Bundesverfassungsgericht
Entscheidung vom 07.04.2008, Az.: 1 BvR 1924/07
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.Entscheidungsgründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung aus der Kapitalzahlung von Direktlebensversicherungen.
I.
Die Krankenversicherung der Rentner wird seit dem Rentenanpassungsgesetz 1982 vom 1. Dezember 1981 (BGBl I S. 1205) unter anderem durch Beiträge finanziert, welche die Versicherten zu tragen haben. Seitdem wird außer dem Arbeitsentgelt, der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Arbeitseinkommen auch der Zahlbetrag von der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zur Beitragsberechnung herangezogen.
Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2477) hat den Begriff der Versorgungsbezüge in § 229 Abs. 1 SGB V definiert. Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten danach,
1. Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen;
2. Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten, Parlamentarischen Staatssekretäre und Minister,
3. Renten der Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet sind,
4. Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte mit Ausnahme einer Übergangshilfe,
5. Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung,
soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden.
§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung bestimmte ferner:
Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung, gilt ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für einhundertzwanzig Monate.
Bereits zu der weitgehend inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 180 Abs. 8 Satz 4 RVO hatte das Bundessozialgericht entschieden, diese Vorschrift greife nur ein, wenn an die Stelle eines ursprünglich vereinbarten laufenden Versorgungsbezugs (z.B. eine Rente) eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung, z.B. eine Kapitalabfindung, trete. Hingegen sei die Vorschrift unanwendbar, wenn von vorne herein eine nicht wiederkehrende Leistung (Kapitalzahlung) vereinbart worden sei (BSGE 58, 10 <13>; SozR 3-2500 § 229 Nr. 4). Ebenso wenig kam es zu einer Beitragspflicht, wenn zwar ursprünglich eine laufende Leistung vereinbart war, sie aber noch vor Eintritt des Versicherungsfalles in eine Kapitalleistung umgewandelt wurde (BSG, SozR 3-2500 § 229 Nr. 10). Als Konsequenz aus dieser Rechtsprechung erhoben die Krankenkassen Beiträge aus einer Kapitalabfindung nur dann, wenn sie einen aufgrund des Eintritts des Versicherungsfalls (Erwerbsminderung, Alter) bereits geschuldeten Versorgungsbezug ersetzte; in allen anderen Fällen blieben Kapitalzahlungen beitragsfrei.
Durch Art. 1 Nr. 143 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) ist § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V neu gefasst worden. Die Vorschrift lautet nunmehr:
Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für einhundertzwanzig Monate.
Damit wurde die Belastung derartiger Kapitalzahlungen auch auf Fälle erstreckt, in denen sie schon vor Beginn der Rente vereinbart worden waren.
II.
1. Der 1942 geborene Beschwerdeführer zu 1) ist als Rentner bei seiner Krankenkasse pflichtversichert. Aus einem im Jahre 1992 als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag wurden ihm im Juni 2004 22.950,51 € ausgezahlt.
Bei der 1944 geborenen Beschwerdeführerin zu 2) schloss der Arbeitgeber im Mai 1977 bei der Nürnberger Lebensversicherung AG eine Kapitallebensversicherung zu ihren Gunsten ab. In der Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2004 war die Beschwerdeführerin bei ihrer Krankenkasse wegen des Bezuges von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III), danach als Arbeitnehmerin pflichtversichert. Zum Fälligkeitszeitpunkt am 1. Mai 2004 erhielt die Beschwerdeführerin aus der Lebensversicherung einen Betrag von 86.331,31 € ausgezahlt.
In beiden Fällen haben die Krankenkassen 1/120 der Kapitalleistung als fiktiven monatlichen Zahlbetrag einer betrieblichen Altersversorgung angesehen und hierauf Krankenversicherungsbeiträge festgesetzt. Im Fall des Beschwerdeführers zu 1) sind dies seit dem 1. Juli 2004 monatlich 29,07 €, im Fall der Beschwerdeführerin zu 2) seit dem 1. Mai 2004 monatlich 107,19 €.
2. Mit ihren gegen die Beitragserhebung gerichteten Klagen sind die Beschwerdeführer vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit erfolglos geblieben. Das Bundessozialgericht hat in seinen Urteilen ausgeführt, zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung gehörten auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber auf das Leben des Arbeitnehmers abgeschlossenen Direktversicherung gezahlt würden, wenn daraus der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen ganz oder teilweise bezugsberechtigt seien und die Rente der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen solle. Ihren Charakter als Versorgungsbezug verlören sie auch nicht dadurch, dass sie zum Teil oder ganz auf Leistungen des Arbeitnehmers bzw. Bezugsberechtigten beruhten; entscheidend sei allein, ob die Rente von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt werde. Aufgrund von § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V seien seit dem 1. Januar 2004 nunmehr auch von vorne herein oder jedenfalls vor Eintritt des Versicherungsfalls zugesagte oder vereinbarte nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen beitragspflichtig, sofern sie unabhängig von der Zahlungsmodalität ihre Wurzel in der betrieblichen Altersversorgung hätten. Bei beiden Beschwerdeführern sei die zugeflossene Kapitalzahlung ein einmalig gezahlter Versorgungsbezug aus einer betrieblichen Altersversorgung, denn es handele sich jeweils um Leistungen aus einer Direktversicherung des ehemaligen Arbeitgebers, die im Hinblick auf den Fälligkeitszeitpunkt (60. bzw. 62. Lebensjahr) auch der Altersversorgung gedient hätten.
Diese Belastung der Kapitalleistung mit Beiträgen begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein Grundsatz, demzufolge mit aus bereits der Beitragspflicht unterliegenden Einnahmen vom Versicherten selbst finanzierte Versorgungsbezüge der Beitragspflicht überhaupt nicht oder jedenfalls nicht mit dem vollen Beitragssatz unterworfen werden dürften, existiere im Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht. Es verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn Kapitalleistungen aus Direktversicherungen anders als andere private Altersvorsorgeformen zur Beitragsbemessung herangezogen würden. Es liege im Gestaltungsermessen des Gesetzgebers, wenn er auch zur Vermeidung von Umgehungsmöglichkeiten Versorgungsbezüge in Form einmaliger Kapitalleistungen mit regelmäßig wiederkehrend gezahlten Versorgungsbezügen gleichstelle und damit bei gleichartiger Verwurzelung in der früheren Erwerbstätigkeit eine Gleichbehandlung ohne Berücksichtigung der Zahlungsmodalitäten schaffe. Einmalige Kapitalzahlungen erhöhten wie die regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der Beitragsfreiheit habe angesichts der wiederholten Änderungen hinsichtlich der Beitragspflicht von Renten- und Versorgungseinkünften in der Vergangenheit nicht entstehen können.
3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwerdeführer unmittelbar gegen die Urteile des Bundessozialgerichts, mittelbar gegen § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der durch Art. 1 Nr. 143 GMG vom 14. November 2003 geschaffenen Fassung. Sie rügen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und 3 Abs. 1 GG.
Die Vorschrift des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V sei so verkürzt und unklar, dass schon die Bestimmung ihres materiellen Gehalts auf beträchtliche Schwierigkeiten stoße. Der Wortlaut lasse die Einbeziehung jeder auch außerhalb der betrieblichen Altersversorgung stehenden Kapitalleistung zu, die aufgrund einer vor dem Eintritt des - nicht näher definierten - Versicherungsfalls gezahlt werde. Allein aus dem Regelungskontext könne auf einen Zusammenhang mit der betrieblichen Altersversorgung geschlossen werden.
Die Abgabenerhebung auf Kapitalleistungen der betrieblichen Altersversorgung laufe auf eine verfassungswidrige Besteuerung der Betroffenen durch die Krankenversicherung hinaus. Die gesetzliche Krankenversicherung sei strukturell eine Beschäftigtenversicherung, welche sich bei der Einnahmenerhebung auf die für den Eintritt der Versicherungspflicht maßgeblichen Einkünfte beschränken müsse, damit der Sozialversicherungsbeitrag nicht zur Steuer mutiere. Insoweit komme bei Pflichtversicherten anders als bei freiwillig Versicherten auch nicht die allgemeine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als Maßstab der Beitragsbemessung in Betracht. Die Einbeziehung der Versorgungsbezüge sei nur deshalb gerechtfertigt, weil die ausschließliche Berücksichtigung der gesetzlichen Renten bei Personen, die über längere Zeiträume nicht rentenversicherungspflichtig gearbeitet hätten und deswegen Alterseinkünfte aus anderen Quellen hätten, ihrerseits zu Ungerechtigkeiten führe. Die in § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V aufgeführten laufenden Versorgungsbezüge seien den Renten vergleichbar, weil sie aus Anrechten folgten, die durch die berufliche Tätigkeit begründet worden seien und nach dem Ende des Erwerbslebens oder im Falle eingeschränkter Erwerbsfähigkeit als Sozial- oder Versorgungsleistung von einem entsprechenden Leistungsträger fortlaufend und gleichmäßig gezahlt würden. Eine solche rententypische Stabilität und Kontinuität fehle bei Kapitalleistungen. Mit der Auszahlung der Kapitalleistung werde der Empfänger aus dem System gesetzlich organisierter Sicherheit entlassen. Vergleichen mit der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung werde damit der Boden entzogen. Das verkenne das Bundessozialgericht, welches zwischen Betriebsrenten und Kapitalleistungen nur einen im Grunde zu vernachlässigenden Unterschied in der Zahlungsmodalität sehe.
Auch Art. 2 Abs. 1 GG werde verletzt. Mit der Erhebung von Beiträgen auf Kapitalleistungen würden sie über das Maß hinaus in Anspruch genommen, bis zu dem ihre Belastung durch Belange der Sozialversicherung im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG gerechtfertigt sei.
Schließlich bedeute die abrupte Änderung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V ohne jede Übergangsregelung eine Verletzung des durch Art. 20 Abs. 3 GG geschützten Vertrauens in den Rechtsstaat. Sie hätten auf den Fortbestand der im Krankenversicherungsrecht seit mehr als zwei Jahrzehnten geltenden Regel vertrauen können, dass Kapitalleistungen nur insoweit belastet würden, als sie an die Stelle bereits geschuldeter Versorgungsbezüge träten. Bei einer Rechtsänderung, mit der ein solcher Grundsatz aufgegeben werde, seien Übergangsregelungen erforderlich, insbesondere um den Belangen älterer und hochbetagter Versicherter Rechnung zu tragen, die die abrupten Rechtsänderungen aufgrund ihrer Lebenslage nicht mehr auffangen könnten.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ihr kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Ihre Annahme ist auch nicht nach § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung der von den Beschwerdeführern als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 143 GMG ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
1. Die angegriffene Vorschrift genügt dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass staatliches Handeln, welches in Grundrechte eingreift, eine gesetzliche Grundlage hat, welche nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist (vgl. BVerfGE 108, 52 <75>; 110, 33 <53>; stRspr).
Aus dem Gesamtzusammenhang des § 229 Abs. 1 SGB V ergibt sich hinreichend deutlich, was der Gesetzgeber mit § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 143 GMG als 'nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung' erfassen wollte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehören zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gezahlt werden, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezwecken, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen sollen. Durch § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 143 GMG wird nunmehr, wie das Bundessozialgericht in den angegriffenen Urteilen darlegt, bei einer nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistung - wie der Kapitalzahlung aus einer betrieblichen Direktversicherung - für einen begrenzten Zeitraum ihre Berücksichtigung als Rente der betrieblichen Altersversorgung erlaubt, wenn diese Leistung den Versorgungsbezügen im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V zuzuordnen ist, sie also ihre Wurzel in einem der dort aufgeführten Rechtsverhältnisse hat und in gleicher Weise die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezweckt. Die versicherungsrechtliche Zwecksetzung unterscheidet die betriebliche Altersversorgung auch im Fall der nicht regelmäßig wiederkehrenden Kapitalzahlung von anderweitigen Zuwendungen des Arbeitgebers, etwa Leistungen zur Vermögensbildung, zur Überbrückung einer Arbeitslosigkeit oder Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes (vgl. BSG, SozR 3-2500 § 229 Nr. 13). Diese Auslegung, welche den Begriff der betrieblichen Altersversorgung von sonstigen Leistungen des Arbeitgebers ausreichend abgrenzt, ist mit Wortlaut und Systematik der Vorschrift vereinbar und damit verfassungsrechtlich unbedenklich.
2. Diese Anknüpfung an die betriebliche Altersversorgung und damit an die Herkunft der Kapitalzahlung aus einem Beschäftigungsverhältnis und an ihr Ziel einer Absicherung des Altersrisikos sowie die Widmung des dadurch erzielten Beitragsaufkommens für die Finanzierung der Krankenversicherung halten die mittelbar angegriffene Vorschrift im Rahmen der Kompetenz des Bundesgesetzgebers für die Sozialversicherung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG.
3. Die Heranziehung von Versorgungsbezügen in der Form der nicht wiederkehrenden Leistung zur Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung wahrt das Gebot des Art. 3 Abs. 1 GG, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (vgl. BVerfGE 112, 268 <279>; stRspr). Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 104, 126 <144 f.>). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal fallen die Anforderungen an den Differenzierungsgrund dabei unterschiedlich aus. Sie reichen vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse (vgl. BVerfGE 99, 367 <388>; stRspr). Eine strenge Prüfung ist vorzunehmen, wenn verschiedene Personengruppen und nicht nur verschiedene Sachverhalte ungleich behandelt werden (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 88, 87 <96>; 99, 367 <388>).
a) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist, Versorgungsbezüge im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner zur Beitragsbemessung heranzuziehen (vgl. BVerfGE 79, 223 ff.; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 2137/06 -, JURIS). Dabei ist die Heranziehung von Versorgungsbezügen nicht nur für die versicherungspflichtigen Rentner, sondern ebenso für die in §§ 226, 232 ff. SGB V genannten Personengruppen (z.B. pflichtversicherte Arbeitnehmer oder Bezieher von Arbeitslosengeld) mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (vgl. BVerfGK 2, 330 <334 f.>). Denn auch für die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung, welche noch nicht Rentner sind, bedeutet der Zufluss von Versorgungsbezügen eine Stärkung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die ihren entscheidenden Ausgangspunkt in einer Beschäftigung hat (vgl. BVerfGE 79, 223 <238>). Sie werden unter Einsatz der Arbeitskraft erworben und haben Entgeltersatzcharakter (vgl. BVerfGE 102, 68 <95>).
b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer unterliegt es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, Kapitalleistungen aus betrieblichen Direktversicherungen, welche die vom Bundessozialgericht aufgestellten Kriterien erfüllen, den Versorgungsbezügen nach § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V gleichzustellen und damit der Beitragspflicht zu unterwerfen. Für ihre gegenteilige Ansicht berufen sich die Beschwerdeführer im Wesentlichen darauf, dass einmaligen Kapitalzahlungen die notwendige strukturelle Ähnlichkeit mit den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung fehle, dies jedoch der legitimierende Anknüpfungspunkt für die Einbeziehung anderer Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung sei. Indes kann kein wesentlicher materieller Unterschied bezüglich der beschäftigungsbezogenen Einnahmen zwischen laufend gezahlten Versorgungsbezügen und nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistungen identischen Ursprungs und gleicher Zwecksetzung, insbesondere einmaligen Kapitalleistungen aus Direktversicherungen, festgestellt werden. Beide Leistungen knüpfen an ein Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis an und sind Teil einer versicherungsrechtlich organisierten, durch Beiträge gespeisten zusätzlichen Altersversorgung, welche dem Versicherten mit dem Eintritt des Versicherungsfalls einen unmittelbaren Leistungsanspruch vermittelt. Ausgangspunkte der durch § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V angeordneten Gleichbehandlung der nicht wiederkehrenden Leistungen mit den laufenden Versorgungsbezügen sind die mit dem Versicherungsfall eintretende Erhöhung der Einnahmen des Versicherten und ihr Ziel der Alterssicherung. Die im Beschäftigungsverhältnis wurzelnde, auf einer bestimmten Ansparleistung während des Erwerbslebens beruhende einmalige Zahlung einer Kapitalabfindung ist nicht grundsätzlich anders zu bewerten als eine auf gleicher Ansparleistung beruhende, laufende Rentenleistung; sie unterscheiden sich allein durch die Art der Auszahlung. Auch das BetrAVG wertet Leistungen, die auf eine laufende Altersversorgung (z.B. durch einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse) gerichtet sind, gleich mit Leistungen an eine Direktversicherung, die sich in einer einmaligen Kapitalauszahlung erschöpfen (vgl. § 1 Abs. 2 und § 1b Abs. 2 BetrAVG). Daher ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber diese Leistungen auch beitragsrechtlich in der gesetzlichen Krankenversicherung gleich behandelt. Anderenfalls würde die privatautonom getroffene Entscheidung über das Versicherungsprodukt in der aktiven Phase der Beschäftigung über die Frage der späteren Beitragspflicht entscheiden und damit die Möglichkeit zu ihrer Umgehung eröffnen (vgl. die Begründung des Fraktionsentwurfs zum GKV-Modernisierungsgesetz, BTDrucks 15/1525, S. 139).
c) Vor Art. 3 Abs. 1 GG ist es nicht zu beanstanden, dass die Beschwerdeführer auf die ausgezahlten Kapitalleistungen der betrieblichen Direktversicherung Beiträge nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz ihrer Krankenkasse zu zahlen haben. Aus Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich kein verfassungsrechtliches Gebot ableiten, die Pflichtmitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung im wirtschaftlichen Ergebnis so zu stellen, dass sie auf ihre beitragspflichtigen Einkünfte nur den halben Beitragssatz oder einen ermäßigten Beitragssatz zu entrichten haben. Verfassungsrechtlich ist es nicht geboten, an der Finanzierung des Beitrages aus Versorgungsbezügen Dritte in der Weise zu beteiligen, wie dies im Rahmen der Arbeitnehmerversicherung für die Arbeitgeber (§ 249 SGB V) und im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner für die Rentenversicherungsträger (§ 249a SGB V) gesetzlich angeordnet ist. Zur weiteren Begründung wird auf den Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 2008 (1 BvR 2136/06 - JURIS) Bezug genommen.
4. Die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Sie bildet ein geeignetes und erforderliches Mittel zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. BVerfGE 103, 392 <404>). Den betroffenen Personen sind die damit verbundenen Folgen zumutbar. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen berechtigt, jüngere Krankenversicherte von der Finanzierung des höheren Aufwands für die Rentner zu entlasten und die Rentner entsprechend ihrem Einkommen verstärkt zur Finanzierung heranzuziehen (vgl. BVerfGE 69, 272 <313>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 13. Dezember 2002 - 1 BvR 1660/96 -, SozR 3-2500 § 248 Nr. 6). Der Gesetzgeber kann dazu auch Teilgruppen herausgreifen und diese zu höheren Beitragszahlungen heranziehen, wenn dies durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Hierzu durfte der Gesetzgeber vor allem die bisherige Privilegierung der Bezieher nicht wiederkehrender Versorgungsleistungen beseitigen, deren Besserstellung gegenüber den Beziehern laufender Versorgungsleistungen ohnedies verfassungsrechtlich problematisch war.
Die Höhe der dadurch hervorgerufenen Beitragsbelastung bewirkt keinen unzumutbaren Eingriff in die Vermögensverhältnisse der Betroffenen. Die monatliche Beitragspflicht aus der erfolgten Zahlung der Direktversicherung beträgt im Fall des Beschwerdeführers zu 1) seit dem 1. Juli 2004 monatlich 29,07 €, im Fall der Beschwerdeführerin zu 2) seit dem 1. Mai 2004 monatlich 107,19 €, wobei dieser Betrag nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V längstens für 10 Jahre zu leisten ist. Das ist erheblich, aber angesichts der Höhe der zugeflossenen Versicherungsleistungen nicht mit einer grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse im Sinne einer erdrosselnden Wirkung verbunden (vgl. hierzu - mit Blick auf Art. 14 GG - BVerfGE 82, 159 <190>).
5. § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 143 GMG verstößt nicht gegen Art. 2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die Belastung nicht wiederkehrend gezahlter Versorgungsleistungen mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz beurteilt sich nach den Grundsätzen über die unechte Rückwirkung von Gesetzen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86>; 103, 392 <403>); denn die angegriffene Regelung greift mit Wirkung für die Zukunft in ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis ein und gestaltet dies zum Nachteil für die betroffenen Versicherten um. Solche Regelungen sind verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und entsprechen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. BVerfGE 101, 239 <263>; 103, 392 <403>). Diesen Grundsätzen genügt die angegriffene Regelung. Auch insoweit wird zur weiteren Begründung auf die Gründe des Beschlusses vom 28. Februar 2008 (1 BvR 2136/06) verwiesen. Die Versicherten konnten, nachdem der Gesetzgeber bereits mit dem Rentenanpassungsgesetz (RAG) 1982 vom 1. Dezember 1981 (BGBl I S. 1205) laufende Versorgungsbezüge in die Beitragspflicht einbezogen hatte, in den Fortbestand der Rechtslage, welche die nicht wiederkehrenden Leistungen gegenüber anderen Versorgungsbezügen privilegierte, nicht uneingeschränkt vertrauen. Übergangsregelungen waren verfassungsrechtlich nicht geboten, vor allem auch deshalb, weil bei der Einmalzahlung von Versorgungsbezügen den Versicherten schon am Anfang der Belastung die gesamte Liquidität zur Tragung der finanziellen Mehrbelastung zur Verfügung steht.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.