß schuldrechtliche Ansprüche der Beteiligten zu 1) aus §§ 530, 531, 812 ff. BGB.

Soweit die vorstehenden, der heute herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum entsprechenden Rechtsansichten von der Entscheidung des OLG München, NJW 1966, S.1030 f. = RPfleger 1966, S.306 f., abweichen, gibt dies keine Veranlassung zur Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gemäß § 79 Abs.2 und 3 GBO, da diese Entscheidung des OLG München nicht in einem Verfahren der weiteren Beschwerde, sondern in einem ZPO-Berufungsverfahren ergangen ist.

2. Soweit sich die (weitere) Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht wendet, dürfte das Rechtsmittel bereits unzulässig sein.

Da sich in der Grundbuchordnung keine Bestimmungen zur Prozesskostenhilfe (bzw. Verfahrenskostenhilfe) finden, gelten die Vorschriften des FGG. § 14 FGG verweist auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO). In Bezug auf das Rechtsmittelrecht gilt diese Verweisung nach überwiegender Ansicht - nur - für die Statthaftigkeit der Rechtsmittel, nicht hingegen auch für weitere Regelungen zum Rechtsmittelverfahren. Demnach ist die ein Gesuch um Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückweisende Entscheidung eines Beschwerdegerichts (hier: des Landgerichts, § 72 GBO) mit der sofortigen weiteren Beschwerde anfechtbar, sofern das Beschwerdegericht sie zugelassen hat (§ 14 FGG i.V.m. § 127 Abs.2 Satz 2, § 567 Abs.1, § 574 Abs.1 ZPO; s. etwa BayObLGZ 2002, S.147, 148; BayObLG, FamRZ 2005, S.917; OLG München, MDR 2007, S.293 f.; Demharter, aaO., § 1 Rdn.44). Da das Landgericht die sofortige weitere Beschwerde gegen seine Entscheidung nicht zugelassen hat, steht der Beteiligten zu 1) kein Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht offen. Zudem gilt für die Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Prozesskostenhilfegesuchs im FGG-Verfahren nicht die Monatsfrist nach § 127 Abs.2 Satz 3 ZPO - die hier noch gewahrt wäre (s. § 17 Abs.2 FGG) -, sondern die - hier nicht mehr gewahrte - Zwei-Wochen-Frist nach § 22 Abs.1 FGG (so etwa OLG Celle, FGPrax 2003, S.30; OLG Saarbrücken, OLGR 2003, S.450, 451; OLG Dresden, NJW 2004, S.1964; OLG Zweibrücken, NJW 2005, S.1956; Demharter, aaO., § 1 Rdn.44; Bauer/von Oefele/Budde, aaO., § 71 Rdn.25 und § 78 Rdn.7; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, aaO., § 71 GBO Rdn.40; Bumiller/Winkler, FG, 8.Aufl.2006, § 14 FGG Rdn.19; differenzierend: BGH NJW 2006, S.2122, 2123 f. m.w.Nw. zum Streitstand; gilt für die Einlegung des Rechtsmittels in der Hauptsache eine Frist, so soll die Frist zur Anfechtung der ablehnenden Prozesskostenhilfeentscheidung danach nicht kürzer ausfallen als diese).

Freilich kann die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das Landgericht letztlich offen bleiben, da dieses Rechtsmittel in der Sache selbst keinen Erfolg hat. Wie ausgeführt, hat das Grundbuchamt den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerkes zu Recht zurückgewiesen.

3. Mangels Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ist das für das Verfahren der weiteren Beschwerde angebrachte Prozesskostenhilfegesuch der Beteiligten zu 1) abzulehnen (§ 14 FGG, § 114 Satz 1, § 119 Abs.1 Satz 1 ZPO).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs.1 Satz 1 Nr.1 KostO, § 13a Abs.1 Satz 2 FGG. Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde folgt aus § 31 Abs.1 Satz 1, § 131 Abs.2, § 30 Abs.1 und 2 Satz 1 KostO und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung im Beschluss des Landgerichts vom 20. Juli 2007.